UFA-Revue 1/2011

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MANAGEMENT

übrigen erwerbstätigen Bevölkerung in der Region vergleichbar sind. Über die Auslegung dieser Anweisung gehen die Meinungen auseinander. Vor allem von Bundesseite wird behauptet, es reiche schon aus, wenn die besten 25 % der Betriebe dieses Ziel erreichen. Gemäss dem vom Bundesamt für Landwirtschaft herausgegebenen Agrarbericht 2010 erreichten von den Betrieben in der Tal- und Hügelregion nur das beste Viertel den entsprechenden Jahres-Bruttolohn der übrigen Bevölkerung. In der Bergregion verfehlte selbst das beste Viertel das Niveau des entsprechenden Vergleichslohns. Ein solches Resultat dürfte nicht dem Sinn und dem Zweck des Gesetzes entsprechen. Der gesetzliche Auftrag würde vielmehr nur erfüllt, wenn ein erheblicher Teil der Betriebe das im LwG verankerte Einkommensziel erreichen könnte. Soweit bekannt, haben sich das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht bisher nie mit dieser Gesetzesbestimmung beschäftigt.

Aufgehobene Grenzwerte Das Boden- und Pachtrecht kannte bis vor noch nicht allzu langer Zeit ebenfalls eine Art Einkommenslimiten, nämlich die «gute» und die «überdurchschnittlich gute» landwirtschaftliche Existenz. Sie wurden mit der «Agrarpolitik 2002» teilweise und mit der «Agrarpolitik 2007» vollständig aufgehoben. Auch bei den Familienzulagen fielen die früheren Einkommensgrenzen weg. Seit dem 1. Januar 2008 haben alle haupt- und nebenberuflichen Landwirte sowie die mitarbeitenden FamilienmitUFA-REVUE · 1 2011

glieder unabhängig von der Höhe ihres Einkommens Anspruch auf Familienzulagen.

Raumplanung Aus der Rechtsprechung zur Raumplanungsgesetzgebung sind ebenfalls Einkommenslimiten bekannt, zum Beispiel im Zusammenhang mit den nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetrieben ausserhalb der Bauzonen (Art. 24b des Bundesgesetzes über die Raumplanung, RPG). Dabei wird unterschieden zwischen Nebenbetrieben, die einen engen sachlichen Bezug zum landwirtschaftlichen Gewerbe aufweisen (zum Beispiel Agrotourismus) und solchen, bei denen ein solcher Bezug fehlt (zum Beispiel Landmaschinenwerkstätte). Die zweite Kategorie kommt nur in Frage, wenn der Betrieb ohne eine zusätzliche Einkommensquelle nicht weiter bestehen kann. Mit einem Betriebskonzept ist nachzuweisen, dass die aus der gewerblichen Aufstockung fliessenden zusätzlichen Einkünfte erforderlich und geeignet sind, dem Betriebsinhaber und dessen Familie ein existenzsicherndes Einkommen zu gewährleisten.

Überlebensfähig Zur Frage, ab welchem Betrag ein landwirtschaftliches Gewerbe auf ein Zusatzeinkommen angewiesen ist, greifen die Gerichte auf die Unterlagen zur parlamentarischen Bera-

Im Rahmen der Diskussion über die AP 2014 bis 2017 wird die Streichung der Einkommens- und Vermögenslimiten bei den Direktzahlungen vorgeschlagen.

tung von Art. 24b RPG aus dem Jahre 1997 zurück. Damals wurde ausgeführt, ein Betrieb sei überlebensfähig, wenn ihm nach Abzug der betriebsnotwendigen Sachausgaben (Amortisation, Verzinsung, Rückstellungen) und vor dem Abzug der Lebenshaltungskosten noch mindestens 70 000 Franken Arbeitslohn für eine Familie verbleiben. Das Bundesgericht bezeichnet diesen Betrag als Richtwert. Nicht ganz klar ist, wie gross die durchschnittliche Familie sein soll, für welche dieses Einkommen festgesetzt wurde. Im Parlament war die Rede von zwei Erwachsenen und zwei bis drei Kindern. Im Sommer 2010 beschäftigte sich das Bundesgericht im Urteil «Heubüni Ortschwaben» intensiv mit dieser Einkommensgrenze. Es hatte unter anderem zu entscheiden, welches Einkommen unter die 70 000 Fr. Arbeitslohn fällt. Wenn landwirtschaftlich nicht mehr benötigte Bauten vermietet und daraus Einkommen erzielt werde, welches das finanzielle Überleben des Betriebs ermögliche, dann müssten diese Einkünfte bei der Beurteilung, ob ein Zusatzeinkommen nötig ist oder nicht, mitberücksichtigt werden. Neben Einkommen aus der Vermietung von temporär oder definitiv landwirtschaftlich nicht mehr benötigten Bauten und Anlagen seien insbesondere auch Einkommen zu berücksichtigen, die aus der Gewinnung von Energie aus Biomasse, aus Solaranlagen, aus der inneren Aufstockung, aus der Aufbereitung, der Lagerung oder dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte oder ausnahmsweise aus als standortgebunden bewilligten Nutzungen generiert würden.

Freizeitlandwirtschaft Neben dieser «Einkommensobergrenze» gibt es im Raumplanungsrecht auch eine Art «Einkommensuntergrenze». Gemäss dem RPG sind Bauten und Anlagen in der Landwirtschaftszone zonenkonform, wenn sie zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung oder für den produzierenden Gartenbau nötig sind. In der Raumplanungsverordnung ist ausdrücklich festgehalten, dass Bauten und Anlagen für die Freizeitlandwirtschaft nicht als zonenkonform gelten. Bei der Beurteilung, ob es sich um einen Betrieb mit zonenwidriger Freizeit15


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