MFG - Das Magazin / Ausgabe 47

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MFG URBAN

» Charly Zöchling

der Wiederholungstäter Zum anderen ist Zöchling nicht nur zwei Monate zuhause, sondern hat mit seinem Arbeitgeber ein Sabbatical von drei Monaten ausgemacht. „Raiffeisen ist da einfach großartig! Es gibt ein eigenes Programm für Familien, für Väterkarenz – das wird sehr gefördert!“ Und zwar nicht nur am Papier. Unvergessen ist Zöchling die Reaktion seiner Vorgesetzten, als er sie in Kenntnis vom nahenden Nachwuchs (damals Emil) setzte: „Alle haben mir gratuliert und die erste Frage war ‚Gehst eh in Karenz?‘ Da hab ich wirklich Gänsehaut bekommen. Das war so eine unglaubliche Wertschätzung – das könnte keine Gehaltserhöhung zum Ausdruck bringen!“, schwärmt er noch heute. Ein Aspekt, den sich väterkarenzskepitsche Arbeitgeber ins Stammbuch schreiben sollten, denn das Entgegenkommen (obwohl gesetzlich gar keines) kommt doppelt zurück. „Das ist eine unglaubliche Motivation!“ Freilich räumt Zöchling ein, „dass es für Klein- und Mittelbetriebe sicher schwieriger ist, einen Mitarbeiter eine Zeit lang zu ersetzen“, andererseits sei vieles auch eine Frage der Organisation und der Solidarität. „Da kann ich meinen Kollegen einfach nur danken, die meine Agenden derweil übernehmen. Und man ist ja nicht aus der Welt, wir stehen laufend in Kontakt. Aber diese Unterstützung ist schon genial!“ Genial wie die Väterkarenz an sich. „Ich bin davon überzeugt, dass die Karenz extrem viel bringt – und zwar nicht nur dem Kind, sondern vor allem auch einem selbst. Die Beziehung zum Kind wird gefestigt und gestärkt, ebenso wie jene zum Partner, denn erst so bekommst du überhaupt erst einen Begriff davon, was Frauen wirklich leisten und kannst nachvollziehen – was dich vorher vielleicht gewundert hat – warum sich Frauen

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Als wir an einem herrlichen Augusttag Charly Zöchling zuhause

verändern.“ Mag sein, so mutmaßt Zöchling, dass gerade die

in den Pampas des Tullnerfeldes besuchen, fühlt man sich ein

Angst vor der Arbeit sowie der großen Verantwortung man-

bisschen an „Schöner Wohnen“ erinnert: Der dreijährige Emil

che Männer abschreckt, „denn natürlich ist es anstrengend

düst auf seinem Elektromobil durch den schön angelegten

den Haushalt zu schupfen und das Kind zu umsorgen. Dazu

Garten, die kleine Lea kuschelt selig auf Papas Arm, Princesa –

kommt noch der Schlafentzug, den man bei kleinen Kindern

wie Zöchling seine Gattin nennt – serviert Kaffee und Kuchen,

oft hat“, andererseits sei es aber „einfach nur cool, gemein-

und im Hintergrund tuckelt gemächlich ein Traktor über den

sam Zeit zu verbringen. Ich würde es sofort wieder machen!“

Acker. Die Familie wirkt extrem entspannt. „Ich war schon bei

Einen fundamentalen Aspekt im Hinblick auf Väterkarenz

Emil in Karenz und es war für uns ganz selbstverständlich, dass

bringt zuletzt noch Princesa ein, die sich zu uns gesetzt hat:

ich auch diesmal eine Zeitlang zuhause bleibe“, erzählt der

„Kindererziehung ist ja nach wie vor sehr weiblich geprägt. Für

Topmanager, und erklärt auch gleich warum: „Ich finde die

die Kinder ist aber auch die männliche Seite extrem wichtig,

gemeinsame Zeit extrem wichtig, denn es ist doch so: Wenn

weil Väter mit Kindern zum Teil ganz andere Dinge machen

du arbeiten gehst, hast du als Vater die Kinder ja relativ wenig.

als Mütter, zum Beispiel herumschrauben, im Auto sitzen oder

In der Früh schlafen sie oft noch, am Abend vielleicht auch

– wie erst heute der Fall – auf dem Traktor mitfahren. Männer

schon wieder, d. h. die wirkliche gemeinsame Zeit beschränkt

ticken anders, und wo ich vielleicht die schlimmsten Befürch-

sich aufs Wochenende.“ Für Zöchling, seines Zeichens Präsi-

tungen hege, was alles passieren könnte und deshalb etwas

dent des Raiffeisenclubs Wien/Niederösterreich, eindeutig zu-

nicht erlaube, darüber denkt Charly gar nicht erst großartig

wenig, wobei seine Karenz ein paar Besonderheiten aufweist.

nach, sondern sie machen es einfach. Umgekehrt ist es ge-

So sind seine Frau und er gemeinsam zuhause. „Wir sind in der

nauso. Der Mix ist einfach wichtig, das tut den Kindern sicher

glücklichen Lage, dass wir uns das leisten können – und das

gut!“ Wie zur Bestätigung verkündet Emil, dass er jetzt AC-DC

wissen wir auch zu schätzen! Das Schöne ist dabei, dass wir

schauen möchte und macht das Rock & Roll Zeichen. Dreimal

dadurch als Familie viel Zeit gemeinsam verbringen können.“

darf man raten, von wem er das gelernt hat...


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