Die drei häufigsten Missverständnisse bei Trennungen und Scheidungen Trennung ist nicht gleich Trennung, Scheidung nicht gleich Scheidung. Dennoch gibt es einige Fragen, mit denen Anwältinnen und Anwälte immer wieder konfrontiert werden. Isabel Brunner, Anwältin und Präsidentin der Bozner Sektion der Nationalen Beobachtungstelle für Familienrecht, hat die häufigsten Missverständnisse aus ihrer Anwalts praxis zusammengetragen. 1. Der Güterstand hat keine Auswirkungen auf den Unterhalt Immer wieder werden Anwältinnen oder Anwälte bei Trennungen mit der Feststellung konfrontiert: Wir hatten Gütertrennung, also muss ich wohl keinen Ehegattenunterhalt zahlen bzw. habe keine Chance, ihn zu erhalten. Tatsächlich hat der sogenannte Güterstand, also die Entscheidung für eine Gütertrennung oder Gütergemeinschaft, aber nichts mit möglichen Unterhaltsansprüchen zu tun. Der Güterstand gibt vor, wie Vermögensfragen während und teils nach der Ehe zwischen den Partnern gehandhabt werden. Konkret: Fallen Güter, die beide Partner besitzen bzw. erwerben, in einen gemeinsamen Topf oder nicht. Der Ehegattenunterhalt ist dagegen als Absicherung einer finanziell schwächeren Partnerin bzw. eines Partners nach einer Trennung gedacht, und soll ihr/ihm unabhängig vom Güterstand und soweit es möglich ist, mit monatlichen Zuwendungen den während der Ehe genossenen Lebensstandard erhalten.
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2. Auszug aus der Familienwohnung und Schuldanlastung Sehr oft kommt es bei Trennungen auch vor, dass Partner sich vor der offiziellen Einreichung der Trennung nicht trauen, aus der Familienwohnung auszuziehen, weil sie befürchten, dann die Schuld an der Trennung angelastet zu bekommen. Es stimmt, dass das Verlassen der Familie ein Grund für eine solche Schuldanlastung sein kann. Sofern eine Trennung bereits beschlossen ist und nachgewiesen werden kann, dass ein weiteres Zusammenleben unzumutbar ist und möglicherweise auch gemeinsame Kinder unter den Spannungen leiden, kann die Familienwohnung auch vor der gerichtlich vollzogenen Ehetrennung verlassen werden, ohne solche Konsequenzen zu fürchten. Ratsam ist aber, dem jeweiligen Ehepartner diese Absicht bereits davor schriftlich mitzuteilen. 3. Elterliche Verantwortung wird immer geteilt Häufige Missverständnisse treten auch bei allen Fragen rund um das gemeinsame oder alleinige Sorgerecht auf. Eine Grundregel, die oft übersehen wird: Die elterliche Verantwortung wird bei Entscheidungen größeren Interesses immer geteilt. Auch wenn ein Kind vorwiegend bei einem Elternteil lebt und auch wenn dieser möglicherweise das alleinige Sorgerecht hat, tragen beide Eltern weiterhin Verantwortung für das Kind und müssen wichtige Entscheidungen betreffend Ausbildung, Erziehung und Gesundheit gemeinsam treffen.