ELTERN SEIN – PARTNER SEIN
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Eltern sein – Partner sein Rituale in der Partnerschaft Leben Paare über einen längeren Zeitraum zusammen, entwickeln sich häufig bestimmte Rituale, immer wiederkehrende Handlungen, die das Zusammenleben gestalten. Viele davon werden ganz unbewusst eingeführt und immer wieder weiterentwickelt, andere neu erfunden. Diese Verhaltensweisen können Beziehungen stärken, denn regelmäßig Wiederkehrendes gibt Orientierung und Dauerhaftigkeit, Sicherheit und Kraft und fördert das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Das können ganz kleine Handlungen oder große Feierlichkeiten sein. Zum Beispiel das Begrüßungsritual: Es grenzt die gemeinsame Zeit von jener ab, die außerhalb der Beziehung verbracht wird. Ein freundliches: „Hallo, schön, dass du wieder da bist“, eine Umarmung und/oder ein Kuss, ein kurzer gemeinsamer Spaziergang beim Wiedersehen am Abend – je nach Bedürfnis der Partner wird die Begegnung gestaltet. Beide orientieren sich dabei meist ganz unbewusst: Ist alles in Ordnung? Oder verhält sich mein Partner oder meine Partnerin anders als sonst? Ebenso ist es mit den Ritualen des Abschiednehmens. Häufig werden diese alltäglichen Rituale erst dann bewusst oder vermisst, wenn sie bei einem Abschied vergessen oder ausgelassen werden, vielleicht, weil es zuvor einen Streit gegeben hat. Manche Paare entwickeln auch Rituale für Konfliktsituationen, die dem Streit einen Rahmen geben und ihn begrenzen: Sie tragen zum Beispiel ihre Auseinandersetzungen in bestimmten Räumen aus oder klären ihre Probleme über eine räumliche Distanz mit anschließendem Gespräch. Versöhnungsrituale können es beiden Partnern erleichtern, aufeinander zuzugehen und sich wieder zu vertragen. So spielt für manche Paare die ausdrückliche Entschuldigung nach einem Streit eine Rolle; andere versöhnen sich mit einer bestimmten Geste oder Handlung. Wieder andere beschließen ihre Auseinandersetzungen mit dem Austausch von Zärtlichkeiten oder durch ein intensives Gespräch. Auch Feste können Rituale sein. Dabei werden bestimmte Zeiträume oder Entwicklungen als „besondere“ Zeiten
gewürdigt, wie zum Beispiel Geburts- und Jahrestage, Bildungsabschlüsse, Hochzeit, Familiengründung oder Pensionierung. Für einige Paare sind solche Rituale ein sichtbarer Ausdruck von Freude und Genussfähigkeit, Zusammengehörigkeit und Liebe. Andere feiern weniger gerne. Gefühle von Stolz, Freude und Erleichterung im Alltag lassen sich ebenfalls mit kleinen Feierritualen wie einem kleinen Festessen, einem Kino- oder Theaterbesuch, einer gemeinsamen Wanderung, einem Picknick oder Ähnlichem zelebrieren. Der Abschluss eines Arbeitsprojektes, ein Wohnungswechsel, eine Gehaltserhöhung, eine Beförderung oder ein neuer Arbeitsplatz und vieles mehr kann gewürdigt werden. Auf diese Weise wird für einen Moment innegehalten, Gefühle werden ausgedrückt und zu positiven Erfahrungen. Erfolgserlebnisse werden trotz des manchmal hektischen Alltagslebens wahrgenommen und geschätzt, dies trägt zur Entspannung und Besinnung in der Beziehung bei. Mit den Veränderungen, die sich im Laufe einer Partnerschaft ergeben, entsteht manchmal der Bedarf an neuen Ritualen. Vielleicht haben Sie Lust bekommen, darüber nachzudenken, welche angenehmen Rituale Sie in Ihrer Partnerschaft stärker entwickeln oder neu einführen möchten?