Marco Wegner - Mentale Power

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MENTALE POWER Dein Geist bringt dich zur Höchstleistung! Marco Wegner sagt dir wie.


MENTALE POWER MIT MENTAL-COACHING AUF ERFOLGSKURS A

m Anfang gleich ein kleines Geständnis: Vor 20 Jahren hätte mich bereits die Überschrift abgeschreckt. >>Mentale Power<< Schöner Psychokram: „Alles Gehirnwäsche und fauler Voodoozauber. Genau der richtige Stoff für die armen Leichtgläubigen. Mein Gott, was die Leute nicht alles glauben. Man ist heute mal wieder auf Dummfang aus. Die perfekte Eintrittskarte für einen Platz neben dem selbst ernannten Ober-Guru, der jahrelang ziellos durch Indien vegetierte, bis ihn ein paar Sektenjünger aufgegriffen haben. Bei dieser Sekte hat er dann sein Gaunergeschäft gelernt. Das Geschäft der menschlichen Manipulation.“ So oder so ähnlich waren meine Vorstellungen damals, ohne nur eine Sekunde an den Gedanken zu verschwenden, den Text wirklich weiter lesen zu wollen. Zu meinen gut gepflegten Vorurteilen kam noch eine satte Portion Befürchtungen obendrauf. Was passiert, wenn ich vielleicht durch Zufall Opfer dieser Scharlatane werde? In wieweit gehöre ich sogar selbst zu den sogenannten Leichtgläubigen? Kann man sich willentlich gegen Manipulation und Gedankenkontrolle wehren? Fragen über Fragen. Die erste Aufklärung brachte das Geburtstagsgeschenk eines guten Freundes. Er überreichte das Buch mit der Bemerkung: „Irgendwie musste ich beim Lesen an dich denken Marco und ich glaube der Inhalt wird dein Interesse wecken.“ Ironie des Schicksals.

„Das Mentale gehört mittlerweile zum guten Ton.“

Innerhalb der letzten 20 Jahre hat sich nicht nur mein Weltbild sondern auch die öffentliche Wahrnehmung deutlich verschoben. Fast könnte man sagen: Das Mentale gehört mittlerweile zum guten Ton. Prominente 14 // LOCAL MAG // TITELSTORY

Persönlichkeiten berichten immer häufiger von ihren Erfahrungen und Erfolgen mit Mentaltraining. Das dunkle Image gehört längst vergangenen Tagen an. Am Ende schreibe ich nun selbst einen Artikel über >>Mentale Power<< wohlwissend um meine einstigen Zugangsschwierigkeiten. Oft lag diese Schwierigkeit wohl in der Art der Aufmachung des Themas begründet und aus diesem Grund habe ich mich für einen etwas anderen Einstieg entschieden. Mein Einstieg ist eine Einladung an alle Leser; an die offenen und an die eher zurückhaltenden. Spannend ist es allemal. Besonders für den, der sich den Luxus gönnt, eigene Denkweisen zu überdenken. Aber genug des Vorspiels. Tauchen wir endlich in mentale Gefilde ein.

„Es sind nicht die Starken, die Überleben.“

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Diese Tatsache ist unbestreitbar und wird hier abzüglich aller moralischen Für- und Widersprache - ausnahmsweise - mal ganz nüchtern betrachtet. Warum so nüchtern? Ganz einfach! Denn, für gewöhnlich zitieren die meisten Menschen in diesem Zusammenhang Charles R. Darwin mit „survival of the fittest“. Erstaunlich nur, dass sein Satz immer noch falsch übersetzt bzw. interpretiert wird. Es sind eben nicht die Starken, die überleben und erst recht nicht die körperlich Starken. Das klingt in der Moderne auch völlig abstrus. Nein, es sind die Anpassungsfähigen. Also diejenigen, denen es gelingt, sich zeitnah auf vielfältige Veränderungsprozesse einzulassen, sie zu akzeptieren und Chancen nicht zu verpassen. Ausnahme: die mit Allmachtsfantasien und atemberaubender Action überfrachteten Hollywoodstreifen, wie Beispielswiese Sylvester Stallone in >>Cliffhanger -


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MARCO WEGNER

Marco Wegner Jahrgang 73, hat sich in zwei wissenschaftlichen Abschlussarbeiten mit der Thematik des Coachings, speziell des Mental-Coachings auseinandergesetzt. Seinen Abschluss zum Mental-Coach absolvierte er in Potsdam an der Fachhochschule für >>Sport und Management<<. Derzeit ist er als Leiter der psychosozialen Abteilung in einer Vorsorge/Reha-Klinik auf der Insel Rügen beschäftigt. Zu seinen Patienten zählen unter anderem von Burn-out betroffene Menschen. Zum festen Bestandteil gehören, neben der Beratung und Begleitung von Betroffenen, vier wichtige Kurse: Das ABC der Autosuggestion, das Achtsamkeitstraining, die Entspannungstrance und Mentale-Ruhe-Orte. Darüber hinaus bietet Marco Wegner sein Know-how als Mental-Coach, Hypnotherapeut und Beratungswissenschaftler, Sportlern und Geschäftsleuten aus der freien Wirtschaft an. M.A. Counselling (HS) Mental-Coach (FH) Achtsamkeitstrainer (GKV) Stressmanagementtrainer (GKV) Hypnotherapeut (IEK / NGH) Psychotherapeut (HPG)

Nur die Starken überleben<<. Obwohl, letztendlich war Stallone inspirierend anpassungsfähig, als er 30 Millionen Dollar sprichwörtlich verheizte, damit Mann, in der klirrenden Kälte und nur mit einem T-Shirt bekleidet, nicht erfriert. Neben unseren klassischen Heldenfiguren, welche zumindest in der antiken Mythologie nicht nur übermenschlich stark, sondern clever und charmant waren, werden oft Parallelen zwischen Leistungsgesellschaft und Leistungssport gezogen. Gerade dieser strategische Vergleich, in beiden Bereichen würden nur die Starken überleben, macht Dawins evolutionstheoretische Erkenntnis bis in die Gegenwart so einmalig verführerisch. Doch die Verführung verführt sich selbst und findet sich dabei auch noch ungemein sexy. Narziss lässt grüßen! Es erscheint daher angebracht, einen kleinen Exkurs in die Welt des Sports zu unternehmen und zu sehen, was von dieser Stärke über bleibt. Dabei ist dieser Weg nicht etwa ein Umweg, sondern exakt der Weg, den das Mental-Coaching gegangen ist. Bereits vor nunmehr fünf Dekaden fand ein internationales Sportpsychologenteam heraus, dass sich bei den Qualifikationswettkämpfen für die Olympischen Spiele die sportliche Spreu vom Weizen aus rein mentalen Gründen trennte. Die sogenannten Trainingsweltmeister konnten nicht an ihre Leistungen der Vorbereitungszeit anknüpfen. Ihre sportlichen Ergebnisse blieben deutlich unter der bis dato erbrachten Maximalgrenze. Ein Meer von Fragen tat sich den Sportpsychologen auf: Was führte zu dieser Leistungsdifferenz zwischen Trainings- und Wettkampfergebnis? Was geht den Athleten im Wettkampf eigentlich durch den Kopf? Was haben wir bei den Vorbereitungen vergessen? Worauf haben wir nicht geachtet? Et cetera.

„Gewinner zweifeln nicht und Zweifler gewinnen nicht.“

Sollten tatsächlich parasportliche Faktoren ausschlaggebend für Erfolg oder Niederlage sein? Waren nicht zielgerichtetes und schweißtreibendes Training für Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit sowie das nötige Talent der Sportler Garant genug? Nun gut, ein bekanntes Sprichwort sagt: >>Gewinner zweifeln nicht und Zweifler gewinnen nicht.<< Aber warum sollte ein Spitzenathlet überhaupt ins Zweifeln kommen, wenn er um seine besondere Leistungsfähigkeit weiß? Wurde sie doch kontinuierlich von ihm in den letzten Monaten, Wochen und Tagen erbracht. Die Stressforschung hält eine plausible Erklärung parat. Aus zahlreichen wissenschaftlichen Studien geht hervor, dass stressbedingte Belastungssituationen häufig von einem sogenannten Ambivalenz-Konflikt begleitet werden, sprich einem ständigen gedanklichen Wechselspiel zwischen Zuversicht und Zweifel. Der hohe Konkurrenzdruck beeinflusst das Stresslevel des Sportlers negativ und damit seine Leistungsfähigkeit massiv. Besonders dann, wenn es sich um Wettkämpfe handelt, bei denen Mann einfach 110% Leistung bringen muss und wenn diese Chance nicht wiederholbar ist. Anforderung bestanden oder nicht, das ist hier die Frage. Wer bestanden hat, bekommt das Ticket zur Olympiade. Die Verlierer können das Spektakel der Spiele später vor dem Fernseher verfolgen. Sie schauen sprichwörtlich in die Röhre. Fazit: Der individuelle Umgang mit maximalem Erwartungsdruck entscheidet darüber, ob wir unser tatsächliches Potenzial ausschöpfen oder auf der Strecke bleiben. Physisch stark sind viele Sportler; oftmals liegen nur wenige Sekunden oder Zentimeter zwischen Gold und Silber; dem dritten oder dem Medaillenlosen vierten Platz. Und gerade weil wir eine so extrem hohe Leistungsdichte im Spitzensport verzeichnen können ist das Zünglein an der Waage das Mentale. Gewonnen wird im Kopf! Durch mentales Training lernt der moderne Athlet, unter Druck cool zu bleiben. Erst wenn sein Kopf mitspielt kann er sein Leistungspotenzial punktgenau abrufen. Gut sein, wenn´s drauf ankommt, das ist die Devise.

„To do your best when you need it most!“ Ein Interview mit den erfolglosen Sportlern zeigte auf, wie es zu diesem Einbruch kam, ja man könnte aus heutiger Sicht sogar sagen, kommen musste. Die gescheiterten Sportler berichteten allesamt von immer wiederkehrenden Selbstzweifeln, misslichen Bildern, negativen Gedanken und Gefühlen. Begleitet von der Sorge um nachteilige Konsequenzen für ihre sportliche Karriere. Die Erfolgreichen hingegen waren handlungsfokussiert und zielorientiert, führten optimistische Selbstgespräche, visualisierten ihre Bestleistung, hatten eine zuversichtliche Grundstimmung und positive Gedankengänge.

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Genau dieser Aufgabe stellt sich die Methode namens Mentaltraining. Im Mentaltraining erlernen und üben Sportler verschiedene mentale Techniken, die allesamt eine stabile Selbstregulationsfähigkeit garantieren. Die Palette an Mentaltechniken ist so breit wie das Wissen und die Erfahrung des Mental-Coaches selbst. Ich möchte euch die sieben wichtigsten Bausteine im Detail vorstellen: die mentale Entspannungstechnik, die Visualisierung (Imagination), den Gedanken-Stopp, den Pep-Talk, die Glaubenssätze, Auto-Suggestion (Affir-


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mation) und den Anker. Entspannungstechnik: Grundvoraussetzung für das Mental-Training ist ein körperlicher und geistiger Entspannungszustand, der sogenannte Alpha-Zustand. In diesem Zustand lernen wir nicht nur leichter, sondern wir erhöhen gleichzeitig unsere Herzratenvariabiliät, und damit die psychophysische Rückkopplung zum Optimieren der individuellen Stresstoleranz. Ziel ist es, auf der einen Seite den >>point of relax response<< zu erreichen und auf der anderen Seite, seine mentale Aufmerksamkeit zu fokussieren, indem alle ablenkenden Umgebungsreize ausgeblendet werden. Hierfür studieren die Athleten ein komplexes Programm von circa 30 Minuten ein. Später wird das Programm auf wenige Minuten oder Sekunden Zeitaufwand heruntergeschraubt. Beherrscht der Sportler diese Technik erst einmal, baut man sie direkt ins Training und danach in Wettkampfsituationen ein. Besonders gut können wir diese Aktivationsregulation in der Leichtathletik beobachten, wenn der Athlet kurz vor seinem „Auftritt“ noch einmal in sich geht. Just in diesem Augenblick reguliert er sein emotionales, körperliches und psychisches Erregungsniveau auf einen für ihn optimalen Wert, denn ein zu viel ist genauso leistungshemmend wie ein zu wenig.

„Denk jetzt einmal nicht an eine gelbe Sonnenblume.“

Unsere Vorstellungskraft fungiert hier quasi als eine Art Blaupause für anschließende Handlungen und da die Visualisierung ein NICHT nicht zeigen kann, zeigt sie das Vermeintliche. Mit Jean Paul gesprochen: „Das Bestreben, den Fehler zu vermeiden, bringt ihn hervor.“ Irgendwie auch kurios, sich ständig im Verneinungsmodus mit sich selbst zu unterhalten. Erwachsene neigen zu dieser Sprechweise besonders in Stresssituationen und leider weit darüber hinaus. Selbst mit unseren Kindern sprechen wir all zu oft in Verneinungen und Verboten. Am Ende wissen die Kleinen ziemlich genau, was sie alles nicht machen sollten aber noch lange nicht, was die Eltern nun wirklich wünschen. Allerdings kenne ich kein Kind, das sich vom Weihnachtsmann etwas explizit nicht wünscht. Noch erstaunlicher ist zudem, dass unser Unbewusstes, der Ort der die Bilder entstehen lässt, nicht wirklich zwischen einer Fiktion und der Realität unterscheiden kann. Daraus folgt: Jedes visualisierte Bild - einer Handlung - spricht genau die Muskelgruppe und das Hirnareal an, welches man für seine Ausführung braucht. In der Fachsprache nennen wir dieses Phänomen ideomotorisches Gesetz. Befindet sich der Sportler in einer Wettkampfsituation, die er vorher positiv visualisiert hat, beginnt das ins Unbewusste implementierte Bild seine Wirkung zu entfalten. Visualisierungsübungen wirken demnach wie selbsterfüllende Prophezeiungen. Wer negative Problemschleifen aktiviert und Horrorszenarien visualisiert, sprich das NICHT-Erwünschte bildhaft produziert, der wird genau dort landen, wo er nicht hinwollte.

„Gedanken können blockieren oder befreien.“ Doch in diesen Sekunden der mentalen Innenschau geht weitaus mehr im Sportler vor. Die Rede ist vom berühmt berüchtigten >>Kopf-Kino<< der Visualisierung. Unter Visualisierung, auch Imagination genannt, versteht man das un/bewusste Bilder- bzw. Filmdenken. Unsere geistige Vorstellungskraft produziert positive oder negative Bilder und entscheidet auf diesem Wege über das aktuelle Leistungsvermögen. Das Verzwickte an der Vorstellungskraft ist nur, sie versteht das NICHT nicht. Ein Beispiel: Du denkst jetzt bitte (es hilft dabei die Augen zu schließen) nicht an eine >>Gelbe Sonnenblume<<, stelle dir bitte nicht eine >> Gelbe Sonnenblume << vor, nicht an die >>Gelbe Sonnenblume<< denken! Wenn du, wie circa 93% der Bevölkerung, über eine halbwegs durchschnittliche Vorstellungskraft verfügst, war die >>Gelbe Sonnenblume<< da. Im Detail: Wenn wir uns etwas vorstellen, was wir nicht wollen, streicht unser Unbewusstes das „nicht“ einfach raus und es bleibt DAS, was wir vermeiden wollten. >>Ich will mich nicht blamieren! Ich will nicht verlieren! Ich will heute nicht versagen!<< Ergo. Vermeidungsziele sind keine Ziele! 18 // LOCAL MAG // TITELSTORY

Ein Beispiel aus der Kinderzeit hierzu. Jeder von uns hat irgendwann das Fahrradfahren erlernt und wir alle können uns sehr gut daran erinnern, wie es war, als da plötzlich ein Hindernis im Wege lag. Irgendwie hatte man nur noch die unüberwindliche Schikane vor Augen und Angst zu stürzen. Bloß nicht dagegen fahren! Und bevor wir uns versahen, haben wir genau drauf zugesteuert. Der Sturz war vorprogrammiert, weil wir ihn voraussahen. In der Fachwelt gibt es zwar haarspalterische Streitigkeiten darüber, ob die Visualisierungen den Gedanken vorausgehen oder umgekehrt. Was wir aber mit Gewissheit sagen können ist, dass Gedanken Einfluss auf die Visualisierungen haben. Gedanken können blockieren oder befreien, sie können unsicher machen oder eine klare, kraftvolle Richtung geben. Wichtig ist also, seine Gedanken so zu regulieren, dass sie zu inneren Bildern hinziehen. Bilder die Zuversicht und Überzeugung von sich und dem eigenen Können geben. Erst


die Kontrolle über die eigenen Gedanken unterstützt und stabilisiert ein wirksames inneres Programm. Der Sportler kann sich dem >>mind-chatter<<, dem kafkaesken Gedankenkarussell, hingeben oder seine grübelnde Gedankenkette zerreißen. Der Gedankenstopp ist eine Möglichkeit, die Misserfolgskette endgültig zu zerreißen. Vom Prinzip her ist diese Technik äußerst simpel und wirksam zugleich. Jede Wettkampfsituation ist für den Sportler zunächst einmal berufsbedingte Normalität. Erst sein individuelles Bewertungsschema verleiht den Ereignissen eine subjektive Färbung. Die Separatortechnik trennt die subjektive Bewertung von der persönlichen Sichtweise und bringt via Perspektivwechsel eine unbefangene Sicht auf die Dinge zurück. Der Athlet spricht innerlich ein lautes >>Stopp<< aus. Was für einige Leser banal klingen mag, basiert auf verhaltenstherapeutischen Erkenntnissen und funktioniert tatsächlich überraschend gut. Das >>Stopp<< Zeichen gebietet automatisch ein mentales Halt, ... so nicht! Ein kleiner Moment der inneren Ruhe, Pause, Gedankenstille. Beim Film (hier ist es der innere Film des Athleten) würde man wohl >>Cut<< sagen, - Schnitt.

„Dranbleiben! Konzentration! Durchatmen!“

Zwei, drei Sekunden verstreichen, mehr nicht, dann folgt nahtlos der Pep-Talk. Beim Pep-Talk wird eine Neuaktivierung über das Selbstgespräch hergestellt. Allein diese Technik steigert unsere Belastungstoleranz um sage und schreibe 30 Prozent. Diese Form der Selbstmotivation wird im vorab vom Sportler durch einen passenden Satz oder eine Kurzformel mit dem Mental-Coach besprochen. Häufig handelt es sich hierbei um Schlagworte: „Dranbleiben!“ „Konzentration!“ „Durchatmen!“ oder kurze Sätze „Du kannst das!“ „Zeig was du drauf hast!“ „Hier und Jetzt!“ Besonders fruchtbar sind natürlich individuelle Leitsätze und nicht die billige Imitation des peinlichen >> Chaka-Chaka<< aus amerikanischen Motivationsguru-DVDs, die jedem deutschen Zuschauer nur ein zynisches Grinsen ins Gesicht zaubern dürften. Geburtsort des Pep-Talks ist der point of relax response. In der bereits beschriebenen Entspannungsübung erfährt und vertieft der Athlet seine Kurzformel und „pflanzt“ sie in sein Unbewusstes ein. Spätestens jetzt dürfte der logische Aufbau klar geworden sein. Die mentalen Techniken reihen sich wie eine Perlenkette aneinander: step by step. Zum einen kommen wir nicht um eine mentale Entspannungsform als Grundlage herum und zum anderen kann der PepTalk nicht von außen instruiert werden. Er muss von der anwendenden Person selbst kommen, womit wir bei den Glaubenssätzen sind.

„Die Idee ist, dem Perfektionismus keinen Raum mehr zu geben.“

Das Gewicht von Glaubenssätzen kann uns in die eine oder andere Richtung ziehen, je nachdem ob sie für oder gegen uns arbeiten. Ein negativer Glaubenssatz könnte wie folgt lauten: „Mein Erfolg ist die Ursache äußerer Zufälle, aber der Misserfolg ist in meinen Fehlern zu suchen.“ Das positive Pendant dazu wäre vielleicht: „Den Erfolg habe ich mir durch mein Können erarbeitet und zuzuschreiben, aber es gibt von Zeit zu Zeit äußere Umstände, die mich nicht gleich zum Erfolg führen.“ Mit Glauben ist demnach nicht Glaube im religiösen Sinne gemeint sondern der Glaube an sich und seine Stärken sowie der gezielten Einflussnahme auf Ereignisse. Der Fokus liegt beim Etablieren von Glaubensätzen in den Stärken und allen Erfolgserlebnissen des Athleten. Angefangen von der Kindheit bis in die Gegenwart. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Defizit-Denken werden die „Schwächen“ außen vorgelassen, ihnen wird keine Aufmerksamkeit geschenkt, sie werden nicht korrigiert, nicht ignoriert, sondern akzeptiert. Gemeinsam mit dem Coach wird ein individueller Stärkenkompass erstellt. Die Idee, die dahintersteckt, ist, dem Perfektionismus, dieser Leistungsbremse in persona, dem ständig nörgelnden Zensor, keinen Raum mehr zu geben. Eine zusätzliche Verstärkerwirkung erreicht man durch entsprechende Auto-Suggestionen bzw. Auto-Affirmationen, was so viel bedeutet, wie eine wiederholte Selbst-Bejahung und Selbst-Zustimmung in prägnante Sätze zu verpacken. Ähnlich wie beim Pep-Talk nur unwesentlich anders gelagert, werden hier Wortgruppen oder Sätze formelhaft wiederholt und im Unbewussten hinterlegt. Während der Pep-Talk ad hoc für eine bestimmte Standardsituation eingesetzt wird, wird bei der Suggestion eher die mentale Grundstabilität der Person angesprochen. Den Unterschied beider Techniken muss man demzufolge im Zeitpunkt und Format seiner Anwendung selbst konstatieren. Für die Suggestionsarbeit sind drei Punkte wichtig: Zum ersten muss die Formulierung in einen einfachen Hauptsatz passen. Zum zweiten sollte die Gegenwartsform verwendet werden. Und zum dritten müssen die Sätze positiv formuliert werden, da das NICHT nicht funktioniert. >>Ich meistere meine Aufgaben bestmöglich. Ich wirke überzeugend. Ich bestehe die Prüfung.<<

„Der Anker sichert das Schiff im Heimathafen des gesunden Selbstvertrauens.“

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Als letzte Technik der Anker - erst er rundet das Mental-Coaching ab. Mit dem Anker, der hier sprichwörtlich verstanden werden darf, werden Gefühle mit bestimmten Berührungen, Gesten, Wörtern oder Bildern verknüpft und auf Kommando abrufbar gemacht. Gefühle spielen nämlich dieselbe Rolle wie Gedanken, bei der Ausschöpfung unseres Leistungspotentials. Sie bestimmen unsere Sicht der Welt und damit über unser Handlungsrepertoire. Sich seinen Gefühlen nicht zu stellen, wäre in jeder Hinsicht höchst fahrlässig. „Gefühl ist alles!“, soll Goethe gesagt haben, doch wer lässt sich schon gerne von ihnen übermannen. Weder ungebremste Euphorie noch schwermütige Melancholie sind unserer Leistungsfähigkeit dienlich. Im Gegensatz zum Achtsamkeitstraining (kurz MBSR) bei dem positive und negative Gefühle ihre berechtigte Be-Gut-Achtung bekommen, wird beim Anker ausschließlich auf der positiven Seite angeschlossen. Sobald der point of relax response erreicht ist, wird der Sportler gebeten, sich an eine Szene aus seinem Leben zu erinnern, in der er sich in dem gewünschten positiven Gefühlzustand befand. Der Athlet visualisiert seinen - gefühlten - größten Erfolg. Dabei ist es wichtig, sich die Szene möglichst bildhaft in allen erdenklichen Facetten auszumalen und so das Gefühl im Körper erneut hervorzurufen. Unser Körpergedächtnis macht es uns dabei ziemlich einfach. Du kannst eine kleine Probe starten, indem du die Augen schließt und an das schönste oder schrecklichste Ereignis der letzten Zeit denkst. Spüre einmal nach, wie es sich anfühlt und dann potenziere dieses Gefühl mit zehn, denn im Entspannungszustand (the point of relax response) fühlt sich das Erlebte zehnmal stärker an. Ausbauen kann man die Intensität durch gezielte Fragen: „Welche wichtigen Personen waren mit dabei? Was waren meine Gefühle und Gedanken in dieser Situation? Wie sah der Ort genau aus? Was war so besonders an dem Tag? Was habe ich in diesem Augenblick vielleicht gerochen oder geschmeckt? Wie fühlte sich mein Körper an? Wie war das Gefühl in Bauch und Brust?“ Erst wenn das Gefühl am stärksten ist wird der Anker gesetzt. Dabei schließt man beispielsweise den Daumen und Ringfinger zu einem Kreis, macht eine bestimmte Geste oder sagt ein bestimmtes Wort. Entscheidend ist die Unverwechselbarkeit des Ankers. Häufig im Alltag gebrauchte Berührungen, wie Daumen und Zeigefinger beim Festhalten eines Schreibwerkzeuges, sind ungeeignet. Dasselbe gilt für alle Worte und Gesten, sie müssen schon selten benutzt werden. Oft muss der Anker mehrfach gesetzt werden, bis er seine volle Wirkung zeigt. Sitzt der emotionale Anker fest im Unbewussten, reichen allein die Berührung, das Wort oder die Geste aus, das positive Gefühl wieder hervorzurufen. Es kann just in time und in jeder stressbedingten Situation blitzschnell abgerufen werden. Der Anker sichert das Schiff im Heimathafen des gesunden Selbstvertrauens. Dem aufmerksamen Leser sind sicherlich unzählige Anwendungsbeispiele zum Privat- und Berufsleben durch den Kopf gegangen für die sich ein Mental-Coa20 // LOCAL MAG // TITELSTORY

ching lohnen würde. Der eingangs erwähnte Vergleich zwischen Leistungsgesellschaft und Leistungssport ist also gar nicht soweit hergeholt - wenn er klug gedacht ist.

„Ressourcen gezielt ansteuern und abrufen können, wenn es drauf ankommt.“

Von modernen Leistungssportlern lernen, heißt, mentale Fähigkeiten lernen. Waren es anfangs vor allem Sportpsychologen, die sich das Wissen um mentale Strategien für ihre Arbeit mit Athleten zu Eigen machten, so haben mentale Erfolgstechniken längst Einzug ins Business gehalten. Goffman nannte es in Bezug auf mentale Belastungssituationen mit schwierig zu händelnden und oft eigensinnigen, wenn nicht gar starsinnigen, Geschäftspartnern: „On Cooling the Mark Out.“ Clever und cool bleiben, bedeutet für ihn, sich nicht aus dem Konzept bringen lassen; in Konfliktsituationen einen kühlen Kopf bewahren; Gelassenheit ausstrahlen und souverän bleiben. Mentale Strategien helfen, sich von unbewussten Beharrungstendenzen zu befreien, Verhaltensweisen und Gewohnheiten zu vermeiden, die dem Erreichen privater und beruflicher Erfolge im Wege stehen. Sie dienen einem besseren Umgang mit hohen Belastungssituationen durch stetig steigendende Anforderungen sowie dem Erreichen optimaler Erfolgsergebnisse. Das beinhaltet natürlich auch die Chance, das eigene Leben in die gewünschte Richtung zu lenken und dabei sein ganzes Leistungspotenzial (the state of exellence) auszuschöpfen. Seine Ressourcen gezielt ansteuern und abrufen zu können, wenn es drauf ankommt. Mental-Coaching erlaubt uns, private und berufliche Veränderungen als Herausforderung anzunehmen und zu bewerkstelligen. Wir erhöhen unsere Selbstwirksamkeit und stärken das Selbstbewusstsein. Darüber hinaus gibt es unzählige weitere Einsatzmöglichkeiten auf die hier nicht detailliert eingegangen werden kann, wie eine ausgewogene Work-Live-Balance; die Besonderheit als Favorit gehandelt zu werden; der Einstieg des Newcomers; die verschiedenen Motivationsaspekte (Macht, Anschluss, Leistung); der Heimvorteil (Risiko und Chance); Teamzusammensetzungen; die Angst vor großen Namen, Folgen des zu frühen Jubels und vieles mehr.

„Mental-Coaching bedeutet das Erlernen und Einüben gezielter mentaler Techniken.“

Abschließend noch ein paar Worte in eigener Sache, allein der Begrifflichkeit wegen: Als Mental-Coach spreche ich immer dann von Mental-Coaching, wenn eine


soll. Eine Präsentation, ein Vorstellungsgespräch, eine Verhandlung oder was auch immer du vor Augen hast. sich ständig wiederholt. Es bereitet Stress und verhindert so deine Leistungsfähigkeit und muss daher drinmeinem Verständnis nach, an einer gezielten Vor- und/ oder Nachbereitung für den Tag X. Er vermittelt dem Klienten mentale Techniken und festigt sie so lange, bis sie Erfolg zeigen. Der Unterschied zur Beratung liegt darin, dass wir gleich mit der Arbeit beginnen, während die Beratung einen Aufschub, eine Zögern und Zaudern, duldet. Wer sich beraten lässt, erhält einen Ratschlag und kann danach überlegen, ob er ihn tatsächlich in die Tat umsetzt. Beim Mental-Coaching stellt sich die Frage des Handlungsbedarfs nicht mehr. Der Coach berät am Anfang sicherlich seinen Klienten, doch in derselben Stunde geht es ans „Eingemachte“. Oder, wie der Norddeutsche sagt, es wird „Budder bei de Fische“ gemacht. Der Unterschied zwischen Coaching und Beratung schlechthin. Wenn ein Coach seinen Klienten ausschließlich berät, dann stellt sich mir die Frage, warum er sich Coach und nicht gleich Berater nennt. Das macht schlichtweg keinen Sinn. Mental-Coaching bedeutet das Erlernen und Einüben gezielter mentaler Techniken auf eine konkrete Problemstellung hin. Der Bedarf entspringt dem Wunsch des Klienten nach gezielter Veränderung! Menschen verändern sich nicht um der Veränderung willen, sondern weil sie etwas Bestimmtes erreichen wollen. Mental-Coaching ist die Antwort auf diesen Veränderungswunsch.

Zum Schluss darf allerdings eines nicht vergessen werden. Ein Mental-Coach gibt dir ganz sicher keine „Zauentgegen, auch nichts Mysteriöses, Okkultes oder gar Esoterisches hinter dem Mentaltraining. Vielmehr basieren die Mentaltechniken auf Forschung und Praxis der modernen Psychologie, den Unterbereichen der Sport- und Arbeitspsychologie, der Motivationsforschung und den bildgebenden Verfahren der Neurobiologie. Wer sich für dieses Handwerkzeug interessiert, der muss Arbeit an sich selbst einplanen, denn nicht umsonst ist die Rede vom Training. Der Erfolg stellt sich rasch ein, denn unser Gehirn ist ein einzigartiges Anpassungsorgan. Es kann seine Plastizität und Vernetkein zweites Organ. Also ran! By the way: Einen professionellen Mental-Coach erkennst du an seiner akademischen Ausbildung, seinem nomie unterstützt. Er hat schlichtweg kein Interesse, dich in irgendeiner Form von sich abhängig zu machen. Das Gegenteil ist der Fall. Je schneller du deinen Mental-Coach „wieder loswirst“, desto größer ist seine Reputation. Weil die, die ihn nicht mehr brauchen, Erfolg hatten.

Für diejenigen, die nun Lust auf positive Veränderung bekommen haben, gibt es die CD >>the point of relax response<< inklusive dem entsprechenden Manuskript auf www.marco-wegner.de

„Ein Mental-Coach gibt dir keine Zauberwaffe.“

Rezept

Kontakt Marco Wegner www.marco-wegner.de www.facebook.com/mental.wegner

Bei Risiken und Ne benwirkung zum Me ntaltraining fragen Sportpsychologen sie bitte ihren oder Mental-Coach. Ziemlich wahrscheinli wirkungen sind: geste che Neben igerte mentale Belas tungsfähigkeit, mehr und Cleverness in Coolness Stresssituationen, erhöhte Konzentrati gesunder Optimism on sfä higkeit, us, Abbau von Ve rmeidungsstrategien setzungsvermögen, , klares Zielintrinsische Motiva tionssteigerung, Au sschöpfung mehr Selbstvertraue n und Selbstwirksam keit, gezielte Aufmerk regulierung, positive samkeitsSelbstwahrnehmung , Glaubwürdigkeit un gungskraft. d Überzeu-

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