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STINKT DER FISCH IMMER ZUERST VOM KOPF?
MENSCHEN UND IHRE SICHTWEISE AUF DOMINANZ UND FÜHRUNG
TEXT: FRANSI ROTTMAIER
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Dass wir dem Begriff „Führung“ eher ambivalent gegenüberstehen, verrät nicht nur dieses alte Sprichwort vom verdorbenen Fisch. Im übertragenen Sinne geht es dabei um „faulige“ Absonderungen vom Kopfende (der Chefetage) eines Unternehmens, also Fehlentscheidungen, die zu ernsthaften Konsequenzen führen. Wer führt, trägt Verantwortung! Und im Zweifelsfall auch den Großteil der Schuld.
Der „Hundeführer“ ist nicht nur im Leistungsheft seines Vierbeiners tituliert eben jener sensible und schnell verderbliche „Kopf“: Wir treffen Entscheidungen und vermitteln dem Hund unsere Vorstellung einer gelungenen Unternehmung. Versagen wir, klappt im Zweifelsfall gar nichts. Bereits Belohnung oder bewusstes Vorenthalten einer Belohnung stellt ein Akt der „Führung“ dar:
Wir beeinflussen den Hund, ein bestimmtes Zielverhalten zu zeigen – und zwar idealerweise dann, wenn wir ihn dazu auffordern. Anders kämen wir ja auch gar nicht durch eine Sportprüfung!
Damit erübrigt sich schon der (durchaus moderne und im Geiste der heutigen Zeit herummarodierende) Streitpunkt, ob uns als Mensch in dieser artübergreifenden Beziehung überhaupt die Beanspruchung einer Führungsposition zusteht. Ja, nein, vielleicht ...? Und wenn wir das müssten, wie täten wir das im Idealfall?
Um einen souveränen Weg durch dieses für viele Hundehalter hochemotionale Minenfeld zu finden, lohnt sich eine nähere Betrachtung von Führungskonzepten und dem hartnäckig umstrittenen Begriff „Dominanz“.
Strukturen wissenschaftlich messbar zu machen. Die Verhaltensforschung benötigt dazu erkennbare Signale, die vorhersehbar und gerichtet auftreten: diesem Fall werden Demutsgesten in der wiederholten Interaktion zweier Sozialpartner dokumentiert. Weisen sie vorhersehbar in eine Richtung, gilt der Empfänger als dominant. Es geht also nicht um aggressive Verhaltensweisen – hier gerät man leicht an ein folgenschweres Missverständnis: langfristigen Beziehung ist. Nur darüber, dass es Aggression einzusetzen weiß – und das ist nicht immer erfolgreich.
Aggression ist kein spezifischer Indikator für Dominanz.
Ethologisch gesehen entstammt das Konzept der „Dominanz“ einem Versuch, hierarchische
Dominantes Verhalten ist nicht automatisch aggressiv. Wer aggressiv handelt, kann das auch außerhalb einer dyadischen Beziehung tun. Aggressive Verhaltenstechniken sind ein Instrument, um persönliche Interessen durchzusetzen oder reaktiv zu schützen. Der Fokus darauf liefert also keine zuverlässigen Erkenntnisse, ob ein Individuum „dominant“ in einer
In einem funktionierenden Sozialverband reagieren rangniedere Mitglieder mit submissivem Verhalten sowohl auf agonistische Dominanz (Imponierverhalten oder aggressive Verhaltensweisen) wie auch auf formale Dominanzsignale, die nicht im Rahmen von Konfliktsituationen gezeigt werden – so die in der Hundeszene namhafte Verhaltensbiologin Dr. Marie Niezschner. Wenn Mitglieder einer Gemeinschaft bestimmte Rituale wie Begrüßungen oder territoriales Markieren ohne direkten Interessenskonflikt initiieren, spricht man von formalen Dominanzsignalen. Die messbare Konstante ist also die freiwillige Bereitschaft des Unterlegenen, durch Demutsgesten ein Gegenüber als Überlegen anzuerkennen und dadurch von einem physikalischen Kräftemessen mit einhergehendem Verletzungsrisiko zurückzutreten. Dieser ritualisierte Austausch erlaube erst eine soziale Annäherung, sogenannte affiliative (kooperative, kontaktaufnehmende) Beziehungen, so Dr. Nizschner in ihrem Blog „Hundeprofil“: „Dominanz wird in der Verhaltensforschung also als wichtiges Element betrachtet, um soziale Verbände zu strukturieren und ein friedliches Miteinander zu sichern.“
Das klingt anders als der „Schreckbegriff“ Dominanz, der eine gewaltsame und aggressive Unterdrückung mit strengen Regeln und Demütigungen impliziert. Professor Kurt Kotrschal erklärt, der Wolf sei im 19. Jahrhundert zum Symbol von „Härte, Ausdauer, Tapferkeit und einer autoritären Führergesellschaft“ hochstilisiert worden. Im Gegensatz zu eher despotisch organisierten Schimpansengruppen gäbe es jedoch gerade bei wildlebenden Wölfen keine Hinweise einer befehlsorientierten Struktur mit Strafsanktionen.
Innerhalb eines Familienverbandes spiele Aggression nur eine „ganz geringe“ Rolle – was er unter anderem auf die saisonale Reduktion von Testosteron bei Wolfsrüden außerhalb der „Ranzzeit“ zurückführt. Gegenüber fremden Eindringlingen käme es jedoch zu äußerst aggressiven Auseinandersetzungen. Auch eine Gemeinsamkeit zwischen Wolf und Mensch.
Woher rühren also die eher unangenehmen Assoziationen, die uns rund um die Themenkreise „Führung“ und „Dominanz“ so auf die Barrikaden bringen?
Tatsächlich existieren erstaunlich wenig wissenschaftliche Arbeiten über menschliches Dominanzverhalten. Vor allem der praktische Bereich – in diesem Fall Führungskräfte und
Hunde sind auf Verträglichkeit und „Subordinationsbereitschaft“ selektiert. Im Gegenzug erwarten sie menschliche Führung.
Wirtschaftswissenschaften –zeigt sich rar bestückt. Nun ist der „alltägliche Nahrungserwerb“ des modernen Homo Sapiens aber weit entfernt von flinkfüßigen Jagdszenarien im Wald. Wir verdienen unsere „Brötchen“ anders. Während dem Akt des „Verdienens“ gibt es eine Menge extrinsische Anreize für Kooperation, Konkurrenz und Entscheidungen innerhalb von beruflichen Beziehungen. Ähnlich wie ein Wolfsrudel bei der Jagd, obwohl es sich dabei wiederum um ein stabil gewachsenes „Familienunternehmen“ handelt. Das Bild des „dominanten AlphaMännchens“ in der Menschenwelt wird auch häufig mit einem durchsetzungsfähigen und erfolgreichen Geschäftsführer gleichgesetzt. Hier müsste sich also der Kern menschlichen Dominanzverhaltens in seiner natürlichsten Umgebung zeigen – denn anders als freilebende Wölfe sind wir seit Jahrtausenden in deutlich größeren und räumlich eingeschränkteren „Herden“ unterwegs, also stärker auf Hierarchien angewiesen. Dr. Ballweg spricht in seiner Dissertation von 75 Jahren Dominanzforschung ohne konkrete Fokussierung auf eine Definition. Goud (2003) betone indes, dass es sich bei Dominanz um ein Konzept beziehungsweise eine Heuristik handle, um Phänomene aus der Wirklichkeit zu erklären. Es gäbe demnach keinen „optimalen Weg“ der Definition.

„Dominanz als die Veranlagung, gegen andere zu argumentieren, zu überzeugen und zu beeinflussen, andere zu führen, zu leiten und Gruppenentscheidungen zu treffen.“ – Edwards (1954), zitiert nach Callaway, Marriott und Esser (1985)
„Dominanz und Prestige werden als Strategien zur Erlangung von sozialem Status verstanden. Dominanz beruht auf der Nutzung von Aggression, Zwang und Einschüchterung. Prestige ist gewährter Status aufgrund besonderer Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse.“ – Körner et al. (2022)
Hoppla – hier trennt die aktuelle Forschung laut einem 2022 publizierten Artikel im „Journal of Personality Assessment“ explizit zwischen asozialen Attributen wie Arroganz, verbaler Aggression, Kontrollillusionen und geringer Verträglichkeit: sie werden „Dominanz“ zugeordnet. Durchweg soziopositive Attribute wie authentischer Stolz, Selbstwert und Extraversion korrelieren dagegen mit Prestige.
Wenn wir uns an die grundlegenden Aussagen der Verhaltensbiologie erinnern, wird Dominanz ethologisch nicht an aggressiven Verhaltenstechniken gemes- sen. Das liegt laut Dr. Ballweg an dem Umstand, dass die Verhaltensbiologie das Ergebnis einer Interaktion versuche zu definieren, während die humane Forschung Dominanz als den Teil einer Interaktion verstehe. Die verhaltensbiologische Perspektive ordnet imponierende und aggressive Verhaltensweisen in „agonistische Dominanz“, die durch ritualisierte Submission beschwichtigt und vermieden werden soll. Die formalen
Dominanzsignale und deren submissive Beantwortung scheinen frappierende Ähnlichkeiten zu dem „gewährten Status Prestige“ nach Körner aufzuweisen.
Tatsächlich ergab auch eine verhaltenspsychologische Studie von Kalma, Visser und Peeters 1993 eine interessante Unterteilung in „aggressive Dominanz“ und „kontaktfreudige Dominanz“. Statistisch gesehen hingen Dominanz und Führungserfolg zusammen. Kontaktfreudig-dominante Probanden sahen nicht nur sich selbst in einer sozioemotionalen Führungsrolle – sie wurden auch von anderen darin wahrgenommen. Bei aggressiv-dominanten Probanden war das nicht der Fall. Es ließ sich jedoch keine statistische Korrelation zwischen Dominanz-Typ und Führungserfolg herstellen, aggressiv-dominante Typen schienen jedoch über qualitativ schlechtere Beziehungen zu verfügen.
Signale der „kontaktfreudigen Dominanz“: direkter Ausdruck einer anderen Meinung mit Begründung häufige, raumgreifende Gestikulation häufiger und „führender“ Blickkontakt
Signale der „aggressiven Dominanz“: Drohen Argumentation des Gegenübers in Frage stellen manipulative Taktiken wie Schmeicheln/Täuschen sehr fokussierter Blickkontakt
Dr. Ballwegs Recherchen ergaben: In menschlichen Teams zeigt sich eine signifikant erhöhte Leistung, wenn eine dominante Person mit einer unterwürfigen Person zusammenarbeitet. Eine gleichartige Ausprägung des Dominanzverhaltens der Beteiligten senke dahingegen die Leistung des Teams. Das Einnehmen einer dominanten Position fördere sogar die Stressresilienz – allerdings ging es auch mit vermindertem Einfühlungsvermögen gegenüber den Emotionen des Gegenübers einher. Ein Mensch in einer dominanten Position nimmt unter Umständen nicht wahr, ob sein Teammitglied sich von seinem Verhalten bedroht fühlt – kein unbekanntes Bild aus dem Umgang mit Hunden!

Dabei existiert eine spannende Parallele zwischen kaniden und humanoiden Dominanzverhaltens: formale Dominanzsignale sind an eine Erwartungshaltung gekoppelt, als Reaktion affiliative Demutsgesten zu erzeugen, die sich positiv auf die Beziehung auswirken. So funktioniert im hündischen Miteinander eine weitgehend aggressionsarme Kooperation. Doch auch das menschliche Sozialverhalten folgt dieser Regel: Kieslers (1983) postuliert, dominantes Verhalten ziehe unterwürfiges (komplementäres) Verhalten an. Gekoppelte Dimensionen wie „Freundlichkeit“ verhielten sich währenddessen genau umgekehrt: Freundlichkeit zieht Freundlichkeit an, Ablehnung zieht Ablehnung an.
Wer führt, übt (situative) Dominanz aus. Das kann für beide ein freudiges Erlebnis sein – wie hier im IGP.
Wer also nicht den Fehler macht, „Dominanz“ mit einem feindseligen, unfreundlichen Streben nach Kontrolle und Status zu verwechseln, hat gute Chancen auf friedliche Kooperation mit Hunden. Und profitiert auch im Geschäftsleben.
Ein geschlechtsspezifischer Wehmutstropfen lässt sich jedoch entdecken: Frauen steht eine kleinere Auswahl an akzeptablen Verhaltensweisen zur Verfügung, um hohen Status zu signalisieren und gleichzeitig nicht ihre Beliebtheit zu riskieren (Dr. Ballweg zitiert Carli, LaFleur und Loeber, 1995). Eine mögliche Erklärung, weshalb weibliche Hundebesitzer un- bewusst häufig ablehnend auf Strategien reagieren, in denen „dominantes Auftreten“ eine Rolle spielt ...?
Im zweiten Teil dieses Artikels dreht es sich um Führungskonzepte – und was Dominanz damit zu tun hat.
Alphawölfe und Rudelhierarchien
Tatsächlich entstand die „Dominanztheorie“ bei Hunden zu Beginn der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts aus der zu irreführenden Schlussfolgerungen leitenden Beobachtung von Gehegewölfen: Die Verhaltensforscher nahmen an, der Urvater unseres Haushundes bilde durch aggressives Verhalten und Einschüchterung eine strenge Hackordnung aus. Erst aufwendige Beobachtungen wildlebender Wolfsrudel enttarnten das Missverständnis. Die Wölfe in Gefangenschaft kompensierten lediglich die unnatürlich beengten Haltungsbedingungen und das unfreiwillige Aufeinandertreffen von nicht in verwandtschaftlichen Beziehungen zueinanderstehenden Individuen. Ihre Aggression war also eine direkte Stressantwort auf ungünstige Umweltbedingungen.
Referenten aus rein belohnungsorientierten Trainingsphilosophien unterstellen gar, die gesamte Dominanztheorie entstamme dem angestaubten Geist einer Zeit, die von mitteleuropäischen Monarchien geprägt worden sei. Ein wenig an den Haaren herbeigezogen. Der Wolfsexperte Dr. David Mech in den USA dürfte wenig mit mitteleuropäischen Monarchien oder Diktaturen vergangener Epochen zu tun gehabt haben, als er zwar die Wahrnehmung des „aggressiven Alphawolfes“ negierte: In der
Freiheit handelt es sich um gewachsene Familienverbände, die sich hauptsächlich auf ritualisierte Formalitäten verlassen können. Dadurch funktioniert das Zusammenleben erstaunlich friedlich. Aber auch hier lassen sich hierarchische Strukturen nachweisen und Jungwölfe, die keinen Konsens in ihrer Familie mehr finden, wandern ab. Ist dieses Ausweichen nicht möglich, drohen Streitigkeiten. Führen besondere Umstände zu einer Ansammlung größerer Gruppen, lassen sich durchaus den Ton angebende „Alphawölfe“ erkennen: erfahrene, sozialkompetente und hoch geachtete Anführer. Der despotische Unterdrücker gehöre allerdings in das Reich der Märchen.
Wildlebende Hunde organisieren sich ebenfalls in Gemeinschaften mit deutlich linearen Strukturen – und auch unsere Haushunde, wenn sie in Gruppen zusammenleben. Da die Kognitionsforschung dem Haushund ein erstaunliches Maß an sozial-kognitiven Fähigkeiten zuspricht, dürfte die Hypothese, es könne sich aufgrund zu großer speziesbedingter Unterschiede zwischen Menschen und Hunden keine Dominanzbeziehung entwickeln, ähnlich gewagt sein wie die Unterstellung von ideologischer Voreingenommenheit bei Wildtierbiologen. Diese Annahme von Seiten der Gegner jeglicher „Dominanztheorie“ soll die wissenschaftlichen Feststellungen von hierarchischen Beziehungen als untauglich für den Umgang mit Haushunden erklären. Ihre Überzeugung: Hunde seien unfähig, in menschlichen Verhaltensreaktionen notwendige submissive oder dominante Signalwirkung zu identifizieren.

Der Verhaltensbiologe Dr. Brensing erklärt in einem TAZ-Interview, die Wissenschaft betrachte „Denken graduell“. Damit sind bestimmte Funktionen und Prozesse im Nervensystem gemeint, die auch schon vor dem modernen Homo Sapiens existiert haben. Tiere lösen laut dem Verhaltensbiologen dieselben Tests wie menschliche Probanden. „Wenn Tiere das auch können, dann denken und verarbeiten sie in dem Moment genauso wie wir“, argumentiert Dr. Brensing. Und auch aus der Kynologie kennen wir beeindruckende Ergebnisse, wie etwa die hündische
Fähigkeit, das situative Wissen eines Menschen abzuschätzen und absichtliche Täuschung zu erkennen. Auch komplexere Gefühle wie Eifersucht lassen sich nach MRT-Scans kanider Studienteilnehmer an der Veterinäruniversität Wien zumindest nachvollziehen. Professor Kurt Kotrschal spricht den Vierbeinern nicht nur die Fähigkeit zur „mentalen Repräsentation“ von Sprachinhalten zu – im Unterschied zu ihren Vorfahren erwarten Hunde sogar menschliche Führung.
Ausgerechnet etwas so Fundamentales wie die Neigung zweier hochsozialer Spezies, sich in hierarchischen Strukturen zu organisieren, soll zwischen Mensch und Hund ausgeschlossen sein?
Wir Sind Dipfelischisser
#SPORTHUNDPRAXISTREFF
B + C WORKSHOP
MIT ANNE EISEMANN & YANNICK KAYSER

Wenn du bei dem Titel drei Fragezeichen in den Augen hast, dann können Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews sofort ausschließen, dass du aus Baden-Württemberg kommst. Und natürlich würden die drei Meisterdetektive schnell ausspionieren, dass Anne Eisemann Recht hat, wenn sie das über sich und Yannick Kayser in Bezug auf die Hundeausbildung behauptet. Dipfelischisser im allerbesten Sinn! Anne übersetzt den Begriff so: „Wir sind Detail-Junkies.“ Mir gefällt „detailverliebt“ besser und das sind die beiden im wahrsten Sinne des Wortes. Auch wenn das Alemannische origineller klingt. Und auch dieses Adjektiv trifft auf die beiden Protagonisten zu, denn sie gehen außergewöhnliche Wege beim Hundetraining und die Art, ihre Philosophie zu erklären, ist einzigartig. Einzigartig präzise, einzigartig analytisch und einzigartig durchdacht.
Beste Voraussetzungen also für die 16 HundHundeführer-Gespanne an diesem Wochenende eine steile Lernkurve hinzulegen. Unter den Teilnehmern sind Hundesportneulinge, alte Hasen und Wiederholungstäter. Einige haben lange Anreisen, unter anderem aus der Schweiz, hinter sich gebracht, um beim Sporthund Praxistreff beim TSG Schlegel dabei sein zu können. Genauso vielfältig waren die Hunde, die Anne und Yannick vorgestellt wurden: Hollandse Herder, Deutscher Schäferhund, Malinois, Tervueren, Dobermann und Airedale Terrier. Manche noch sehr unerfahren, andere wurden auf die Qualifikation für eine Meisterschaft vorbereitet.

„Was auch toll war...“, berichtet Anne, „es sind zum Teil ganze Teams gekommen. Da war der Helfer am Tag vorher beim Helfer-Workshop und ist geblieben, um seine Hundeführer zu unterstützen. Das ist natürlich eine super Sache, wenn Helfer und Hundeführer dabei sind. Dann können sie die Arbeit zuhause perfekt fortführen.“
Und es schadet auch nicht, wenn ein Paar Ohren mehr zuhört, wenn Anne und Yannick in die Lerntheorie eintauchen und erklären.
Einsicht kommt über das Verstehen
„Das Wichtigste in der Hundeausbildung ist, dass der Hundeführer weiß, was er tut und was er beim Hund damit auslöst“, erklärt Anne. „Deshalb ist es so wichtig, zu schauen, wo man ihn abholen muss und ihm dann das nötige Wissen an die Hand zu geben. Man kann sich nicht verändern, wenn man nicht versteht, wodurch ein Problem entsteht und wie man es ändern kann.“
Da kann Yannick ihr nur beipflichten: „Der Job eines Trainers ist nicht zu sagen, mach das so und so. Der Job ist die Zusammenhänge zu erklären, so dass der Hundeführer sie versteht und dann eigenständig trainieren kann.“
Deshalb gibt es auch beim Workshop viel Theorie, allerdings ausschließlich in der Praxis und individuell auf Hund und Hundeführer abgestimmt.
Mit dieser prägnanten und einprägsamen Aussage, bringt Anne ihre Herangehensweise auf den Punkt. „Es geht nicht um die Übung im Gesamten. Man muss sie in kleine
Details aufsplitten, die erst am Schluss zusammengesetzt werden, wenn jedes einzelne funktioniert. Der Hund muss – jedenfalls nach unserer Philosophie – verstehen, was er genau tun soll. Und er muss aktiv ein Verhalten ausführen, um etwas zu erreichen.“
„fest“ fürs ruhige Halten des Holzes, oder wie erwähnt „gerade“, damit der Hund sich beim Vorsitzen korrigieren kann. Ich möchte auch, dass mein Hund mit einer bestimmten Technik in das Vorsitzen „reinrutscht“. Dazu muss ich den Bewegungsablauf gezielt trainieren. Wir nutzen dafür die Hand als Target. So lernen schon unsere Welpen, sich gerade auszurichten und die richtige Position, in der Mitte vorm Hundeführer zu finden. Das kann man natürlich auch mit einem erwachsenen Hund machen, wenn man das Vorsitzen verbessern möchte. Das ist alles sehr viel Detailarbeit, aber weil der Hund das Apportieren in vielen kleinen Schritten lernt, ist es am Ende sehr verlässlich. Ein sehr wichtiger Vorteil ist auch, dass ich so, wenn ein Fehler passiert, diesen präzise benennen kann und der Hund kann sich korrigieren.“ negativen Strafe. Ich kann es drehen und wenden, wie ich will, am Ende muss ich dem Hund die Beute wegnehmen, damit es weitergehen kann. Und das fördert sicher nicht mein Ziel, in Abteilung B größtmögliche Harmonie zwischen Hund und Hundeführer zu präsentieren.

Anne verdeutlicht das Ganze am Beispiel des Apportierens. „Apportieren ist sehr komplex. Deshalb teilen wir die Übung in viele Details auf. Der Hund muss das ruhige Halten lernen, er muss ein gescheites Vorsitzen können, dann muss er wissen, was „näher ran“ und „gerade“ beim Vorsitzen bedeutet und vieles mehr. Das kann man nicht alles mit dem Hörzeichen „Bring“ ausbilden. Wir haben deshalb für jedes wichtige Detail ein eigenes Hörzeichen, wie zum Beispiel

Kekse statt Bällchen
Yannick ist im Schutzdienst verschiedenen Methoden gegenüber offen, er berichtet aber, dass er und Anne in der Unterordnung zu mehr als 90% Futter als Belohnung einsetzen. „Das Beutespiel ist für mich in der Unterordnung vergeudete Energie“, begründet Yannick seine Aussage. „Außerdem hat jedes Ende eines Spiels den Charakter einer
Vor allem aber sieht Yannick den Einsatz von Beute als Belohnung bei den technischen Übungen sehr kritisch. „Beim „Sitz, Platz und Steh“ ist das Belohnen mit Beute oft ein Riesenproblem. Nicht nur, weil die Beute Spannungen auslöst, sondern weil sie auch immer ein Ende der Übung ist. Welches Ziel verfolgt der Hund beim „Sitz“, wenn ich da mit Beute arbeite? Natürlich möglichst schnell aus der Übung wieder rauszukom- men, um seine Beute zu kriegen. Das ist aber nicht der Sinn der Sache. Solange ich meinem Hund nicht vermittelt habe, dass das Sitzen das Ziel ist und die Futterbelohnung auslöst, werde ich immer gegen mich arbeiten.“
Touch me oder Fußlaufen ohne zu locken
Auch wenn Futterbelohnungen im Konzept von Anne und Yannick sehr wichtig sind, kommt es auch noch auf das „Wie“ an. Es soll nämlich nicht zu einer konstanten negativen Strafe werden, wie beim Futtertreiben. „Deshalb sind wir vom Futtertreiben weg“, erklärt Anne. „Wir wollen unseren Hunden nicht über einen Konflikt das Fußlaufen beibringen. Beim Futtertreiben hängt der
Hund am Futter in der Hand, das er gerne haben möchte. Er bekommt es aber nicht nach einem klaren Muster, das er verstehen kann. Wie viel treiben ist richtig, damit das Futter endlich ausgelöst wird? Und der Supergau ist, wenn die Leute das Futter dann hochnehmen, damit der Hund hochguckt. Was mache ich an der Stelle lerntheoretisch betrachtet? Ich nehme dem Hund erstmal weg, wofür er die ganze Zeit gekämpft hat. Ergebnis: einige Hunde strampeln wie die Verrückten und geben immer mehr, aber rein aus dem Konflikt heraus. Anderen Hunde werden verunsichert und passiv, sobald sich das Futter wegbewegt und denken: „Was mache ich hier falsch?“ Deshalb funktioniert Futtertreiben nur bei Hunden, die auf einen Konflikt aktiv werden.“
Anne und Yannick haben sich deshalb für einen anderen Weg entschieden. „Wir bilden das Fußlaufen über „Touch mit der Hand“ aus.“ Die Hand wird dabei zum Target. Der Hund lernt, dass er eine Belohnung bekommen kann, wenn er die Hand mit der Nase berührt. „Wir haben das mit unserem jungen Hund ausprobiert. Wir haben den Touch geklickert und dann ist er mit elf Wochen zum ersten Mal am Handtarget ein paar Schrittchen Fuß gelaufen. Er hat eine Heidenfreude daran!“


Vor allem gefällt Anne und Yannick daran, dass der Hund von Beginn an aktiv arbeiten muss und das Locken mit Futter komplett wegfällt.
„Die Aktivität in die Arbeit rein kann ich nur dann trainieren, wenn der Hund lernt, eine Handlung auszuführen, um damit etwas zu erreichen“, erläutert Anne. „Diese Grundeinstellung brauche ich im IGP das ganze Hundeleben lang. Der Hund muss den Hundeführer aktivieren und das kann ich viel leichter über Touch, als übers Futtertreiben vermitteln.“
Schutzdienst – mehr als beißen und bellen
Auch im Schutzdienst wurde an diesem Wochenende mit den Hundeführern gearbeitet. Yannick begegnet dabei Anfängern wie „Profis“ auf Augenhöhe und gibt allen schnell das Gefühl der Sicherheit. „Sonst wäre ein optimales Training im Rahmen so eines Workshops nicht möglich. Das funktioniert bei mir immer über Verständnis. Ich erkläre wo das Problem herkommt und wie wir es lösen können. Daran arbeiten wir dann natürlich, so dass jeder mit seinem Hund etwas weiterkommt.

Die Teilnehmer, die bei allen Hunden aufmerksam zuschauen, können natürlich ganz viel mitnehmen und das Gezeigte auch auf ihren Hund anwenden.“
Aufbauarbeit
„Wir hatten zum Beispiel zwei, drei junge Hunde, die noch im Aufbau waren. Die hatten Probleme mit der Anbiss-Geschwindigkeit und dem Festhalten der Beute. Da können wir natürlich prima mit einer Leine dran arbeiten. Die gibt dem Hund einerseits Sicherheit von hinten, auf der anderen Seite können wir ihm auch vermitteln: Wenn du nicht schnell genug beißt, dann kommt es zur negativen Strafe und der Ärmel ist weg. Das führt zur Frustration und diese Erfahrung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der nächste Angriff schneller und fester erfolgt.“
Kleine Schritte, so schnell wie möglich entwickeln
Natürlich ist die Zeit bei einem Workshop begrenzt, aber ein, zwei Probleme können wir sicher an so einem Wochenende lösen.
„Wir hatten auch einen Hund dabei“, fährt Yannick fort, „der Probleme in der Impulskontrolle hatte. Der wusste nicht genau, was von ihm erwartet wurde und dementsprechend war auch die Umsetzung nicht konsequent. Ich schraube dann die Anforderungen herunter und wir arbeiten daran, in einen kleinen Teilbereich Kontrolle reinzukriegen. Wenn das funktioniert, nehmen wir uns den nächsten Bereich vor.
„Solche Impulskontrollen muss ich je nach Hund auch in ganz niedrigen Trieblagen trainieren. Für mich muss ein Hund dazu in der Lage sein, einen Keks, der auf der Erde liegt, zu ignorieren. Der Hund, der den Keks nicht ignorieren kann, bei dem muss ich mir nicht einbilden, dass ich den adäquat im Schutzdienst kontrollieren kann. Da muss ich dann erst noch die Beißwurst, den Ball, das Kissen dazwischen trainieren, ehe es mit dem Arm funktioniert. Je nach Hund-Hundeführer-Gespann füllt diese Aufgabe ganze Trainings bei mir. Weil ich den Anspruch habe, dass der Hundeführer Kontrolle über seinen Hund hat.“

Die Hundeführer mit denen Yannick regelmäßig trainiert, müssen in der Lage sein, ihren Hund auch in der Anwesenheit des Helfers in der Erwartungshaltung zu neutralisieren und ruhig vom Platz zu führen. „Wer das kann, darf auch mal eine Beute mit vom Platz nehmen. Aber das ist für mich eine der Grundlagen im Schutzdienst.
Der Hund muss auf dem Platz ein Ende finden können und wieder runterfahren.
Das bringt dem Hundeführer ganz viel Kontrolle. Dafür nutzen wir ein Codewort, das dem Hund signalisiert, dass das Training beendet ist und er wechselt in eine neutrale Erregungslage.“


Aus Fehlern lernt man auch
Yannick beschreibt, wie er diese Übung mit seinem Hund trainiert. „Mein Hund liegt am Ende des Schutzdienstes im Platz und hat den Ärmel noch im Maul. Dann sage ich ihm, er soll den Ärmel loslassen. Mein Codewort ist „Schluss“. Wenn ich das gegeben habe, steht mein Hund auf und läuft über den Ärmel – fertig! Und dann gehen wir vom Platz. Dabei herrscht kein Leinenkontakt. Ich ziehe ihn auch auf gar keinen Fall vom Ärmel weg. Ich versuche auch nicht, den Fehler zu vermeiden, dass der Hund doch noch mal zum Arm geht. Gegebenenfalls lasse ich den Fehler passieren. Auf den Fehler folgt immer die gleiche Konsequenz für den Hund. Und so ist das Thema schnell erledigt und ein Leben lang gegessen.“
Am Ende eines Seminars oder eines Workshops mit Anne und Yannick habt ihr auf jeden Fall einige Fragezeichen weniger in den Augen – und das nicht nur bezüglich ihres Heimatdialektes. Das würden euch auch mit Sicherheit Justus Jonas, Bob Andrews und Peter Shaw bestätigen, wenn ... ja, wenn sie Hundesport machen würden.
Und wer ist schon glaubwürdiger als drei Meisterdetektive.
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