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Kleine Zeitreise Was hätte sein können
Eine kleine
ZEITREISE…
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Was hätte sein können…
Pandemiebedingt haben wir im letzten Jahr so einige Veränderungen erlebt. Unter anderem auf dem Domplatz, wo die Markstände wegen der Infektionsgefahr viel zu nahe beieinander standen und alles entzerrt werden musste.
Doch in hygienischer Hinsicht hat man sich auch schon im letzten Jahrhundert so einige Gedanken gemacht. Was könnte man ändern, um die Situation an den Marktständen zu verbessern? Dass es mit der Hygiene auf dem Markt nicht zum besten stand, kam man beispielhaft durch dem Leserbrief eines etwas genervten Zeitgenossen bezüglich der Zustände auf dem Prinzipalmarkt erahnen. Im Jahr 1926 wurde er in der Münsterschen Zeitung unter der Rubrik „Die Seufzer-Ecke“ veröffentlicht:
Am Prinzipalmarkt steht irgendwo neben ihrem Gemüsestande eine Frau und behütet ihre breit ausgelegten Schätze. Während ihre Aufmerksamkeit nach Süden gerichtet ist, schnüffelt an dem Nordende ihres Standes ein großer Schäferhund mit Interesse an einem Korb voll frischem Spinat herum und hat im nächsten Augenblick sein Bein nach Hundeart hochgehoben. Das energische „Pfui!“ eines das zufällig beobachtenden Herrn kam leider zu spät. Die Katastrophe ließ sich nicht mehr ungeschehen machen. Der Spinat würde wohl wieder trocknen… Im Juli 1926 gab es dann auch tatsächlich einen neue Marktordnung. Alles schrie einfach danach, denn nicht nur die hygienischen Verhältnisse waren nicht mehr zeitgemäß, auch der Straßenbahn- und der aufblühende Automobilverkehr behinderten den Marktbetrieb auf dem Prinzipalmarkt und die Geschäftsleute beklagten das Zustellen ihrer Eingänge und Schaufenster durch die Auslagen der Marktstände. (Kommt uns doch irgendwie bekannt vor…;-) ) Also wurde damals der Wochenmarkt komplett auf den Domplatz verlegt. Hier mussten nun vorgegebene Abstände sowohl zwischen den einzelnen Stän-
Wenn man sich die Baupläne aus den zwanziger Jahren so anschaut – es wäre schon ein richtiges Wahrzeichen für unsere Stadt geworden…



den, als auch zwischen den unterschiedlichen Sparten eingehalten werden. Gänge für die Marktbesucher wurden genau berechnet und für die Unterbringung von Fuhrwerken und Zugtieren gab es ebenfalls präzise Zuteilungen.
Auch die Errichtung einer Markthalle war immer mal wieder Diskussionsthema. Schon vor dem ersten Weltkrieg hatte man die Ägidiikaserene als Standort für solch eine Halle in Betracht gezogen, doch dann brauchte man wohl dringender eine Infanteriekaserne. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben, so dachte man sich wohl bei den Architekten Mönig & Strupp, die am 12. Oktober 1926 den Entwurf für den Bau einer Markthalle auf dem Gelände des Ägidiihofs beim Stadtrat einreichten und für das Projekt, das auch ein Parkhaus beinhaltete warben:
Ich halte es für richtig und notwendig, dass die Stadt Münster ein Wahrzeichen erhält, das den Charakter unserer Zeit trägt. Mag man über das Hochhaus denken, wie man will, man kann nicht an der Tatsache vorbeigehen, daß in ihm etwas Erhabenes und Machtvolles liegt, daß es zeugt von der Größe und dem kühnen Fortschreiten unserer Technik.
Neben einer Markthalle wollte man nämlich auch dem anwachsenden Automobilverkehr Rechnung tragen und einen Garagenturm bauen. Auf 12 Stockwerken war Platz für jeweils 10 Fahrzeuge pro Stockwerk vorgesehen. Um die Fahrzeuge in die einzelnen Geschosse zu befördern, hatte man an zwei Aufzuganlagen gedacht, die die Automobile mittels einer Schiebebühne in die entsprechende Etage befördern sollten. Geplant war auch ein Aufenthaltsraum für die Chauffeure in jedem Geschoss, sowie ein Reparatur- und Waschraum im Erdgeschoss.
Die Markthalle selbst sollte durch eine riesige Eisenkonstruktion überdacht werden und hätte Platz für über 400 Marktstände geboten. Gigantische Fenster und eine breite Dachlaterne sollten für ausreichende Beleuchtung sorgen und durch eine teilweise Unterkellerung wäre Fläche für Kühlräume entstanden. Ein- und Ausfahrten für die Fuhrwerke der Marktbeschicker waren, genau wie übrigens heute auch die Ein- und Ausfahrten zum Ägidiiparkhaus, von der Ägidiistrasse und vom Bispinghof aus geplant.
Letztendlich hat man sich aber bekanntermaßen für die Open-air Variante auf dem Domplatz entschieden, die wir Münsteraner und unsere Besucher heiß und innig lieben. Zwischendurch kommen zwar immer mal wieder neue Vorschläge, wie beispielsweise den jetzt für die Imbissstände genutzten WestfalenfleißParkplatz zu überdachen – aber das schöne an unserem Markt ist ja eigentlich der Aufenthalt unter freiem Himmel – oder?! •