bau:zeit Ausgabe 40

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Seit sich im Jahr 2000 Balzers als letzte Gemeinde dem AZV angeschlossen hat, fliesst das Abwasser des ganzen Landes nach Bendern. Das Bild eines verästelten Baumes vor Augen half den Kindern zu verstehen, wie das Wasser in die ARA gelangt. Die Abwasserleitung jedes Hauses ist ein kleiner Zweig, der sich mit anderen Leitungen zu einem grösseren Ast verbindet und schliesslich in den Stamm mündet – den Hauptsammelkanal zur ARA. Auf seiner Reise überwindet das Abwasser mit Hilfe von Schneckenpumpen lokale Höhenunterschiede. Die Schüler wollten wissen, was passiert, wenn auf einen Schlag sehr viel Wasser eintrifft. Das ist nach einem starken Gewitter, das die Leitungen richtig durchputzt, der Fall. Zum Glück braucht das Wasser aus Balzers sechs Stunden, bis es in der ARA ankommt. Diese Verzögerung sorgt dafür, dass die Anlage nicht überlastet wird.

Mikroorganismen leisten Grossartiges Nach der Entfernung von Grobstoffen und Schlamm im Vorklärbecken fliesst das Abwasser zur weiteren Reinigung in die Biologiebecken, wovon es vier gibt und drei – auch im Falle einer Revision – immer in Betrieb sind. Dort warten Milliarden hungrige Mikroorganismen auf die im Abwasser gelösten organischen Verunreinigungen, die ihnen als Nahrung dienen und schliesslich in Kohlendioxid und Stickstoff umgewandelt werden.

Ein Frosch oder doch ein Prinz?

Die Schülerinnen und Schüler konnten unter dem Mikroskop den Glocken- und Rädertierchen bei ihrer emsigen Arbeit zusehen. Dank der ständigen Zufuhr von Luft finden die Kleinstlebewesen in den Becken optimale Lebensbedingungen vor. Da sie das Herz der Anlage bilden, wird genau beobachtet, ob ihre «Arbeitsbedingungen» stimmen. Passt die Temperatur? Ist genug Sauerstoff vorhanden? Stimmt das Nährstoffverhältnis? Die Anzahl und Zusammensetzung der Bakterien wird monatlich überprüft. «Was passiert im Fall eines Chemieunfalls?», fragt ein Schüler. Das wäre der Supergau für die Bakterien und würde sie ausser Gefecht setzen. Deshalb gibt es ein Havarie-Becken, wo zum Beispiel Löschwasser aufgefangen werden kann. Nach der biologischen Reinigung folgt noch die chemische Reinigung im Nachklärbecken. Hierbei wird ein Fällmittel eingetropft, um Phosphate und andere Waschmittelbestandteile zu binden, die sich dann am Boden absetzen und entfernt werden können. Jetzt ist das Wasser so sauber, dass es wieder der Natur übergeben werden kann. Es fliesst in den Rhein und wird durch die Strömung weiter mit Sauerstoff vermischt und gereinigt und so schliesst sich der Kreis.

Schlamm wird zu Biogas Zum letzten Programmpunkt der Besichtigung ging es eine Etage tiefer. Durch einen langen unterirdischen Gang wie in einer U-Bahn, ausgestattet mit technischen Anlagen zur Steuerung und Wartung, gelangten die Schülerinnen und Schüler zum Schlammturm. Dort wird der anfallende Schlamm gesammelt, entwässert und zu einem Granulat gepresst, das in der Zementindustrie als Brennmaterial begehrt ist. Bei der Schlammbehandlung entsteht aber nicht nur festes Material. Die Schülerinnen und Schüler staunten nicht schlecht,

Hungrige Mikroorganismen unter dem Mikroskop.

Das werden wir uns merken: Tobias Nur einen einzigen Wassertropfen aus dem Biologiebecken haben wir unter dem Mikroskop angesehen – und da wimmelte es vor Bakterien! Viele verschiedene Mikroorganismen essen die Unreinheiten im Wasser auf. Sie machen den grossen Teil der Reinigungsarbeit und damit sie das gut machen, muss das Wasser immer durcheinandergewirbelt werden. Sonst würden sie auf den Boden des Beckens absinken.

Melissa Ich konnte kaum glauben, was die Leute alles ins WC und in den Gulli werfen. Da sind sogar Batterien und Handys dabei. Besondere Mühe machen der Kläranlage auch weiche Gegenstände wie Zahnseide und Mikrofasertücher. Sie können die Anlage zum Stillstand bringen und dann müssen die Angestellten in mühsamer Arbeit die Pumpe auseinandernehmen und dann wieder zusammenbauen. Ich werde gut aufpassen, was in meinem Abwasser landet.

Jannis Am besten haben mir die riesigen Gasballons gefallen. In dem Gebäude, wo die drin waren, durfte nicht fotografiert und telefoniert werden, weil nur ein Funke eine Explosion auslösen könnte – was aber sehr, sehr unwahrscheinlich ist. Das Biogas ist aus dem Faulschlamm entstanden und kann zum Heizen, Grillen, Autofahren verwendet werden. Das ist praktisch.

Angelina Dass 277 Liter Wasser pro Sekunde in der Kläranlage eintreffen, hat mich überrascht. Das ist, wie wenn jemand jede Sekunde eine ganze Badewanne auskippt. Damit die Anlage nicht überlastet wird, gibt es ein Regenbecken, wo das Wasser zurückgehalten werden kann.


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