Kammermusik Bern Spielzeit 2025/26

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KAMMERMUSIK BERN

Konzertante Aufführung von Vincenzo Bellinis Oper

Musikalische Leitung: Andrea Sanguineti La Banda Storica

Am 31.08.25 Stadttheater

Liebe Freundinnen und Freunde der Kammermusik

Kammermusik Bern bedankt sich für die freundliche Unterstützung bei der Warlomont-Anger-Stiftung.

Mit grosser Freude präsentieren wir Ihnen auch in dieser Saison ein ebenso vielfältiges wie hochkarätiges Programm – erneut kuratiert von unserer engagierten Programmkommission, die drei der bedeutendsten Kulturinstitutionen der Stadt Bern vereint: Bühnen Bern, die Hochschule der Künste Bern (HKB) und die Musikschule Konservatorium Bern.

Kammermusik ist mehr als eine musikalische Gattung – sie ist gelebte Zusammenarbeit, ein feinsinniger Dialog zwischen Künstler*innen. In ihrer Intimität entfaltet sie eine besondere Intensität und Nähe, die das Publikum unmittelbar berührt.

Kammermusik Bern steht in einer langen und lebendigen Tradition. Bereits in den 1920er- und 1930er-Jahren waren herausragende Musikerpersönlichkeiten wie Alfred Cortot und Paul Hindemith hier zu Gast – im Grossen Saal der Musikschule Konservatorium Bern. Mit seiner besonderen Aura, der exzellenten Akustik und der zentralen Lage mitten in der historischen Berner Altstadt bietet dieser Konzertsaal bis heute einen inspirierenden Rahmen für aussergewöhnliche Konzerterlebnisse. Ein Ort, an dem sich musikalische Vergangenheit und Gegenwart auf eindrucksvolle Weise begegnen.

Ein Höhepunkt der Saison 2025/26 ist zweifellos das Konzert des inzwischen weltberühmten Countertenors Jakub Józef Orliński, begleitet vom Pianisten Michał Biel. Unter dem Titel «If music…» interpretieren sie Werke unter anderem von Henry Purcell und John Dowland – ein poetischer und emotionaler Abend, der weit über die Stadtgrenzen hinausstrahlen wird.

Wenn Sie beim Zuhören selbst Lust verspüren, ein Instrument zu erlernen, dann zögern Sie nicht – denn Musik ist nicht nur zum Zuhören da. Auch als Erwachsene sind Sie an der Musikschule Konservatorium Bern herzlich willkommen. Es ist nie zu spät, die faszinierende Welt der Musik aktiv zu entdecken.

Wir wünschen Ihnen inspirierende Konzerte und unvergessliche Momente mit Kammermusik Bern!

Co-Vorsitzender der Schulleitung

Musikschule Konservatorium Bern

STRADIVARI QUARTETT

Sein Debüt feierte das StradivariQuartett 2007 beim ersten Konzert der Saison in der Tonhalle Zürich. Seitdem erspielte es sich einen hervorragenden Ruf durch zahlreiche Tourneen und Auftritte in der Schweiz und im Ausland. Das Quartett gastierte unter anderem in der Wigmore Hall London, der Philharmonie Berlin, dem Konzerthaus Wien, der Elbphilharmonie Hamburg sowie dem Metropolitan Museum New York. Weitere Höhepunkte bilden Einladungen zu bedeutenden Festivals wie dem Lucerne Festival, dem Kissinger Sommer, dem Rheingau Musik Festival, dem Rubinstein Piano Festival in Łódź und dem SchleswigHolstein Musik Festival.

Das Markenzeichen des StradivariQuartett sind die beliebten StradivariFESTe. Rund 60 Konzerte in der Schweiz und im Ausland gibt das Ensemble pro Saison –stets in engem Kontakt und Austausch mit seinem Publikum. Regelmässig fährt das Quartett zudem zusammen mit einer Gruppe von Kammermusikliebhaber*innen an einmalige Orte, um die Musik, das Zusammensein und die Natur und Kultur der Umgebung zu geniessen. So begeistert es für Musik und Kultur auf allerhöchstem Niveau in Zürich, Vevey, Berlin, Wien, Hamburg, Cremona und an diversen anderen Orten. Das StradivariQuartett ist nach 2012 zum zweiten Mal zu Gast bei Kammermusik Bern.

Mo 20.10.2025

19:30

Konservatorium Bern, Grosser Saal

StradivariQuartett

Xiaoming Wang & Stefan Tarara

Violine

Lech Antonio Uszynski

Viola

Maja Weber

Violoncello

Dmitrj Schostakowitsch 1906–1975

Streichquartett Nr. 10

As-Dur op. 118 (1964) (24')

Andante

Allegretto furioso

Adagio

Allegretto – Andante

Wolfgang Amadeus Mozart 1756–1791

Streichquartett F-Dur

KV 590 (1789/90) (23')

Allegro moderato

Andante (Allegretto)

Menuetto: Allegretto – Trio

Allegro

Pause

Dmitrj Schostakowitsch 1906–1975

Streichquartett Nr. 14

Fis-Dur op. 142 (19 72/73) (25')

Allegretto

Adagio

Allegretto

Kontraste

Verhältnismässig spät fand Dmitrj Schostakowitsch zum Streichquartett: Als er 1938 sein erstes Werk für diese Gattung vollendete, hatte er bereits fünf Symphonien geschrieben. Vielleicht waren die Anfeindungen der vorangegangenen Jahre – 1936 war ein vernichtender Artikel in der Prawda erschienen, in dessen Folge Schostakowitschs Musik aus der Öffentlichkeit verbannt wurde – Auslöser für den Rückzug in die intime Welt des Streichquartetts. Das zehnte Streichquartett entstand im Juli 1964 während eines Aufenthaltes in Armenien. Nur elf Tage brauchte es für die Komposition, die dem befreundeten Komponisten Mieczysław Weinberg gewidmet ist.

Der erste, relativ kurz gehaltene Satz des Werkes hat die Form einer Sonatine. Solistische Passagen verleihen dem Satz ein transparentes Klangbild. Grelle Dissonanzen und Akkorde im Fortefortissimo lassen das nachfolgende Scherzo zum grösstmöglichen Antipoden des Kopfsatzes werden. Ihm folgt – wiederum überaus kontrastreich –ein stilles Adagio. Mit einer gleichbleibenden, teils leicht variierten Basslinie knüpft es an die barocke Tradition der Passacaglia an und geht nahtlos in das Finale über. Ein engmaschiges Kernmotiv bildet hier den Ausgangspunkt einer allmählichen Steigerung. Gegen Ende erscheint noch einmal das Thema des ersten Satzes, danach verklingt das Quartett im Pianissimo.

Wolfgang Amadeus Mozarts spätes Streichquartett F-Dur zählt zu den sogenannten Preussischen Quartetten, die zwar weder in Preussen komponiert noch uraufgeführt wurden, dafür aber dem (Cello spielenden) Preussen-König Friedrich Wilhelm II. gewidmet werden sollten. Im Juni 1790 trug der Komponist das F-Dur-Quartett KV 590 in sein eigenhändiges Werkverzeichnis ein. Es sollte sein letzter Beitrag für die Gattung sein. Im Druck erschien das Werk erst posthum.

Die Bestimmung für den preussischen Monarchen spiegelt sich in einem äusserst dankbaren Part für das Cello, das im ersten Satz bereits massgeblich bei der Vorstellung der Themen in Erscheinung treten darf. Der zweite Satz ist im Autograph mit Andante überschrieben, im Erstdruck hingegen mit Allegretto – ein schlichtes Anfangsthema wird hier nach allen Regeln der Kunst

variiert. Nach einem tänzerisch anmutenden Menuett folgt mit dem Finale ein komplexer Satz, der vor allem durch die detailreiche, teilweise kontrapunktische Führung der einzelnen Stimmen besticht.

Das Jahr 1972 war für Schostakowitsch von langen Krankenhausaufenthalten überschattet. Zwischen dem 23. März und dem 23. April des Folgejahres komponierte er schliesslich sein 14. Streichquartett. Es ist dem Cellisten Sergej Schirinski gewidmet, einem der Gründungsmitglieder des Beethoven-Quartetts. Entsprechend prominent ist auch hier der Cello-Part gestaltet. Das Duo zwischen erster Violine und Cello im zweiten Satz kann ausserdem als Symbol dafür verstanden werden, dass zum Zeitpunkt der Uraufführung nur noch zwei der Gründungsmitglieder des Beethoven-Quartetts am Leben waren.

Ein tänzerisch leichtes Hauptthema, begleitet von einem Liegeton in der Bratsche auf dem Grundton fis, steht am Beginn; es beherrscht den ersten Satz und ist bedeutsamer als das später von der ersten Violine vorgestellte Seitenthema. Ein langes Solo der ersten Violine leitet das Adagio ein, die anderen Instrumente haben reine Begleitfunktion. Dann entwickelt sich ein Duett zwischen erster Violine und Cello; die beiden übrigen Instrumente haben fast durchgehend Begleitfunktion. Das Finale schliesst sich attacca an – ein Allegretto mit sehr unterschiedlichen Facetten, das wiederum in vielen Passagen vom Cello melodisch geführt wird und schliesslich leise verklingt.

QUATUOR ÉBÈNE

In den letzten zwei Jahrzehnten hat das Quatuor Ébène Massstäbe gesetzt, indem es über Perfektion hinaus bekanntes Repertoire neu hörbar macht. Nach Studien beim Quatuor Ysaÿe in Paris sowie bei Gábor Takács, Eberhard Feltz und György Kurtág folgte der beispiellose und herausragende Sieg beim ARD-Musikwettbewerb 2004. Damit begann der Aufstieg des Quatuor Ébène, der in zahlreiche weitere Preise und Auszeichnungen mündete. So wurde das Quartett 2005 mit dem Belmont-Preis der ForbergSchneider-Stiftung ausgezeichnet, war 2007 Preisträger des Borletti-Buitoni-Trusts und wurde 2019, als erstes Ensemble, mit dem Preis der Frankfurter Musikmesse geehrt. Was 1999 als Zerstreuungsübung vier junger Musiker in den Proberäumen der Universität begann – Improvisieren über Jazz-Standards & Pop-Songs – wurde zu einem Markenzeichen des Quatuor Ébène. Bis heute hat das Quartett in diesen Genres drei Alben veröffentlicht, Fiction, Brazil und Eternal Stories. Die Alben des Quatuor Ébène mit Aufnahmen von Bartók, Beethoven, Debussy, Haydn, Fauré und den Geschwistern Mendelssohn wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Gramophone, BBC Music Magazine und dem Midem Classic Award.

Das Quatuor Ebéne ist ein gern gesehener Gast bei Kammermusik Bern – seit 2009 ist es hier regelmässig zu hören, heute bereits zum sechsten Mal (2009, 2012, 2017, 2020 und 2023).

Mo 10.11.2025

19:30

Konservatorium Bern, Grosser Saal

Quatuor Ébène

Pierre Colombet & Gabriel

Le Magadure

Violine

Marie Chilemme

Viola

Yuya Okamoto

Violoncello

Wolfgang Amadeus Mozart 1756–1791

Streichquartett d-Moll

KV 421 (417b) (1783) (26')

Allegro moderato

Andante

Menuetto: Allegretto – Trio

Allegretto ma non troppo –Più allegro

Claude Debussy 1862–1918

Streichquartett g-Moll op. 10 (1893) (25')

Animé et très décidé

Assez vif et très rythmé

Andantino, doucement expressif

Très moderé – Très mouvementé et avec passion

Pause

Johannes Brahms 1833–1897

Streichquartett a-Moll op. 51 Nr. 2 (1865– 73) (33')

Allegro non troppo

Andante moderato

Quasi Minuetto, moderato–Allegretto vivace

Finale: Allegro non assai

Riesen unter sich

Glaubt man Georg Nikolaus Nissen, dem zweiten Ehemann von Constanze Mozart, dann entstand das d-Moll-Quartett

KV 421 unter besonderen häuslichen Umständen: «So oft sie (Constanze Mozart) Leiden äusserte, lief er auf sie zu, um sie zu trösten ... und wenn sie wieder etwas beruhigt war, ging er wieder zu seinem Papier. Nach ihrer eigenen Erzählung wurden der Menuett und das Trio gerade «bey ihrer Entbindung componirt». Diese aussergewöhnliche Geschichte hätte sicher nicht mehr als anekdotischen Wert, würde der Charakter der Komposition stellenweise nicht die Sorge und Aufregung widerspiegeln, die Wolfgang Amadeus Mozart an jenem 17. Juni 1783, dem Geburtstag seines ersten Sohnes Raimund Leopold, empfunden haben mag.

Ein ausdrucksstarkes Thema mit markantem Oktavfall über einer absteigenden Basslinie steht am Beginn. Es wird am Schluss des Werkes noch einmal aufgegriffen und rundet das Quartett damit zyklisch ab. Expressiv wie der Beginn ist auch die weitere Entwicklung des Kopfsatzes. Im grazilen Andante finden dynamische Wechsel auf engstem Raum statt. Einen vorübergehenden Ruhepol bringt einzig eine D-Dur-Episode im Trio des dritten Satzes. Das Finale hat den tänzerischen Duktus eines Siciliano und die Form eines Variationensatzes.

Nur ein Streichquartett findet sich in Claude Debussys reichhaltigem Œuvre. Es stammt aus dem Jahr 1893 und bildet damit den Abschluss seines frühen Schaffens. Die Auseinandersetzung mit der Tradition einerseits und die Suche nach neuen Ausdrucksformen andererseits bestimmen dieses Werk. Was die äussere Form anbelangt, so wirkt Debussys Opus 10 durchaus klassisch: Es ist viersätzig angelegt, mit einem Kopfsatz in Sonatenform, gefolgt von einer Art Scherzo, einem langsamen dritten Satz und einem krönenden Finale von hoher Komplexität.

Ungeachtet dessen gibt es jedoch auch eine Fülle an neuen Impulsen: Aus einer einzigen motivischen Keimzelle formt Debussy das thematische Material des gesamten Werkes und weckt Assoziationen an russische, orientalische und spanische Musik – besonders im zweiten Satz, der mit flamencohaften Pizzicati in die Welt des andalusischen Tanzes entführt. Als das Werk am 23. Dezember 1893 in

Paris aus der Taufe gehoben wurde, gab es kaum Beifall. Nur Paul Dukas verglich es überschwänglich mit einem «prächtigen, kunstvoll gemusterten Teppich in exotischen Farben».

«Du hast keinen Begriff davon, wie es unsereinem zu Mute ist, wenn er immer so einen Riesen hinter sich marschieren hört», wird Johannes Brahms von seinem Biographen Max Kalbeck zitiert. Der gefürchtete Riese war dabei kein anderer als Ludwig van Beethoven, der mit seinen späten Streichquartetten die «Messlatte» für diese Gattung auf eine für alle Nachgeborenen schier übermenschliche Höhe gelegt hatte. Entsprechend schwer tat sich Brahms mit dem Einstieg; es bedurfte zahlreicher Anläufe, ehe er mit seinem Opus 51 als Streichquartett-Komponist in Erscheinung trat. Von Beethoven übernimmt Brahms im a-MollQuartett – besonders in den Ecksätzen – die kompositorische Grundidee der sogenannten «thematisch-motivischen Arbeit», also der konzentrierten Arbeit mit einzelnen Motiven, aus denen grössere Strukturen und Formen konsequent entwickelt werden. Im Mittelteil des liedhaften Andantes zitiert Brahms seinen zweiten Ungarischen Tanz. Das an dritter Stelle folgende Menuett weicht im Trio überraschend in eine Art Intermezzo aus. Die Melange aus wienerischem und ungarischem Tonfall schliesslich verleiht dem Finale eine gänzlich neue und individuelle Note.

Christian Müller

PODIUM – EUROPEAN CHAMBER MUSIC ACADEMY (ECMA)

Wie jedes Jahr, freuen wir uns, mehrere junge Kammermusikformationen beim ECMA-Podium der Berner Öffentlichkeit präsentieren zu dürfen.

ECMA (European Chamber Music Academy) ist ein seit vielen Jahren etabliertes Ausbildungsprogramm, das von führenden europäischen Musikakademien und Festivals gemeinsam durchgeführt wird. Die Hochschule der Künste Bern, seit zehn Jahren eines der ECMA Partnerinstitute, führt in der Woche nach dem Konzert ihre jährliche Unterrichts- und Kurswoche durch. Alle Masterclasses und Workshops sind öffentlich zugänglich.

Die Freude, die Neugier und das ungebrochene Engagement, mit der junge, hervorragende Ensembles die Musikwelt erweitern und bereichern, lässt immer wieder aufhorchen und gibt Grund für Optimismus. In wenigen Fächern ist die Beschäftigung mit der Tradition und eine gleichzeitige Entwicklung neuer Wege und Gedanken so selbstverständlich und so fruchtbar wie in der Kammermusik.

Patrick Jüdt

Mo 24.11.2025

19:30

Konservatorium Bern, Grosser Saal

Turicum Quartett

Jiska Lamprecht & Karolina Miskowiec

Violinen

Amir Liberson & Viola Maura Rickenbach

Violoncello

Osimun Quartett

Diego Dàvila

Sopran-Saxophon

Fàtima Alcàzar

Alt-Saxophon

Inés Gonzàlez

Tenor-Saxophon

Ricard Martínez

Bariton-Saxophon

Trio Bedrich

Margherita Cerutti

Violine

Michele Mazzola

Violoncello

Filippo Piredda

Klavier

Informationen zur European Chamber Music Academy finden Sie unter: www.ecma-music.com

Das genaue Programm wird später bekannt gegeben. Bitte beachten Sie die Informationen auf unserer Website: buehnenbern.ch

3. Konzert

Turicum Quartett

Das Turicum Quartett verbindet Musiker aus vier verschiedenen Ländern. Jiska Lambrecht (Belgien), Karolina Miśkowiec (Polen), Amir Liberson (Israel) und Maura Rickenbach (Schweiz) begegneten sich an der Zürcher Hochschule der Künste.

Kurz nach seiner Gründung 2021 wurde das junge Streichquartett mit einem Musikpreis des Kiwanis-Clubs ausgezeichnet. 2023 gewann das Turicum Quartett den zweiten Preis beim renommierten Karol Szymanowski International Music Competition. Ihre Performance wurde weltweit von MediciTV live übertragen, und sie erschienen in The Strad und auf The Violin Channel.

Zu den bisherigen Höhepunkten zählen u. a. ihr Debüt in der Tonhalle Zürich, Auftritte im NOSPR in Katowice sowie die Zusammenarbeit mit dem Gringolts Quartett beim Mizmorim Festival in Basel. Im Jahr 2024 waren sie Quartet in Residence beim Ticino Musica Festival. In dieser Saison treten sie in Belgien, Deutschland, der Schweiz, Österreich, dem Vereinigten Königreich, Polen, Italien und Norwegen auf.

Das Turicum Quartett ist sehr dankbar für die künstlerische Unterstützung von Ilya Gringolts (Gringolts Quartett), Axel Schacher (Belcea Quartett) und Gregor Sigl (Artemis Quartett). 2024–2025 sind sie für einen Graduiertenkurs in Basel in den Klassen von Rainer Schmidt (Hagen Quartett) und Silvia Simionescu (Gringolts Quartett) zugelassen. Das Turicum Quartett ist eines der festen Ensembles bei Villa Musica in Deutschland, ist Mitglied von Le Dimore del Quartetto und wurde für die European Chamber Music Academy (ECMA) ausgewählt.

Osimun Quartett

Osimun Quartet ist ein junges Saxophonquartett, das 2022 gegründet wurde und aus spanischen Musiker*innen besteht: Diego Dávila, Fátima Alcázar, Inés González und Ricard Martínez. Mit Wohnsitz in Köln und Maastricht studieren sie an der Netherlands String Quartet Academy und der European Chamber Music Academy unter der Leitung von Persönlichkeiten wie dem Quatuor Ébène und Johannes Meissl.

Trotz ihrer kurzen Laufbahn haben sie bereits in renommierten Sälen wie dem Concertgebouw Amsterdam, der Solti Hall in Budapest oder der Tauber Philharmonie in Deutschland konzertiert. 2025 gehen sie als Finalisten des Dutch Classical Talent auf eine Tournee mit 15 Konzer-

ten. Weitere Auszeichnungen umfassen die ersten Preise der Storioni Competition und der Dörken Stiftung. Mit grossem Engagement für zeitgenössische Musik arbeiten sie mit Komponistinnen wie Charlotte Bray und Arjan Linker zusammen. Einige Mitglieder unterrichten zusätzlich an Musikhochschulen in Deutschland.

Trio Bedrich

Das Trio Bedrich, bestehend aus Margherita Ceruti (Violine), Michele Mazzola (Violoncello) und Filippo Piredda (Klavier), wurde 2023 in der Klasse von Monica Cattarossi am Konservatorium «Giuseppe Verdi» in Mailand gegründet. Durch den Gewinn des 3. Preises beim Preis des Konservatoriums wurde das Trio eingeladen, in so renommierten Sälen, wie der Sala Puccini, der Casa Verdi (beide in Mailand), dem Teatro Gonzaga (Ostiano) und dem Teatro Carmen (Cagliari) aufzutreten.

Im Jahr 2025 gewannen sie den ersten Preis und den Publikumspreis beim 29. Internationalen Kammermusikwettbewerb «Giulio Rospigliosi». Derzeit sind sie Schüler von Bruno Giuranna an der Accademia Stauffer in Cremona und studieren in der Kammermusikklasse von Patrick Jüdt an der HKB in Bern.

SABINE MEYER & ALLIAGE QUINTETT

Sabine Meyer, Klarinette

Sabine Meyer gehört weltweit zu den renommiertesten Solist*innen überhaupt. Ihr ist es zu verdanken, dass die Klarinette, oft als Soloinstrument unterschätzt, das Konzertpodium zurückerobert hat. Sabine Meyer feierte Erfolge als Solistin bei mehr als dreihundert Orchestern im In- und Ausland. Sie gastierte bei allen bedeutenden Orchestern in Deutschland und wurde von den führenden Orchestern der Welt engagiert, so z. B. von den Wiener Philharmonikern, vom Chicago Symphony Orchestra, vom London Philharmonic Orchestra, vom NHK Symphony Orchestra Tokyo, vom Orchestre de la Suisse Romande, den Berliner Philharmonikern, von den Radio-Sinfonieorchestern in Wien, Basel, Warschau, Prag und Budapest sowie von zahlreichen anderen Klangkörpern.

Sabine Meyer ist zum zweiten Mal Gast bei Kammermusik Bern. 2014 spielte sie zusammen mit dem Modigliani Quartett Mozarts Klarinettenquintett.

Alliage Quintett

Alliage ist die wohl charmanteste Legierung (franz. alliage) von vier Saxophonen und Klavier. Einzigartig in seiner Besetzung lässt das mit zwei ECHO Klassik ausgezeichnete Ensemble die Illusion eines grossen Orchesters Wirklichkeit werden. Die melodisch und zugleich expressiv klingenden Saxophone treffen hier auf die orchestrale Fülle eines Klaviers und erzeugen somit ein neues Hörerlebnis höchster Qualität. Im Mittelpunkt des Repertoires stehen berühmte Meisterwerke aller Epochen in raffinierten Arrangements. Alle Bearbeitungen werden dem Alliage Quintett auf den Leib geschrieben und entstehen in enger Zusammenarbeit zwischen dem Ensemble und dem jeweiligen Tonsetzer.

19:30

Konservatorium Bern, Grosser Saal

Sabine Meyer Klarinette

Alliage Quintett

Daniel Gauthier

Sopransaxophon

Miguel Vallés

Altsaxophon

Simon Hanrath

Tenorsaxophon

Sebastian Pottmeier

Baritonsaxophon

Jang Eun Bae

Klavier

Engelbert Humperdinck 1854–1921

Andreas Hilner (Arr.)

Ouvertüre zu Hänsel und Gretel (1893) (09’)

Dmitrj Schostakowitsch 1906–1975

Lewon Atowmjan (Arr.)

Fünf Stücke WoO (10')

Prelude

Gavotte

Walzer

Elegie

Polka

Johann Sebastian Bach 1685–1750

Sebastian Pottmeier (Arr.)

Air aus der Orchestersuite

Nr. 3 D-Dur BWV 1068 (ca. 1722) (06')

Cyrille Lehn *1977

Variationen über «Morgen kommt der Weihnachtsmann»

Pause

Pjotr Iljitsch Tschaikowsky 1840–1893

Andreas Hilner (Arr.) Blumenwalzer (1892) (07')

Stefan Malzew *1964

Eine Weihnachtsgeschichte

Felix Mendelssohn 1809–1847

Sebastian Pottmeier (Arr.) Hört, die Engelschöre singen (1840) (04')

Pjotr Iljitsch Tschaikowsky 1840–1893

Andreas Hilner (Arr.)

Suite aus Der Nussknacker (1892) (15')

Marsch

Tanz der Zuckerfee

Arabischer Tanz

Tanz der Rohrflöten

Trepak

Winterzauber

Vier Saxophone, Klavier und Klarinette – diese Besetzung ist nicht nur ungewöhnlich, sie ist einzigartig. Ausgestattet mit diesem Alleinstellungsmerkmal führen die fünf Musiker*innen des Alliage Quintett und die Klarinettistin Sabine Meyer die Winter-, Advents- und Weihnachtszeit in neue musikalische Sphären.

Als Eröffnung dient die verheissungsvolle Ouvertüre aus Engelbert Humperdincks Hänsel und Gretel. Der himmlische Hörnerschall des Originals, diese überaus berührende Melodie des «Abendsegens», die seit Generationen in jeder Adventszeit die Herzen höher schlagen lässt, wird hier im neuen Klanggewand noch einmal in ganz anderer Form lebendig.

Dass Dmitrj Schostakowitsch nicht nur der Komponist hochkomplexer Streichquartette und repräsentativer wie abgründiger Symphonien ist, beweisen die fünf Stücke ohne Opuszahl, die der mit Schostakowitsch befreundete Komponist Lewon Atowmjan aus unterschiedlichsten Quellen – teils Filmmusiken, teils Balletten – zu einer Suite nach barockem Vorbild zusammenfügte, launige Minituren, die sich perfekt in den Winterzauber des Programms einfügen.

Wenn es um musikalische Superlative geht, dann steht die Air aus Johann Sebastian Bachs Dritter Orchestersuite sicher an oberster Stelle. Sie kann mit Fug und Recht als eines der berühmtesten, meist gespielten und vor allem meist bearbeiteten Werke barocker Musik gelten – kein Wunder: Die charakteristische Basslinie und die einfühlsame Melodie sind eine unwiderstehliche Einladung für Arrangeure, dieses Bach’sche «Highlight» in neue Gewänder einzukleiden.

Den weihnachtlichen Kern des Programms bilden die Variationen über «Morgen kommt der Weihnachtsmann» von Cyrille Lehn. Mit bürgerlichem Beruf ist Lehn Professor am Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris. Seine Passion gilt der Improvisation, dem Jazz und verschiedenen ethnischen Musikstilen, und so wandelt sich die berühmte Melodie, die schon Mozart seinen Klaviervariationen KV 265 zugrunde legte, zu einem unterhaltsamen Reigen unter jazzigen Vorzeichen.

Barock, Romantik, Moderne – der Winterzauber dieses Programm umspannt viele Epochen. Mit einer Weihnachtsgeschichte des Berliner Komponisten, Arrangeurs und Musikers Stefan Malzew führt das Programm sogar in die Jetztzeit.

Ein naher Verwandter und weiterer Weihnachtsklassiker ist das berühmte Weihnachtslied «Hört, die Engelschöre singen». Die Melodie geht zurück auf Felix Mendelssohns Festgesang zum Gutenbergfest aus dem Jahr 1840. Als «Hark! The Herald Angels Sing» eroberte sie die anglikanische Weihnacht. Hier erklingt ein Arrangement, das Sebastian Pottmeier mit Blick auf das Alliage Quintett und Sabine Meier erschaffen hat.

Wie Humperdincks Märchenoper, so zählt auch Peter Tschaikowskys Ballettmusik zu E.T.A. Hoffmanns Nussknacker zu den Vorweihnachtsklassikern des Musiktheaters. In dieser zauberhaften Geschichte vom heroischen Kampf des Nussknackers gegen den Mäusekönig, seiner Liebe zu dem Mädchen Klara und vom Zauberpalast von Konfitürenburg samt Zuckerfee spielen Blechund Holzbläser schon in der Orchesterpartitur eine tragende Rolle.

Christian Müller

TRIO CONCEPT

Das Trio Concept (2013 unter dem Namen Trio Chagall gegründet) hat sich gleich mit mehreren Preisen als führendes Trio etabliert. Es war Gewinner des ersten Preises bei der Schoenfeld International String Competition im chinesischen Harbin, darüber hinaus war es Echo Rising Star in der Saison 2025/26 und Ensemble in Residence beim Verbier Festival, wo es mit dem Prix Yves Paternot ausgezeichnet wurde.

Weltweite Tourneen führten das Trio Concept durch Europa, nach Kuwait, China und Japan. Es war zu Gast in der Londoner Wigmore Hall, dem Grand Theatre in Harbin, dem Teatro Verdi in Triest, dem Teatro dal Verme und der Sala Verdi in Mailand, der Izumi Hall in Osaka und dem Teatro La Fenice. Das Trio widmet sich der Entdeckung und Förderung neuen Repertoires und arbeitet mit zahlreichen zeitgenössischen italienischen Komponist*innen zusammen. Neben seiner Konzerttätigkeit ist das Trio Concept sehr aktiv in der Bildungsarbeit engagiert, indem es mit Schüler*innen an Schulen zusammenarbeitet und Konzertformate für Kinder entwickelt.

Das Trio spielte bereits 2022 noch als Trio Chagall im Rahmen des ECMA-Podiums bei Kammermusik Bern.

Mo 19.01.2026

19:30

Konservatorium Bern, Grosser Saal

Trio Concept

Edoardo Grieco

Violine

Francesco Massimino

Violoncello

Lorenzo Nguyen Klavier

Sergej Rachmaninow 1873–1943

Trio élégiaque g-Moll (1892) (14')

Lento lugubre

Felix Mendelssohn

1809–1847

Klaviertrio d-Moll op. 49 (1839) (18')

Molto allegro ed agitato

Andante con moto tranquillo

Scherzo: Leggiero e vivace

Finale: Allegro assai appassionato

Pause

Mieczysław Weinberg 1919–1996

Trio a-Moll op. 24 (1945) (30')

Präludium und Arie: Larghetto

Toccata: Allegro marcato

Poem: Moderato

Finale: Allegro moderato

Meistertrios

In der russischen Musiktradition des 19. Jahrhunderts wurde das Klaviertrio schon früh zu einer «elegischen» Gattung, einer Art Requiem und Trauermusik. «À la mémoire d’un grande Artiste», so lautet die Zueignung des im Winter 1881/82 entstandenen Klaviertrios op. 50 von Peter Tschaikowsky, einem musikalischen «Tombeau» für den kurz zuvor verstorbenen Freund und Pianisten Nikolaj Rubinstein. Diesem Vorbild folgt auch der 19-jährige Sergej Rachmaninow mit seinem einsätzigen Trio élégiaque g-Moll, ohne dass sich hier allerdings ein konkreter Widmungsträger oder persönlicher Bezug ausmachen lässt. Zur Trauermusik wird das Trio élégiaque erst ganz am Schluss. In einer Art Coda intoniert das Klavier den feierlichen Rhythmus eines «Marcia funebre», und die beiden Streichinstrumente tragen das Hauptthema noch einmal «con sordino» und im unisono vor. Dem voran steht ein Sonatensatz, dessen Themen bis ins Fortefortissimo gesteigert werden. An diesen hochdramatischen Spannungsbögen hat das Klavier massgeblichen Anteil – ein Beweis für die frühe Meisterschaft Rachmaninows als Komponist wie auch als Pianist.

Es sei «das Meistertrio der Gegenwart» und ihr Schöpfer der «Mozart des 19. Jahrhunderts», schreibt Robert Schumann in der von ihm gegründeten Neuen Zeitschrift für Musik über Felix Mendelssohns Opus 49, nicht lange nach der Uraufführung, die am 1. Februar 1840 im Leipziger Gewandhaus mit dem Geiger Ferdinand David, dem Cellisten Carl Wittmann und dem Komponisten selbst am Klavier stattgefunden hatte. Von Anfang an erfreute sich dieses Klaviertrio grosser Beliebtheit, und noch heute ist es ohne Zweifel eines der beliebtesten Klaviertrios der Romantik. Wie in vielen seiner Werke setzt sich Mendelssohn hier mit der klassischen Form auseinander, freilich nicht ohne ihr ein ganz eigenes Gepräge zu verleihen: Der erste Satz, ein Sonatensatz, steht im Spannungsfeld zweier im Charakter unterschiedlicher Themen, die beide vom Cello exponiert und von der Violine fortgeführt werden. Der zweite erinnert mit seiner dreiteiligen Form und dem überaus gesanglichen Thema an den Stil der «Lieder ohne Worte». Seltsamerweise ist der dritte Satz mit «Scherzo» überschrieben – formal trägt er genauso Züge eines Rondos mit mehrfach wiederkehrendem Refrain. Das Finale greift

sowohl den rhythmischen Duktus als auch die Form des dritten Satzes auf und endet mit einer fulminanten Coda.

Als Mieczysław Weinberg 1953 in Moskau verhaftet und für drei Monate inhaftiert wird (beschuldigt der Bildung einer «jüdischen Verschwörung») schreibt Dmitrj Schostakowitsch einen Bittbrief, der dem Freund und Kollegen das Leben rettet. Dies ist nur eines von vielen schicksalsschweren Ereignissen im Leben des polnisch-jüdischen Komponisten – neben der Flucht aus Warschau vor der Wehrmacht, der Ermordung der Familie im Holocaust und den Repressalien unter Stalin. Weinberg hielt Russland dennoch die Treue. Er starb vor 30 Jahren in Moskau.

Weinbergs Klaviertrio zeigt sich von Anbeginn an als hochexpressives und erfindungsreiches Werk. Ein martialisches Anfangsthema geht im Verlauf des ersten Satzes in eine zarte Arie über, die leise im Pizzicato endet. Im zweiten Satz greift Weinberg die barocke Form der Toccata auf; ein furioser Klaviersatz steht am Beginn, erst später treten die Streichinstrumente hinzu. Mit «Poem» ist der dritte Satz überschrieben. Nach verhaltenen Passagen des Klaviers und der beiden Streichinstrumente überrascht er mit hochemotionalen Wendungen. Das Finale beeindruckt unter anderem mit einer ausladenden Fuge und enormen Steigerungsverläufen.

QUATUOR HERMÈS

Das 2008 in Lyon gegründete Quatuor Hermès kann auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Weltweite Tourneen führen das Quartett regelmässig in die Vereinigten Staaten, wo es u. a. im Kennedy Center in Washington und in der Zankel Hall der Carnegie Hall in New York zu Gast ist. Prägend für die Entwicklung des Quartetts waren Begegnungen mit dem Ravel-, dem Ysaÿe- und dem ArtemisQuartett, bei denen die vier Mitglieder des Ensembles ihre Ausbildung absolvierten, sowie mit Eberhard Feltz und Alfred Brendel, mit denen sie heute regelmässig zusammenarbeiten.

Das Quatuor Hermès hat zahlreiche renommierte Auszeichnungen erhalten, darunter die Révélation Musicale de l’Année beim Prix de la Critique 2014/15 und den Nordmetall Ensemble-Preis 2013 bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern. Ausserdem gewann es die ersten Preise beim Internationalen Wettbewerb Genf 2011, beim Internationalen Kammermusikwettbewerb Lyon 2009 und bei den Young Concert Artists International Auditions in New York. Die vier Musiker*innen waren von 2012 bis 2016 Artists in Residence in der Queen Elisabeth Music Chapel. Seit 2015 erhalten sie Unterstützung von der Fondation d’Entreprise Banque Populaire und der Fondation Singer-Polignac in Paris. Das Quatuor Hermès spielt zum ersten Mal bei Kammermusik Bern.

Mo 09.02.2026

19:30

Konservatorium Bern, Grosser Saal

Quatuor Hermès

Omer Bouchez & Elise Liu

Violine

Lou Yung-Hsin Chang

Viola

Yan Levionnois

Violoncello

Sergej Prokofjew 1891–1953

Streichquartett Nr. 1 h-Moll op. 50 (1930) (24')

Allegro

Andante molto – Vivace Andante

Anton Webern 1883–1945

Langsamer Satz für Streichquartett (1905) (09')

Langsam, mit bewegtem Ausdruck

Pause

Ludwig van Beethoven 1770–1827

Streichquartett Nr. 12 Es-Dur op. 127 (1824–25) (37')

Maestoso – Allegro Adagio, ma non troppo e molto cantabile

Scherzando vivace

Finale

Beethoven & Söhne

Streichquartette sind eher ein Randphänomen im Schaffen Sergej Prokofjews. Nur zwei Quartette finden sich in seinem vielseitigen und bis heute überaus populären Œuvre. Das erste – ein Auftragswerk der Elizabeth Sprague Coolidge Foundation für die Library of Congress (der es dabei nicht zuletzt um den Besitz der Originalhandschrift ging) – datiert aus dem Jahr 1930. Es wurde in Paris begonnen und auf zahlreichen Eisenbahnfahrten währendeiner Amerika-Tournee vollendet. Uraufgeführt wurde es am 25. April 1931 in Washington. Vor allem mit Ludwig van Beethovens Streichquartetten hatte sich Prokofjew vor der Komposition intensiv auseinandergesetzt. Das klassizistisch anmutende Hauptthema des ersten Satzes lässt sich als Reminiszenz an dieses historische Vorbild verstehen. Der Satzaufbau dagegen weicht deutlich vom tradierten Schema ab. Einem spielfreudigen und munteren Allegro folgt ein zweiteiliger Mittelsatz, der mit einem Andante beginnt und in ein Scherzo mündet. Ziel- und Kulminationspunkt des Quartetts ist das Finale, ein expressiver und formal freier Satz, der nach dissonanten Ausbrüchen im Pianissimo verebbt. Prokofjew schrieb später dazu: «Ich schloss das Quartett mit einem langsamen Satz ab, weil das Material dafür sich als das bedeutendste erwies.»

Genau 31 Werke mit Opuszahl umfasst das kompositorische Œuvre Anton Weberns. In der legendären CBS-Gesamteinspielung von Pierre Boulez findet es auf gerade einmal vier LPs Platz. Neben diesen offiziellen Opera haben sich allerdings gut zwanzig Werke aus frühen Tagen erhalten. In ihnen scheinen Zweite Wiener Schule und musikalische Avantgarde Lichtjahre entfernt. In besonderem Masse gilt dies für den langsamen Satz für Streichquartett aus dem Jahr 1905, den Webern im Überschwang der Gefühle niederschrieb – er hatte sich gerade unsterblich in seine Cousine Wilhelmine Mörtl verliebt, die er etliche Jahre später heiraten sollte.

Vom ersten Takt an dominieren leidenschaftliche Töne und eine durch und durch spätromantische Tonsprache. Es ist, als ob Johannes Brahms hier Pate stehen würde. Stellenweise allerdings überraschen besondere Effekte (ein

«tremolo sul ponticello» zum Beispiel) und auch die Vielschichtigkeit des Satzes ist über den Verdacht des Epigonalen erhaben, kurzum: Dieser Satz zeigt frühe Meisterschaft in einer musikalischen Welt, die Webern bald verlassen sollte.

«An Fantasie fehlt’s, Gottlob, weniger als je zuvor», so wird Ludwig van Beethoven zitiert – zu eben jener Zeit, als er mit der Komposition des Es-Dur-Streichquartetts begann. Vorangegangen war eine tiefe Lebens- und Schaffenskrise zwischen Resignation, Ertaubung und Vereinsamung, die der Komponist schliesslich mit den Klaviersonaten op. 109 bis op. 111 und der 9. Symphonie überwand. Das Quartett op. 127 aus den Jahren 1824/25 ist das erste der fünf späten Streichquartette, einer Werkgruppe von höchster Individualität des Ausdrucks und der Form, mit welcher Beethoven der Gattung des Streichquartetts für alle Zeiten die Krone aufsetzte.

Seinem Auftraggeber gegenüber, dem Fürsten Borisowitsch Galitzin, betont Beethoven den «Gesang» des Quartetts, der «allzeit verdient den anderen vorgezogen zu werden». Diese Qualität tritt vor allem im zweiten und letzten Satz zutage; im ersten dominiert die Auseinandersetzung mit der klassischen Sonatenform, die Beethoven auf vier Themen erweitert. Ein sechstaktiges Maestoso steht dabei kraftvoll am Anfang und hat gliedernde Funktion. Dem zweiten Satz verleiht Beethoven die Form eines Variationensatzes. Ein schlichtes Thema aus Tonleiter- und Dreiklangselementen entfaltet sich in vollendeter Schönheit und wird in sehr unterschiedliche Richtungen entwickelt. Die vierte Variation hat den Charakter einer Reprise. Das Scherzo setzt demgegenüber auf ein rhythmisch pointiertes Thema. Das Finale schliesslich greift den lyrisch-kantablen Charakter des zweiten Satzes wieder auf und endet mit einer weitgespannten Coda.

QUATUOR AROD

Das Quatuor Arod wurde 2013 gegründet, studierte u. a. beim Artemis Quartett und arbeitete regelmässig mit dem Quatuor Ébène und dem Quatuor Diotima zusammen. 2016 gewannen die Musiker den 1. Preis beim Internationalen ARD-Musikwettbewerb. Weitere Auszeichnungen sind jeweils der 1. Preis beim Internationalen Carl-Nielsen-Wettbewerb sowie beim Europäischen Wettbewerb des FNAPEC Concours. Sie waren HSBC-Preisträger der Festival d’Aix Academy und wurden zum BBC New Generation Artist für die Spielzeiten 2017 bis 2019 ernannt.

Das Quatuor Arod ist regelmässig Gast u. a. in der Pariser und Berliner Philharmonie, dem Berliner und Wiener Konzerthaus, Wiener Musikverein, Amsterdamer Concertgebouw, Carnegie Hall, Gulbenkian, Oji Hall in Tokio, Salzburger Mozarteum und in der Elbphilharmonie. Sie gastieren bei zahlreichen Festivals in Verbier, Aix-en-Provence, Mecklenburg-Vorpommern, beim Musikfest Bremen und beim Prager Frühling. Das Quatuor Arod pflegt zahlreiche künstlerische Kooperationen, u. a. mit Thibaut Garcia, Alexandre Tharaud, Daniel Hope sowie mit Julia, Veronika und Clemens Hagen. Das Quatuor Arod gibt mit diesem Konzert sein Debüt bei Kammermusik Bern.

Mo 16.03.2026

19:30

Konservatorium Bern, Grosser Saal

Quatuor Arod

Jordan Victoria & Alexandre Vu

Violine

Tanguy Parisot

Viola

Jérémy Garbarg

Violoncello

Joseph Haydn 1732–1809

Quartett G-Dur op. 76 Nr. 1 (1796) (24')

Allegro con spirito

Adagio sostenuto

Menuet. Presto

Finale. Allegro ma non troppo

Ludwig van Beethoven 1770–1827

Streichquartett Nr. 2 G-Dur op. 18 Nr. 2 (1799) (22')

Allegro

Adagio cantabile – Allegro

Scherzo: Allegro

Allegro molto, quasi Presto

Pause

Antonín Dvořák 1841–1904

Streichquartett F-Dur op. 96 B 179 «Amerikanisches

Streichquartett» (1893) (23')

Allegro ma non troppo

Lento

Molto vivace

Finale: Vivace ma non troppo

Schöne alte –schöne neue Welt

«Vor einigen Tagen war ich wieder bei Haydn. Bei dieser Gelegenheit spielte er mir auf dem Clavier vor, Violinquartette, die ein Graf Erdödi für 100 Dukaten bei ihm bestellt hat und die erst nach einer gewissen Anzahl von Jahren gedruckt werden dürfen», berichtet der schwedische Gesandtschaftssekretär Frederik Samuel Silverstolpe am 14. Juni 1797 brieflich nach Schweden. Zwei Jahre gab es die neuesten Quartette des Meisters nur im Palais des ungarischen Grafen Joseph Erdödy zu hören, ein gesellschaftliches Alleinstellungsmerkmal, nicht untypisch für die Zeit der Wiener Klassik.

Die Streichquartette op. 76 sind die neunte und letzte Serie von sechs Quartetten, die Joseph Haydn komponierte; sie entstanden etwa zeitgleich mit der Schöpfung. Das erste dieser Quartette beginnt mit einem munteren, teils bewusst einfach gehalten, teils aber auch mit kontrapunktischen Finessen ausgestatteten Satz. Das tief emotionale Adagio sostenuto changiert harmonisch zwischen Dur- und Moll-Akkorden. Ihm folgt ein Menuett, dessen kontrastreiche Gegenüberstellungen von Piano- und FortissimoAusbrüchen fast schon die Scherzi Beethovens vor wegnehmen. Überraschend beginnt das Finale in Moll; die Wechsel zu Dur im weiteren Satzverlauf verleihen auch diesem Satz reizvolle Überraschungsmomente.

Ludwig van Beethoven hatte bereits acht Jahre in Wien verbracht, ehe er sich mit seinen ersten Streichquartetten an die Öffentlichkeit wagte. In den Wiener Salons dominierten zu dieser Zeit vor allem die Quartette Joseph Haydns und Wolfgang Amadeus Mozarts das musikalische Geschehen, und insofern bedurfte es intensiver Vorstudien, ehe sich Beethoven reif genug fühlte, den Konkurrenzkampf aufzunehmen. «Erst jetzt» wisse er, «recht quartetten zu schreiben», heisst es in einem Brief vom 1. Juli 1800 an den befreundeten Geiger Carl Amenda. Im zweiten der sechs Quartette aus Opus 18 beginnt Beethoven mit einem Allegro, das im Ton, vor allem aber in der streng abgezirkelten Form sehr dem Vorbild Haydns verpflichtet ist. Überraschend dagegen der zweite Satz: Eine feierliche Cavatina mündet in einen zweiteiligen AllegroTeil und abschliessend in eine figurierte Variation des

Anfangs. Dem munteren Scherzo folgt wiederum ein sehr eigenwilliger Satz. Seine Form changiert zwischen Sonate und Rondo (letzteres vor allem durch die mehrfachen, annähernd wörtlichen Wiederholungen des Themas). Bestechend sind aber vor allem die abrupten harmonischen Wendungen, mit denen Beethoven einige seiner Zeitgenossen deutlich überforderte, seinen innovativen Anspruch aber sehr eindrucksvoll unter Beweis stellte.

Spillville, ein Dorf «irgendwo in Iowa», in dem viele tschechische Einwanderer lebten, sollte im Sommer des Jahres 1893 zur Kulisse einer weltberühmten Streichquartett-Komposition werden: Hierhin zog es Antonín Dvořák nach einer anstrengenden Saison als Direktor des National Conservatory in New York. Ganz unverkennbar haben sich die Weite der Landschaft, die Abgeschiedenheit, die Ruhe und die Begegnung mit der indigenen Bevölkerung und ihren Musiktraditionen auf die Komposition dieses bis heute überaus beliebten Kammermusikwerkes ausgewirkt. «Als ich dieses Werk schrieb, wollte ich einmal etwas recht Einfaches und Melodiöses komponieren», berichtet der Komponist wenig später einem befreundeten Kollegen. Gut zwei Wochen bedurfte es für die Vollendung des «Amerikanischen Streichquartetts». Dvořáks melodisches Genie kommt hier zu voller Entfaltung. Aber nicht nur die Themen wirken inspiriert, auch die Form ist übersichtlich gegliedert und die musikalischen Mittel werden ökonomisch eingesetzt. Im Ergebnis bildet das Amerikanische Streichquartett damit eine Art Pendant zu Beethovens Pastorale und ihrem «Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande».

LIEDERABEND

Jakub Józef Orliński, Countertenor

Jakub Józef Orliński hat die Welt im Sturm erobert. Der polnische Countertenor studierte an der New Yorker Juilliard School und der Fryderyk-Chopin-Musikuniversität in Warschau. Als Breakdancer wie als Sänger mit «der Stimme eines Engels» (The Sunday Times) ist Jakub Orliński für seine einzigartige Fähigkeit bekannt, weltweit neue Publikumsschichten anzusprechen. Engagements führten ihn seitdem u. a. an die Oper Frankfurt sowie zum Glyndebourne Festival, an das Royal Opera House Covent Garden in London und an das Opernhaus Zürich. Orlińskis jüngste Aufnahme Beyond wurde von der Times zu einem der besten klassischen Alben des Jahres 2023 gekürt.

Michał Biel, Klavier

Der Pianist Michał Biel tritt regelmässig in Konzertsälen wie der Londoner Wigmore Hall, der Carnegie Hall und Alice Tully Hall in New York sowie im Rahmen von Liederabenden an renommierten internationalen Opernhäusern wie denen in Frankfurt, Lille und Warschau auf. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit dem Countertenor Jakub Józef Orliński, wovon gemeinsame Konzerte beispielsweise beim Verbier Festival, bei Life Victoria Barcelona und bei Pierre Cardin’s Festival de Lacoste sowie Tourneen und TVÜbertragungen zeugen.

Beide Künstler geben mit diesem Konzert ihr Debüt bei Kammermusik Bern.

19:30

Konservatorium Bern, Grosser Saal

Jakub Józef Orliński Countertenor

Michał Biel Klavier

Mit freundlicher Unterstützung der Bürgi-Willert-Stiftung

Werke von

(das genaue Programm wird im Frühjahr 2026 publiziert)

«If music …»

Songs, Ayres, Arien – mit Werken von John Dowland, Henry Purcell und George Frideric Handel (auch bekannt als Georg Friedrich Händel) entführt das Programm dieses Liederabends seine Zuhörer*innen auf eine musikalische Zeitreise in Englands «Golden Age».

Am Beginn steht das Elisabethanische Zeitalter, die Zeit der englischen Renaissance. Im Londoner Globe Theatre werden Shakespeares Dramen aus der Taufe gehoben, Sir Francis Drake umsegelt die Welt und am Hofe von Königin Elisabeth I., die selbst leidenschaftlich gerne Virginal spielt, entsteht eine «Frühkultur» weltlicher Vokal- und Instrumentalmusik, deren Ausdruckskraft und Originalität bis heute verzaubern.

Einer der musikalischen Fixsterne dieser Zeit ist der Komponist und Lautenist John Dowland. Er wird vermutlich 1563 in London geboren, steht von 1579 bis 1584 in den Diensten des englischen Gesandten in Paris, begibt sich dann nach Deutschland, Italien und Dänemark, wo er zwischen 1598 bis 1606 am Hof König Christians IV. grosse Erfolge feiert. Erst im Oktober 1612 erhält er schliesslich den ersehnten Posten eines «Musician for the lute» am englischen Hof.

Dowlands Songes or Ayres, die ab 1597 in London im Druck erscheinen, sind Lautenlieder in meist strophischer Form. Die Begleitung ist homophon, teilweise reich verziert und um durchkomponierte, teils kontrapunktisch angelegte Passagen erweitert. Mit ihren eingängigen Melodien haben diese Lieder, in denen es nicht selten um Liebe und Leid in allen Schattierungen geht, geradezu volksliedhaften Charakter.

«Orpheus britannicus» – schon von seinen Zeitgenossen wurde Henry Purcell mit diesem schmeichelhaften Beinamen geehrt, ein unverkennbares Zeichen der hohen Wertschätzung, die dem vermutlich 1659 geborenen Meister von Anfang an zuteil wurde. Vom Chorknaben der Royal Chapel avancierte er früh zum Organisten der Westminster Abbey und schuf ein eindrucksvolles Œuvre, in dem Vokalmusik eine zentrale Stellung einnimmt. Das Lamento aus Dido and Aeneas und die berühmte Frostszene aus King Arthur gehören bis heute zu seinen bekanntesten Schöpfungen. Tragisch bleibt sein früher Tod: Am 21. November 1695 verfasste Purcell sein Testament und verstarb noch am selben Tag.

Fünfzehn Jahre nach Purcell Tod reiste Georg Friedrich Händel erstmals nach London. War diese Reise anfangs mehr als Abstecher geplant gewesen (offiziell befand sich Händel zu dieser Zeit als Kapellmeister in den Diensten des Kurfürsten von Hannover), so sollte die Metropole an der Themse nach und nach zum Lebensmittelpunkt für den aus Halle an der Saale stammenden Komponisten werden. 1727 wurde Händel englischer Staatsbürger.

Zu dieser Zeit konnte er bereits auf eine atemberaubende Karriere als Opern- und Theaterunternehmer zurückblicken. Nur die Besten der Besten – darunter die Primadonnen Francesca Cuzzoni und Faustina Bordoni und der Kastrat Senesino – zählten zu Händels Ensemble. Ihnen schrieb er hochvirtuose Arien auf den Leib. Rache, Zorn, Gefühle von Einsamkeit und Trauer, Liebe und Leidenschaft –diese Affekte werden in Händels Arien lebendig und lassen die glamouröse Welt der Opera seria bis heute lebendig werden.

Christian Müller

CHAOS STRING QUARTET

Gegründet 2019 in Wien und basierend auf den Prinzipien des «Chaos» in Kunst, Wissenschaft und Philosophie, hat das Chaos String Quartet schnell seinen Platz auf der internationalen Musikbühne erobert. Das Ensemble, das aus Musiker*innen aus Deutschland, Ungarn, Italien und den Niederlanden besteht, wurde als BBC Radio 3 New Generation Artists für 2023–2025 ausgewählt. Im Rahmen dieses Programms nimmt es häufig für BBC Radio 3 auf und tritt in einigen der renommiertesten Festivals und Konzertsälen des Vereinigten Königreichs auf, darunter die Wigmore Hall, das Cheltenham Music Festival, Britten Pears Arts und das Norfolk and Norwich Festival.

Bereits vor ihrem Triumph beim Internationalen Streichquartett-Wettbewerb Bad Tölz hatte das Ensemble mehrere Auszeichnungen bei bedeutenden Wettbewerben gewonnen. Dazu gehören der Joseph-Haydn-Kammermusikwettbewerb in Wien, der ARD-Wettbewerb in München sowie der zweite Preis und die Auszeichnung für die beste Interpretation von Kaija Saariahos Terra Memoria beim Internationalen Streichquartett-Wettbewerb in Bordeaux. Ihre Debüt-CD mit Werken von Haydn, Hensel und Ligeti wurde für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik nominiert.

Das Quartett spielte bereits 2021 im Rahmen des ECMAPodiums bei Kammermusik Bern.

19:30

Konservatorium Bern, Grosser Saal

Chaos String Quartet

Susanne Schäffer & Eszter Kruchió

Violine

Sara Marzadori

Viola

Bas Jongen

Violoncello

Franz Schubert 1797–1828

Streichquartett Es-Dur D 87 (1813) (25')

Allegro più moderato

Scherzo: Prestissimo – Trio

Adagio

Allegro

Anton Webern 1883–1945

Streichquartett op. 28 (1936–38) (09')

Mässig

Gemächlich

Sehr fliessend

Pause

Erich Wolfgang Korngold

1897–1957

Streichquartett Nr. 2 Es-Dur op. 26 (1933) (22')

Allegro

Intermezzo

Larghetto

Waltz

Wiener Blut

Schon als Zehnjähriger soll Franz Schubert erste Kompositionen für Streichquartett komponiert haben. Im November 1813, mit gerade einmal 16 Jahren, vollendete der Jugendliche ein Quartett in Es-Dur. Bestimmt war aller Wahrscheinlichkeit nach für den Hausgebrauch, denn im familiären Kreis fand man regelmässig zum QuartettSpiel zusammen. Veröffentlicht wurde das frühe Werk erst zwölf Jahre nach Schuberts Tod als «Opus posthumum 125». Heute ist es eines der bekanntesten Kammermusikwerke aus Schuberts frühem Schaffen.

Klassizität, Aufbruch und jugendliche Kraft versprüht dieses Quartett vom ersten Ton an. Im ersten Satz dominiert die Auseinandersetzung mit der Sonatenform. Zwei Themen stehen sich dabei formbildend gegenüber. Diesem noch recht traditionell angelegten Satz folgt ein Scherzo im Prestissimo samt c-Moll-Trio im Pianissimo – ein pointierter und dynamisch auf die Spitze getriebener Satz. Im Adagio wird Schuberts lyrisches Genie offenbar; auch hier sorgen kontrastierende Einschübe für Abwechslung. Dialoge der Mittelstimmen befeuern das Finale, und das gesanglich schöne Seitenthema wirkt wie ein Vorbote reiferer Werke des Komponisten.

«Ich bin ganz in meiner Arbeit und mag, mag nicht gestört sein», schreibt Anton Webern dem Ehepaar Jone-Humplik am 12. März 1938. Während der Komponist an diesem Tag intensiv an einem neuen Streichquartett arbeitet, rückt in Wien die Deutsche Wehrmacht ein; die Nationalsozialisten feiern den «Anschluss» Österreichs an das Dritte Reich. Wenig später liegt das neue Quartett mit der Opuszahl 28 vor; die Uraufführung erfolgt am 22. September 1934 in Pittsfield, Massachusetts. Sie dauert nur etwa neun Minuten. Weberns Opus 28 steht damit exemplarisch für jene äusserste Konzentration und Verdichtung des Materials, die für sein reifes Schaffen so typisch ist.

Grundlage ist eine zwölftönige Reihe, in der das berühmte B-A-C-H-Motiv versteckt ist. Der erste Satz lässt sich als Variationensatz verstehen; der zweite ist eine Art Scherzo in Miniaturform. Ein pizzicato vorgetragener Kanon kontrastiert hier mit einem bewegten, expressiven Mittelteil. Über den Schlusssatz schreibt Webern:

«Er soll innerhalb des Werkes sozusagen die Krönung der auch schon in 1. und 2. angestrebten Synthese von horizontaler und vertikaler Darstellung sein». Kontrapunktischer und homophoner Satz finden hier also zusammen und verkörpern ein Ideal, das seit der Wiener Klassik immer wieder beschworen wird.

Lange galt Erich Wolfgang Korngold vor allem als FilmmusikIkone des «Golden Age» in Hollywood. Von ihm stammen unter anderem die Soundtracks zu Klassikern wie Robin Hood und The Sea Hawk, beide mit Errol Flynn in der Hauptrolle. Dabei waren es nicht zuletzt die weltpolitischen Geschehnisse, die Korngolds Karriere in diese Richtung trieben: Als Jude sah sich der Komponist gezwungen, nach dem Anschluss Österreichs 1938 ins amerikanische Exil zu gehen. Dass Korngold gleichermassen ein Vertreter der musikalischen Moderne und Schöpfer eines umfassenden Œuvres an Opern, Klavier und Orchesterwerken war, ging in der Wahrnehmung der Nachwelt lange verloren. Erst allmählich wandelt sich das Bild; zunehmend rückt Korngold als Komponist Ernster Musik in den Fokus. Das zweite Streichquartett entstand überwiegend im Sommer 1933 auf dem Ferienwohnsitz Schloss Höselberg bei Gmunden; es zeigt Korngold als einen Komponisten, der einerseits der tonalen Musiksprache die Treue hält und andererseits durchaus eine persönliche und innovative Handschrift entwickelt. Einem klassisch wirkenden Eingangssatz folgen ein munteres Intermezzo und ein langsamer Satz von hoher Emotionalität. Der besondere Clou des Quartetts ist ganz unverkennbar das Finale: Hier huldigt Korngold auf unnachahmliche Weise der Welt des Wiener Walzers mit einer Komposition, die harmonisch expressiv und modern wirkt und gleichzeitig so schwungvoll daherkommt wie ein genuiner Strauss-Walzer –«Wiener Blut» von altem Adel.

«LEISE FLEHEN MEINE LIEDER» LIEDERABEND OHNE WORTE

Michael Flury

Der Posaunist Michael Flury (*1983) wuchs in Otelfingen im Zürcher Unterland auf und absolvierte an der Musikhochschule Zürich ein Jazz-Posaunen-Studium. Er spielte in unzähligen Bands, unter der Leitung von Pepe Lienhard in der Swiss Army Big Band, in der Konzertband des BUJAZZO, Bundesjazzorchester Deutschland, Kungfu Horns, King Kora, The Soulmaniacs und Bio Bonsai und erhielt verschiedene Auszeichnungen als bester Solist beim Young Lions Jazz Festival in Zürich oder den Prix Henniez (Publikumspreis für den besten Solisten beim Jazzfestival Bern). Michael Flury ist ein sehr offener und experimentierfreudiger Musiker und spielte in seiner Vergangenheit an den unterschiedlichsten Orten: unter anderem mit Sophie Hunger am Glastonbury, mit Stephan Eicher auf schwimmenden Meeresbühnen, mit King Kora auf afrikanischen Dorfplätzen und mit Tinu Heiniger im Säli.

Simone Keller

Die Pianistin Simone Keller (*1980) wurde in Weinfelden geboren und absolvierte eine klassische Ausbildung in der Konzertklasse von Hans-Jürg Strub und der Liedklasse von Daniel Fueter an der Zürcher Hochschule der Künste. Sie pflegt als Solistin und Kammermusikerin ein sehr breites Repertoire in der klassischen und modernen Musik bis hin zu experimentellen und interdisziplinären Formaten, eigenen Konzepten sowie Vermittlungsprojekten und übt eine intensive Konzerttätigkeit in der Schweiz und in vielen anderen Ländern in Europa, den USA und Asien aus. Die Einspielung von Julius Eastmans Klaviermusik, die Simone Keller mit ihrem Klavierquartett bei Intakt Records veröffentlich hatte, erschien in ganz unterschiedlichen Bestenlisten – unter anderem neben Hilary Hahn und Igor Levit in der Boston Globe als eines der «Best classical albums» und als «Album of the year 2018» von The New York City Jazz Record.

19:30

Konservatorium Bern, Grosser Saal

Konsi Jugendchor gemeinsam mit jugendlichen Gebärden-Solist*innen

Paul Whittaker

Gebärden

Michael Flury Posaune

Simone Keller Klavier

Stephen Heselton Dolmetscher British Sign Language

Aramea Müller

Chorleiterin

Philip Bartels Arrangements

Dieses Konzert wird unterstützt von der Kulturstiftung der Burgergemeinde Bern «Zum Andenken an die Familie Weyermann» und der Stiftung des Berner Männerchors.

Georg Friedrich Händel 1685–1759

«Lascia la spina, cogli la rosa» aus HWV 46 (1707)

Lil Hardin-Armstrong 1898–1971

«Just for a Thrill» (1936) «Bad Boy» (1957)

Irene Higginbotham 1918–1988

«Good Morning Heartache» (1946)

Fanny Mendelssohn 1805–1847

«Im Herbste» op. 10/4 (1846)

Felix Mendelssohn 1809–1847

Lied ohne Worte op. 67/2 (1839)

Freddie Mercury 1946–1991

«Love of My Life» (1975)

Marguerite Monnot 1903–1961

«Hymne à l’amour» (1949)

Julia Perry 1924–1979 Prelude (1946)

Franz Schubert 1797–1828

Im Frühling D 882 (1826)

Ständchen aus D 957 «Schwanengesang» (1828)

Der Leiermann aus D 911 «Winterreise» (1827) Impromptu D 935/3 (1827)

Gesamtdauer: ca. 80 min

2021 wurde sie mit dem Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis ausgezeichnet und 2022 durfte sie den Schweizer Musikpreis entgegennehmen.

Philip Bartels

Der Komponist und Regisseur Philip Bartels, geboren 1978 in Berlin (Ost) und aufgewachsen an der polnischen Grenze auf der Insel Usedom, lebt seit 2002 in der Schweiz, wo er an der Hochschule für Musik und Theater Zürich sein Regiestudium bei Stephan Müller abgeschlossen hat. Daneben studierte er Komposition für Bühne und Film sowie Chorleitung. Nach dem Ende seines Studiums arbeitete er als Theater- und Musiktheater-Regisseur an den Stadttheatern Biel/Solothurn und St. Gallen, seine Inszenierungen als freier Regisseur waren u. a. bei den Zürcher Festspielen, im Basler Gare du Nord, in der Lokremise St. Gallen oder im Südpol Luzern zu sehen.

Seit fünf Jahren lernt Philip Bartels die DeutschSchweizer Gebärdensprache, in der er sich mittlerweile fliessend verständigen kann, und arbeitet regelmässig mit der Gehörlosen-Community. 2026 wird seine Inszenierung eines neuen Werks der irischen, gehörlosen Komponistin Ailís Ní Ríain bei der Münchener Biennale für neues Musiktheater uraufgeführt.

«Leise flehen meine Lieder» –

ein Liederabend

für Stimmen, Gebärden, Posaune und Klavier

«Es wird so viel über Musik gesprochen, und so wenig gesagt. Ich glaube überhaupt, die Worte reichen nicht hin dazu, und fände ich, dass sie hinreichten, so würde ich am Ende gar keine Musik mehr machen. [...] Fragen Sie mich, was ich mir gedacht habe, so sage ich: gerade das Lied, so wie es dasteht. Und habe ich bei dem einen oder dem andern ein bestimmtes Wort oder bestimmte Worte im Sinne gehabt, so kann ich die doch keinem Menschen aussprechen, weil dem einen das Wort nicht heisst, was es dem andern heisst, weil nur das Lied dem einen dasselbe sagen, dasselbe Gefühl in ihm erwecken kann wie im andern.» … so der Komponist Felix Mendelssohn – der mit seinen «Liedern ohne Worte» eine eigene Gattung geschaffen hat –über die Unzulänglichkeit der Sprache, Musik zu beschreiben.

Der Konzertabend «Leise flehen meine Lieder» lässt Musik weitgehend ohne Worte sprechen, es erklingen bekannte Lieder von Franz Schubert in der ungewöhnlichen Besetzung mit Posaune und Klavier musiziert und vom gehörlosen Musiker Paul Whittaker in Gebärdensprache übertragen. Diese kammermusikalische Konzertsituation wird durch den Einbezug von singenden und gebärdenden Jugendlichen erweitert: der Konsi Jugendchor erarbeitet gemeinsam mit Jugendlichen mit Hörbeeinträchtigung Gebärden-Lieder.

Der «Liederabend ohne Worte» überwindet die Grenzen zwischen Musik und Sprache, Klang und Stille, Hörenden und Gehörlose. Dabei verfällt er nicht in ein simples Potpourri oder Cross-Over, sondern verwebt vermeintlich Unvereinbares zu etwas Neuem und Einzigartigem.

Vorverkauf und Preise

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Einzelkarten können ab Vorverkaufsbeginn am 01.07.2025 für die ganze Saison im Voraus bezogen werden.

Änderungen vorbehalten

Saalplan

BRAHMS UND TSCHAIKOWS KY

Peter Iljitsch Tschaikowsky

Symphonie Nr. 6 h-Moll op.74 «Pathétique»

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-> Le nozze di Figaro Oper von Wolfgang Amadeus Mozart

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Preise Kategorie 1 bis 3

330.– | 265.– | 205.–

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Das Farbenfrohe

-> Hello Earth! Tanzabend von Marco Goecke und Hege Haagenrud

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Impressum Kontakt

Kammermusik Bern

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Herausgeber

Bühnen Bern

Musikschule Konservatorium Bern Hochschule der Künste Bern HKB

Programmausschuss

Prof. Rico Gubler & Prof. Patrick Jüdt (HKB) Marcin Grochowina & Daniela Ianos (Konservatorium Bern), Johanna Schwarzl, Georg Jacobi (Berner Symphonieorchester)

Redaktion & Dramaturgie/ Künstlerisches Betriebsbüro

Barbara Honegger

Texte

Christian Müller

Konzept & Gestaltung wapico ag

Layout

Lisa Björk

Bildnachweise

1 – StradivariQuartett: Patrick Gutenberg

2 – Quatuor Ebène: Julien Mignot

3 – Turicum Quartett: Wouter Maeckelberghe

Bedrich Trio: zVg

Osmium Quartett: Anna Tena

4 – Alliage & Sabine Meyer: Ira Weinrauch

5 – Trio Concept: Luigi de Palma

6 – Quatuor Hermès: Lyodoh Kaneka

7 – Quatuor Arod: Julien Benhamou

8 – Orliński: skpbeijing

Biel: Radoslaw Rzepecki

9 – Chaos String Quartet: Davide Bertuccio

10 – Michael Flury: Jos Schmid

Paul Witthaker: PBG studios

Simone Keller: Martin Etter

Druck

Haller + Jenzer AG Burgdorf

Redaktionsschluss

Juni 2025 Änderungen vorbehalten

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