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Eine beeindruckende Ensembleleistung

Zum 10. Geburtstag des Zuoz Globe zeigt die Shakespeare Company «Julius Caesar» - für einmal gespielt nur von Schülerinnen.

Das Zuoz Globe Theater und die Shakespeare Company sind seit zehn beziehungsweise 16 Jahren Teil der kulturellen Aktivitäten des Lyceum Alpinum Zuoz. Theaterleiter Ivo Bärtsch entschied sich zum Jubiläum für Shakespeares «Julius Caesar», ein Stück, das 1599 zur Eröffnung des wieder aufgebauten Globe Theatre in London uraufgeführt wurde. Er beschloss, dieses zeitlose Stück mit einer rein weiblichen Besetzung zu inszenieren und überzeugte damit bei der Premiere am Freitag, 10. Dezember 2021.

Durch die ungewohnte Besetzung entstand ein Verfremdungseffekt im Brechtschen Sinne. «Weil unsere Römer eher klein und fein sind, aber gross agieren, wird die Diskrepanz von Sein und Schein besser sichtbar», erklärte der Regisseur. Die zehn Schülerinnen (und ein Junge in einer Minirolle) zeigten sich der Herausforderung rundum gewachsen und wurden mit «Standing Ovations» gefeiert.

TEMPOREICHE INSZENIERUNG

Bärtsch sieht das Stück als Warnung an alle, die aus Eigensinn, Missgunst und Machtgier statt aus rechtsstaatlichen Überlegungen handeln. Er inszenierte temporeich und mitreissend, ohne jedoch auf intensive, ruhige Momente zu verzichten. Eine vierköpfige Schülerband begleitete die Geschichte stimmig mit Eigenkompositionen des Musiklehrers Franco Tavernini und Improvisationen.

Aus der grossartigen Leistung aller sticht Estelle Hagen als Caesar hervor. Sie spielte mit einer Selbstverständlichkeit und Authentizität, die staunen macht. Ein sinnvoller Kunstgriff des Regisseurs ermöglicht es ihr, auch nach Caesars gewaltsamem Tod als eine Art Moderatorin im Spiel zu bleiben. Die Schülerinnen führten mit ihrem engagierten Spiel vor Augen, dass wohl keine Rolle, keine Verhaltensweise, kein Charakterzug rein geschlechtsspezifisch besetzt ist.

In lässigen Anzügen, mit lockerer Krawatte und straff zurückgenommenen Haaren persiflierten sie die Rollen der Männer und machten sie sich dennoch zu eigen, liessen die Handlungsweisen ebenso nachvollziehbar wie verwerflich erscheinen. Sie artikulierten gut – und selbst wenn es laut wurde, waren sie zu verstehen und formulierten die Worte aus.

GESELLSCHAFTLICHE PARALLELEN

Trotz ausgelassener Tanzszenen blieb das Stück nie an der Oberfläche. Es zeigte Parallelen zu unserer Gesellschaft auf und war ebenso ernsthaft nachdenklich, wie unterhaltsam. Die Aufführung zog den Besucher in die Geschichte hinein und liess auch lange danach nicht los.

Marina U. Fuchs Südostschweiz, 13.12.2021