12 Mensch_kloen 16.12.10 09:33 Seite 12
M E N S C H D E S M O N AT S
Das Werk Horst Janssens begleitet die Kunsthändlerin seit Anfang der 70er Jahre
Angelika Gerlach, Kunsthändlerin
„Emotional dicht an Janssen“ Wenige Menschen kennen Horst Janssens Arbeiten so genau wie Angelika Gerlach. Seit 35 Jahren handelt sie mit Grafiken und Zeichnungen des genialen Künstlers. Zudem führt sie die Janssen-Bibliothek im Goßlerhaus in Blankenese.
Klönschnack 1 · 2011
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er Angelika Gerlach trifft, um etwas über sie zu erfahren, muss sehr diszipliniert sein. Denn egal, um welches Thema es gerade geht, nach kurzer Zeit steht immer wieder Horst Janssen im Mittelpunkt. Nach Ansicht vieler eines der wenigen Genies der Freien und Geldstadt Hamburg. Seit Angelika Gerlach, damals Buchhändlerin bei Laatzen in der Warburgstraße, den in Oldenburg geborenen Grafiker und Zeichner 1972 „entdeckte“, ließ sie dessen Kunst nicht wieder los. „Ich war auch emotional ganz dicht an Janssen dran“, sagt die Kunsthändlerin, die ihr Leben lang fast ausschließlich mit Grafiken und Zeichnungen von Janssen handelte. Sie erzählt von Top Ten-Besuchen „in Gummistiefeln“, ihrer DKP-Zeit mit Anfang 20, Janssens Nichterscheinen bei Vernissagen und fehlenden Signaturen. Dabei gerät die Janssen-Expertin nie ins verträumte Schwärmen. Er sei halt ein Genie gewesen, das anders, intensiver empfunden habe als andere, sagt Angelika Gerlach sehr nüchtern.
Im Gegensatz zu anderen Frauen erlag sie nie dem ganz eigenen Charme des exzentrischen Künstlers, der von 1967 bis zu seinem Tod 1995 am Mühlenberger Weg in Blankenese lebte. Und besessen zeichnete, recht gern Pommery, Schnaps und Rotwein trank. „Er war mir viel zu alt“, so die Kunsthändlerin trocken auf die Frage nach ihrer Beziehung zu dem ebenso großzügigen wie trinkfreudigen Künstler, der wohl Menschen verbrauchte wie Zeichenstifte. So gehört Angelika Gerlach nicht zu den Frauen, die von sich behaupten, die bedeutendste im Leben Janssens gewesen zu sein. Angenehm distanziert erzählt die Kunsthändlerin von ihren Erlebnissen damals, den Begegnungen mit vermeintlichen wie tatsächlichen Janssen-Kennern heute, der künstlerischen Bandbreite wie den Preisen für Holzschnitte, Lithografien, Radierungen und Zeichnungen von Janssens Hand. Nur kurz verändert sich die Tonlage, wenn die Kunstexpertin teils mahnend, teils amüsiert sagt: „Machmal korrigiere ich Menschen, wenn sie von Janssen als Blankeneser Maler sprechen. Janssen war ein
internationaler Zeichner und Grafiker.“ So sesshaft Janssen war, so häufig zog Angelika Gerlach um. 18-mal in ihrem Leben packte sie Umzugskartons und bezog ein neues Zuhause. Am besten gefiel es ihr dabei in Regensburg und Hamburg. Seit 14 Jahren lebt Angelika Gerlach in Winsen an der Luhe – so lange wie noch an keinem anderen Ort. In ihrem Garten stehen 300 Rosen. Der Ehemann sähe sie gern häufiger zu Hause. Denn neben dem Kunsthandel und der Bibliothek stehen regelmäßig auch Lesungen und Reisen auf dem Programm. Dabei geht es stets, vollkommen richtig, immer auch um Horst Janssens Zeichnungen und Grafiken. www.bucerius-event.de/gosslerhaus Autor: helmut.schwalbach@kloenschnack.de
ZUR PERSON Angelika Gerlach Zunächst im Buchhandel tätig, machte sich die gebürtige Hamburgerin später selbstständig und handelt seit nun 30 Jahren mit Grafiken, Zeichnungen und Büchern von Horst Janssen. Die Mutter eines heute 31-jährigen Sohnes lebt mit Ehemann, einem pensionierten Oberstudienrat, in Winsen an der Luhe.