GENUSS | 26.7.2021 | 31
Ein gutes Raclette «Au vieux mazot» Chez Raymonde in Evolène VS
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aymonde Pralong Gaspoz fiel das Racletteschaben sozusagen in den Schoss. «Ich schabe, seit ich fünf Jahre alt bin», sagt Pralong Gaspoz. «Jeden Morgen bin ich zu meiner Grossmutter gegangen, die eine kleine Buvette im Weiler Lannaz hatte, habe ihr die Einkäufe gebracht und bin ihr zur Hand gegangen. Niemand hat mich dazu gezwungen, ich wollte einfach nur helfen, und ich war der kleine Liebling der Touristen.» Heute, gut fünf Jahrzehnte später, hat sich daran wenig geändert. Im Leben von Pralong Gaspoz dreht sich noch immer alles ums Racletteschaben. Seit 1986 betreibt sie an der Hauptstrasse des Dorfes Evolène VS im Val d’Hérens das Lokal Au Vieux Mazot und serviert hier die berühmte Walliser Spezia lität vom Holzfeuer. Raymonde, wie sie alle nennen, ist eine Attraktion, ja eine Institution im Dorf, die immer in Tracht auftritt: «Ich trage die Tracht jeden Tag, sie ist Teil der Dekoration mit der Terrasse und den Blumen. Wenn ich sie nicht trage, fühle ich mich nicht wohl.» Wir wollten von Raymonde wissen, was ein gutes und authentisches Raclette ausmacht. Der Käse
Am besten wählt man «einen guten, drei oder vier Monate alten Rohmilchkäse – idealerweise einen Alpkäse, wenn es die Jahreszeit erlaubt, also ab September oder Oktober». Raymonde versichert: «Kenner können den feinen Geschmack der guten Bergkräuter wie Beifuss oder Enzian herausschmecken.» Generell ist Rohmilchkäse «milder als pasteurisierter Käse, der immer irgendwie gleich schmeckt und salziger ist. Menschen, die an industriell hergestellten Käse gewöhnt sind und zum ersten Mal Rohmilch-Raclette essen, werden anfangs vielleicht denken, dass es dem Käse ein biss-
So geht Raclette
In Evolène serviert Raymonde Pralong Gaspoz schon seit 1986 die berühmteste Walliser Sommerspezialität. Sie erklärt, wie ein echtes Raclette geht und was man dazu isst und trinkt. Text: Alain Portner Bilder: Isabelle Favre