Ferienheim, Büttenhardt Das Ferienheim liegt nördlich von Büttenhardt abgelegen in einer grossen Waldlichtung. Der ursprüngliche Bau stand jahrelang leer und wurde kaum unterhalten. Infolgedessen befand er sich in einem derart schlechten Zustand, dass die gesamte Gebäudekonstruktion hätte erneuert werden müssen. Dies veranlasste die Architekten, einen Ersatzneubau vorzuschlagen, der sich in Charakter und Grösse am Bestand orientiert. Das Ferienheim ist in der Region nach wie vor bekannt, weil nach den Kriegsjahren etliche Kinder ihre Ferien dort verbringen durften oder während grassierender Epidemien dort in gesundheitlicher Obhut waren. Heute betreut die Bauherrschaft im Ferienheim Jugendliche, die ein ‹Timeout› benötigen. Dazu werden die Jugendlichen für einige Wochen aus ihrer sozialen Umgebung genommen, um bei der Gastfamilie einen geregelten Tagesablauf mit einfachen Beschäftigungen erfahren zu können. Zudem liegt das Gehöft in einem regionalen Erholungsgebiet, das von zahlreichen Ausflüglern besucht wird. An sonnigen Wochenenden wird für den regen Betrieb eine Besenbeiz geöffnet, um den Besuchern die Möglichkeit zu geben, sich im Garten oder auf einer Loggia mit einfachen Mahlzeiten und Getränken zu ver pflegen. Innerhalb der Anlage wird das Ferienheim aufgrund der Situation als Kopfbau wahrgenommen. Der Ersatzneubau wurde deshalb um ein halbes Geschoss auf drei Stockwerke erhöht. Dadurch ist der Abschluss zum Wohnhaus volumetrisch geklärt. Die bebaute Grundfläche wurde zudem im Vergleich zum Bestand verringert. Ein flaches Walmdach schützt mit seinem breiten Überstand die Holzfassade. Die Fenster sitzen jeweils raumhoch in der Mitte der Rahmenfelder; diagonale Bohlen bilden die Ausfachung der Fassade, aber auch der darin sitzenden Schiebeläden. Sonnenstrahlen fallen
Situation
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durch die Ritzen der Läden und tauchen die Schlafzimmer dahinter in Ferienstimmung. Der grosse Restaurantraum im Erdgeschoss öffnet sich an zwei Seiten verglast zu einer breiten Loggia. Das hölzerne Gitterwerk der Loggia sorgt auch hier für Ferienstimmung. Aus dem Küchenbereich mit Buffett kann die Besenbeiz bedient werden. In den Obergeschossen befinden sich je drei Schlafzimmer mit Wohnräumen und Nasszellen. Es ist der privatere Teil für die Jugendlichen. Im ersten Obergeschoss bildet ein grosser, zum Teil zweigeschossiger Gemeinschaftsraum das Zentrum. Im Übergang zum Altbau liegen die gemeinsame Küche und das Zimmer der Betreuungsperson. Die Zimmer im zweiten Obergeschoss betritt man über eine grosse Galerie, von der man nicht nur in den Hauptraum hinabblickt, sondern auch hinaus auf die weite Lichtung und den Wald. Die beiden inneren Querwände der Obergeschosse bilden Tragwerke, dank denen die Erdgeschossdecke den Raum stützenfrei überspannt. Da die Balken dieses Tragwerks die maximale Länge der gebohrten Balken überschreitet, spannt hier eine Zugstange im hohlen Kern des Holzes zwei Balken zu einem Träger zusammen. Der gesamte Ersatzbau wurde in Massivholz ausgeführt. Als idealer Konstruktionstypus dafür bot sich eine Art Bohlenständerbau an, wie er vom 17. bis ins 19. Jahrhundert in der Zentralund Ostschweiz verbreitet war. Das Bauholz konnte aus dem umliegenden, hofeigenen Wald gewonnen und vor Ort verarbeitet werden. Das Rastermass der Struktur ergab sich aus dem verfügbaren Holz, welches von einem Winterschlag 2007 bereitlag – insgesamt 500 m3 verschiedener Holzarten mit dicken bis dünnen Durchmessern unterschiedlicher Längen. Aufgrund der Planung wurde das Holz mit einer mobilen Bandsäge auf dem Bauplatz eingeschnitten und der Kern ausgebohrt. Danach liess man das Bauholz rund ein Jahr trocknen.
Die maximale Bohrerlänge von 2,60 m ergab eine maximale Länge der Balken von 5,20 m. Das äussere Rahmenwerk des Ständerbaus, gebildet von witterungsresistenten Eichenbalken von 200 x 200 mm Querschnitt, baut auf diesem Achsmass auf. Ausgefacht sind diese Rahmen mit 80–140 mm dicken Bohlen aus Föhre. Deren 60°-Diagonalstellung zeigt den strukturellen Unterschied zur Eiche an, bricht gleichzeitig die angelegte Strenge und stellt eine formale Verwandtschaft zum Gitterwerk der Laube im Erdgeschoss her. Die innere Konstruktion besteht aus Buchenholz, das den Löwenanteil des geschlagenen Holzes ausmachte, dem Wetter jedoch nicht ausgesetzt werden sollte. Ebenso bestehen die Dielenböden, die Treppen, die Geländer und Fenstergewände aus dem eigenen Holz. Lediglich die Gipsfaserplatten der Innenwände und die Linoleumböden der Zimmer sind handelsübliche Bauprodukte. Mit der Methode der Längsbohrung der Balken konnte aus einem Stamm mit geringem Durchmesser wenigstens ein Balken geschnitten werden. Es wurde also hohe Wertschöpfung in der Bearbeitung des Rundholzes, das bis anhin vornehmlich als Brenn- oder Industrieholz verwendet wurde, hin zum Bauholz erzielt. Zudem ist die Methode ein lokal und einfach anwendbares Verfahren, das wenig graue Energie bindet sowie ein Verkleben verzichtbar macht. Das neue Ferienheim Büttenhardt zeigt, was sich aus den Stämmen vom Laubholz unter diesem Ansatz machen lässt: ein behagliches, schönes Haus, gleichsam ein bewohnbares Möbel, das von lokalen Kleinunternehmern realisierbar ist.