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Der Winter der Lawinen - Inviern de la Grande Naiv

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Alex de Senger

Alex de Senger

Stories of Zuoz

Der Winter der Lawinen - Inviern de la Grande Naiv

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Im Sommer, 1947 entschied meine Mutter, dass wir wieder in Europa leben würden. So sind wir, die ganze Familie, im August 1947 auf dem Schiff 'Degrasse' nach Europa gekommen. Im September trat ich ins Lyceum Alpinum Zuoz ein.

1951 war mein vorletztes Jahr dort. Schon anfangs des Winters hatte es viel geschneit. Bis im März schneite es weiter. Das Skifahren musste gestoppt werden, denn auf den Pisten lag zu viel Schnee. Die Maturanden standen kurz vor der Maturaprüfung. Eines Nachmittags, als ich in meinem Zimmer war, hörte ich ein Pfeifen, dann sah ich durch das Fenster Schnee über das Dach herunterfallen. Woher kam der Schnee ? So etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich lief in den Gang und sah Schnee, der aus der Tür zu den Hinterzimmern kam. Dort waren die Toiletten und Duschen. So ging ich mit anderen durch den Schnee zu den Toiletten, von wo wir Schreie vernahmen. Es war schwierig, die Türen aufzumachen, weil sie nach innen öffneten. Aber mit den Händen konnten wir genug Schnee entfernen, um die Türen zu öffnen und so die Menschen, die drinnen waren, zu befreien.

Man wartete, ob weitere Lawinen kommen würden. Niemand wusste, ob das Gebäude halten würde. Der Direktor fasste den Entschluss, dass alle Schüler in die Turnhalle umziehen sollten. So kam es, dass wir in der folgenden Nacht mit unseren Decken und Kopfkissen in der Turnhalle schliefen.

Zur selben Zeit weilte meine Mutter mit meinem Stiefvater im Palace Hotel in St. Moritz. Sie kannte die Besitzerin, Frau Badrutt, die auch einen Sohn im Lyceum hatte, gut. Frau Badrutt und meine Mutter holten ihre Söhne am nächsten Tag mit dem Wagen des Hotels, einem Rolls-Royce, von Zuoz ab. So kam ich aus der Trauerwelt von Zuoz, wo die Glocken für die Verunglückten der Lawinen läuteten, in die Zauberwelt des Palace Hotels in St. Moritz. Schon am gleichen Abend fand ein „grand bal pour les sinistrés des avalanches“ statt.

Es kam zu einer Panik bei der Schulleitung der Luxusschule, betreffend die Sicherheit der Schüler und die Verantwortung gegenüber den Eltern. Also wurden kurz danach alle Schüler für die restliche Zeit des Tertials, rund zwei Wochen, nach St. Moritz gebracht und auf die vielen Hotels verteilt. Es war eine besondere Zeit, ein Abenteuer.

In den folgenden Jahren baute die Gemeinde, mit Hilfe vom Kanton, sogenannte Lawinenmauern aus gepanzertem Beton, mit Brettern, die das Gewicht des geballten Schnees aufnehmen konnten. Im Sommer, im heutigen Zuoz, sieht man sie gut, weil sie sich vom Berg abheben.

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