28 | 25.4.2022 | ALKOHOLVERBOT
«Ich wünsche mir zehn Ja» Mit vier Migros-Delegierten hat Renata Georg die Alkohol-Abstimmung ins Rollen gebracht. Hier erklärt sie, was sie dazu bewogen hat – und warum sie einen «Flickenteppich» aus Regionen mit und ohne Alkoholangebot gar nicht so schlimm finden würde. Text: Kian Ramezani Bild: Nik Hunger
Renata Georg, trinken Sie selbst Alkohol? Ja, gelegentlich. In der Regel zu Hause und mit Gästen. Sonst im Restaurant oder in den Ferien. Wo kaufen Sie ihn? Am häufigsten im Coop und im Denner. Seltener bei einem Weinhändler. Sie gelten als Initiantin der Urabstimmung über das Alkoholverbot in der Migros. Wie kam es dazu? Zunächst: Die Alkoholfrage steht schon sehr lange im Raum. Nur hat man sich bislang nicht getraut, sie anzugehen. Wohl auch aus Respekt, denn man muss durch 32 verschiedene Gremien und dort jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit bestehen. Das sind hohe Hürden. Wie sind Sie zum Entschluss gelangt, es doch zu versuchen? Nachdem leshop.ch in Migros Online umbenannt worden war, stimmte die Migros-Delegiertenversammlung im März 2020 für die Beibehaltung des AlkoholAngebots. Ich fand, damit strapazieren wir die Statuten, weil online und offline doch immer mehr verschmelzen. Die Befürworter argumentierten, dies entspreche einem Kundenbedürfnis. Und ich: Gut, dann fragen wir die Kunden und
Für Renata Georg bietet die Abstimmung die Chance, «die Statuten der Realität anzupassen».
starten diesen demokratischen Prozess. Für den Antrag brauchten Sie aber noch vier gleichgesinnte Mitinitianten. War es denn schwierig, sie zu finden? Mir war klar, dass ich nur Delegierte fragen kann, bei denen ich sicher war, dass sie mein Anliegen unterstützen. Warum? Bis der Antrag spruchreif war, musste er geheim bleiben – die Sache ist zu heikel. Ich fand
meine vier Mitstreiterinnen und Mitstreiter auf Anhieb. Wir legen Wert darauf, dass der Anstoss für diese wichtige Frage von uns Genossenschaftern kommt. Und nicht vom Migros-Management, wie das teilweise – und falsch – in den Medien zu lesen war. Wie fielen die Reaktionen auf Ihren Antrag aus? Sehr unterschiedlich. Nicht wenige dankten uns, den Elefanten im Raum zu benennen und die Sache anzugehen. An-
dere fanden den Moment ungünstig gewählt, schliesslich standen wir mitten in der Pandemie, und die Migros hatte andere Sorgen. Wobei, wann wäre je der richtige Zeitpunkt für eine solche Frage? Einige waren wohl etwas erschrocken, dass fünf Delegierte so etwas lostreten können. Natürlich wurden wir darauf hingewiesen, wie kompliziert es werde … … was ja stimmt: Sie haben es erwähnt, man muss durch 32 verschiedene Gremien.