LEADER Mai 2020

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Corona

Infiziert Corona auch die berufliche Vorsorge? 16. März 2020: Der Bundesrat ruft den Notstand aus und konfrontiert uns mit einer neuen Realität. Die Massnahmen des Bundes zum Schutz der Bevölkerung schränken unseren Alltag in ungewohnt starker Weise ein, das Arbeitsleben wird neu definiert und milliardenschwere Unterstützungsprogramme stemmen sich mit aller Wucht gegen die drohende Rezession. Und die berufliche Vorsorge? Auch die strauchelt.

Der Lockdown fordert seinen Tribut: Die Wirtschaft krankt. Kurzarbeitsentschädigung und Arbeitslosenzahlen als Fieberthermometer der Wirtschaft schnellen in die Höhe. Laut dem SECO droht der Schweizer Wertschöpfung 2020 der stärkste Einbruch seit der Ölkrise 1975. Mit einem umfassenden Massnahmenpaket will der Bundesrat die Folgen für die Wirtschaft abfedern: Selbstständige sollen finanziell aufgefangen, Arbeitsplätze erhalten und Einkommen gesichert werden. Die wichtigsten Pfeiler zur Wirtschaftsunterstützung sind: • Liquiditätshilfen für Unternehmen mittels Bürgschafts- krediten des Bundes • Ausweitung und Vereinfachung der Kurzarbeit • Erwerbsersatz bei Erwerbsausfällen für Angestellte und Selbstständige Gestützt auf die Bundesverfassung hat der Bundesrat eine Fülle an Verordnungen und Verfügungen erlassen. Unter anderem auch solche, die die berufliche Vorsorge betreffen. Arbeitgeberbeitragsreserven können verrechnet werden Arbeitgeber können innerhalb ihrer Vorsorgeeinrichtung steuererleichtert eine Beitragsreserve für kommende Jahre bilden. Diese muss ausschliesslich für die Bezahlung der Arbeitgeberbeiträge verwendet werden. Der Bundesrat hat diese Zweckbindung mit der «COVID-19-Verordnung berufliche Vorsorge» gelockert und beschlossen, dass die gesamten Beiträge (also Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) vollumfänglich mit vorhandenen Arbeitgeberbeitragsreserven verrechnet werden dürfen. Für die Arbeitnehmer hat das keine Auswirkungen. Beim Arbeitgeber kann die Massnahme aber dazu beitragen, finanzielle Engpässe zu überwinden und insbesondere verhindern, dass wegen Zahlungsschwierigkeiten die BVG-Beitragspflicht nicht erfüllt wird. Kurzarbeit hat keinen Einfluss auf Versicherungsschutz Aktuell ist rund ein Drittel aller Erwerbstätigen von Kurzarbeit betroffen. Mit Kurzarbeit soll verhindert werden, dass infolge kurzfristiger und unvermeidbarer Arbeitsausfälle EntLEADER | Mai 2020

lassungen ausgesprochen werden müssen. Das Instrument der Kurzarbeit ist nicht neu, wurde aber basierend auf dem Arbeitsversicherungsgesetz mit der «COVID-19 Verordnung Arbeitslosenversicherung» auf weitere Personengruppen ausgeweitet und im Prozess vereinfacht. Dem Arbeitgeber wird vom Bund 80 % der Lohnkosten der ausgefallenen Arbeitsstunden vergütet. Der Arbeitnehmer wiederum erhält i. d. R. auch nur 80 % seines üblichen Lohnes und muss deshalb der Kurzarbeit zustimmen.

Der Vorsorgefall «Alter» ist von der obligatorischen Risikoversicherung für Arbeitslose nicht abgedeckt. Vorsorgerechtlich sind die Arbeitgeber während der Dauer der Kurzarbeit weiterhin verpflichtet, die vollen Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der normalen Arbeitszeit zu bezahlen. In der Pensionskasse findet keine Anpassung des versicherten Verdienstes statt, solange die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers nach Art. 324a OR besteht. Der Versicherungsschutz der obligatorischen beruflichen Vorsorge wird also unverändert weitergeführt. Im Überobligatorium lohnt sich eine detaillierte Prüfung: Mehrere Pensionskassen bieten die Möglichkeit, überobligatorische Sparbeiträge zu reduzieren oder vorübergehend auszusetzen. Erweiterter Zugang zur Erwerbsausfallentschädigung Weil von der Kurzarbeit einige Personengruppen ausgeschlossen sind (u. a. Selbständigerwerbende), hat der Bund in Anlehnung an die Erwerbsersatzordnung (EO) mit der «COVID-19 Verordnung Erwerbsausfall» eine weitere Massnahme besiegelt: die Corona-Erwerbsersatzentschädigung. Anspruch auf eine Entschädigung haben grundsätzlich Eltern (Selbstständige und Angestellte) mit Kindern unter zwölf Jahren, die ihre Erwerbstätigkeit aufgrund von Schulschlies-


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