Migros-Magazin-18-2022-d-BL

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INKLUSION | 2.5.2022 | 21

«Viele sehen mich, aber sie schauen vorbei» Lenthe Basant sorgt dafür, dass Sehbehinderte die Apps und Websites der Migros nutzen können. Er ist selbst blind und wünscht sich, von seinen Mitmenschen mehr wahrgenommen zu werden. Text: Marlies Seifert

Bilder: Gian Marco Castelberg

Nur, husch, die Packung Milch holen, die beim letzten Einkauf vergessen ging. Einen Zahnpastafleck vom Hemd wischen. Mit dem Tram zur Arbeit fahren. Alles ganz selbstverständliche Tätigkeiten? Nicht für Lenthe Basant. «Wenn man sehbehindert ist, muss man sein ganzes ­Leben organisieren», sagt der 55-Jährige. Es bleibt wenig Platz für Spontaneität, weil ich für fast alles Unterstützung brauche.» Alles muss ­geplant sein, «sonst passiert es einfach nicht», resümiert Basant und zieht dabei die Augenbrauen hoch. «Auch das musste ich lernen», meint er und zeigt auf sein Gesicht. Sehende Menschen kommunizieren zu einem grossen Teil nonverbal. Sie gestikulieren mit den Händen, blicken sich an, schütteln den Kopf. «Ich kann das auch, weil ich es geübt habe – trotzdem ­verpasse ich diesen Teil der Kommunikation und merke es eben zum Beispiel nicht, wenn jemand in einer Sitzung auf meinen Zahnpastafleck starrt», erklärt Basant. Er muss sich seinen Mitmenschen über Worte mitteilen. «Dadurch kann mich sehr gut und sehr genau ausdrücken. Wege kann ich bis ins Detail beschreiben. Nur fragt mich

Lenthe Basant ar­beitet als Costumer Experience Specialist beim MigrosGenossenschafts-Bund. Er ist seh­behindert.


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