Auszug 2013 mai dubler schlosspark untermerzbach historische analyse

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH HISTORISCHE ANALYSE DOKUMENTATION DENKMALBEWERTUNG

Auftraggeberin

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VBG Kรถrperschaft des รถffentlichen Rechts

Deelbรถgenkamp 4

Bughofer Str. 2, 96050 Bamberg

22281 Hamburg

www.gartenarchitektin.info


SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

Inhaltsverzeichnis Seite

4

1

Einleitung

2

Historische Analyse und Dokumentation

2.1

Quellenlage

6

2.1.1

Literaturliste und schriftliche Quellen

7

2.1.2

Liste verbrannter Gartenpläne

9

2.2

Besitzverhältnisse

2.2.1

Die Familie Rotenhan / Rottenhan

11

2.2.2

Die Besitzer ab 1905

30

2.3

Historische Abbildungen und Fotos

2.3.1

Uraufnahme 1849

35

2.3.1.1

Beschreibung Schlosspark

37

2.3.1.2

Anbindungen an die Kulturlandschaft

41

2.3.2

Gemälde Ferdinand von Rayski 1838

42

2.3.3

Gemälde O. Reiss 1841

44

2.3.4

Gemälde Russam 1842

46

2.3.5

Zeichnungen der Gräfin Louise von Rottenhan um 1850

48

2.3.6

Zeichnung Orangerie und Landschaft, nach 1816

50

2.3.7

1 - 15 Fotografien, Postkarten, amtliches Kataster

54

2.4

Historische schriftliche Quellen

2.4.1

Die Gartenrechnungen des 19. Jahrhundert

77

2.4.2

Beschreibung Pfarrer H. W. Teicher, 1898

86

2.4.3

Beschreibungen Heller (1828), Freiherr vom Stein

87

(um 1820), Heringen (um 1840) 2.4.4

Beschreibung Kunstdenkmäler des Königsreichs

88

Bayern, 1916 2.4.5

Eintrag in die Bayerische Denkmalliste

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION

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2


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Abb. 7: Stammtafel Generation 10 - 18

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zu Ziffer 1 Lutz von Rotenhan zu Untermerzbach * 1498,

1554

verh. mit Anna von Stein zum Altenstein,

nach 1535

(nach Rotenhan, Gottfried) - empfängt 1512 als Würzburger Lehen Güter zu Untermerzbach, die er von seinem Vater geerbt hat; - wohnt ab 1. Juni 1524 in Untermerzbach - erhält aufgrund des im Hochstift Würzburg gültigen Entschädigungsvertrags nach dem Bauernkrieg eine Entschädigung von 746 fl. Bauherr des Schlosses Kunstdenkmäler, S. 204 ff): Inschrift auf einer Sandsteinplatte an der Frontseite des nördlichen Turms zwischen Erd- und Obergeschoss (aus "Die Kunstdenkmäler", 1916, gesamte Beschreibung s. Kap. 2.4.4): Liebe wo … nachkomen … lasen zugedeck sein … Warub …thettn dan mir vil mißgönnen. wirs euch nit woltn sparn. manche nacht in grosen gfarn. Habe nemliche wir got erkent. Ich hoff es wert zum glück gewent. Euch zu nutz und sondern eren. Durch gnad des almächtige unsers herrn. den wolt ir euch alle lieb laßn sein. drewlich mit vleiß alzeit bewarn fein. dan wir mit groser mühe und kost haben erhoben. das werden euch ewere nachkomen loben. und halt ob dem armen auch eben. so wirt euch gott glück und ehr geben. anfang diß bawß 1 5 34 End dis bawß … (nicht ausfüllt). H. ca. 1,5 m "Oben in Relief das Rotenhanwappen zwischen zwei Pilastern mit vier Ahnenwappen, von denen die beiden oberen den Rotenhan und Altenstein (Kunz II. von Rotenhan und Anna von Stein von Altenstein)". Anmerkung der Verf.: Kunz II. ist gleichzusetzen mit Lutz; lt. Martin Lorber, Heraldiker aus Bamberg, ist das Wappen unten links das derer "von Redwitz" (die Mutter von Lutz war Ursula von Redwitz), das Wappen unten rechts (eine Gürtelschnalle) dürfte das der "von Wallenrodt" (auch "von Wallenrode") sein; vermutlich stammte die Mutter von Anna von Stein zu Altenstein aus dieser Familie.

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Abb. 8 Wappen am nรถrdlichen Schlossturm

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Wolff von Rotenhan * unbekannt,

1571

verh. mit Amalie Fuchs von Burgpreppach (nach Rotenhan, Gottfried) - Wolff ist das einzige Kind des Lutz - erhält 1556 als Erbe die Lehensgüter Untermerzbach - 1561 bis 1564 Amtmann zu Wallburg - 1565 Bischof Veit bestellt ihn zum bischöflichen Rat Veit Ulrich von Rotenhan * unbekannt,

1631

verh. mit Barbara von Heldritt (3. Ehe) Georg Wolf von Rotenhan * 1615,

1695

verh. mit Margarethe Susanne von Neuhausen Fürstlich-bambergischer Landhofmeister, Amtmann zu Ebern und Schmachtenberg; tritt zum katholischen Glauben über Joachim Ignaz von Rotenhan * 1662,

1736

verh. mit Maria Amalia Truchsess von Wetzhausen (2. Ehe) Bamberger Hofrat, Geheimer Rat und Landrichter; Bauherr des Palais

Abb. 9 Halbfigurenbildnisse

in der heutigen Kapuzinerstraße 25; in seine Zeit fällt der Bau der Si-

Freiherr Joachim Ig-

multankirche in Untermerzbach (1700); Förderer der Englischen Fräu-

naz von Rotenhan und

lein, Bamberg

seine Gemahlin Amalie, geb. Truchsess von Wetzhausen, Öl auf Leinwand, um 1720/30, Quelle: Kunstdenkmäler von Oberfranken, Stadt Bamberg, Innere Inselstadt, S. 448; Besitzer: Maria-WardInstitut (Englische Fräulein), Bamberg

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zu Ziffer 2 Johann Karl Alexander von Rotenhan * 1710,

1777 (lt. Weitensfelder ist das Sterbejahr 1791)

verh. mit Maria Juliana Marschall von Ostheim (2. Ehe, Tochter des Ernst Friedrich Marschall von Ostheim) - fürstbischöflicher Hofrat und Oberamtmann zu Zeil (1733), Geheimrat und Hofkammerpräsident (1746), Obersthofmeister und erster Minister (1761), s. Schmidt S. 13 - wird 1771 durch Kaiser Joseph II. von Habsburg-Lothringen in den Reichsfreiherrenstand und - 1774 in den erblichen Reichsgrafenstand erhoben - legt sich zur Unterscheidung von den anderen Familienzweigen ein zweites "t" in seinem Namen zu - Großgrundbesitzer und Förderer der wirtschaftlichen Entwicklung Westböhmens - kaufte 1771 für seinen Sohn Heinrich Franz die Herrschaft Rothenhaus mit Schloss, sowie das Gut Sporitz, das Eisenwerk Kallich, die Bergstädte Platten und Sankt Katharinenberg sowie mehrere Ortschaften im Erzgebirge in Böhmen; zur Linderung der Armut und der Hungersnot förderte er die Absatzmöglichkeiten der dort hergestellten Waren (in Heimarbeit fabrizierte Klöppelspitzen, Christbaumschmuck und Krippenfiguren sowie Handwebereien und Erzeugnisse der Eisenproduktion); diese Unternehmungen kosteten die Untermerzbacher Linie enormes Geld (Weitensfelder S. 95: Die Herrschaft Rothenhaus kostete 1 Million Gulden Wiener Währung). - Heinrich Franz ließ am Schloss Rothenhaus einen englischen Garten anlegen; dazu orderte er Pappeln von Untermerzbach nach Rothenhaus liefern (Weitensfelder S. 97)

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Friedrich Christoph von Rottenhan * 1749,

1789

verh. mit Dorette Henriette von Lichtenstein - da seine beiden älteren Halbbrüder nicht in Untermerzbach weilen (Heinrich Franz ist in Österreich und Böhmen, Heinrich Karl wird Domkanoniker in Würzburg) übernimmt er die Schlossgüter Untermerzbach; lt. Teicher: Inschrift auf Tafel an der Brücke über den Merzenbach (s. Kap. 2.4.2)

zu Ziffer 3 Karl Julius Heinrich von Rottenhan * 1791,

1847

verh. mit Luise Henriette Gräfin von Wallmoden-Gimborn * 1797,

1851

- In seine Zeit fällt der Kontakt zu Karl Eduard Petzold - Sie beauftragen den Maler Ferdinand v. Rayski mit der Erstellung zweier Porträts und eines Gartenbildes (s. Kap. 2.3.2). Von Rayski platziert rechts vom Grafen einen Stein, auf dem ein Gartenplan und ein Buch liegen. Vom Gartenplan sind das Stück mit dem südlichen Lindensaal und ein bogig geführter Weg zu sehen. Damit wird der Graf als Neubzw. Umgestalter des Schlossparks ausgewiesen. Luise (Louise) Henriette war die Tochter des Reichgrafen Johann Ludwig von Wallmoden-Gimborn, einem unehelichen Sohn des englischen Königs. Sie war eine sehr gebildete Frau und interessierte sich, wie ihr Vater, für die Gestaltung von Gärten. Ferdinand von Rayski stellte sie auf seinem Porträt mit einer Blume in der Hand dar und platzierte sie neben einem Blütengebilde (Rosengesteck oder Rosenstrauch?). Luise trat 1827 der Praktischen Gartenbau-Gesellschaft Bayern bei (Schmidt S. 25). Leider bleiben die Bilder bisher verschollen. Entsprechende Anfragen bei Freiherrn von Thüngen und der Guttenbergschen Gesamtverwaltung blieben ohne Ergebnis. Gemälde Graf Karl Julius Heinrich (Ferdinand von Rayski) Gemälde Gräfin Luise Henriette (Ferdinand von Rayski)

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Bildbeschreibung von Maräuschlein: 457.* Carl Graf von Rottenhan (Abb. 55). Kniestück leicht nach rechts gewandt, Blick auf den Beschauer gerichtet. Vor braunem nach links hellerem und in Wolkenbildung übergehenden Grund […] Rechts neben ihm ein Strauch, links auf dem Stein der Gartenplan zu Schloß Merzbach, darauf ein braunes Buch und ein vom Rahmen abgeschnittener Zylinder. […] Sig.: Bez. unten links gelb "Rayski 1838" (verschlungenes Monogramm und Namenszug, Jahreszahl und Mühlstein). Auf der Rückseite des Bildes: "Carl Julius Graf von Rottenhan". Mat.: Öl auf leinwand. M.: 1,266 : 0.972 m. Entstg.: 1838 für den Dargestellten in Merzbach gemalt. Zustand: Oben ein 4 cm langer Riß in der Leinwand. Rhm.: Eichenholzrahmen. Bes.: Dr. Karl-Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg, Salzburg, Franken. Erwb.: Seit der Entstehung im Besitz der Familie. Pers.: Carl Graf von Rottenhan, geb. Bamberg 19.7.1791, gest. Merzbach 5.7.1847, K. u. K. Kämmerer, verm. Nassau a. L. mit Luise Gräfin von Wallmoden-Gimborn.

Abb. 10 Ferdinand von Rayski, 1838 Carl Graf von Rottenhan

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Bildbeschreibung von Maräuschlein: 713.* Luise Gräfin von Rottenhan geb. Gräfin von Wallmoden-Gimborn (Abb. 56). Kniestück nach links gewandt, Blick auf den Beschauer gerichtet. Vorwiegend in braunen und grauen Farben gehalten, […] Gegenstück zu 457. Sig.: Bez. unten links gelb "Rayski 1838" (verschlungenes Monogramm und Namenszug, Jahreszahl und Mühlstein). Auf der Rückseite des Bildes "Luise Henriette Graefinn v. Rottenhan, geb. Gräfin v. WallmodenGimborn". Mat.: Öl auf leinwand. M.: 1,266 : 0,972 m. Entstg.: 1838 für die Dargestellte in Merzbach gemalt. Zustand: Sprüngig. Rhm.: Eichenholzrahmen. Bes.: Dr. Karl-Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg, Salzburg, Franken. Erwb.: Seit der Entstehung im Besitz der Familie. Pers. Luisen Gräfin von Wallmoden-Gimborn, geb. Hannover 24.7.1796, gest. Koburg 15.4.1851, verm. Nassau a. L. 27.6.1818 mit Carl Graf von Rottenhan.

Abb. 11 Ferdinand von Rayski, 1838 Luise Gräfin von Rottenhan

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Besitzungen Carl Graf von Rottenhan (nach Habermehl) Hs. Nr. 59

Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer) Wohnhaus, Keller, Pferdestallung, Hofraum

Hs. Nr. 75

Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer) Wohnhaus, Chaisenremise, Pferdestallung, Schweineställe, Backofen, Hofraum

Hs. Nr. 80a

Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer) Wohnhaus, Wagenhalle, Schweinställe, Stadel, Hofraum

Hs. Nr. 96

Hs. Nr. 97

Uraufnahme 1849

Wohnhaus, Keller, Schweineställe, Backofen, Stadel,

Gräfliche Besitzun-

Hofraum

gen (dunkel einge-

Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer)

färbt; Dubler 2013);

Wohnhaus, Glashaus, Stadel, Hofraum Hs. Nr. 99

Abb. 12

Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer)

Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer)

Beschreibung Uraufnahme s. Kap. 2.3.1

Das Schloß

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zu Ziffer 4 Maximilian von Rottenhan * 1820,

1886

verh. mit Theresia Freiin von Boineburg-Lengsfeld * 1834,

1884

- in seine Zeit fallen die meisten der erhaltenen Gartenrechnungen aus dem Staatsarchiv Würzburg - sein Sohn Karl Friedrich (* 1857) verstirbt als Kind im Alter von 11 Jahren an Diphtherie - in einem bereits 1850 geschlossenen Familienvertrag mit der Rentweinsdorfer Linie wurde festgesetzt, dass im Falle eines Ausbleibens eines männlichen Erben die Untermerzbacher Güter an die Rentweinsdorfer Linie übergehen solle; Graf Maximilian unterzeichnet diesen Vertrag aber nie, da er befürchtete, durch seine hohe Verschuldung bei Eintragung gegenseitiger Erbansprüche nicht mehr neue Schuldverbindlichkeiten eingehen zu können (Rotenhan, Siegfried, S. 149 ff).

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Abb. 13 Maximilian von Rottenhan (Quelle: Rotenhan, Siegfried) Abb. 14 Luise von Rottenhan (Quelle: Rotenhan, Siegfried)

Abb. 15 Totenzettel Therese von Rottenhan (Quelle: Internet www.uniwuerzburg.de)

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zu Ziffer 5 Maria Anna Natalie von Rottenhan * 1860,

1945

verh. mit Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (2. Ehe) und Luise (Lissy) Marianne von Rottenhan * 1875,

1966

verh. mit Gisbert Freiherr von Ritter zu Groenesteyn (2. Ehe) - sind letzte Besitzerinnen des Untermerzbacher Schlosses aus der Familie von Rottenhan - nach dem Tod des Grafen Maximilian im Jahr 1886 setzte eine Jahrzehnte andauernde gerichtliche Auseinandersetzung der Rentweinsdorfer Linie mit den beiden erbberechtigten Töchtern des Grafen ein, die diese Auseinandersetzung schließlich gewannen und die Untermerzbacher Güter im Jahr 1910 an den Privatmann Christian Werner verkauften (s. auch Besitzverhältnisse Kap. 2.2.2).

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2.2.2

Die Besitzer nach 1905

Grundbuchblatt Nr. 262 fol. 589 bis 596, Nr. 358 und 388 (Staatsarchiv Würzburg) am 15. Okt. 1906 von Herget, Franz, groß[---], Gutsbesitzer u. Rittmeister a. D., u. dessen Gattin von Herget, Ebba, geb. von Hagemeister, auf Schloß Offenstetten bei Abendsberg, in allgemeiner auf Katzen-Ellenbogen [---] begründeter Gütergemeinschaft lebend, […] am 4. Nov. 1907 von Herget, Ebba […] am 14. März 1908 Schroeder, Wilhelm, Dr. med., Rittergutsbesitzer in [---] am 11. Juni 1910 Werner, Christian, Rittergutsbesitzer in Nürnberg […] zur Person Christian Werner s. u.

am 17. Aug. 1910 Werner, Margareta, geb. Lang, Frau des Christian Werner, ist Miteigentümerin kraft allgemeiner Gütergemeinschaft […] am 14. August 1918 Diroll Adam, herzogl. gräfl. Hofsteinmetzmeister in Burgberg bei Lichtenfels a. M. zur Person Adam Diroll s. u.

am [--]. August 1918 Diroll, Adam, herzogl. gräfl. Hofsteinmetzmeister in Burgberg bei Lichtenfels

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am 17. Mai 1922 Diroll Kunigunde, geb. Dietz, Frau von Adam Diroll, ist Miteigentümerin […] Telefonische Auskunft Pater Werner Weicht vom 04.03.2013 Am 22. Oktober 1921 erwarb Pater Johannes Weber für die St. Paulus GmbH das Untermerzbacher Schloss vom Steinbruchbesitzer Adam Diroll in Burgberg. Zum Schloss mit Nebengebäuden gehörten eine Reihe von Grundstücken, so die Lindenanlage, ein Baumgarten, ein Backofen, eine Waldung mit Fichten, der Schlossgarten sowie ein Küchen- und Obstgarten. Kaufpreis: 400.000 Mark

Zur Person Christian Werner Christian Werner stammte aus Nürnberg. Er war vom 11. Juni 1910 bis zum 14. August 1918 Besitzer des Schlosses und der Gärtnerei, für das Jahr 1908 ist im Wohnungsbogen der Gemeinde für das Anwesen Nr. 59 eine Mietwohnung im Parterre eingetragen, deren Vermieter Christian Werner war (Quelle: Gemeindearchiv Untermerzbach, III. Akten, Nr. 50b) Offenbar war er in der Region sehr verwurzelt, denn er ließ zur Eröffnung der Lokalbahn Breitengüßbach - Dietersdorf eine Münze prägen (s. Abb. 16 und 17). Die Münze befindet sich im Eigentum der Gemeinde Untermerzbach.

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Abb. 16 Medaille Vorderseite, Inschrift: CHRISTIAN WERNER SEINEN LIEBEN UNTERMERZBACHERN HEILIGERDORFERN NEBST UMGEB. GEWIDMET

Abb. 17 Medaille Rückseite, Inschrift: ZUR ERINNERUNG AN DIE ERÖFFNUNG DER LOKALBAHN BREITENGÜSSBACH DIETERSDORF AM 30. SEPT. 1913

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Zur Person Adam Diroll Quellen: Dippold und Wikipedia Adam Diroll (1875-1941) und sein Bruder Hans Diroll waren Söhne des Jakob Diroll, der in Kleinziegenfeld einen Steinbruch erschlossen hatte (sog. Dirollscher Steinbruch), in dem der sog. Kleinziegenfelder Dolomit gewonnen wurde. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1898 übernahmen die Brüder zunächst gemeinsam das Unternehmen, 1910 trennten sie das Unternehmen. Während Adam das Bauunternehmen weiter führte, übernahm Hans die Steinbrüche und die Steinwerkstätten. Die Gebrüder Diroll waren äußerst erfolgreiche Geschäftsleute im Lichtenfelser Raum.

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2.3

Historische Abbildungen und Fotos

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2.3.1

Uraufnahme 1849 Die Uraufnahme f端r den Ort Untermerzbach besteht aus 2 Teilen: NW 09522 und NW 09523. Die Gesamte montierte Aufnahme befindet sich im digitalen Anhang.

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Abb. 18 Uraufnahme 1849 NW 09522 und 23 montiert Ausschnitt Schlosspark

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Interpretation der verwendeten Signaturen und Darstellungen

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2.3.1.1

Beschreibung Schlosspark Schloss (Nr. 99) und Schlossgarten liegen südlich der Mühle (wohl ältester Siedlungskern) am südwestlichen Rand des Dorfes Untermerzbach. Der Schlosspark wird wie folgt umgrenzt: - im Süden durch den Schlossweg - im Osten (südlicher Abschnitt) durch die Schlossgasse - im Osten (nördlicher Abschnitt) uneinheitlich durch die benachbarten Kleingrundstücke - im Norden durch den Merzenbach (die Grenze verläuft am jenseitigen Ufer, sodass dieser Bachabschnitt dem Schlossgrundstück zugeschrieben wird) - im Westen (nördliches Drittel) in einem leichten Innenbogen von Nordwest nach Südwest führend - im Westen (südliche Zweidrittel-Länge) in mehreren unregelmäßigen Bögen (Einbuchtungen in den steilen Hangbereich) Eine Ummauerung ist nicht zu erkennen, lediglich ein Stück Zaun in gebogenem Verlauf in der nordöstlichen Grundstücksecke zum Nachbargrundstück Nr. 67. Das Schloss ist etwa mittig des Grundstücks an dessen westlichen Rand gerückt, längsachsig um etwa 20 Grad aus der Nord-West-Achse Richtung Westen gedreht. Dadurch wendet sich der Bau der Schenkenau und der Ortschaft Gleussen zu. Das Schloss ist an den westlichen Rand eines Plateaus (Gesamtlänge ca. dreimal die Länge des Schlossbaus) und zusätzlich auf einem Podest platziert, das im Norden, Osten und Süden wenig hervortritt. Der dadurch entstandene Höhenunterschied zum Plateau wird auf der Westseite durch 3 Stufenanlagen, auf der dem Garten zugewandten Ostseite durch eine breite, axiale, am Ende nach außen schwingende Treppenanlage überwunden. Nördlich und südlich des Schlosses ist auf dem Plateau je ein Lindensaal angeordnet mit je sechs (Nord-Süd-Richtung) zu sieben Reihen (West-OstRichtung).

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Das Plateau wird im Osten von einer Stützmauer begrenzt, die Teil einer orthogonal zum Schloss ausgerichteten 2-stufigen Terrassenanlage ist. Der Stützmauer vorgesetzt ist eine zweiarmige, dreiläufige Treppe, die zur unteren Terrasse führt. Die beiden unteren Podeste enden etwa in Flucht zu den Innenkanten der schräg eingestellten Türme des Schlossbaus. Dem Nordabschnitt dieser unteren Terrasse fehlt die stützende untere Mauer. Von der unteren Terrasse führt wiederum eine vorgelagerte zweiarmige, dreiläufige Treppe zum Gartenniveau mit gemeinsamem unterem Treppenpodest. Im Süden der unteren Terrasse führt ein Weg in einem Bogen zurück auf das Plateau und umschreibt einem Aussichtsplatz, der vom Plateau aus zugänglich ist und an diesem Richtung Süden anschließt. Im Norden der unteren Terrasse (wie erwähnt fehlt hier die Stützmauer) führt ein hangparalleler Weg zur Verlängerung der Schlosszufahrt Richtung Norden bzw. Nordwesten. Diese geht über in einen geschwungenen Rundweg, der nördlich des Teichs und im Osten und Süden entlang der Schlossparkgrenzen und im Westen nahe der Unteren Stützmauer verläuft und so eine große Wiesenfläche umschreibt. Ein Querweg verbindet den unteren Antritt der Treppe zur Terrasse mit einer Toranlage an der Schlossgasse im Osten. Vor diesem Tor weitet sich der Weg zu einem Vorplatz. Das Schlosstor liegt nicht orthogonal zur Terrassenanlage.

Der Rundweg weitet sich in der äußersten Süd-Ost-Ecke zu einem Sitzplatz mit einer Tisch-Bank-Kombination erweitert (im Plan als "Luisenplätzchen" bezeichnet), mit Blickrichtung nach Nordwesten zur Terrassenanlage und zum Schloss. Ein Abkürzungsweg schneidet diesen Weg zum "Luisenplätzchen" ab, sodass eine Vegetationsfläche in Dreieckform entsteht. Etwa auf halbem Weg zwischen "Luisenplätzchen" und Schlosstor befindet sich ein weiterer, sehr viel kleinerer Sitzplatz ohne erkennbare Möblierung, mit Blickrichtung West auf den südlichen Lindensaal. Westlich des "Luisenplätzchens" deutet eine kleine, hufeisenförmige Signatur möglicherweise eine Grotte an.

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Im weiteren Verlauf schwingt dieser Weg Richtung Nordwesten und trifft südöstlich unterhalb des Lindensaals auf einen Baumplatz in Form einer Ellipse, der mit sieben einzelnen Bäumen (möglicherweise Linden) umstellt ist. Er übernimmt eine Art Verteilerfunktion, denn von ihm aus führt sowohl der Rundweg Richtung Norden als auch ein weiterer Weg Richtung Südwesten entlang des Böschungsfußes, wo nach einer erneuten Teilung des Weges zum einen der Anschluss an den Arbeitszugang für die Gärtner hergestellt wird (gegenüber befindet sich Gebäude Nr. 97, die sog. Orangerie mit Gärtnereiflächen) und zum anderen ein Weg Richtung Norden den Südabschnitt des Plateaus mit Lindensaal anbindet.

In der äußersten Nord-West-Ecke des Parks schließt an den Rundweg ein halbkreisförmiger Platz mit Brunnenstube an, vom dem aus ein schmaler Weg zunächst zur Brücke über den Merzenbach und im weitern Verlauf auf das im Westen benachbarte, zum Schloss gehörende Grundstück der sog. Schlosswiesen (Nr. 99) führt.

Die Bepflanzung ist mit den gängigen Signaturen in Vogelperspektive dargestellt, die eine gute Differenzierung zulassen. In der Wiese stehende Einzelbäume sind klar unterschieden in Laub- und Nadelbäume. Vereinzelt vorkommende Gehölzgruppen in der Wiese sind laubtragend verzeichnet. Eine gestrichelte Linie trennt geschlossene Baum- und Strauchpflanzungen von der Wiesenfläche. Innerhalb dieser Pflanzungen wird ebenfalls zwischen Laub- und Nadelbaum unterschieden, wobei eine deutliche Verdichtung von Nadelbäumen am westlichen Grundstückshang zu erkennen ist. Die Gehölzpflanzung konzentriert sich im Wesentlichen auf die Randbereiche und wechselt nur ab und an auf die Innenseite des Weges zur Wiese hin. Am südlichen Wegabschnitt ist sie jedoch großflächig ausgespart, sodass vom Schlossweg aus der Blick auf das Schloss teilweise freigegeben wird.

Ebenso frei von Weg begleitende Pflanzflächen sind der Abschnitt zwischen nördlichem Lindengang und dem See sowie die Flächen am äußersten Nordrand des Parks zwischen See und Bach. Hier wird die verwendete Signatur von im Verband stehender Einzelbäume als Baumgarten (also Obstbäume) interpretiert.

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Die in fast gleichmäßigen Abständen entlang der Grundstücksgrenze zwischen südlichem Lindensaal und Schlosstoranlage sowie zwischen Bachlauf und Hangkante im Westen verwendete kreisförmige Signatur mit einseitigem Schatten kann im weitesten Sinn als Hecke gedeutet werden.

Grün dargestellte Beete in Form von unterschiedlich großen Ellipsen und Kreisen zeigen Schmuckbeete im Park an. Sie finden sich gehäuft am Weg zwischen nördlichem Lindengang und See und am "Luisenplätzchen". Besonders akzentuiert wird dieser Platz durch ein Schmuckbeet in Form eines großen "L" (das für "Luise" Gräfin von Rottenahn steht, mehr dazu s. Kap. 2.6.3 und 3). Weitere langgezogene Beete (geschnittene Hecken oder ebenfalls Schmuckbeete) befinden sich vor den Balustraden des Plateaus und auf der unteren Terrasse. Auf dieser ist noch in der Darstellung zwischen Pflanzfläche (Beige mit Struktur) und Wegefläche (rein Beige) unterschieden. Diese Pflanzflächen sind geschwungen oder in Form von Ellipsen und haben zusätzlich in hellgrüner Farbe eingetragene Schmuckbeete. Auf dem südlichen Abschnitt der unteren Terrasse ist in einer Pflanznische eine Bank (oder ein Tisch) positioniert.

Die Hangkante der steilen Böschung westlich des Schlosses ist gestrichelt angedeutet. Ansonsten ist das Geländerelief nicht erkennbar dargestellt.

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION

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2.3.1.2

Anbindung an die Kulturlandschaft Als Anbindung an die den Schlosspark umgebende Kulturlandschaft kann eine Allee interpretiert werden, die an der nordwestlichen Grenze des Parks ansetzt und Richtung Nordwesten verläuft. Sie markiert vermutlich einen Geländeversatz, der auf dem Luftbild Abb. 44 zu sehen ist. Als markanter Einzelbaum und damit als eine Art Geländemarke ist die heute noch existierende sog. Hunneneiche eingetragen (Verlängerung des Schlosswegs Richtung Südwesten, neben Grundstück Nr. 83).

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION

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2.3.2

Gemälde Ferdinand von Rayski, 1838 Das Gemälde ist mit Blick von der südöstlichen Ecke des Schlossparks ("Luisenplätzchen") Richtung Nordwesten entstanden. Im Vordergrund ist die Wiese des Landschaftsgartens dargestellt, umrahmt mit blühenden Sträuchern (am linken Bildrand) und Strauchwerk und Bäumen (horizontale Bildmitte, jeweils von links und rechts entlang der unteren Terrasse). Die zweistufige Terrassenanlage mit den beiden Treppen und dem darüber stehenden Schloss sind als Hauptattraktion etwa mittig des Bildes gesetzt. Links und rechts des Schlosses ist der südliche bzw. der nördliche Lindensaal zu sehen. Die Balustrade der Terrassenmauern ist mit Vasen gekrönt. Ein Schatten im unteren Bereich zwischen den Treppen lässt eine Nische in der Mauer erahnen. Vor dieser befindet sich ein Beet mit flacherer Bepflanzung und einem jüngeren Baum. In Richtung Beet und Treppenanlagen bewegt sich ein Jäger mit Hund von der Mitte zum rechten Bildrand. In dessen Hintergrund ist geschlossener Bestand an Baum- und Strauchgruppen dargestellt. Am linken, mittleren Bildrand zeigt Rayski vier Personen, die auf einem Aussichtspunkt stehen. Links eine erwachsene Person, die rücklings an das Geländer gelehnt sich gestikulierend kleineren Personen zuwendet. Möglich, dass Rayski hier die Kinder des Grafen darstellt. An dieser Stelle ist der Blick frei von jeglichen hohen Pflanzen, sodass die Details des Aussichtsplatzes erkennbar sind (Pfosten und Geländer). Die auf dem Katasterplan von 1849 und auf der Darstellung von Russam (s. Kap. 2.3.4) bereits dichten Fichtenbestände hinter dem Schloss wurden vom Künstler nicht darstellt. Auch beim Aussichtspunkt legte Rayski auf die Darstellung der Personen großen Wert und lässt den Blick vom "Luisenplätzchen" aus frei. Dies entsprach vermutlich nicht der Wirklichkeit und ist als künstlerische Gestaltung zu interpretieren. Auffällig ist auch das Fehlen der Vasen auf der unteren Balustrade.

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION

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Abb. 19 Blickrichtung und Standort des Künstlers, eingetragen in die Uraufnahme

Text Maräuschlein: 126. *Schloß Merzbach (Tafel IX) Auf einer gestuften, durch Treppen unterbrochenen Terrasse steht das Schloß mit

Abb. 20

gelblichweißen Mauern und rotem Dach. Rechts und links Baumgruppen. Im Vor-

Ferdinand von Rayski,

dergrund ein Rasen, links Andeutung von blühendem Gesträuch. Der Himmel in

Schloß Merzbach (W.-V.

dunkelblauen bis hellblaugelbgrünen Farben. Fünf Staffagefiguren, vier links oben

126)", 1838

auf der Terrasse, die fünfte, ein Jäger mit seinem Hund, auf dem Rasen.

Öl auf Leinwand M:

Rhm: Goldrahmen mit aufgetragener roter Farbe aus der Zeit. Bes.: Dietz Freiherr

0,244 x 0,338 m; Quelle:

von Thüngen, Thüngen, Franken. Erwb.: Seit der Entstehung im Besitz der Familie.

Maräuschlein, Tafel IX

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION

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2.3.3

Aquarell O. Reiss, 1841 Die Blickrichtung von Südosten nach Nordwesten ist identisch zu der des Gemäldes von F. v. Rayski, doch steht der Betrachter noch weiter Richtung Südosten, wodurch die Bepflanzung des "Luisenplätzchens" dargestellt werden konnte. Wie bei Rayski bilden Schloss und Terrassenanlage den Mittelpunkt des Bildes. Links und rechts vom Schloss sind die Lindensäle in vollem Laub zu erkennen, in unterschiedlichen Wuchshöhen, was auf einen unregelmäßigen Schnitt schließen lässt. Die rahmende Bepflanzung besteht aus teils hochgewachsenen Bäumen, am linken Bildrand als Koniferen gezeichnet. Die Balustraden der Terrassenanlage sind durchgehend mit Vasen geschmückt. Die untere Terrasse ist bepflanzt. Von links und von rechts zieht sich entlang der unteren Terrassenmauer Bewuchs Richtung Mitte, bestehend aus Sträuchern und niedrigen Bäumen. Auf der Wiese vor der Treppenanlage stehen zwei Einzelbäume; der näher der Treppe gelegene ist kleinkronig, der weiter entfernte nahezu ausgewachsene ähnelt im Habitus dem einer Birke. Auf dem Weg entlang des "Luisenplätzchens", in der vorderen Mitte des Bildes, wandelt ein Staffage-Paar in Biedermeierkleidung mit einem Jungen und einem angeleinten Hund. Das Schmuckbeet in der Mitte kann als das gepflanzte "L" aus der Uraufnahme interpretiert werden. Im Unterschied zu Rayski deutet Reiss die Hintergrundpflanzung aus Nadelhölzern jeweils links und rechts des Schlosses zart an. Dieses Aquarell ist in den "Altfränkischen Bildern" 1951 in schwarzweiß erstmals publiziert. Die Beschreibung durch den Autor W. W. Engel s. nächste Seite.

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Abb. 21 Blickrichtung und Standort des Künstlers, eingetragen in die Uraufnahme

Ihr Schöpfer, der graphische Künstler O. Reiß aus Coburg ist bisher eine schatten-

Abb. 22

hafte Gestalt, für die jegliche Lebensangaben fehlen; man kennt von ihm bisher nur

O. Reiss

drei Stahlstiche und eine Zeichnung von Coburg und Umgebung. Jetzt liegen nun

Aquarell, 1841

gleich fünf signierte Aquarelle für die rotenhanischen Schlösser Rentweinsdorf, Ey-

Quelle: Rotenhan, Bitha

richshof und Untermerzbach vor - Blätter, die hier erstmals veröffentlicht werden.

Anmerkung: Bitha v. Ro-

Und weiter über das Untermerzbach betreffende Aquarell:

tenhan kürzt den Vor-

Auch hier hat Reiß, von Osten her stehend, mit zarter Hand ein zierliches Gesamt-

namen wohl fälschli-

bild der Erscheinung gezeichnet.

cherweise mit "P" ab.

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2.3.4

Gemälde Russam, 1842 Der Blick auf Untermerzbach, Schloss und Park richtet sich von Nordosten Richtung Südwesten. Dargestellt sind im Vordergrund Personen in ländlicher Kleidung, die sich auf einem Hohlweg befinden (heutige Kellergasse), die Bildmitte wird in ganzer Breite von den Häusern des Dorfes Untermerzbach eingenommen. Darüber steht das Schloss und am Horizont sind die dahinter liegenden Anhöhen sowie eine Richtung Südwesten führende Straße zu sehen. Das Schloss selbst ist umgeben von dichtem Baumbestand, der unterschieden werden kann in die beiden Lindensäle sowie in den Hintergrundbewuchs des Schlosses, der einen deutlichen Anteil an Nadelgehölzen aufweist. Bei dem hervorgehobenen, rundkronigen Baum im linken Abschnitt könnte es sich um die heute noch existierende, auf ein Alter von ca. 300-400 Jahren geschätzte Hunneneiche auf der Anhöhe südwestlich des Schlosses handeln. Die dem Schloss vorgelagerte Terrassenanlage ist bis auf die südliche, obere Mauer durch Bewuchs verdeckt. Die Balustrade ist mit Vasen verziert. Vom Schlosspark selbst sind rundkronig und säulenförmig wachsende Bäume zu erkennen. Auffällig ist die gehäufte Darstellung von säulenförmigen Bäumen, die nicht zwingend den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen muss, sondern eher die favorisierte Baumform des Malers zu sein scheint. Dies wird besonders deutlich an einem säulenförmiger Einzelbaum zwischen Schloss und Kirche, der vom Künstler wohl als Spannung erzeugendes, vertikales Element gesetzt wurde.

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Abb. 23 Blickrichtung und Standort des K端nstlers, eingetragen in die Uraufnahme

Abb. 24 Aquarell, Signatur: "Russam pinx. May 1842", Quelle: Rotenhan, Bitha

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2.3.5

Zeichnungen der Luise Gräfin von Rottenhan, um 1850 Die beiden Tuschezeichnungen stammen von der Hand der Gräfin Luise von Rottenhan (1796-1851) und werden auf die Zeit um 1850 datiert. Die Gräfin hat für das Anfertigen der Zeichnungen zwei unterschiedlichen Positionen eingenommen: In Zeichnung 1 (Abb. 25) erfasst ihr Blick am rechten Bildrand die Ortschaft Gleussen, links liegt Untermerzbach mit dem Schloss am linken Bildrand, das vor einen dichten Gehölzbestand gestellt ist. Zum Schloss führt ein mit einer einseitigen Baumreihe bepflanzter Weg. Vor dem Schloss sind die Terrassen angedeutet, davor breitet sich die Wiese des Schlossparks aus. Sie ist umgeben von Baum- und Strauchpflanzung. Im Vordergrund rechts im Bild hat sich unter einem Baum ein Wanderer auf einem Stein niedergelassen, zu seinen Füßen liegt ein Hund. Zeichnung 2 (Abb. 26) ist aus weiterer Entfernung als Zeichnung 1 entstanden, erkennbar an dem deutlich kleiner dargestellten Schloss und an der am rechten Bildrand gezeichneten Ortschaft Lahm (Schloss und Kirche). Links der Bildmitte ist wiederum die Ortschaft Gleussen zu se-

Abb. 25 und 26

hen. Das Schloss ist vor einen dichten Nadelholzbestand gesetzt. Vom

(s. nachfolgende Seite)

Park sind die Wiese und eine rahmende Bepflanzung zu erkennen. Der Vordergrund der Zeichnung wird bestimmt durch einen Bauern, der einen mit Heu beladenen Ochsenkarren führt. Rechts ist der Eingang zu einem Felsenkeller zu sehen.

Rückseite: Handschriftlicher Vermerk: Untermerzbach um 1850; rechte untere Ecke Aufkleber mit handschriftlichem Vermerk: Zeichnung Louise Gräfin von Rottenhan, um 1850, überreicht von Eleonore Freifrau von Rotenhan am 14.03.2006 Besitz: Gemeinde Untermerzbach

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(Abb. 25 und 26)

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2.3.6

Zeichnung Landschaft und Orangerie, undat. (nach 1816) Der unbekannte Künstler befand sich vermutlich auf der Anhöhe südwestlich des Schlosses (unter der Hunneneiche?) mit Blick Richtung Nordosten bis Osten. Dargestellt sind die Landschaft, einzelne Gebäude und Ansiedlungen. Die Horizontlinie verläuft ungefähr in Bildmitte. Mittig im Vordergrund steht eine Orangerie (Baubeschreibung s. am Ende des Textes). Hinter einer Fachwerkscheune mit hölzernem Giebel am linken Bildrand ist das Schloss in äußerst zurückgenommener Darstellung zu sehen. Nach rechts (also nach Osten) erstreckt sich der Schlosspark, gezeichnet als eine dicht mit Großbäumen gefüllte Fläche. Dahinter liegt der Ort Untermerzbach, von dem aus eine mit Alleebäumen gesäumte Straße nach Osten führt. Vor der den Abschluss bildenden Hügelkette liegen (von links nach rechts) die Ansiedlungen Truschenhof, Schenkenau, Gleussen und Kaltenbrunn. Oberhalb von Kaltenbrunn ist als äußerster Blickpunkt Kloster Banz zu sehen. Beschreibung der Orangerie: Sie ist nach Süden orientiert und besteht aus einem großen, verglasten Mittelteil, und symmetrisch je links und rechts angeordneten, eingeschossigen und aus Steinen gemauerten Anbauten. Sie werden durch ein Walmdach integriert und treten durch einen Vorsprung mit Satteldach (Firstrichtung quer zum Walmdach) in Richtung Süden hervor. Insgesamt sind 3 Schornsteine zu sehen, je einer im Bereich der seitlichen anbauten und einer in der Mitte der Orangerie. Es handelt sich bei dem Gebäude um einen Zweckbau ohne repräsentativen Charakter. Anmerkung: Eine Bauinschrift an der ehemaligen Orangerie zeigt die Zahl 1816.

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Abb. 27 Blick von Hunneneiche Richtung Nordost, mit Orangerie im Vordergrund Besitz: Staatsbibliothek Bamberg

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Abb. 28 wie Abb. 27, jedoch beschriftet von der Verfasserin

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2.3.7

Fotografien, Postkarten, amtliches Kataster

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2.3.7.1 Foto Apotheker Franz Gros, um 1905 Die Aufnahme wurde in der laubfreien Zeit angefertigt. Der Fotograf stand in der östlichen Ecke des Schlossparks (vor dem "Luisenplätzchen") mit Blickrichtung Nordwest. Abgebildet ist die Terrassenanlage (der äußerste südliche Teil ist abgeschnitten) mit dem darüber stehenden Schloss. Die Terrassenmauern sind ohne Bewuchs. Erkennbare Vegetationselemente: - großer Baum in Einzelstellung diesseits des Mittelwegs (Gattung nicht erkennbar) - dicht (mit Sträuchern) besetzter Pflanzstreifen vor der unteren südlichen Terrasse

Abb. 29

- südlicher Lindengang mit erkennbaren Schnittstellen

Foto um 1905,

- Baumspitzen der Fichten hinter dem Lindengang

Apotheker Franz Gros Quelle: Kreisheimatpfleger Günter Lipp

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2.3.7.2 Foto Arthur Wünschen, um 1910 Die Aufnahme wurde in der laubtragenden Zeit angefertigt. Der Fotograf stand mit Blickrichtung Nordwest auf der südlichen Wiesenfläche. Abgebildet sind der mittlere Teil der Terrassenanlage und das Erdgeschoss des nordöstlichen Teils des Schlosses. Erkennbare Vegetationselemente: - Teil einer großen Baumkrone am rechten Bildrand (Gattung nicht erkennbar) - dichter Bewuchs der oberen Terrassenmauern und der Vasen (Efeu?) - Baumspitzen der Fichten rechts vom Schloss - rechts davon zwei Kronen des nördlichen Lindengangs - Vasen der unteren Terrasse wohl bepflanzt

Abb. 30 Arthur Wünschen, um 1910 Quelle: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

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2.3.7.3 Foto, um 1916 Die Aufnahme wurde in der laubtragenden Zeit angefertigt. Der Fotograf stand auf der Unteren Terrasse mit Blickrichtung Südwest. Abgebildet sind die südliche obere und die obere mittige Treppe sowie die Obere Nische. Abgebildete Personen: - auf die obere Balustrade gelehnter Mann, links davon kleiner Junge - rechts davon 3 größere Jungen - auf der mittleren Terrasse, an die Kante der Nische gelehnt, ein größerer Junge. Alle Kinder tragen Hüte mit breiten Krempen. Erkennbare Vegetationselemente: - nördliche Exemplare des südlichen Lindengangs Es ist möglich, dass es sich bei den abgebildeten Personen um die Familienmitglieder einer der Vorbesitzer handelt (Franz Herget, Besitzer 1906 bis 1908, Dr. Wilhelm Schroeder, Besitzer von 1908 bis 1910, Adam Diroll, Besitzer von 1910 bis 1918).

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Abb. 31 Foto, um 1916, evtl. ehemals Privatbesitz, heute Bayerisches Landesamt f端r Denkmalpflege

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2.3.7.4 2 Fotos, um 1916 Die Aufnahmen wurden in der laubtragenden Zeit angefertigt. Der Fotograf stand unmittelbar südlich des Mittelwegs mit Blickrichtung West. Abgebildet sind die mittlere Terrassenanlage und das Schloss (orthogonal). Beide Aufnahmen wurden am selben Tag wie Abb. 31 wohl unmittelbar hintereinander fotografiert. Es wechseln lediglich die posierenden Personen. Abgebildete Personen: - auf die untere Balustrade gelehnte Frau (rechts) sowie ein Junge - auf der oberen Balustrade sitzend ein lesender Junge und links davon, auf der Balustrade sitzend, ein kleinerer Junge. Die beiden älteren Jungen tragen Hüte mit breiten Krempen. Erkennbare Vegetationselemente: - nördliche untere Terrassenmauer bewachsen (Efeu?) - Vasen der unteren Terrasse wohl bepflanzt - dichter Bewuchs der oberen Terrassenmauern und der Vasen (Efeu?) - auf der obersten Terrasse, vor dem Schloss, in wohl gleichmäßigen Abständen stehende Yucca-Palmen (vermutlich in Töpfen)

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Abb. 32 Foto, evtl. ehemals Privatbesitz, heute Bayerisches Landesamt f端r Denkmalpflege

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Abb. 33 Foto, um 1916, evtl. ehemals Privatbesitz, heute Bayerisches Landesamt f端r Denkmalpflege

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2.3.7.5 2 Postkarten, um 1908 Die Aufnahme wurde in der laubfreien Zeit angefertigt. Der Fotograf muss sich in der Krone eines der Großbäume am östlichen Rand des Parks befunden haben, Blickrichtung West auf das Schloss mit davor liegender Terrassenanlage. Von dieser sind die unteren Treppenanlagen ganz, die oberen im Anschnitt zu sehen. Erkennbare Vegetationselemente: - Teil einer großen Baumkrone am linken Bildrand (Gattung nicht erkennbar) - dichter Bewuchs der oberen Terrassenmauer und der Vasen sowie der nördlichen Unteren Terrassenmauer. Da die Aufnahme in der laubfreien Zeit gemacht wurde, handelte es sich um eine immergrüne Pflanzenart (Efeu?) - Fichten rechts vom Schloss Abgebildete Personen: - insgesamt sind 11 männliche und 2 weibliche erwachsene Personen zu erkennen - einige der Männer tragen Jägerkleidung und/oder ein Gewehr, ein Mann führt einen Hund - eine Kutsche mit Kutscher ist vor der Treppenanlage des Schlosses vorgefahren Vermutlich handelte es sich bei der Gruppe um eine Jagdgesellschaft. Erkennbare Ausstattungselemente: - großer Steintisch auf der nördlichen, unteren Terrasse; die Füße des Tisches sind möglicherweise mit natürlichen Tuffsteinen versteift (verziert) 1908 war Dr. Wilhelm Schroeder Eigentümer des Schlosses. Über die Nutzung als "Ferienheim des Bayerischen Jünglingsbundes e.V. Sommer 1911" (Abb. 35) konnte nichts in Erfahrung gebracht werden. In diesem Jahr war das Schloss Eigentum von Adam Diroll.

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Abb. 34 Postkarte, Fotografie 1908 gelaufen (Internetbestellung), Abbildung vergrößert

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Abb. 35 Postkarte, Fotografie Quelle: Gemeinde Untermerzbach Abbildung vergrößert

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2.3.7.6 Postkarte "Herz-Jesu-Heim" undatiert Die Aufnahme wurde in der laubfreien Zeit angefertigt. Der Fotograf stand orthogonal zur Terrassenanlage und zum Schloss. Vor der unteren Terrasse sind je links und rechts ein neu gepflanzter Baum zu erkennen. Weitere erkennbare Vegetationselemente: - groĂ&#x;kronige Bäume links und rechts im Anschnitt, Vordergrund - Fichtenkronen rechts hinter dem Schloss

Abb. 36 Postkarte, Aufschrift: "Herz-Jesu-Heim, Untermerzbach, Ufr.Cleriker-Noviziat der Herz-Jesu-Provinz der Pallottiner" gelaufen, Datum unbekannt, Internetbestellung

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2.3.7.7 Postkarte, Luftaufnahme 1943 Die Fliegeraufnahme wurde von Nordost Richtung Südwest angefertigt. Hinter dem Schloss sind die Nadelgehölze als große Bäume erkennbar. Der südliche Lindensaal scheint in der Höhe relativ gleichmäßig beschnitten. Die östlichen und die nördlichen Parkabschnitte sind dicht mit Großbäumen bewachsen. Entlang des Schlossweges ist eine Baumreihe erkennbar.

Abb. 37 Postkarte, Fliegeraufnahme, 1943, Quelle: Gemeinde Untermerzbach

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2.3.7.8 Postkarte, Luftaufnahme Möglich, dass die Aufnahme beim gleichen Flug entstanden ist wie die der Abb. 37. Der Schlosspark ist nur in Teilen abgebildet. Erkennbare Vegetationselemente: - südliche Lindensaal, ganz zu sehen, mit nahezu gleich großen Kronen - Fichtenbestand hinter dem Schloss - nördlicher Lindensaal, Kronen deutlich größer, zum Teil durch davor stehende Baumkronen verdeckt - Einzelbäume in Reihe, rechts, entlang des Mittelwegs, darunter wohl die heute noch existierende Platane - Säuleneiche (heute noch existierend) links des Mittelwegs

Abb. 38

- dichter Pflanzstreifen entlang südlicher unterer Terrassenmauer

Postkarte "Schloss Un-

- kreisrunde Pflanzfläche innerhalb der südlichen Schlosswiese (keine

termerzbach, Herz-

Interpretation möglich) Weiterhin erkennbar: runder heller Fleck auf Schlosswiese (keine

Jesuheim", "Original Fliegeraufnahme" Quelle: Gemeinde Untermerzbach

Interpretation möglich)

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2.3.7.9 Postkarte, 1947 Der Fotograf befand sich wenige Schritte neben der Straße von Kaltenbrunn nach Untermerzbach, Blick Richtung Westen. Die Aufnahme wurde in der laubtragenden Zeit angefertigt. Erkennbare Vegetationselemente: - Nadelgehölzbestand hinder dem Schloss - einzelne Nadelgehölze im Park - dichter Gehölzbestand entlang Ost- und Westseite des Parks - Baumreihe entlang Schlossweg

Abb. 39 Postkarte "Gruß aus Untermerzbach", 1947, Quelle Gemeinde

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2.3.7.10 2 Fotos von Gundermann, nach 1954, vor 1963 Die Aufnahmen wurden vermutlich im zeitigen Frühjahr mit wenigen Minuten Abstand angefertigt, denn die Linden des südlichen Lindensaals tragen bereits Blätter (s. Abb. 40), während die der Säuleneiche (s. Abb. 41, Astwerk am linken Bildrand) noch fehlen. Der Fotograf stand südlich des Mittelwegs und östlich der Säuleneiche. Das Foto wurde nach 1954 aufgenommen, da das Dach der in diesem Jahr fertig gestellten Kapelle zu sehen ist, und vor 1964, da der nördliche Anbau noch fehlt. Erkennbare Vegetationselemente Abb. 40 (von links nach rechts): - 3 Exemplare des südlichen Lindensaals, Knoten des Schnittes gut erkennbar - Laubbäume hinter der Kapelle - Kronen des nördlichen Lindensaals (teilweise) - dahinter große Kiefer - je 1 Konifere (Omorika-Fichten?) links und rechts neben der untersten Treppe - laubtragende Heckenpflanzen entlang unterster südlicher Terrassenmauer - mehrstämmiger großer Laubbaum vor unterster nördlicher Terrassenmauer Erkennbare Vegetationselemente Abb. 41 (zusätzlich zu den in Abb. 40 beschriebenen) - am linken Bildrand im Anschnitt Krone der heute noch existierenden Säuleneiche

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Abb. 40 und 41 2 Fotos, Fotograf Gundermann (Vorname unbekannt), Bayerisches Landesamt f端r Denkmalpflege Aufnahmezeitpunkt kurz hintereinander

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Abb. 41

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2.3.7.11 Foto nach 1954 und vor 1964 Das Foto für in der laubtragenden Zeit angefertigt. Die Datierung erfolgte über den ähnlichen Zustand der Vegetation wie bei den Gundermann-Aufnahmen. Erkennbare Vegetationselemente (von links nach rechts): - Exemplare des südlichen Lindensaals, Kronen etwas höher als bei Gundermann - Kronen des nördlichen Lindensaals - dahinter große Kiefer - je 1 Konifere (Omorika-Fichten?) links und rechts neben der untersten Treppe - laubtragende Heckenpflanzen entlang unterster südlicher Terrassenmauer - mehrstämmiger Laubbaum vor unterster nördlicher Terrassenmauer - heute noch existierende Säuleneiche (rechter Bildrand)

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Abb. 42 Foto, Fotograf unbekannt, Quelle: Internet

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2.3.7.12 Luftbild, 1960 Die Luftaufnahme wurde in der laubtragenden Zeit angefertigt, Flugrichtung von Ost nach West. Der Schlosspark ist dicht mit Großbäumen besetzt. Auffallend ist, dass die Nadelholzbestände hinter dem Schloss Anpflanzungen mit Laubgehölzen gewichen sind. Gründe hierfür sind nicht bekannt, doch kann angenommen werden, dass die Nadelbäume (Fichten?) ihr natürliches Alter erreicht hatten und gefällt werden mussten oder Sturmschäden zum Opfer fielen.

Abb. 43 Luftaufnahme, 1960, Quelle: Gemeinde Untermerzbach

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2.3.7.13 Luftbild, 1961 Die Luftaufnahme wurde in der laubtragenden Zeit angefertigt, Flugrichtung von West nach Ost. Zu sehen ist der nördliche Teil des Schlossparks, dessen Baumkronen so dicht stehen, dass der darunter liegende Teich nicht erkennbar ist. Recht ist im Anschnitt der Nordturm des Schlosses zu sehen. Am rechten Bildrand ist im nach Norden (links) abfallenden Gelände außerhalb des Schlossparks ein Geländeversatz zu erkennen. Möglich, dass sich hier die auf der Uraufnahme eingetragene Allee befand (s. dazu auch Kapitel 2.3.1.2 Anbindung an die Kulturlandschaft).

Abb. 44 Luftaufnahme, 1960, Quelle: Gemeinde Untermerzbach

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2.3.7.14 Foto untere Terrasse, 1974 Das Foto zeigt die untere Terrasse ab der Mitte Richtung Süden. Zu erkennen sind ein zwischen den unteren Podesten der Treppe gelegenens, mittiges Blumenbeet, das symmetirsch einen Innenschwung aufweist und mit Blumerabatten geschmückt ist. Zwischen der südlichen Treppe und der Balustrade auf der unteren Terrasse befindet sich eine geradlinig angelegte, mit Kantensteinen eingefasste Rasenfläche, deren Querseiten mit je einer Blumenrabatte geschmückt sind. Der Aussichtsplatz südlich des Lindengangs ist am rechten Bildrand zu sehen. Offenbar überspannte 1974 eine gebogene Dachkonstruktion den Sitzplatz an dieser Stelle. Links im Bild eingroeßr Nadelbaum (Omorika-Fichte?).

Abb. 45 Blick auf die Untere Terrassenmitte, Richtung Süden Quelle: Sayn-Wittgenstein, Franz Prinz zu, 1974

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2.3.7.15

Amtl. Kataster 18.02.2013

Abb. 46 Amtl. Kataster 18.02.2013

Die Wegef端hrung entspricht der Uraufnahme.

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2.4.5

Eintrag in die Bayerische Denkmalliste D-6-74-210-12 Schloßweg 2; Schloßstraße 12; Schloßstraße 20; Im Schloßgarten. Schloss, dreigeschossiger Mansardwalmdachbau mit zwei schräggestellten Ecktürmen und Sandsteingliederungen, im Kern 1534; klassizistischer Umbau 1750/51; Terrassen und Treppen mit Balusterbrüstungen und Futtermauern, Sandstein, um 1760; Park, seit 1726, Umgestaltung zum Landschaftspark mit Bepflanzungen und Wegen, seit 1789 und frühes 19. Jh., 1838 von Eduard Petzold; im Park: Parktor mit zwei Fußgängertoren, genutete Pfeiler mit Aufsätzen und schmiedeeisernen Torflügeln, historistisch-spätbarock, um 1905; Kapelle, kleiner Saalbau mit eingezogener Apsis, Satteldach und Dachreiter mit Pyramidendach, 1935; Obelisk mit figürlicher Darstellung, Sandstein, bez. 1938, Stiftung der Novizen; runder Keller; klassizistischer Pfeiler aus Schmiedeeisen, um 1760.

Abb. 53 Auszug aus der Denkmalliste Quelle: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

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2.5

Die Beteiligung Eduard Petzolds

Abb. 54 Carl Eduard Adolph Petzold, gezeichnet am 15. Sept. 1846 von seinem Freund Friedrich Preller d. Ä. (Rohde S. 5)

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Auf Seite 42 seiner "Erinnerungen aus meinem Leben", 1890 erschienen, erwähnt Petzold seine Arbeit für den Schlosspark Untermerzbach wie folgt: "Während dieser Zeit entwarf ich auch die Pläne bei dem Schlosse Maerzbach bei Coburg, im Itzgrund gelegen und dem Grafen R o t e n h a n gehörig." In der Liste von Petzolds Werkverzeichnis (s. Rohde S. 261) nimmt der Plan von Untermerzbach die vierte Position ein (nach Park Carolath, 1834, Park Matzdorf, 1835 und Park Möstchen, 1838). Da sämtliche Pläne des Schlossgartens 1923 und 1939 von den Pallottinern an das Staatsarchiv Würzburg abgegeben wurden, wo sie 1945 verbrannten (s. dazu Kap. 2.4.1) ist dieser Eintrag in Petzolds Aufzeichnungen der bisher einzige Nachweis für seine Planung für den Schlosspark Untermerzbach. Die Uraufnahme von 1849 weist eine besonders detailliert dargestellte Gartengestaltung auf. Es ist anzunehmen, dass diese auf der Basis eines von Petzold gezeichneten Entwurfs entstanden ist. Der Kontakt zwischen Petzold und Karl Julius Graf von Rottenhan kam über dessen Verwandtschaft in Rentweinsdorf zustande. Der dortige Stammhalter Hermann Freiherr von Rotenhan ehelichte im Jahr 1830 Marline Riedesel Freiin zu Eisenbach, die Tochter des Georg Carl Riedesel, Landmarschall

des

Großherzogtums Sachsen-Weimar-

Eisenach. Dieser hatte Petzold bereits bei seinen Besuchen in Wörlitz kennen- und schätzen gelernt und ihn von 1838 bis 1840 für seinen Besitz in Neuenhof an der Werra verpflichtet. In dieser Zeit hat Petzold Hermann von Rotenhan kennengelernt, über den er in seinen Erinnerungen schreibt (S. 43): "Außer anderen bedeutenden Männern, welche sich für Landschaftsgärtnerei interessierten und öfter nach Neuenhof kamen, befand sich auch der Schwiegersohn des Herr Landmarschalls, Freiherr von Rotenhan, Präsident der zweiten Kammer des Königreichs Bayern, dem ich mehrere schätzenswerthe Empfehlungen zu danken habe, […]." Eine dieser Empfehlungen muss die Vermittlung nach Untermerzbach gewesen sein.

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Petzold hatte sich bei der Vertragsgestaltung mit seinem neuen Dienstherrn Landmarschall Riedesel freie Zeit für Bildungsreisen und freiberufliche Tätigkeiten einräumen lassen. Dies, so war er der Meinung, würde ihn in seinem Wissen und Können stetig voran bringen (Rohde, S. 4). Bei der Vertragsverlängerung im Jahr 1840 um weitere drei Jahre handelte er sogar sechs Monate Urlaub pro Jahr aus. Er organisierte diese Reisen vollständig durch, um möglichst viele anerkannte Kollegen kontaktieren zu können und für sich einen hohen Wirkungsgrad hinsichtlich seiner Weiterbildung zu erreichen (Rohde S. 5). Die beiden Familien in Rentweinsdorf und Untermerzbach pflegten zur damaligen Zeit einen regen Kontakt, wie Schmidt in seinem Aufsatz (S. 21) vermerkt. Julius von Rotenhan schreibt über diese Beziehung (S. 639): "ein besonders lebhafter und geistig fördernder Verkehr bestand mit den Verwandten in Merzbach, wo die geistreiche Cousine Gräfin Louise von Rottenhan mit ihrem edeln und biederen Gatten für Hermann und seine Familie ein sehr anziehender und bildender Umgang war. Hier trafen Sie oft mit den überaus interessanten Verwandten der Gräfin zusammen, so mit dem Schwager derselben, dem berühmten früheren preußischen Minister von Stein […] Es bildete sich […] immer mehr der innigste Verkehr mit den Verwandten in Merzbach“. Schmidt dazu: Er selbst (Hermann von Rotenhan, d. Verf.) beauftragte Petzold 1856 mit der Umgestaltung des 1854 an seine Frau gefallenen Besitzes Buchwald in Schlesien. Dieses war ab 1785 von Friedrich Wilhelm Graf von Reden zu einem sentimentalen Landschaftsgarten im Sinne einer „ornamental farm“ umgestaltet worden, und Teil einer über Jahrzehnte von den bedeutendsten Gartenkünstlern mitgestalteten Landschaft von zahlreichen, ineinander übergehenden Schlossgärten, […]. Hermann von Rotenhan nannte Buchwald den „schönsten und reizendsten Fleck des deutschen Vaterlandes“ und verstarb dort 1858.

Zur weiteren Diskussion und Interpretation s. Kap. 3.

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

2.5.1

Zur Person Petzolds

Abb. 55 bis 57 Tabellarischer Lebenslauf aus Rohde (S. 35-37)

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Abb. 56

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Abb. 57

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

2.5.2

Die Gartentheorien Petzolds Carl Eduard Petzold hat uns nicht nur zahlreiche Gartenanlagen hinterlassen, sondern auch ein umfangreiches Werk von rund 30 Publikationen. Mit diesen Lehrmeinungen und praktischen Anleitungen hat er maßgeblich die Entwicklung des klassischen Landschaftsgartens beeinflusst. Lt. Rohde hat Petzold dazu die bekanntesten zeitgenössischen Gartentheoretiker Deutschlands und Englands ausführlich rezipiert. Seine formulierten Gartentheorien lassen bei der Bewertung seiner Arbeiten eine Fülle von Rückschlüssen zu.

Basis aller seiner Gestaltungsprinzipien waren die von der Natur vorgegebenen Landschaftsmotive. Schon früh lernte er, wie er sich ausdrückte, deshalb "das Sehen" in der Natur. Er empfahl - so Rohde (S. 39 ff) einem Landschaftsgärtner daher "durch Beobachten und Zeichnen charakteristische Natur-Scenen in sich aufzunehmen" um sie entsprechend nach seiner individuellen Auffassung "zu komponieren" und unter Berücksichtigung des gegebenen Terrains künstlerisch zu realisieren. Rohde weiter: Petzold empfahl übrigens, um korrekte Definitionen bemüht, das englische Wort "Park" anstelle des deutschen Begriffs "Landschaftsgarten" zu verwenden, weil die Engländer ihre Parkareale sehr ausdehnten, indem sie ganze Fluren einbezogen. Die Kenntnisse der Natur, ihrer Perspektiven, der sanften Übergänge, ihrer Ausgewogenheit bei den Farben und Formen hielt er für unabdingbar bei der Gestaltung eines Parks. Deren Unterschiedlichkeit und deren Wirkung auf das menschliche Gemüt suchte er in seinen Werken zu berücksichtigen und umzusetzen. So war er beispielsweise der Ansicht, die Eiche und die Buche, solitär oder als Wald gesetzt, riefen eine feierliche Stimmung hervor, die Zitterpappel in Kombination mit der Eiche sei ein Symbol für Schwäche und Kraft und ein mit Efeu umwachsender Eichenstamm Sinnbild für Freundschaft und Liebe. Nadelgehölze dagegen stimmten melancholisch.

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Den von Landbewohnern in der Nähe ihrer Dörfer gesetzten Baumarten wie Linde, Nussbaum und Kastanie schrieb er idyllische Wirkung zu (Rohde S. 41).

Aus den Aussagen in Petzolds erstem Handbuch (erschienen 1849) entwickelte Petzold lt. Rohde (s. 42) acht Grundsätze zur praktischen Anwendung. In verkürzter Form werden sie wie folgt wiedergegeben: 1. Die Form einer Landschaft werde durch das Terrain […] und durch die Pflanzenformen der Bäume und ihre Stellung bestimmt. 2. Der besondere Charakter einer Landschaft werde durch die Eigenart der Baumarten definiert. […] c) Nadelhölzer und Hängebäume könnten das Gefühl der wehmütigen Trauer in uns hervorrufen […] 3. Heterogene Formen und Farben in unterschiedlicher Zusammenstellung […] könnten den eigentümlichen Charakter der Baumarten abmildern. 4. Der Charakter, den die verschienen Baumarten auf die Gegend ausüben, könne verändert werden durch ihre Anordnung und die Linien des Terrains. 5. Steife, schwere Formen, die als Solitäre nicht malerisch wirken, eigenen sich am besten zu Massenpflanzungen, leichte Formen dagegen zu Gruppierungen. 6. […] "Düstere Terrains" oder Felsen könnten durch leichtere Pflanzungen lichter gemacht werden. Umgekehrt könne man "lichtreichen" Orten durch schwere Baumformen "mehr Konsistenz" verleihen. 7. Die "schwereren Formen" […] haben meist eine dunkle, leichtere eine helle Färbung. Die dunkle Farbe bilde einen guten Hintergrund, wenn "sie mehr in Masse" erscheine. Sie böte aber auch einen guten Vordergrund, wenn sie "durch Anbringung einzelnen Schattenpunkte auf dem hellen Hintergrunde" wirke. 8. Aus diesen Grundsätzen folge, dass sich die Regeln der Komposition durch Formen und Farbe ergeben. 1853 erschien Petzolds "Farbenlehre der Landschaft. Seit seiner Lehrzeit hatte er sich mit diesem Thema befasst, stellte nun seine Ergebnisse zusammen und leitete aus ihnen Regeln für Kontrastierungen, Schattierungen und Farbzusammenstellungen ab.

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Auf S. 44 beispielsweise empfiehlt er "[…] Nadel-Hölzer pflanzt man gern in die Umgebung der Gebäude, weil sie zu der gewöhnlich hellen Farbe der letzteren angenehm constrastieren […]". Bei der Zusammensetzung von Bäumen in gebrochenen Farben müsse man, um "höchsten Kontrast" zu erzielen, auf die Grundfarben zurückgehen. Zu Grün passen also alle Abstufungen der Komplementärfarbe Rot, wie Rotbraun usw. (Rohde S. 49).

Petzold zur Verwendung und Gruppierung von Pflanzen Für Petzold war die richtige Verwendung der Pflanzen die eigentliche Kunst des Landschaftsgärtners. Seine Vorstellungen hat er sehr differenziert und ausführlich zu Papier gebracht. Nachfolgend seien nur die wichtigsten in aller Kürze formuliert (Rohde S. 104 ff):

1. Geschlossene Pflanzungen Darunter verstand Petzold Pflanzungen, die als Deck-, Saum- oder Gürtelpflanzungen verwendet werden sollten. Eine Regel dafür sei, dunkellaubige Gehölze als Hintergrund oder im Kern einer solchen Anpflanzung zu verwenden und mit helllaubigen Gehölzen den Übergang zum Rasen zu gestalten. Dabei warnte er vor Überhäufungen solchen Stilelemente.

2. Ungeschlossene Pflanzungen Das sind Solitärbäume, Gruppen und sog. "Klumps". Letztere bezeichnete er als "interimistische Pflanzungen", die später mithilfe der Axt zur Bildung von Gruppen dienen sollen. Für diese Pflanzungen sei allgemein der unterschiedliche Habitus eines Baumes von eminenter künstlerischer Bedeutung. Seine Art, aus dem Boden zu wachsen, die Kronenform und der Kronenaufbau, die Lichtdurchlässigkeit der Krone, die Festigkeit der Blätter, die Farbe des Laubes, die Herbstfärbung - all das könne sich der Gärtner zunutze machen und gestalterisch entsprechend einsetzen. 3. Bepflanzung entlang der Wege Für die Bepflanzung der Wege schlug er vor, diese erst nach deren Fertigstellung vorzunehmen, um zu erreichen, dass die Pflanzungen den Vordergrund für Aussichten und Ansichten bilden können.

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Dabei sei es von Vorteil, "wenn sie [die Aussichten, d. Verf.] unter dem ausgebreiteten Laubdache grosser Bäume gesehen werde;" der Charakter des Bildes wird sich ganz anders gestalten, je nachdem dies unter den Zweigen von Eichen, von Platanen oder Akazien geschieht oder wir es zwischen dunklen Nadelhölzern oder Laubmassen genießen."

Petzold zur Wirkung von Baumgruppierungen:

Abb. 58 Rohde S. 71, Abb. 21 Große Schattenmassen geben dem Bild Ruhe (Petzold 1849, Fig. 4, S. 15)

Abb. 59 Rohde S. 72, Abb. 22 Leicht verteilte Gruppierungen tragen dagegen das Gepräge eines heiteren Charakters und wirken bei denjenigen mit Schattenmassen vermittelnd (Petzold 1849, Fig. 5, S. 15)

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Petzold zur Gestalt und zur Führung von Wegen in Parks (Rohde S. 99 ff) Zweck, Führung, Gestalt und Ausführung von Wegen sollen "den Besuch seiner schönsten Partien und Fernsichten" ermöglichen und "diese zu einem harmonischen Ganzen" zusammenfügen. Durch Anpflanzungen müssten Biegungen und Krümmungen erkennbar für den Besucher "motiviert" werden, wobei Art und Weise der Krümmungen durch die Breite eines Weges vorgegeben sei. So genüge bei einem breiteren Weg eine einfachere Biegung. Auch das Material der Deckschichten solle sorgfältig ausgewählt werden. Je näher die Wege am Gebäude verliefen, umso qualitätvoller solle der Belag ausfallen. Abzulehnen seien dagegen allzu helle oder dunkle Farben des Wegebelags. Petzold zur Verwendung von Wasser in Parks (Rohde S. 96 ff, Petzold S. 117 ff) "Wasser" - Petzold - "ist die Seele der Landschaft". Er unterschied, wie vor ihm schon der Gartentheoretiker Christian Cay Lorenz von Hirschfeld (1742-92) zwischen See, Teich und Weiher als stehende und Strom, Fluss und Bach als fließende Gewässer, die lt. Hirschfeld jeweils andere Empfindungen beim Betrachter hervorriefen. Petzold stellte dazu Gestaltungsprinzipien zusammen. Der Teich etwa zeige "den Charakter der Ruhe und Abgeschlossenheit", sei "von schattigen Ufern umgeben" seine Linien seien "einfacher" gehalten. "Der Reiz einer kleinen Wasserfläche beruhe vorzüglich auf einer schönen Spiegelung." Petzold weiter über Tiere im und auf dem Wasser: "Besonders sollte der Schwan nicht fehlen; die Anmuth seiner Gestalt und seiner Bewegungen, wie das reine Weiss seines Gefieders, machen ihn gleich geeignet, eine Zierde des Wassers zu sein". Petzold zur Pflege von Beständen (Petzold S. 173) "Die Axt kommt zur Anwendung da, wo der Gartenkünstler schon vorhandene Waldbestände in Parkanlagen verwandeln oder lange Zeit hindurch vernachlässigte frühere Gartenparthien erneuern soll; ferner da, wo die neuangelegte Pflanzung die bezweckte Ausdehnung erreicht hat, die weitere Vergrößerung ihre Wirkung beeinträchtigen würde und auch

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das Gedeihen der einzelnen Bäume und Sträucher nachtheilige überhandnehmende Dichtigkeit ihr Durchlichten nöthig macht. Die Axt, wenn sie mit Geschmack und mit Kenntnis geführt wird, kann oft in einem Monat mehr Wirkung, mehr schöne Naturscenen hervorbringen, als dies junge Pflanzungen in fünfzig und mehr Jahren im Stande sind." Abb. 60

1856 veröffentlichte Petzold ein "Reglement" für die kontinuierliche Pflege und die Unterhaltung von Landschaftsgärten. Rohde schreibt dazu (S. 259):

Rohde Abb. 41: Anlage im Park zu Weimar mit übergreifender Vegetation

"Angeregt durch Pücklers "Andeutungen zur Landschaftsgärtnreei" und

(Petzold 1862, Tafel

durch das Vorbild der Tätigkeit Rehders, entwickelte Petzold meisterliche

VIII) mit originalen

Fähigkeiten der Parkregeneration und der Bildung neuer Anlagen aus

Anmerkungen Pet-

altem Bestand."

zolds für die NachherAbbildung: "schneiden, stutzen, auslichten" usw.

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Die "Handschrift" Petzolds bei der Anlage von Landschaftsgärten (Rohde S. 259 ff.) "Petzold erstrebte Weiträumigkeit nach dem Vorbild der Natur. Während seiner gesamten Tätigkeit blieb er dem "landschaftlichen Stil" verpflichtet. Es ging ihm immer um ein angemessenes, ausgewogenes Raumkonzept, das er mit "Gleichgewicht" oder "versteckter Symmetrie" umschrieb. […] Eine wesentliche Grundlage seiner gestalterischen Qualitäten bildete seine enorme Pflanzenkenntnis. […] Ein weiteres Merkmal der ihm eigenen "landschaftlichen " Gestaltung zeigt die Anwendung von Sichtachsen, die nicht, wie sonst üblich - meist vom Schloss aus - tortenartig ausgehen, sondern auch von den Rundwegen immer wieder in die Landschaft führen, wodurch sich eine netzartige, erlebnisreiche "Galerie" von Bildern ergab bzw. ergeben sollte. Das für Petzold typische Erschließungssystem ist weitmaschig, aber - anders als etwa bei Lenné oder Meyer - durch eine auffällige Zurückhaltung hinsichtlich der Anzahl der Wege gekennzeichnet. Wie Pückler strebte Petzold, wenn sich die Möglichkeit bot, nach Anlagen im Sinne einer ornamented farm, indem er die Wirtschafts- und Ackerflächen des gesamten Gutes durch wegbegleitende Pflanzungen rahmte. […]

Abb. 61 Carl Eduard Adolph Petzold, 1890, im Kreis seiner Gärtner im Schlosspark Twickel (NL) (Rohde S. 201)

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2.5.3

Die Bedeutung Petzolds als Gartenkünstler Rohde, Michael: "Petzold Carl Eduard Adolph", in: Neue Deutsche Biographie, 20 (2001), S. 276 f. (Onlinefassung) "Petzold gehört neben Gustav Meyer (1816-77) zu den bedeutendsten, weit über die Grenzen Deutschlands bekannten und tätigen Gartenkünstlers des späten 19. Jh. Größten Einfluß übte er - ähnlich wie zuvor Daniel Marot (1655-1752) - auf die Gartenkunst der Niederlande aus. In seinem durchweg dem "landschaftlichen Stil" verpflichteten Anlagen ging es ihm immer um ein ausgewogenes, dabei gestalterisch und funktional differenziertes Raumkonzept. Auf der Grundlage seiner enormen Pflanzenkenntnisse setzte er die Palette der Vegetation weitaus reichhaltiger und nuancierter ein als z. B. Fürst Pückler. Den "Pleasureground" legte P. - anders als Meyer - großzügig rund um das Haus. Sichtachsen sollten vom Gebäude aus, vor allem aber von den Rundwegen - auch in Verbindung mit der Landschaft - "Bildergalerien" ergeben. Das für P. typische Erschließungssystem ist weitmaschig und - anders als etwa bei Lenné oder Heinrich Siesmayer (1817-1900), mit denen er zuweilen in Konkurrenz stand - durch eine reduzierte Anzahl der Wege gekennzeichnet. Wie Pückler strebte P. möglichst nach Anlagen im Sinne einer "ornamented farm" und setzte sich für Maßnahmen der Landesverschönerung ein. […] Von seinen rund 30 Schriften wurden besonders die beiden Auflagen seiner "Landschaftsgärtnerei" (1862, 1888) weit verbreitet. P. erschloß die Grundlagen der Farben- und Perspektivlehre für die Landschaftsgärtnerei und formulierter als erster Deutscher Gartenkünstler denkmalpflegerische Ansätze, z. B. im Hinblick auf die Bewahrung alter Alleen und Gärten im symmetrischen Stil".

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2.6

Geschichte und Entwicklung des Parks

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2.6.1

Zeittafel (nach Schmidt) 1534

Beginn des Schlossbaus nach der Zerstörung 1525 (der Standort des alten zerstörten Schlosses ist nicht belegt, s. Schmidt S. 5) lt. Inschrift der Tafel Nordturm durch Lutz (Kunz II.) von Rotenhan (1498 - ?); Allianzwappen mit seiner Frau Anna geb. Stein zu Altenstein

1726

Nennung des Schlossgärtners Petrus Paulus Widerauf in Untermerzbach (Kirchbucheintrag in Kaltenbrunn, Verheiratung Wideraufs)

um 1750

Umgestaltung des Schlosses im klassizistischen Stil (Datierung anhand der Stuckierungen im 1. OG, vermutetes Musikzimmer)

1789

"Plan des Hochgräflich Rottenhanschen Lustschlosses und Gartens zu Merzbach in Franken", "aufgemessen und (in Farbe) gezeichnet durch Lorenz Müller, Gärtner"; dieser Plan verbrannte im Jahr 1945 (s. Kap. 2.3)

um 1790

Umbauten (Datierung anhand von Kamineinfassungen in den Turmzimmern sowie anhand der Formensprache der Treppenbrüstungen im Treppenhaus); Beteiligung des Georg Joseph Mutschele an den Umbauten im Innern

1790 - 92

Lieferung von 59 Urnen durch Georg Joseph Mutschele für die Balustrade (Trost, S. 340)

1816

Datierung Orangerie

1828

"Schloss auf dem Berge, mit einem in neueren Geschmack angelegten Garten…", Reisebericht Heller, Joseph

1838

"Während dieser Zeit entwarf ich auch die Pläne bei dem Schlosse Maerzbach bei Coburg, im Itzgrund gelegen und dem Grafen Rotenhan gehörig." Petzold, Erinnerungen aus meinem Leben, S. 42

1838

Ferdinand von Rayski, Ölgemälde, Blick vom "Luisenplätzchen" Richtung Schloss

1841

P. Reiss; Aquarell, Blick vom "Luisenplätzchen" Richtung Schloss

1842

Russam, Blick von der Kellerstraße Richtung Schloss

1846 - 56

Gartenrechnungen (Staatsarchiv Würzburg)

1849

Farbige Uraufnahme

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1862

Sanierung der Terrassenmauer (Datierung Scheitelstein südliche Nische auf der oberen Terrasse)

1874 - 85

Gartenrechnungen (Staatsarchiv Würzburg)

1886

Tod Maximilian von Rottenhan, die Linie erlischt im Mannesstamm

15.10.1906

Erwerb durch Franz von Herget

14.03.1908

Erwerb durch Dr. Wilhelm Schroeder

11.06.1910

Erwerb durch Christian Werner

14.08.1918

Erwerb durch Adam Diroll

22.10.1922

Erwerb durch die Pallottiner

1928

* große Umfassungsmauer, in drei Bauabschnitten errichtet

1934

Erster Anbau

1935

* Bau der Kapelle im Garten anlässlich der 100-Jahr-Feier des Ordens

1940

* Besetzung des Schlosses durch die NSDAP

1945

* Rückkehr der Pallottiner

1954

* Bau der Hauskapelle Richtung Süden

1963

* Vollendung des Erweiterungsanbaus Richtung Norden (sog. Hochschulgebäude)

1965

* Generalssanierung der Fassade

1990/92

* Dachstuhl- und Innensanierung

2009

Erwerb durch die Amiticia Untermerzbach GmbH

19.11.2010

Grundsteinlegung Neubau Hotel, Architekt: Hermann Thoma , Zeulenroda)

alle mit * gekennzeichneten Angaben entstammen einer Zeittafel des Büros Knoll & Konopatzki, aufgestellt auf der Basis der um 2005 aktuellen Internetseite des Pallottinerordens (tel. Auskunft Andreas Konopatzki, Februar 2013)

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3

Gartenhistorische Einordnung Denkmalbewertung

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3.1

Der barocke Garten Aufgrund der dürftigen Quellenlage ist es zur Beurteilung der barocken Gartenelemente notwendig, die gesellschaftliche Stellung der einzelnen Familienmitglieder zu eruieren und zeitgleiche Gartenschöpfungen aus dem näheren Umfeld sowie die Gemälde aus dem 19. Jahrhundert zu betrachten, um daraus und anhand der verbliebenen Gartenstrukturen die entsprechenden Rückschlüsse zu ziehen. Am Ende dieser Ausführungen steht der Vergleich mit Vorbildern, die die Gartenkunst maßgeblich beeinflusst haben. Die Gestalt barocker Gartenanlagen basierte auf der Achsensymmetrie, die sich aus der des Schlosses heraus entwickelte und mit ihm in unmittelbarem Bezug stand. Ein strenges, geometrisches Ordnungssystem durchzog Schlossgebäude und Parkanlage. Der Garten diente dazu, das Schloss in seiner Wirkung zu erhöhen. Wichtigstes Element war die Mittelachse, die sich aus dem Gebäude heraus im Garten fortsetzte, über die meist unterschiedlichen Gartenebenen erstreckte und dem Garten die angestrebte Weite verleihen sollte. Da sowohl Schloss als auch Garten im Barock zu Repräsentationszwecken dienten, bildeten sie eine inhaltliche und gestalterische Einheit. Für den Adel waren die Bauambitionen ihrer Fürsten beispielgebend. Sie ahmten diese bei ihrer Bautätigkeit im Stil der jeweiligen Epoche nach. Kamen sie gar durch ihre Aufgaben bei Hof mit den fürstlichen Baumeistern und Künstlern in Kontakt, holten sie sich deren Rat für ihre eigenen Bauaufgaben ein oder vergaben entsprechende Aufträge. Die Terrassenanlage Die Terrassenanlage war und ist zweifellos das dominierende Element des Gartens. Bisher konnte die exakte Bauzeit nicht nachgewiesen werden, sodass man sich lediglich auf die Spanne zwischen der ersten Erwähnung eines Gärtners (1726) und der durch ihre Gestaltung datierbaren, erhaltene Architekturelemente am Schloss festlegen kann (1750, s. Schmidt S. 6). Zieht man den Vergleich der Architektursprache mit anderen hangabstützenden Mauern dieser Art, die in dieser Zeit im Wirkungs-

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bereich der Familie Rotenhan errichtet wurden, so wird diese zeitliche Einordnung noch verfestigt.

Abb. 62 Blick auf die südliche Terrassenanlage des Böttingerhauses (erbaut ab 1705), mit Balustrade und Treppe Foto Arnold Kreisel, 2000

Abb. 63 Burgebrach, Amtsschloss des Klosters Ebrach, erbaut 1720-1728

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Abb. 64 Kloster St. Michael, Bamberg Mauer zwischen oberem Abtsgarten und Plateaugarten, erbaut 1713/1714

Als identisches Vorbild für die doppelte Terrassenanlage mit vorgelagerten, auf die Mittelachse zulaufenden Stufenanlagen von Untermerzbach können diese Beispiele nicht herangezogen werden. Schmidt (s. S. 9) vergleicht sie mit der Treppenanlage im Schlossgarten der Favorite in Mainz (erbaut ab 1700) durch Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn (1655-1729), wobei auch hier lediglich die unteren Treppen denen in Untermerzbach ähneln. Zudem liegen ihre Antritte durch die Einschreibung einer großen Grotte weit auseinander.

Abb. 65 Schloss Favorite Mainz (erbaut um 1720), Thetisgrotte Stich von Salomon Kleiner (1700-1760) Quelle: wikipedia.org

Weiter vergleicht Schmidt die Treppenanlagen mit italienischen Vorbildern wie der Terrasse unterhalb des "Teatro" an der Villa Mondragone in Frascati (besser bekannt als Villa Borghese). Die Villa zählte zu den größten Landhäusern nahe Rom. Sie wurde im Jahr 1613 vom Papstneffen Scipio Borghese käuflich erworben, in den Jahren 1616-1618 baulich stark erweitert und mit den entsprechend repräsentativen Gartenanlagen versehen.

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Es kann vermutet werden, dass Johann Karl Alexander von Rotenhan während seiner Italienreise im Jahr 1730 dieser Anlage einen Besuch abgestattet hat und diesen Stil an seinem Schloss in Untermerzbach umsetzen ließ. Damit folgt die Kreation der Terrassenanlage einem großen Vorbild. Eine Verdoppelung der Anlage von Frascati war durch den großen Niveauunterschied zwischen Schloss und Garten in Untermerzbach bedingt. Die Positionierung des Schlossbaus auf eine kleine "Terrasse auf der Terrasse" kann als architektonischer "Kniff" bezeichnet werden, das den massiven "Sockel", auf dem das Schloss nun erscheint, noch in seiner Wirkung stark erhöht. Schloss und Terrassenanlage konnten so in ihrer Einheit ein weithin sichtbares, imposantes Bild abgeben. Schmidt vermutet weiter, dass die Treppenanlage von Untermerzbach Ende des 18. Jahrhunderts im oberen Bereich geändert worden sei, da sich stilistische Unterschiede an den Balustern erkennen lassen. Dies könnte bedeuten, dass die beiden oberen Treppen ebenso, wie die beiden unteren, ursprünglich nach innen zur Mitte hin orientiert waren.

Abb. 66 Stich von Giovan Battista Falda (16401678) Quelle: Internet, villa-

(Weiterführende Untersuchungen lagen zum Zeitpunkt der Ausarbeitung

mondragone.it

nicht vor; Beschreibung der Balustrade durch Schmidt s. übernächste

Angabe des Künstlers:

Seite).

Gothein, S. 344

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Abb. 67 und 68 Villa Mondragone, Teatro mit Terrassenanlage Quelle: Internet, villamondragone.it

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Die Lindensäle Lindensäle und Lindengänge gehörten zum Grundrepertoire eines barocken Gartens. Das Spenden von Schatten war ihre vorrangige Funktion, doch wurden sie innerhalb eines Schlossparks oft als eigenes, prägendes Gestaltungselement angewandt. Man setzte sie als einfache, in Form geschnittene Allee (Lindengang), flächig oder gar als ganzes Quartier (Lindensaal) ein. Um ein möglichst geschlossenes Laubdach zu erhalten, mussten ihre Kronen schirmförmig geschnitten und gezogen werden. Das konnte mit dem sog. Kandelaberschnitt erzielt werden; dabei entnimmt man dem Baum den Mitteltrieb und zieht die austreibenden Augen an dieser Stelle rings um den Stamm zu "Kandelaber-Armen", deren Austriebe wiederum durch ständigen Schnitt kurz gehalten wurden. Die ursprüngliche Fläche der beiden Lindensäle im Schlosspark Untermerzbach zeichnen sich durch ihre im Vergleich zum Schlossbau relativ große Ausdehnung aus. Man kann sie durchaus als grüne "Baukörper" bezeichnen, die im Sommer zum Aufenthalt im schützenden Schatten dienten. Vom unteren Gartenniveau betrachtet bildeten sie überdies einen symmetrischen "Rahmen" für den Schlossbau und eine grüne "Krone" der Terrassenanlage. Das Alter der heute noch vorhandenen Linden (im Norden sind das 10 Stück, im Süden 25 Stück) ist uneinheitlich. Durch das Fehlen der Bestandsanalyse zum Zeitpunkt dieser Ausarbeitung kann nur eine ungefähre Einschätzung der Menge und des Alters der ältesten Exemplare vorgenommen werden. Möglich, dass sich im südlichen Lindensaal noch Bäume aus dem 18. Jahrhundert befinden. Insgesamt kann anhand von Inaugenscheinnahme festgestellt werden, dass die Lindensäle durch Nachpflanzen und Schnittmaßnahmen zwar nicht durchgehend konsequent, jedoch immer wieder geschnitten und Abgänge durch Nachpflanzungen an gleicher Stelle ergänzt wurden. Die verbliebenen Reste der Lindensäle sind daher in ihrer Anordnung und Schnittführung Zeugnisse barocker Gartenkunst im Schlosspark Untermerzbach und in ihrer Gesamtheit hoch zu bewerten.

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

Vergleichend soll an dieser Stelle der Umgang mit den Lindensälen im Park von Schloss Seehof angeführt werden (s. Abb. 69 und 70). Auch hier sind die Einzelexemplare unterschiedlichen Alters, die Linden bekommen jedoch durch regelmäßige Schnittmaßnahmen und Pflege ein möglichst einheitliches Kronendach. Im Unterschied zu früheren Maßnahmen, bei denen zur Erreichung eines "harmonischen" Erscheinungsbilds rigoros ganze Alleen oder Bosketts gerodet und durch gleich große neue Bäume ersetzt worden sind, wurde dieser in Seehof praktizierte Umgang mit dem Altbestand ab den 1980er Jahren richtungweisend in der Gartendenkmalpflege und führte zu einem großen Umdenken. Inzwischen ist der längstmögliche Erhalt der Bestände oberstes Gebot. Maßnahmen zur Verkehrssicherheit und Normen für die Kontrolle der Bäume sind in der Baumkontrollrichtlinie der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung, Landschaftsbau e. V. (FLL) formuliert.

Zusammenfassende denkmalpflegerische Bewertung des Barockgartens Durch die Umgestaltung am Ende des 18. Jahrhunderts sind im heutigen Garten unterhalb der Terrassenanlage obertägig keine Reste eines barocken Gartens zu finden. Betrachtet man jedoch den großen Aufwand, der für die Untermerzbacher Terrassenanlage betrieben werden musste, kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Existenz eines solchen Gartens ausgehen, wobei er vermutlich kleiner war als der heutige Schlosspark. Die hohe gesellschaftliche Stellung des Grafen spricht ebenfalls für eine repräsentative Gartenanlage. Umso größer ist der historische Wert der verbliebenen Gartenelemente aus dieser Zeit. Die Terrassenanlage und die Lindensäle sind ausreichend dokumentierte, qualitätvolle und in großen Teilen auch authentische Zeugnisse der Gestaltungsphase des 18. Jahrhunderts. Die am Ende des barocken Zeitalters stehende Beauftragung des hochrangigen Künstlers Mutschele untermauert die Bedeutung und den Wert der Terrassenanlage.

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Abb. 69 und 70 Lindens채le Schlosspark Seehof

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3.2

Der Landschaftspark

Abb. 71 Uraufnahme 1849 Nachkolorierung der wichtigsten Parkstrukturen (Dubler, 2013)

Legende Farbgebung Anpflanzungen gelb = Lindensäle; dunkelgrün = vorwiegend Nadelgehölze; mittelgrün = Nadel- und Laubgehölze; hellgrün = Baumgarten; blau = Hecke (?), violett = Baumreihe; roter Kreis = Hunneneiche

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Zur Zeit der Uraufnahme im Jahr 1849 zeigt sich der Park, unter Belassung nahezu aller schlossnahen Elemente der barocken Anlage, im Stil eines klassischen Landschaftsgartens. Die vor allem im Bereich des "Luisenplätzchens" ungewöhnlich differenzierte Darstellung lässt darauf schließen, dass dem amtlichen Planzeichner ein professioneller Gartenplan als Vorlage für seine Zeichnung zur Verfügung stand. Möglich, dass es sich dabei um den Gartenplan und Entwurf von Petzold handelte. Da durch Vergleiche mit anderen barocken Terrassenanlagen von einer zwingend notwendigen Symmetrie auch bei den Mauern und Treppen ausgegangen werden kann, liegt der Schluss nahe, dass bei der Umgestaltung des barocken Gartens in einen Landschaftsgarten der nördliche Teil der unteren Terrassenmauer "geopfert" wurde, um hier eine sanfte Verbindung zwischen Barockanlage und landschaftlicher Gestaltung zu schaffen. Die Attraktionen im neuen Park sind auf insgesamt vier Stellen verteilt: der neue Aussichtsplatz am Rand des südlichen Lindensaals, der südöstlich davon am Hangfuß gelegene Baumplatz, das "Luisenplätzchen" in der äußersten Süd-Ost-Ecke und der Teich im nördlichen Abschnitt. Das Wegesystem erschließt in harmonischer und in sich logischer Art den vermutlich im Zuge der Umgestaltung vergrößerten Schlosspark. Keiner der Wege weist unmotivierte Biegungen auf. Vielmehr entspricht die Führung der Wege der Art, wie sie ein Spaziergänger in Muße "natürlich" gehen würde. Dem äußeren Weg kommt durch die geringe Ausdehnung des Parks eine Doppelfunktion zu, denn zusätzlich zu seiner Aufgabe der Erschießung der Attraktionen kann er als sog. "belt walk" (= Gürtelweg) bezeichnet werden. Damit wird im Englischen Landschaftspark der Rundweg am äußeren Rand bezeichnet, von dem aus der Blick auf die unterschiedlichen Landschaftsbilder innerhalb, aber auch außerhalb des Parks möglich ist. Beim Beschreiten dieses Wegs ergeben sich demzufolge unterschiedlichste Sichtverbindungen und damit sich abwechselnde Bildergalerien. Durch die Anordnung von Baum- und Strauchgruppen entlang dieser Wege erreichte man zusätzliche Effekte: gab es beidseitig des Weges Bepflanzung auch mit höheren Baumgruppen, so konnte je nach Tageszeit ein Stück als sog. "Schattengang" genutzt werden; lag eine Bepflanzung nur an einer Seite vor, Richtung Parkgrenze, so bot diese Bepflan-

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zung Schutz nach außen, gab aber den Blick ins Parkinnere frei; verlief der Weg in einer reinen Rasenfläche, konnte der Spaziergänger im Licht der Sonne und ungehinderten Blick auf die Parkabschnitte richten. In eben dieser abwechslungsreichen Art stellt sich die Bepflanzung auf der Uraufnahme des Schlossparks Untermerzbach dar. Die geschlossene Gürtelpflanzung entlang der östlichen, aber auch in Teilabschnitten südlichen Schlossparkgrenze, enthält im Kern Nadelgehölze, deren dunkle Wirkung Richtung Rasen durch davor gesetzte Laubgehölze gemildert wurde, um so einen sanften Übergang zu bewerkstelligen. Das Motiv der dunkel wirkenden Nadelbäume wiederholte sich bei den Klumps, wo der unterschiedliche Habitus der Bäume, also ihr Wuchs, ihre Kronenform und ihre Lichtdurchlässigkeit, Wirkung auf das Ensemble entfalten konnte. Dies alles entspricht Petzolds formulierten Leitsätzen hinsichtlich der Verwendung und Gruppierung von Pflanzen (s. Kap. 2.5.2). Am nordöstlichen Parkrand, dort, wo die Parzellen der kleinteiligen Bebauung des Dorfs in den Park hinein ragen, ist zudem eine Besonderheit der Bepflanzung erkennbar: diese ist hier an mindestens drei Stellen ausgespart. Damit rückt die Kleinbebauung ab und an ins Blickfeld. Deren Existenz wird somit zur Schaffung eines idyllischen Bildes genutzt. Im weiteren Verlauf des Weges steigert sich diese dörfliche Idylle durch ein Baumfeld zwischen Teich und Bachrand. Wasser an sich wird im Englischen Landschaftsgarten als ein wichtiger Stimmungsträger eingesetzt. Ist ein Teich, wie in Untermerzbach, in ein sanftes Geländerelief eingebettet und rückt er dadurch erst relativ spät in das Blickfeld des Spaziergängers, wird diese Wirkung durch den Überraschungseffekt erhöht. Wichtiges Stilelement ist zudem die kalkulierte Spiegelung, die wiederum ein eigenes, stimmungsgebendes "Bild" entstehen lässt. Als Vervollkommnung des Geschaffenen schlägt Petzold in seinen Gartentheorien das Besetzen einer ruhenden Wasserfläche mit Schwänen vor (s. Kap. 2.5.2). Lt. den Gartenrechnungen aus dem Jahr 1884 gab es auf dem Teich im Untermerzbacher Schlosspark selbstverständlich ein Schwanenhäuschen. Das wichtigste Element der erwähnten Bildergalerie ist der Blick vom "Luisenplätzchen" auf das Schloss. Von dieser Stelle aus erscheint das

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

helle Schloss vor dunkler Nadelgehölzkulisse über der massiven Terrassenanlage in fast majestätischer Manier (damit folgt der Entwurf der Gartentheorie Petzolds, der für die Hinterpflanzung von Gebäuden wegen der besseren Kontrastierung dunkle Nadelgehölze empfiehlt, s. Kap 2.5.2). Um diesen Anblick nicht zu stören springt die Bepflanzung am

Abb. 72

Rand des Weges unterhalb der unteren Terrasse im Süden deutlich zu-

Park Schloss Muskau,

rück, während sie im Norden beidseitig des Weges angelegt ist. Als Be-

"Karte der Blumengär-

weis dafür können neben der Uraufnahme die beiden Gemälde von Rayski und Reiss herangezogen werden.

ten Nähe des Schlosses" Pückler, S. 14 Das "H" steht für

Mit der Ausschmückung des "Luisenplätzchens" in Form eines bepflanz-

"Hermann", das "S"

ten "L" folgt der Gartenkünstler dem berühmten Vorbild im Muskauer

könnte für "Semilasso"

Park, wo Fürst Hermann von Pückler die Initialen "H" und "S" als Pflanz-

stehen, einem Pseu-

beet gestalten ließ (s. Abb. 72).

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donym Pücklers

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

Zusammenfassende denkmalpflegerische Bewertung des Landschaftsparks Als Petzold mit der Planung für den Schlosspark in Untermerkbach beauftragt wurde, existierte bereits ein Englischer Landschaftsgarten, über dessen gestalterische Art und Güte nichts überliefert ist. Petzolds Aufgabe bestand wohl darin, dem Park die Qualität eines klassischen Landschaftsparks zu verleihen. Wie man Petzolds Äußerungen in seinen Lebenserinnerungen entnehmen kann, hatte er schon in seiner Lehrzeit und seinen ersten Jahren nach deren Abschluss seine ihm eigene Linie und gestalterische Befähigung gefunden. Dies spiegelt sich auch in dem Vertrauen wider, das sein einstiger Lehrherr ihm entgegenbrachte, indem er seinem Lehrling die Weiterführung eigener Planungen anvertraute. Petzolds Leitlinien und -ideen finden sich in den Bereichen Wegeführung, Anordnung von Anpflanzungen und Parkfunktionen deutlich in der Uraufnahme wieder. Uraufnahme und Bestand decken sich in hohem Maße. Der landschaftlich gestaltete Teil des Schlossparks Untermerzbach kann demzufolge als hochwertiger Vertreter dieses Gartentypus bezeichnet werden.

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

4.2

Gartendenkmalpflegerischer Leitzustand Wie die Überlagerungen der Uraufnahme mit dem Bestandsplan (letzterer wurde vom Büro Kaiser im März 2013 angefertigt, s. digitaler Anhang) und der Anlagengenetische Karte zeigen, haben sich im Schlosspark von Untermerzbach bis heute zwei in sich abgeschlossene Gestaltungsphasen nebeneinander erhalten. Im Einzelnen sind das die noch vorhandenen Strukturen des Barock (Terrassenanlage und Reste der Lindensäle) und der daran anschließende Landschaftspark (Schlosspark südlich, nördlich und östlich der Terrassenanlage) mit seiner Wegeführung, dem Teich und den Pflanzstrukturen. Die 1935 eingefügte kleine Kapelle zog keine großen Veränderungen in diesem Parkabschnitt nach sich. Ihre Hinzufügung und die damit verbundenen Neuerungen hinsichtlich der Wegeanbindung können im weitesten Sinn ebenfalls als "künstlerisch" und erhaltenswert betrachtet werden. Da Petzold und sein Vorgänger die wichtigsten barocken Strukturen beließen, ist der heutige Bestand des Schlossparks als letzte gesamtkünstlerische Behandlung zu werten. Der überkommene Zustand wird folglich als geschichtlich gewachsene, seit 1849 nicht grundsätzlich veränderte Konzeption betrachtet. Als historisches, gartendenkmalpflegerisches Leitbild wird daher die in der Uraufnahme festgehaltene Struktur formuliert. Sie ist gestalterisches Prinzip für jedes weitere Handeln. Maßnahmen an Wegen, Sitzplätzen und Baum- und Strauchpflanzungen, Rekonstruktionen und Ergänzungen können sich ausschließlich an den in der Uraufnahme erkennbaren Gartenelementen orientieren. Dies betrifft, wie die historische Analyse und Dokumentation zeigen, vor allem die Rekonstruktion des "Luisenplätzchens", dessen Lage und Ausrichtung sich ausschließlich an der in der in der Uraufnahme dokumentierten orientieren kann.

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Für die verbliebenen Exemplare der Lindensäle gilt dies gleichermaßen. Ihr Wert liegt sowohl im gesamten Erscheinungsbild als auch im Individuum. Längstmöglicher Erhalt durch einen ein- bis zweijährige Pflegeschnitt in Anlehnung an die barocke Schnitttechnik ist hier der fachgerechte Umgang. Bei natürlichem Abgang kann der Ersatz nur durch die gleiche Art (Winterlinde) geschehen. Diese Nachpflanzungen sind an der barocken Pflanz- und Schnitttechnik auszurichten. Exemplarisch ist als Maß des Handelns der denkmalpflegerische Umgang mit den Linden im Schlosspark Seehof anzusehen (s. auch S. 122). Durch die Anwendung der Schnitttechnik des 18. Jahrhunderts im Turnus von ein bis zwei Jahren ist auch an diesen Ersatzbäumen die Barockstruktur nachvollziehund erlebbar.

Eine Nachpflanzung bzw. ein sukzessiver Ersatz der

Bäume durch weniger schnittintensive Neuzüchtungen kommt aus gartendenkmalpflegerischer Sicht nicht in Frage. Differenzierte Aussagen zu einzelnen Altbäumen oder zum Baumbestand insgesamt, zu weiteren Sichtachsen und zum Geländerelief lassen sich beim derzeitigen Stand der Bestandsanalyse (beauftragt an das Büro Kaiser) nicht formulieren. Grundsätzlich kann als Leitzustand aber vermerkt werden: - Markante Einzelbäume sind längstmöglich zu erhalten; Bestandsaufbau ist hierbei nicht möglich, daher sollte bei natürlichem Abgang ein Ersatz an gleicher Stelle und in der gleichen Art erfolgen. Dies betrifft vor allem die Säuleneiche, die Platane und einzelne Großbäume (z. B. Linden) in der Randbepflanzung, die Koniferen südlich des Aussichtsplatzes und die Lindenreihe zwischen Teich und dem Hotelneubau. - Für Hinzufügungen im geschlossenen Gehölzbestand ist das Maß und die Art der Pflanzung in der Uraufnahme Vorbild; bei der Auswahl der Baum- und Straucharten ist eine Orientierung am Bestand notwendig. Dies ist auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten angebracht, da der Bestand offenbar mit wenig exotischen Pflanzenarten besetzt ist und diese Neupflanzungen entsprechend kostengünstig sein können.

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- Bei der Weiterentwicklung der geschlossenen Gehölzbestände ist auf die Verjüngung mit den gleichen, in der Oberschicht vorkommenden Gattungen zu achten. - Unterhalb des nördlichen Anschlussweges an die Terrassenanlage konnte bei einer Begehung des Parks im Februar 2013 eine Fläche festgestellt werden, auf der sich das ehemals gärtnerisch eingebrachte Lamium (Taubnessel) ausgewildert hat. Solche Flächen gehören zum wertvollen Pflanzenbestand in einem historischen Garten, sollen erhalten werden und nicht durch neue Bodendeckerstauden ersetzt werden. - Die durch Inaugenscheinnahme erkennbar sanft gestaltete Geländemodellierung scheint seit 1849 unverändert zu sein (die vorliegende Bestandserhebung macht dazu keine Aussagen); ihre Unversehrtheit ist daher ebenfalls als Leitzustand für sämtliches diesbezügliches Handeln formuliert. Veränderungen des Reliefs lässt ein gartendenkmalpflegerisches Leitbild nicht zu. - Der Blick vom "Luisenplätzchen" auf das Schloss muss als wichtigster Innensichtbezug frei gehalten werden.

Bamberg, 8. Mai 2013

Marion Dubler | Landschaftsarchitektin

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