Razzia band 1

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­ onkurrenten den grössten Teil seines K bereits ausgearbeiteten Entwurfs abgekupfert haben.38 Wie dem auch sei – im Zusammenhang mit dem Kino Seefeld ist vor allem von Bedeutung, dass mit dem Scala sechs Jahre zuvor ein vergleich­ barer Gebäudetypus errichtet wurde, dessen Konstruktion und formale Ausgestaltung weit fortschrittlicher waren als der Zürcher Neubau von 1922. Jeanneret liess den sieben Meter tiefen Zuschauerbalkon in Stahlbeton giessen und legte das Giebeldach auf eine Gewölbekonstruktion aus fünf laminierten Holz­bögen, mit denen er den ganzen Saal überspannte. Vom Innern des Kinos sind keine Fotografien erhalten, Jeannerets Aufrisspläne lassen jedoch auf eine schlichte Ausgestaltung schlies­sen. Zu seiner Zeit wurde das Gebäude jedenfalls als radikal bewundert: Die ­lokale Presse bezeichnete es wegen seiner abstrakten Formensprache sogar als «kubistisch».39 Von den beiden streng symmetrischen Stirnfassaden wird nur die Gestaltung der Rückseite zur Rue du Parc Jeanneret zugeschrieben. Auffällig an der Frontseite ist ein grosser, leicht eingeschnittener Halbkreisbogen unter dem Giebeldach, flankiert von je zwei Pilastern auf beiden Seiten. Die auf den Plänen eingezeichneten korinthischen Kapitelle wurden nicht ausgeführt. Nach unten sich verjüngende Säulen tragen die Giebel zweier seitlich angeordneter Portale. Dazwischen ist ein flaches Vordach aufgespannt, unter dem die Schaukästen mit den Kinoplakaten hängen. Die symmetrische Rückfassade wird dominiert von einer doppelläufigen

Projekt von Le Corbusier für ein Wohngebäude an der Kreuzung Dufour-/Hornbachstrasse im Zürcher Seefeld aus dem Jahr 1932. Die Ansichten und Grundrisse zeigen das angebaute Studiokino auf der rechten Seite.

Freitreppe, in deren Zentrum wie ein Teleskop die Projektionskabine herausragt. Neben diesen expressiv inszenierten Elementen wird die Fassade durch schlichte Pilaster ohne ­Kapitelle und zwei Portale (von denen dasjenige rechts blind ist) strukturiert. Sechzehn Jahre später projektierte Le Corbusier wenige hundert Meter vom Cinema Seefeld entfernt in Zürich ein weiteres Théâtre-Studio mit 370 Plätzen. Vorgesehen war es als ­Annex eines 100 Meter langen Mehrfamilienhauses an der

Das Roxy Theatre in New York, mit 5920 Sitz­ plätzen im Jahr 1925 grösstes Kino der Welt, ­erbaut vom Architekten Walter W. Ahlschlager.


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