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125 Jahre Flexenstraße

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Jazzbühne Lech

Jazzbühne Lech

1896: Bau der Straße – Johann Bertolini auf der Leiter links.

Foto: Familie Bertolini Pässefahrt.

Foto: Eugen Heimhuber

VOM WEGEBAU IN FRÜHEREN ZEITEN

Mit der Freiluftausstellung „125 Jahre Flexenstraße“ werden in Stuben am Arlberg die Pioniere des Wegebaus am Arlberg gewürdigt.

STUBEN AM ARLBERG: Mit der Freiluftausstellung „125 Jahre Flexenstraße“ in Stuben am Arlberg, die von dem Historiker Christof Thöny kuratiert wurde, wird auf 19 Schautafeln die Entwicklung der Verkehrswege im Bereich des Flexenpasses dargestellt und bedeutende Persönlichkeiten aus dieser Zeit werden vorgestellt. Zu diesen zählt vor allem der aus dem Trentino stammende Baumeister Johann „Giovanni“ Bertolini (1859-1931), der mit seiner Familie in Egg ansässig war. Schon als 12-Jähriger arbeitete er als Träger beim Bau der Pustertalbahn mit. In weiterer Folge begleitete er seinen Vater als wandernder Handwerker auf der Stör in der Schweiz, wo er das Maurerhandwerk erlernte. Sein Geschick stellte er beim Bau der Arlbergbahn unter Beweis, wo er es zum Partieführer brachte. Er hatte nicht nur beim Bau von Verkehrswegen wie der Flexenstraße, sondern auch in der Planung und Errichtung von öffentlichen und privaten Gebäuden einen wesentlichen Anteil.

JAHRHUNDERTEALTE WEGE Es kann davon ausgegangen werden, dass die verschiedenen Wege über den Arlberg- und den Flexenpass schon in urgeschichtlicher Zeit und in der Römerzeit genutzt wurden. Archäologische Fundstellen, die an den Eingängen des Klostertals und des Stanzertals liegen, belegen die Anwesenheit von Menschen seit der Bronzezeit. Ihre Mobilität im Bereich des Flexenpasses beweist eine zwischen Lech und Zürs geborgene mittelbronzezeitliche Lappenaxt. Der als „Alter Flexen“ bezeichnete Weg von Stuben zum Flexenpass und der sogenannte „Gafriweg“ als Verbindung nach Rauz wurden seit Jahrhunderten begangen. Spätestens seit dem Mittelalter deutet vieles auf eine Bevorzugung des Serpentinenwegs von Stuben aus hin. Dieser ist auch in der Vorarlbergkarte von Blasius Hueber aus dem späten 18. Jahrhundert als „Saumschlag“ angegeben. 1856 wurde dieser so weit ausgebaut, dass er mit zweirädrigen Karren befahrbar war.

GEFÄHRLICHE STRECKE Die Benützung des Saumwegs war besonders während der Winterzeit gefährlich. Das Sterbebuch der Pfar-

re Stuben berichtet immer wieder von Unglücken entlang der Strecke. Ein Unglück, das entscheidenden Anteil am späteren Bau der Flexenstraße hatte, ereignete sich am Ende des Jahres 1891. Der Viehhändler Josef Anton Walch aus Lech starb in einer Lawine. Der Tod des jungen Familienvaters machte die Notwendigkeit einer sicheren Winterverbindung von Stuben Richtung Tannberg einmal mehr deutlich. Aber auch die Biografie von Franz-Josef Mathies (1864-1937), der als Lawinen-Franz-Josef in die regionale Geschichte eingegangen ist, gehört zweifellos zu den bekanntesten Erzählungen rund um die Flexenstraße. Wie durch ein Wunder konnte sich dieser nach dreißig Stunden aus einer Lawine befreien.

TECHNISCHE MEISTERLEISTUNG Mit der Eröffnung der Arlbergbahn 1884 steigerte sich das Verkehrsaufkommen über den Flexenpass beträchtlich. Der Handel der Tannberger Gemeinden, allen voran von Lech, verlagerte sich zunehmend nach Süden. Die Lawinenereignisse von 1886 und 1891 trugen maßgeblich dazu bei, dass die Rufe nach einer lawinensicheren Zufahrt lauter wurden. Nachdem die Planungsarbeiten im Sommer 1895 abgeschlossen werden konnten, erfolgte am 3. August des Jahres der Spatenstich zum Bau der Flexenstraße. Die im schwierigen Gelände ausgeführten Arbeiten können als technische Meisterleistung unter der Obhut von Johann Bertolini bezeichnet werden. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass bei rund 200 beschäftigten Arbeitern nur ein tödlicher Unfall verzeichnet werden musste.

RASCHE FORTSCHRITTE Bis in die 1920er-Jahre war es selbstverständlich, dass Arlberg- und Flexenstraße im Winter für den Autoverkehr gesperrt waren. Der Transport erfolgte auf dem Winterweg, der von Stuben am Arlberg in Serpentinen zur Flexengalerie führte, mit Pferdefuhrwerken. Wo die Straße von Lawinenschnee verschüttet war, konnte nicht freigeschaufelt waren. So wurden öfters Schneetunnel gegraben, im Bereich der Flexenstraße etwa an der Großen Dohle. Die touristische Entwicklung der Zwischenkriegszeit verlangte nach einer besseren Erreichbarkeit der Orte Lech und Zürs. Am ehesten waren hochgelegene Straßen mit Kettenfahrzeugen zu befahren. Durch den Einsatz von Schneepressen konnten ab dem Winter 1934/35 Kegresse-Motorschlitten der Post an der Flexenstraße zum Einsatz gebracht werden. Diese waren bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Einsatz. In der Schneeräumung wurden rasch Fortschritte gemacht. Ab 1950 war die Flexenstraße mit durchschnittlich nur mehr elf Sperrtagen pro Winter befahrbar.

Entwurf für den Gedenkstein aus Bronze.

Hölltobel. Foto: Eugen Heimhuber

Martin Rhomberg (Foundation Friends of Hannes Schneider), Historiker und Kurator Christof Thöny, Hans Thöni sowie Skilegende Rudi Mathies. Hier sieht man die damaligen Fuhrwerke in Langen am Arlberg um

Martin Rhomberg sowie Hans Bertolini (Enkel des Baumeisters). Martin Purtscher, Pfarrer Ernst Ritter sowie Kurator Christof Thöny.

Daniel und Sarah Lerchenmüller aus Mellau (Ururenkel des Baumeisters).

Walter Deuring (Jagdpächter Klösterle) und Bürgermeister Gerhard Lucian.

WERTSCHÄTZUNG FÜR HISTORISCHE LEISTUNG

Enthüllung einer Gedenkplatte für Baumeister Johann „Giovanni“ Bertolini.

STUBEN AM ARLBERG: Vor 125 Jahren wurde am 11. Oktober 1897 das erste Teilstück der Flexenstraße eröffnet. Dieses Jubiläum bildete mit der Eröffnung der Freiluftausstellung „125 Jahre Flexenstraße“ Anlass für einen feierlichen Festakt, der Mitte August in Stuben stattfand. Die Ausstellung ist mit einem Kulturwanderweg verbunden, bei dem auf virtuelle Weise Informationen zur Geschichte der Region vermittelt werden. Zu Ehren des damals in Egg wohnhaften Baumeisters Johann „Giovanni“ Bertolini wurde eine Gedenkplatte aus Bronze beim Bildhauer Udo Rabensteiner in Auftrag gegeben, die bei der Eröffnung feierlich präsentiert wurde. Hans Bertolini, ein Enkel dieses Baumeisters der kühnen Felsengalerie, war neben zahlreichen anderen Nachkommen vor Ort und berichtete von seinen Erinnerungen an seinen Großvater. Außerdem ließen sich Historiker und Stadtarchivar Christof Thöny, der Landtagsabgeordnete Christoph Thoma, Martin Rhomberg (Foundation Friends of Hannes Schneider), Gebhard Pichler (Tourismus Stuben), Skilegende Rudi Mathies, der frühere Landeshauptmann Martin Purtscher mit Gattin Gretl und Enkelin Barbara Herbolzheimer, Gerhard Lucian (Bürgermeister von Lech) sowie Siegbert und Monika Negele mit Töchterchen Pia die Eröffnungsfeierlichkeit nicht entgehen.

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