3 minute read

BREITENFELD EDELSTAHL

TEXT: WALTER M. IBER

Mit der Kraft des Stahls

Die Breitenfeld Edelstahl AG in St. Barbara im Mürztal steht für höchste Qualität. Ihre Referenzen sind beeindruckend und reichen sogar bis zur berühmten „Pummerin“ im Wiener Stephansdom.

Das Jahr 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg: Die Rüstung des Deutschen Reiches läuft auf Hochtouren. Fabriken werden ausgebaut, neue Anlagen schießen aus dem Boden. So auch in Mitterdorf im Mürztal, wo die von den Industriellenfamilien Pengg, Noot und Bührlen geführte Eisenwerke Breitenfeld GmbH mit der Produktion beginnt. In den Werkshallen fertigen rund 160 Beschäftigte Munition und Artilleriegeschosse.

Nach Kriegsende wurden die Maschinen von der Roten Armee demontiert. Da die Eisen- und Stahlindustrie im Österreich der Nachkriegsjahrzehnte aber einer enorm hohen Nachfrage gegenüberstand, konnte sich der ehemalige Rüstungsbetrieb dennoch behaupten – unter anderem mit der Herstellung von Isolierrohren und Drahtwaren. Es folgten Meilensteine wie der weltweit erste Strangguss-Versuch, der 1948 bei Breitenfeld stattfand. KRISENJAHRE

Die in den 1970er-Jahren über Österreich hereinbrechenden Wirtschaftskrisen trafen schließlich auch das zur Pengg-Gruppe gehörende Breitenfeld-Werk. Die Strukturprobleme der Branche wurden offensichtlich: Auf dem umkämpften Markt konnte man mit der klassischen, breit gestreuten Produktpalette kaum noch punkten. Eine Fokussierung auf besondere Qualitäten im Sinne von Nischen- und Spezialerzeugnissen tat dringend not. Die Strukturkrise zog sich jedoch über Jahre hin, ehe einzelne Pengg-Unternehmen endgültig zum Sanierungsfall wurden. Immerhin erfolgte 1992 eine zukunftsweisende Weichenstellung, als die Unternehmensführung eine Konzentration auf die Edelstahlproduktion beschloss. Mit der Kraft des Stahls wollte man sich sozusagen aus dem Krisensumpf ziehen – eine Entscheidung, die zwar nicht verhindern konnte, dass Breitenfeld im Jahr 1995 Insolvenz anmelden musste, die aber dennoch der richtige Schritt in die Zukunft war.

DIE ÄRA JURAK

In dieser Situation trat Rudolf Jurak, Finanzvorstand bei der Breitenfeld-Schwester Vogel & Noot, auf den Plan. Erfolgreich führte er die Sanierung von Breitenfeld Edelstahl, das zu Jahresende 1995 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, durch. Nachdem er im Jahr 2000 die Aktienmehrheit erworben hatte, übernahm Jurak den Vorstandsvorsitz. Noch im selben Jahr wurde in ein Sonderstahlwerk (Inbetriebnahme 2003) investiert – man konnte nun hochlegierte Stahlgüten produzieren. Nach weiteren zentralen Weichenstellungen zog sich Jurak 2009 in den Aufsichtsrat zurück, als dessen Vorsitzender er bis heute fungiert und dem auch seine Söhne René und Ralph angehören. Seine Privatstiftung hält 89,5 Prozent der Breitenfeld-Aktien.

Das Unternehmen, durch die Gemeindefusion 2015 nunmehr in St. Barbara beheimatet, erfuhr seit dem Restart einen stetigen Ausbau, beispielsweise 2009 durch die Inbetriebnahme des neuen Stahlwerks mit einer der größten Edelstahlproduktionskapazitäten in Österreich. 2011 dann ein absolutes Prestigeprojekt: Der neue Klöppel der „Pummerin“, jener berühmten Glocke im Stephansdom, wurde aus Breitenfeld-Stahl gefertigt. Einer zentralen Wachstumsstrategie trug man im Jahr 2017 durch den Ausbau der Stabstahlfertigung Rechnung. Das Produktportfolio der Breitenfeld Edelstahl AG, die 330 Mitarbeiter beschäftigt und 2020 bei einer Exportquote von 94 Prozent einen Umsatz von 163 Millionen Euro erwirtschaftete, umfasst heute Rohblöcke, geschmiedetes Halbzeug und geschmiedeten Stabstahl. Beliefert werden Kunden in ganz Europa, wobei die Erzeugnisse in vielen Bereichen zum Einsatz kommen: von der Petrochemie bis zur Wind- und Wasserkraft, vom Werkzeug- und Maschinenbau bis zur Luft- und Raumfahrt.

TIMELINE

1942

Gründung der Eisenwerke Breitenfeld GmbH als Rüstungsbetrieb

1948

Weltweit erster Strangguss-Versuch im Breitenfeld-Werk

1995

Insolvenz und Einstieg von Rudolf Jurak, der das Unternehmen in den folgenden Jahren saniert; Breitenfeld wird eine Aktiengesellschaft

2000

Jurak erwirbt die Aktienmehrheit und übernimmt den Vorstandsvorsitz

Seit 1942 besteht Breitenfeld Edelstahl; seit 2000 lenkt Rudolf Jurak (unten Mitte) erfolgreich die Geschicke des Unternehmens.

2003

Inbetriebnahme des neuen Sonderstahlwerks

2009

Inbetriebnahme eines neuen, hochmodernen Stahlwerks; Rudolf Jurak zieht sich in den Aufsichtsrat zurück

2017

Bau einer neuen Bearbeitungshalle und Inbetriebnahme einer modernen Schälmaschine für den Ausbau der Stabstahlfertigung

2019

Erweiterung des Sonderstahlwerks