030-46_4_Erdbebengerecht_D.qxp:Lignatec
27.7.2010
14:27 Uhr
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4.3.2 Verbindungsarten mit Duktilitätsmass Ds > 3 Scherverbindungen mit stiftförmigen Verbindungsmitteln (Stabdübel, Nägel, Schrauben, Klammern) und Holzdicken gemäss Tabelle 19 der Norm SIA 265 (2003) weisen ein äusserst duktiles Bruchverhalten auf, sofern auch bestimmte Anforderungen bezüglich der End- und Zwischenabstände der Verbindungsmittel parallel zur Faserrichtung eingehalten sind (Tabelle 11 der Norm SIA 265 (2003)). Die angegebenen Bedingungen tragen der Tatsache Rechnung, dass schlanke, stiftförmige Verbindungsmittel im allgemeinen duktiler sind und damit mehr Energie dissipieren können. Dass eine Verbindung unterschiedlich duktil ausgelegt werden kann, wird im folgenden am Beispiel der Stabdübelverbindung gezeigt (siehe Figur 44). Dabei ist das entscheidende Mass die Dübelschlankheit λ = t/d. Wird die Verbindung mit sehr dicken Stabdübeln ausgeführt, versagt sie im Modus 1 – es stellt sich ein Holzbruch ein. Im Versagensmodus 2 bilden sich mit einer Erhöhung der Traglast und grösseren Verformungen zwei Fliessgelenke im Dübel aus, im Modus 3 sogar vier Fliessgelenke [33].
Figur 44: Schematische Darstellung des inelastischen KraftVerformungs-Verhaltens und der Energiedissipation von Stabdübelverbindungen im zyklischen Versuch [30, 31]. 1 Das Kraft-Verformungsverhalten einer Stabdübelverbindung unterscheidet sich je nach Konzeption (Modus 1, 2, 3). 2 Stabdübelverbindung mit Versagensmodus 1: geringes Verformungsvermögen und geringe Energiedissipation im zyklischen Versuch. 3 Stabdübelverbindung mit Versagensmodus 3: grosses Verformungsvermögen und grosse Energiedissipation im zyklischen Versuch.
1
Modus 3 Modus 2
Modus 1
2 Modus 1
3
Modus 3
Erdbebengerechte mehrgeschossige Holzbauten
Je nach Art des eingesetzten stiftförmigen Verbindungsmittels gilt es, einige zusätzliche Dinge zu beachten: Bolzen (Bauschrauben) sind aufgrund des Spiels in der Verbindung für die Energiedissipation ungeeignet, wohl aber für die Sicherung von Holz–HolzStabdübelverbindungen gegen Auseinanderwandern unter der zyklischen Belastung. Stabdübel (Passbolzen) haben sich bei richtiger Schlankheit (und bei besseren Stahlqualitäten) und Ausführung als sehr duktile Verbindung erwiesen. Dies gilt insbesondere, wenn die Verbindung im Modus 3 versagt, also gemäss den Anforderungen der Tabelle 11 der Norm SIA 265 (2003) ausgelegt ist. Reine Stabdübelverbindungen in Holz–HolzVerbindungen weisen selber kaum eine Klemmwirkung auf und können sich daher unter zyklischer Beanspruchung lösen. Sie müssen beispielsweise mittels Stabdübeln mit Gewinde oder mittels Bolzen zusätzlich gesichert werden. Nagelverbindungen: Glattschaftige Nägel mit Einschlagtiefe ≥ 8 d (d.h. ausreichender Schlankheit) verhalten sich ähnlich wie Stabdübel und zeigen bei Scherbeanspruchung ein duktiles Verhalten. Zweiund mehrschnittige Nagelverbindungen sowie mit dem richtigen Durchmesser vorgebohrte Nägel verhalten sich besser als einschnittige (zeigen bestenfalls Versagensmodus 2) und nicht vorgebohrte Nägel (grössere Gefahr des Aufspaltens des Holzes). Bei gleicher Schlankheit zeigen profilierte Nägel ein noch besseres Verhalten, da sich während der Verformung der Verbindung eine stärkere Seilwirkung aufbauen kann als bei glattschaftigen Nägeln. Laut den erdbebenspezifischen Vorschriften der Norm SIA 265 (2003) dürfen glattschaftige Nägel allerdings nur für Verbindungen zwischen Beplankungen und Rahmen eingesetzt werden. Klammern verhalten sich, sofern die Mindestholzdicken nach Ziffer 6.6.1 der Norm SIA 265 (2003) eingehalten sind, ähnlich wie (schlanke) glattschaftige Nägel und zeigen daher insbesondere bei der Anwendung in aussteifenden Scheiben ein sehr günstiges Verhalten. Für eine ausreichende Duktilität ist eine Einschlagtiefe ≥ 14 d erforderlich.