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Stadt, Land, Stutz

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Miss Motorsäge

Miss Motorsäge

Lisa Stutz (27) sucht die Balance zwischen urban und ländlich. Und pickt von beidem das Beste heraus.

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chilled

Nächster Halt Altstetten

STADT, LAND, STUTZ Schon oft und lautstark habe ich über die SBB geschimpft. Wenn ihr Zug eine «unbestimmte Verspätung» hatte, sie wieder mal völlig vom Schnee überrascht wurden oder der Kontrolleur mich büsste, weil ich seiner Meinung nach das Onlineticket zu spät gelöst hatte. Ich schimpfte, wenn der Zug mit einem Waggon weniger fuhr und wenn mir der Schweiss von der Stirn lief, weil die Klimaanlage ausgestiegen war. Es ist sehr schweizerisch, sich über den öffentlichen Verkehr aufzuregen – gibt ja sonst nicht so viel.

So schimpfte ich auch, als ich vor Kurzem am Bahnhof von Mailand festsass, weil der Zug aus der Schweiz eine Stunde Verspätung hatte. Eigentlich hätte ich um 20.10 Uhr losfahren sollen, nun zeigte die Tafel am «Milano Centrale» eine immer grösser werdende Verspätung an. Ich rechnete: 3 Stunden und 17 Minuten dauert die Fahrt zum Zürcher Hauptbahnhof – es könnte knapp werden mit dem letzten Anschlusszug ins Dorf.

Während der Fahrt wurde schliesslich verkündet, dass der Zug nicht auf direktem Weg nach Zürich fahren kann, sondern umgeleitet werden muss. Ich sah mich schon am HB campieren. «Doofe SBB», fluchte ich, wobei ich in Wahrheit nicht «doof» sagte.

Doch dann spazierte plötzlich ein Zugbegleiter durch die Gänge. Er fragte jeden einzelnen müden Passagier, wo er oder sie ab Hauptbahnhof noch hinmüsse. Und wenn es keine Verbindung mehr gab, organisierte er ein Taxi auf Kosten der SBB. Ich war beeindruckt. Als der Zugbegleiter schliesslich bei mir ankam, prüften wir die Verbindungen in mein Dorf. Ab Hauptbahnhof gab es keine mehr – aber ab Altstetten. Und so veranlasste der SBBMann, dass der Zug extra wegen mir in Altstetten einen Stopp einlegte. Das werde ich, bei allem Schimpfen, nie vergessen. MM

A little moment of chill coffee

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