Razzia band 1

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Dieweil sich in Zürich solche Ausbau- und Konzentra­ tionsprozesse abspielten, veränderte sich die globale Medienlandschaft: Das Internet, ursprünglich nur für den Austausch von Text- und Bilddateien gerüstet, wurde in den Nullerjahren dank steigender Bandbreiten zum Vertriebskanal für audio­ visuelle Inhalte. Dem Fernsehen, der DVD, aber auch dem Kino erwuchs ein unkontrollierbarer Konkurrent, der Filme blitzschnell weltweit verschicken konnte und die globale Verleihstruktur aushebelte: Wurde in den USA ein Film lanciert oder eine TV-Serie erstausgestrahlt, konnten kundige Nutzer am anderen Ende der Welt schon Stunden später denselben Inhalt sehen.

Weltweite Synchronisierung der Premieren Um dieser Piraterie zumindest teilweise das Wasser abzugraben, verlegten sich Hollywood-Studios zunehmend auf Dayand-Date-Starts: Ein grosser neuer Film kam weltweit gleichzeitig ins Kino, damit nach der Lancierung möglichst wenig Zeit blieb, um ihn illegal zu verbreiten. Die sprachliche ­Be­arbeitung der Filme fand fortan unter noch grösserem Zeitdruck statt als zuvor (was zu qualitativen Einbussen bei Synchronfassungen und Untertitelungen führte). Zudem mussten die Filme möglichst breit gestartet werden, und weil die

Multiplexsäle generell kleiner waren als die früheren Gross­ kinos, belegte derselbe Film gleich mehrere Säle. Das schmälerte die Angebotsvielfalt, die durch die Multiplexe zunächst gewachsen war. Neue Filme gerieten auch in der Schweiz zunehmend unter jenen Erfolgsdruck, den man aus den USA kannte: Was nicht am Startwochenende einschlug wie eine Bombe, verschwand bald aus den Sälen, um dem nächsten Hoffnungsträger Platz zu machen; im Mainstream-Bereich bekam kaum noch ein Film die Chance, sich als Sleeper langsam zum Erfolg zu entwickeln. Für die Kinobesitzer bedeutete die kürzere Laufzeit auch, dass sie den Verleihern einen grösseren Anteil der Einnahmen abgeben mussten, denn mit der Laufzeit eines Films sinkt die Leihmiete. Während das Internet den Videotheken graduell den Garaus machte, reagierte das Hollywood-Kino wie einst beim Aufkommen des Fernsehens: Das Kinoerlebnis musste wieder ein Spektakel werden, um Menschen vom heimischen Bildschirm loszueisen; actiongeladene Blockbuster, vorzugsweise in Cinemascope und im wiederentdeckten 3-D-Verfahren, schienen die Antwort zu sein. Das war zum einen für die bescheideneren Säle in den Multiplexen nicht eben ideal und führte anderseits zu einer inhaltlichen Verflachung des Mainstreams: Das Kinopublikum bestand zunehmend aus Teen-


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