ZUR SCHWIMMHALLE
Dokumentation
Master of Arts Interior Architecture
Praktischer Teil


HINTERGRUND
Die Bevölkerungsdichte Berlins nimmt kontinuierlich zu, dadurch Verringert sich der Lebensraum für die Menschen. Währenddessen befinden sich viele Gebäude im Leerstand und bleiben ungenutzt.
Mit dem Ziel, den Stadtraum effizienter nutzen zu können und die Möglichkeit gemeinschaftlicher Räume zu erweitern, möchte ich in meiner Master Thesis einen Umnutzungsvorschlag des ehemaligen Stadtbads Steglitz vorstellen.
Umweltschutz und die stetig wachsende, gesellschaftlichen Sensibilität für gesündere Ernährung und die Frage nach der regionalen, aber auch ökologischen Herkunft von Lebensmitteln stehen heutzutage in einem engen Zusammenhang miteinander. Ernährung soll nachhaltig sein. Somit ist der Import von Lebensmitteln aus fernen Ländern eines der Kernprobleme bei der Frage nach möglichst großer Nachhaltigkeit in der eigenen Ernährung. Daher erlebt der Kauf von reginalen, saisonalen aber auch Bio- und veganen Ersatzprodukten einen Aufschwung. Dieser sich immer deutlicher abzeichnende Trend verlagert sich ebenfalls auf andere Lebensbereiche, wie beispielsweise dem Wunsch nach einem effizienten und somit nachhaltigerem Leben und Wohnen.

STADTBAD STEGLITZ
In der Zeit der Industrialisierung zogen in kurzer Zeit viele Menschen in die Städte. So wuchs auch die Bevölkerung im Berliner Vorort Steglitz.
Für die ärmere Bevölkerungsschicht gab es keine regelmäßigen Hygienemöglichkeiten, die eine adäquate Körperpflege garantierten.
So kam es zum Bäderbau, um allen Bevölkerungsschichten und Gesellschaftsklassen den Zugang zu angemessenen Hygienestandards zu ermöglichen. In diesem Zuge veranlasste auch die Gemeindeverwaltung die Errichtung eines repräsentativen Hallenbades mit Schwimm- und Bademöglichkeiten in Steglitz.
Die Architekten Richard Blunck und Fritz Freymüller entwarfen eine von römischen Thermen inspirierte Basilikaform im Stil des Historismus und Jugendstils.
Im Jahre 1906 wurde das römisch-russische Dampfbad nutzbar und im Jahre 1908 folgte der Schwimm- und Badebereich. Bei der Eröffnung am 8. Juli 1908 wurde es als „Preußens modernste und größte Heil-und Bäderabteilung“ beworben.
Während des ersten Weltkriegs wurde der Badebetrieb unterbrochen und das Stadtbad diente als Lebensmitteldepot.
In den Jahren 1928 bis 1931 ließ die Bezirksverwaltung den Grundbau mit einem viergeschossige Gebäude, nach Entwürfen von Fritz Freymüller, ergänzen. Dieser Gebäudeteil war für die Badeverwaltung, einen Friseur sowie in der obersten Etage für Wohnungen vorgesehen. Die Pläne für eine zweite, gespiegelte Schwimmhalle für Frauen wurden niemals umgesetzt.
Während des zweiten Weltkriegs blieb das Bad bis zum Winter des Jahres 1940 in Betrieb. Aufgrund des Kohlemangels und damit fehlenden Heizmöglichkeiten, musste es geschlossen werden.
Es folgten Schäden durch Kriegseinwirkung und Vandalismus, die im Jahr 1949 größtenteils behoben wurden und eine Wiedereröffnung ermöglichten.
In den Jahren 1971 bis 1979 veranlasste das Bezirksamt eine Generalinstandsetzung, sodass im Jahr 1988 das Hallengewölbe über dem Schwimmbecken saniert werden konnte.
Seit 1982 steht das Stadtbad unter Denkmalschutz.
Im Jahr 2002 ließ das Bezirksamt SteglitzZehlendorf die Einrichtung schließen, da die Unterhaltung und der Betrieb nicht mehr kostendeckend möglich waren. Demzufolge fiel der Bau in die Zuständigkeit der BIM (Berliner Immobilienmanagement GmbH).
So kaufte im Jahr 2004 die Sportlehrerin Gabriele Berger das Bad für einen symbolischen Euro. Dies war verbunden mit der Auflage den Baukomplex zu sanieren und bis 2015 wieder als Schwimmbad zu eröffnen.
Daraufhin begann die Eigentümerin eine schrittweise intensive Nutzung. Sie eröffnete ein Café und lies die Umkleidekabinen abreißen um die dortigen Flächen als Ausstellungsräume zu nutzen. Außerdem fanden in der Schwimmhalle Lesungen, Flohmärkte, Theater- und Opernaufführungen statt. Trotz allem blieb die Sanierung aus und der Kaufvertrag wurde rückabgewickelt.
Im Jahr 2016 fiel das Bad wieder in die Hände der Stadt Berlin und diente für Filmaufnahmen und Fotoshootings.

DER ORT
Der Bestand befindet sich in Steglitz, im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, das im Großraum Berlin zu verorten ist. Er ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut angebunden und fußläufig von einer der größten Fußgängerzonen Berlins erreichbar.
Fast unscheinbar befindet sich das Stadtbad hinter einer Unterführung eines Hauses. Ein von Straßenlärm abgeschotteter, ruhiger Ort, der viele Jahre Anlaufpunkt für die Bürger*innen von Steglitz war.









02 KONZEPT
RÜCKBLICK
ALTE WERTEGESCHICHTE
1908: Bau des Schwimmbads; 1926–1931: Erweiterungsdbau; Architekten: Richard Blunck, Fritz Freymüller
1914 - 1918: Nutzungs während des 1. WK als Lebensmitteldepot
Nach dem Krieg: Nutzung wieder als Stadtbad
2002: Schließung
2002-2014: Nutzung für kulturelle Veranstaltungen durch eine private Betreiberin
2022: soll eine Interessenbekundungsverfahren öffentlich ausgeschrieben wurde, um Ideen und Konzepte für die neue Nutzung zu erhalten
∙ sozialer Treffpunkt
∙ erschwinglicher Eintritt
∙ für alle Gesellschaftsschichten zugänglich
∙ Versorgung der Gesellschaft
PERSONA

Angelika, 50, arbeitet im Einzelhandel
∙ geschieden, lebt mit ihren 3 Katzen zusammen
∙ arbeitet in einem Modehaus an der Schlossstraße
∙ hat im Monat nicht viel Geld zur Verfügung
∙ arbeitet bis 20 / 21 Uhr
∙ ist nach der Arbeit erschöpft und schafft es nicht für den Folgetag vorzukochen
Max, 30, Parkettleger
∙ macht Ausbesserungsarbeiten
∙ ist daher viel mit dem Auto unterwegs und macht Kundenbesuche
∙ sucht für seine Mittagspause einen Ort fern ab von Straßenlärm
∙ entflieht in seiner Freizeit gerne der Stadt und ist in der Natur
∙ liebt und lebt für gutes Essen
Erika, 70, Rentnerin
∙ wohnhaft in Steglitz
∙ legt Wert auf gutes Essen (vor allem gutes Gemüse)
∙ isst und kocht gerne mit Freunden und der Familie
∙ hat nun endlich einen eigenen Balkon
∙ ist noch unerfahren was den eigenen Gemüseanbau bertrifft und möchte das lernen
∙ lernwillig
∙ interessiert
∙ kommunikativ
Johannes, 45, Hausmann
∙ wohnt mit seiner Familie in Steglitz
∙ wenn er etwas tut, dann mit Herz und Blut
∙ lebt zukunftsorierntiert und nachhaltig
∙ beschäftigt sich zur Zeit mit saisonaler und gesunder Ernährung
∙ möchte seinen Kindern ein Vorbild sein
KONZEPT
Das Stadtbad in Berlin-Steglitz diente viele Jahre als Schwimmanstalt. Im 1. Weltkrieg wurde es als Lebensmitteldepot genutzt und später als Veranstaltungsort.

Nun steht es leer und wird durch ein neues Konzept wiederbelebt.
Grundlegende, soziale Werte der vergangenen Nutzungen werden gefiltert und in ein neues Konzept übertragen. Es entsteht ein Restaurant mit eigenem Gemüseanbau. Ein neuer Ort der Begegnung und des Austauschs aller Gesellschaftsschichten.
Das zentrale Element bildet das neu eingestellte Volumen, welches sich unter den einst vorhandenen Deckenlichtern befindet. Die durch ein Gewächshaus inspirierte, parasitäre Architektur hebt sich durch Form, Material und Farbe vom Bestand ab und nimmt die Syntaktik des Bestands auf.
Das sich aus dem Becken erstreckende Volumen bildet den Schauplatz des Geschehens, während rundherum Sitzmöglichkeiten angeordnet sind. Es agiert als Monument der neuen Nutzung und dient als Funktionsturm.
Auf Beckenrandhöhe befindet sich die Küche, darüber ist eine Cafébar verortet und in den beiden darüber befindlichen Geschossen ist der Anbau von Gemüse durch das sogenannte vertikale „Hydroponische Anbausystem“ möglich. Das Wasser, das sich einst nur im Schwimmbecken befand, erstereckt sich nun über die Höhe des Gebäudes und versorgt die Pflanzen mit nährstoffhaltigem Wasser.
Das eingestellte Volumen ragt über das Dach hinaus. Somit wird auch im Außenraum die Reaktivierung des Bestands sichtbar.
Durch den Eingriff in den Bestand werden neue, lehrreiche und soziale Räume geschaffen. Der Anbau von Gemüse wird für die Besucher*innen erlebbar gemacht. Es entsteht eine neue Beziehung zwischen Licht und Raum. Der Perspektivwechsel macht den Bestand neu erfahrbar.

Restaurant mit Gemüseanbau Kantinencharakter lokale / regionale KücheWorkshops zu verschiedenen

Anbauarten & Ernährung

Gemeinschaft & Austausch


NUTZUNG
Temporäres Hochheizen eines solchen Gebäudetypus erzeugt Risse im Bestand. Daher beinhaltet das Konzept eine ganzheitliche Nutzung mit verschiedenen Angeboten, um das Gebäude kontinuierlich mit Leben zu füllen. Durch die Mehrfachnutzung wird kostbarer Raum im Zentrum effizient als Gemeinschaftsfläche genutzt.
Angesichts des Klimawandels und der langen Lieferketten von Lebensmitteln kommt ein immer breiter werdendes Bewusstsein für regionales und saisonales Essen in der Bevölkerung auf.
Genau diesem Thema wird sich an diesem Ort gewidmet.
Im Fokus steht hierbei die Nachhaltigkeit beim Essen. Es wird ein Angebot für einen Mittagstisch, mit zwei Gerichten, geboten. Angelehnt an das System der Kantine, werden mit möglichst geringen Kosten viele Menschen versorgt. Dafür werden primär das selbstangebaute Gemüse und regionale Produkte verwendet.
Außerdem werden Workshops zu regionaler und saisonaler Ernährung angeboten sowie zum „Urban Gardening“. Es können Einzelpersonen oder Gruppen teilnehmen. Bei Firmenausflügen kann so die Gemeinschaft innerhalb des Teams gestärkt werden. Ebenso wird das Wissen über „Urban Gardening“ und saisonale Ernährung durch die Nutzung weiterer Freiflächen in der Stadt weitergegeben und umgesetzt.
Die Öffnungszeiten sind von 10:00 bis 21:00 Uhr.
Um 8:00 Uhr ist Schichtbeginn und der Mittagstisch wird ca. drei Stunden vorbereitet.
Ab 10:00 Uhr werden Getränke angeboten und es besteht die Möglichkeiten zum Coworking.
Von 11:30 bis 16:00 Uhr beginnt der Mittagstisch.
Das Personal umfasst drei Köch*innen und eine*n Auszubildende*r, zudem gibt es eine Person im Bereitschaftsdienst, der*die auf Abruf einspringen kann.
Am Abend gibt es die Möglichkeit einen Afterwork Drink zu sich zu nehmen.
Es entsteht ein Ort der Gemeinschaft, des Zusammenkommens, des Begegnens und des Austauschs auf kultureller, sozialer und traditioneller Ebene.
HYDROPONIC FARMING
∙ Hydroponic farming - Methode des Gemüseanbaus ohne Erde, dafür mit nährstoffreichem Wasser
+ weniger Wasserverbrauch
+ unabhänig vom Ort
+ mehr frische für die Produkte
+ kontrollierte Umgebung / Landwirtschaft
+ weniger Platzbedarf
+ Pflanzen wachsen schneller
+ keine Pestiziede [2]
∙ mehr Luftzyrkulation durch vertikal angeortnete Säulen
∙ Salat braucht 2 -3 Wochen zum wachsen
∙ nur 5 % des Wasserverbrauchs im Vergleich mit konventionellen Anbaumethoden von Bauern [3]
[2] Herg. Entwurf Hydroponics, 2022 [3] https://www.youtube.com/watch?v=pc028YJH2ZQ, 2014

Rücklauf
Nährstoffnehälter Bewässerungspumpe

Bestand Geländer
Bestand Fliesen
Bestand Terrazzo


Textil
transparentes finnisches
Birkensperrholz mit Deckfurnier

Gitter




Textil
Textil



Vierkantstahl
Glas mit dichroitischem Farbeffekt

Fliesen mit farbigen Fugen
Neonschrift

Schrift am Gitter (Menükarte)

03 ENTWURFSPLÄNE
M 1:10 000
V e c t o r w o r k s E d u c a t i o n a V e r s i o n
V e c t o r w o r k s E d u c a t o n a l V e r s o n
V e c t o r w o r k s E d u c a t i o n a V e r s i o n 1000 m
[Zeichnungstitel]
Maßstab: 1:10000 1
V e c t o r w o r k s E d u c a t o n a l V e r s o n
Schwarzplan M 1:10 000
V e c t o r w o r k s E d u c a t o n a l V e r s o n
V e c t o r w o r k s E d u c a t i o n a l V e r s i o n V
V e c t o r w o r k s E d u c a t o n a l V e r s o n
UMGEBUNGSANALYSE
V e c t o r w o r k s E d u c a t i o n a V e r s i o n
V e c t o r w o r k s E d u c a t i o n a V e r s i o n
V e c t o r w o r k s E d u c a t o n a l V e r s o n
V e c t o r w o r k s E d u c a t i o n a l V e r s i o n
FLÄCHENLAYOUT



Jugendtreff Werkstatt für Behinderte Atelierplätze


Fassadenansicht Süd
M 1:100
V e c t o r w o r k s E d u c a t i o n a l V e r s i o n
[Zeichnungstitel]
Maßstab: 1:300 1
V e c t o r w o r k s E d u c a t i o n a l V e r s i o n

ERDGESCHOSS
Die Erschließung erfolgt durch den ehemaligen Haupteingang des Stadtbads. Von der Eingangshalle aus führt auf der linken Seite eine Treppe nach oben zur Schwimmhalle.
Am vorderen Seitenflügel ist die barrierefreie Erschließung. Auf dem Weg zum Aufzug befinden sich Regale mit Kräutern die, wie Bibliotheksregale, platzsparend auf Schienen angebracht sind. Diese Pflanzen werden zusätzlich mit künstlichem Licht versorgt.
Neben dem Aufzug befindet sich das barrierefreie WC.
Die WCs sind im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss an ursprünglicher Stelle platziert. Weitere zugängliche WCs, wie es die Gastronomieregelungen vorsehen, sind im anliegenden Gebäudekomplex, von der Eingangshalle aus, zugänglich.
Am hinteren Seitenflügel befindet sich der Personaleingang, die Personalräume und die Lagerräume für Anlieferungen. Dort ist ebenfalls Platz für Vorbereitungen, die Geschirrspüle und einen Lastenaufzug, der bis in das 2. Obergeschoss führt.
Im unteren Teil des Schwimmbeckens befindet sich ein Workshopbereich mit flexiblen Möbeln.
Das eingestellte Volumen in Form eines Gerüsts ragt von dort aus in die Höhe.
Unterhalb davon befindet sich ein Wasserbecken, das die Form des abfallenden Schwimmbeckens aufnimmt. Von dort aus wird nährstoffhaltiges Wasser für die Pflanzenversorgung in die Höhe gepumpt.
Die Erschließung des Volumens erfolgt über eine seitlich angebrachte Treppe, die die Form des Schwimmbeckens aufnimmt.
Das Gerüst ist am Boden und im Dach fixiert, um ein Schwanken zu verhindern. Diverse Glasflächen sorgen für die Aussteifung des Gerüsts.
1. & 2. OBERGESCHOSS
Im 1. Obergeschoss, auf Beckenrandhöhe, kommen die Besuchenden an. Am Eingang befindet sich eine Garderobe, der barrierefreie Aufzug sowie Staumöglichkeiten.
Auf gleicher Ebene ist die Küche im Volumen angesiedelt. Ein Glasboden führt die Besuchenden vom Beckenrand näher an das Geschehen heran.
Ringsherum sind Sitznischen angeordnet und die Geschirrrückgabe erfolgt unter der Treppe. Links neben der Treppe ist der Lastenaufzug, um dreckiges Geschirr nach unten oder Getränke und Lebensmittel nach oben zu transportieren.
Unter der Kuppel ist der Zugang zur Dachterrasse mit Sitzmöglichkeiten und Hochbeeten.
Im 2. Obergeschoss sind, wie auch im 1. Obergeschoss, ringsherum Sitznischen angeordnet. Von hier aus erfolgt ein Zugang zum Volumen und zur Cafébar mit Sitzpoufs.
3. & 4. OBERGESCHOSS
Im 3. und 4. Obergeschoss befinden sich die vertikalen, hydroponischen Anbaumöglichkeiten.
Das nährstoffhaltige Wasser wird durch die Pflanzensäulen gepumpt.
Durch den Durchbruch des Dachs fällt das Licht in die Halle, wie es auch einst mit den Deckenlichtern geschah. Das eindringende Licht fällt durch Glas mit dichroitischem Farbeffekt und wirft ein oszillierendes Spiel der Farben in die Schwimmhalle. Pflanzenanbau