
3 minute read
Interview mit Dr. Katharina Bunzmann zu den Hofer Frauentagen
Anlässlich des Weltfrauentages am 08. März 2023 finden auch in diesem Jahr wieder die Hofer Frauentage statt. Das Programm wird in Zusammenarbeit mit verschiedenen Trägern, Organisationen und Einzelpersonen gestaltet. Doch was ist der Sinn hinter dieser Veranstaltungsreihe und benötigt es eigentlich Hofer Frauentage, wenn es doch schon den Weltfrauentag gibt? Die Wirtschaftsregion Hochfranken e.V. hat bei Dr. Katharina Bunzmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Hof und Mitbegründerin des Netzwerks Frauen.Stärken.Hof. nachgefragt.
Frau Dr. Bunzmann, wie kam es dazu, dass Sie die Hofer Frauentage koordinieren, steckt ein persönliches Anliegen dahinter? 1989 wurde Ruth Schlötterer als erste Frauenbeauftragte (und zugleich Seniorenbeauftragte) der Stadt Hof eingestellt. Eine ihrer ersten Maßnahmen waren die Hofer Frauentage, die somit eine über 30-jährige Tradition darstellen. Diese Tradition habe ich sehr gerne übernommen. Gleichzeitig ist mir der 08. März persönlich sehr wichtig, denn als Frau erlebe auch ich regelmäßig, dass wir bis zu einer wirklich gleichberechtigten Gesellschaft noch einen weiten Weg haben.
Advertisement
Warum laufen die verschiedenen Veranstaltungen über einen mehrwöchigen Zeitraum?
In diesem Jahr umfassen die Frauentage 27 Veranstaltungen, eine Konzentration auf eine Woche wäre daher kontraproduktiv für die einzelnen Veranstalter*innen und für Menschen, die an vielen Angeboten teilnehmen wollen. Zusätzlich erscheint so das Thema Frauentag immer wieder in den Medien, was zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit in dem Bereich beiträgt.
Wie können die Veranstaltungen bei der Gleichstellung der Geschlechter innerhalb der Gesellschaft unterstützen? Gibt es Erfolgsgeschichten die Sie teilen möchten?
Veränderungen in der Gesellschaft können durch verschiedene He bel angestoßen werden: Manche werden durch Gesetze vorgeschrieben, andere geschehen im Lauf der Zeit durch eine Veränderung des Bewusstseins (wobei es zwischen beiden Hebeln auch Wechselwirkungen gibt).
Die Hofer Frauentage sorgen vor Ort für neue Perspektiven und ein verändertes Bewusstsein. Sie sind ein Forum für politische Forderungen, z.B. ganz zentral für die faire Umverteilung unbezahlter Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern. Gleichzeitig bietet die Veranstaltungsreihe Frauen viele Unterstützungschancen: beispielsweise bei der beruflichen Orientierung, durch Informationen über ihre Rechte, durch Austauschmöglichkeiten und Angebote zur Selbstfürsorge. Eine Erfolgsgeschichte ist für mich, dass das Internationale Mädchen- und Frauenzentrum der EJSA trotz prekärer Finanzierung über Jahrzehnte noch besteht und in diesem Jahr wieder das traditionelle Benefizfest am 08. März ausrichtet. Ein weiterer Erfolg für die Stadt Hof ist das enge Netzwerk von Frauenorganisationen und Einzelpersonen, das jedes Jahr aufs Neue sehr effizient die Veranstaltungsreihe auf die Beine stellt.
Am 07. März 2023 ist Equal Pay Day. Viele Frauen werden bei gleicher Arbeit schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Hier gab es kürzlich ein Urteil vor dem Bundesarbeitsgericht: Eine 44-Jährige sah sich diskriminiert, da sie weniger verdiente als ihr
Arbeitskollege. Und sie bekam Recht. Welche Auswirkungen wird dieses Urteil in der Praxis haben?
Dieses Urteil ist wie ein Türöffner, der es Frauen leichter macht, ihr Recht durchzusetzen (sofern keine objektiven sachlichen Gründe für eine schlechtere Bezahlung vorliegen). Hier sind zwei Grundsätze wichtig, zum einen das Recht auf gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit und gleicher Qualifikation und zum anderen die Vertragsfreiheit zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in. Viele Arbeitergeber*innen haben schon erkannt, dass es in ihrem Eigeninteresse liegt, alle Beschäftigten fair zu bezahlen. Schließlich sind in Zeiten von Fachkräfte- und sogar Arbeitskräftemangel die Frauen eine wichtige Reserve. Die Betriebe, bei denen die gleiche Bezahlung noch nicht Standard ist, sollten sich fragen, was die Gründe sind, eine Frau schlechter zu bezahlen. Schließlich wissen sie auch, dass Frauen gute Arbeit leisten, die gutes Geld wert ist.
Was können Frauen tun, wenn Sie bemerken, dass Sie nicht die gleiche Vergütung erhalten? Wohin können sie sich wenden?
Für mich wäre schon ein Fortschritt, wenn unter Frauen und Männern mehr über Bezahlung gesprochen wird. Betroffene Frauen sollten immer zuerst das Gespräch mit dem/der Arbeitgeber*in suchen. Es sollte im Eigeninteresse des Betriebs liegen, eine Lösung zu finden. Wenn zusätzlich Beratung gewünscht ist, sind der Betriebsbzw. Personalrat oder die Gewerkschaften geeignete Anlaufstellen.
Sie haben gemeinsam mit Susanne Oppermann und Anne-Christine Habbel das Netzwerk Frauen.Stärken.Hof. begründet. Was kann dieses Netzwerk zur Gleichstellung der Frauen leisten?

Die Gründung erfolgte in 2014, da uns aufgefallen war, dass Frauen weniger sichtbar netzwerken als Männern. Bei ca. fünf Vorträgen oder Betriebsbesichtigungen im Jahr können sich die Teilnehmerinnen beruflich und privat austauschen, und dabei neue Perspektiven entwickeln. Für Frauen, die im Beruf oft Einzelkämpferinnen sind, ist die gegenseitige Unterstützung sehr wertvoll. Durch das Netzwerk werden Frauen in Führungspositionen und ihre Kompetenzen sichtbar. Dadurch werden sich Frauen ihrer Stärke bewusst und profitieren zugleich voneinander. Wichtig ist aber auch zu betonen, dass wir nicht gegen die Männer, sondern zusammen mit ihnen arbeiten, denn davon profitieren am Ende alle. Die Stärke des
Netzwerks ist die gegenseitige Solidarität. Wie der Name Frauen. Stärken.Hof. schon sagt, wollen wir durch gemeinsames lösungsorientiertes Arbeiten die Region voranbringen. Dass die Gründungsidee genau richtig war, zeigt sich daran, dass in diesem Monat das 50. Treffen innerhalb von acht Jahren stattfindet.
Was ist nach den Hofer Frauentagen geplant, um die Gleichstellung der Geschlechter weiter voran zu treiben?
Die Umsetzung der Gleichstellung ist eine Daueraufgabe, die uns das Grundgesetz aufgibt und bei der es in den letzten Jahrzehnten schon viele Erfolge gegeben hat. Trotzdem gibt es natürlich noch jede Menge zu tun. Eine langfristige Aufgabe in meiner Arbeit ist die Begleitung des Gewaltschutzkonzepts Hochfranken, das sicherstellen soll, dass jede von Gewalt bedrohte Frau die Hilfe erhält, die sie benötigt, z.B. durch den Frauennotruf oder das Frauenhaus. Daneben wird das Thema Gesundheit ein Schwerpunkt in diesem Jahr sein.
Zu guter Letzt noch eine Frage: Welchen Rat möchten Sie den Frauen im Berufsleben mit auf den Weg geben?
Glauben Sie fest an Ihre Fähigkeiten und Ihren Wert, bauen Sie sich ein starkes Netzwerk, und gewinnen Sie möglichst viele Frauen und Männer für die Sache der Gleichstellung – denn nur gemeinsam werden wir ans Ziel kommen!
Das Interview führte Lena Gerlach, Wirtschaftsregion Hochfranken e.V.