UFA-Revue 3/2011

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NUTZTIERE

«Geimpft» oder «gespritzt» ist nicht dasselbe GESUNDHEITSMANAGEMENT IM SCHWEINESTALL In der Umgangssprache werden die Begriffe «Spritzen» und «Impfen» oft als gleichbedeutend gebraucht. Um beide Hilfsmittel optimal einsetzen zu können, muss man aber den Unterschied kennen.

Jenny Markov

Injektionen («Spritzen») eignen sich zur Behandlung von kranken Einzeltieren, wenn nicht die gesamte Tiergruppe über das Futter mediziniert werden soll. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Antibiotika, also Wirkstoffe, welche bakterielle Infektionen bekämpfen. Eine solche Therapie sollte immer in Rücksprache mit dem Tierarzt erfolgen, da je nach Krankheit und Bakterium andere Mittel zum Einsatz kommen. Gewisse Bakterien zeigen eine natürliche Resistenz gegen einzelne Wirkstoffgruppen. Dazu kommt, dass die verschiedenen Präparate nicht in allen Körperregionen gleichmässig verteilt werden. Der vorsorgliche Einsatz von Antibiotika ist nur sinnvoll, wenn der Erreger und der Zeitpunkt der Erkrankung klar voraussehbar sind.

Das grosse Plus von Antibiotika Kranke Tiere müssen behandelt werden, für eine Impfung ist es zu spät.

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liegt darin, dass sie im Krankheitsfall bei sorgfältiger Wahl eine relativ rasche Wirkung zeigen. Ist die Krankheit bereits ausgebrochen, gibt es keine Alternative zu einer Behandlung. Die Dosierung richtet sich nach dem Tiergewicht, was insbesondere bei Saugferkelbehandlungen die Kosten tief hält. War die Wahl gut und die Tiere sind nach ein bis drei Behandlungen wieder wohlauf, scheint dies auf den ersten Blick die beste Lösung zu sein. Allerdings sind drei Nachteile zu bedenken: AntibiotikaRückstände im Fleisch sind gefürchtet und werden von den Konsumenten sehr negativ beurteilt. Bakterien können Resistenzen gegen einzelne Wirkstoffe entwickeln, so dass die anfänglich gute Therapie irgendwann wirkungslos wird. Und gegen Erkrankungen, die durch Viren (z.B. Influenza) oder Parasiten (z.B.

Kokzidien) hervorgerufen werden, sind Antibiotika völlig wirkungslos.

Impfung zur Vorbeugung Der Behandlung steht die prophylaktische Möglichkeit der Impfung gegenüber. Eine Impfung wird ebenfalls als Injektion, also mittels Spritze, verabreicht. Es handelt sich aber um eine vorsorgliche Massnahme, die im akuten Krankheitsfall keinerlei Wirkung zeigt. Vereinfacht erklärt, wird durch die Impfung das Immunsystem des Schweins stimuliert, indem ungefährliche Varianten des Erregers gespritzt werden. Die Sau bildet aufgrund der «simulierten» Infektion (z. B. Impfung gegen Parvo) Antikörper im Blut, die spezifisch gegen diesen Erreger wirken. Begegnet das Tier in seinem späteren Leben dem tatsächlichen Erreger (z. B. Parvovirus), überfluten die Gedächtniszellen des Immunsystems innert kürzester Zeit den gesamten Körper mit den passenden Antikörpern. Dadurch wird der Erreger im Blut abgefangen, bevor es zur Krankheit kommt. Damit dieser Mechanismus funktioniert, ist bei manchen Impfstoffen eine zweimalige Grundimmunisierung nötig. Die so erreichte Immunität ist aber erst ungefähr 14 Tage nach der Impfung belastbar. Und da die Gedächtniszellen mit der Zeit wieder abnehmen, muss in gewissen Abständen nachgeimpft werden.

Konzentrationen verschiedener Antikörper an. Diese passieren in den ersten 24 Stunden den Magen und die Darmwand des Ferkels quasi unverdaut und versorgen das Ferkel passiv mit genügend Antikörpern im Blut. Während der Laktation sinkt die Antikörper-Konzentration in der Milch ab und die Ferkel können keine Antikörper mehr direkt ins Blut aufnehmen. Sie sind aber immer noch wichtig als passiver Schutz gegen Durchfallerreger im Darm selbst.

Mit Mutterschutz-Impfungen wird versucht, die Antikörper-Zusammensetzung in der Biestmilch zu beeinflussen. Da keine Gedächtniszellen, sondern nur effektiv vorhandene Antikörper aus dem Blut in die Milch über-

Antikörper in Milch nehmen ab Ferkel kommen mit wenigen Antikörpern zur Welt. Daher reichern sich Ende der Trächtigkeit in der Biestmilch grosse 3 2011 · UFA-REVUE


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