Hamburger Klönschnack - November '13

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ERZIEHUNG

Christin Gruba, Annelie Michael, Zoe Liz Petersen und Zoe Oreopoulos sind sich einig: „Ohne Handy geht nichts.“

Handys im Unterricht

Smart gespickt?

Laut einer Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbandes Südwest haben zehn Prozent aller Sechs- bis Siebenjährigen ein eigenes Handy. Die Entwicklung birgt Vorteile, wie beispielsweise eine erhöhte Medienkompetenz, aber auch Nachteile, wie hohe Anschaffungskosten und teure Rechnungen. Nicht nur die kleinen ABC-Schützen greifen zum neuen Lieblingsspielzeug. Ihre älteren Mitschüler nutzen ihre Smartphones nicht nur zum ständigen Austausch mit ihren Freunden, die meistens im Unterricht direkt neben ihnen sitzen. Auch in Klausuren wird das Handy gern als „Gedächtnisstütze“ verwendet. Marie-Louise Rothe* besucht das Gymnasium Hochrad. Sie kennt die Schummeltricks: „Spickzettel sind out, Fotos von ähnlichen Aufgaben auf dem Handy in.“ Trotz der Ermahnung, ihre Telefone zu Beginn einer Klausur abzugeben, halten sich nicht alle daran, berichtet Marie. „Unterm Tisch ist es recht leicht mal einen Blick aufs Display zu riskieren.“

Ohne Smartphone geht nichts. Die Kinder von heute können eine App downloaden, im Internet recherchieren und in Sekunden SMS verschicken – wie wirkt sich der Fortschritt auf den Unterricht aus?

Klönschnack 11 · 2013

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m Internet surfen, den Status bei Face- bei lassen sie sich gern Zeit“, berichten die book ändern oder Kurznachrichten Schülerinen zerknirscht. schreiben – Alltag für viele im Schulun- In den Hamburger Schulen gibt es bisher keine einheitliche Regelung, wie mit dem terricht. Statt brav an den Lippen des Lehrers zu Thema umgegangen wird – zumal ein hängen oder Matheformeln von der Tafel grundsätzliches Verbot eine unzulässige abzuschreiben, wird verbotenerweise zum Grundrechtseinschränkung sein kann. PeSmartphone (multimediafähiges Mobil- ter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde, telefon) gegriffen. Laut dem Internetportal sagte dem Abendblatt: „Jede Schule entStatista besitzen heute 83 Prozent der deut- scheidet selbst, wie sie damit umgehen will. schen Jugendlichen im Alter von 12 bis Meiner Kenntnis nach untersagen es aber alle Schulen in ihrer Hausordnung zumin19 Jahren ein internetfähiges Handy. Wie gehen die Schulen mit der Herausfor- dest für die Unterrichtszeit. Und zwar genederung Smartphone um? Was denken die rell, auch für Lehrer und unabhängig von Schüler über das oft ausgesprochene Nut- der Klassenstufe. Manche Schulen machen Ausnahmen für die Pause und unterrichtszungsverbot? Christin Gruba besucht die 10. Klasse der freie Zeit.“ Mathias MorgenrothBugenhagenschule am Marwedel, Schulleiter Hessepark – sie und ihre „Wir verbieten Handys der Stadtteilschule BlanFreundinnen haben interin der Schule“ kenese hat kürzlich in netfähige Mobiltelefone. der Schulkonferenz eine „Im Unterricht dürfen wir die Handys nur als Lernmittel benutzen, neue Regelung verabschiedet. „Wir verbiezum Beispiel zum Recherchieren“, berichtet ten auf dem Schulgelände Handys bis zur Christin. Eigentlich sind Mobiltelefone am 10. Klasse.“ Er fügt hinzu: „Nicht, weil wir Morgen beim Lehrer abzugeben, damit der gegen den elektronischen Fortschritt sind, Unterricht nicht gestört wird, „das wurde sondern weil wir festgestellt haben, dass schnell wieder abgeschafft, weil wir uns die Kinder sich in den Pausen weniger bewegen oder ausruhen.“ nicht daran gehalten haben.“ Laut der Mädchen halten sich die meisten Er beobachtet zudem mit wachsender BeSchüler an die Regel „Handy aus“. Wem es sorgnis, dass Schüler immer früher ein eidoch mal in den Fingern juckt und dabei er- genes Handy haben. „Die Eltern sehen das wischt wird, ist es erstmal los. „Die Eltern Mobilgerät als Betreuungskontakt – so geht müssen es dann in der Schule abholen, da- das nicht.“

Smartphone heimlich unterm Pult: Surfen im Unterricht Marie selbst weiß aber auch, dass die altmodische Variante des Spickzettelschreibens den Vorteil hatte, das Geschriebene verinnerlicht zu haben und die Hilfe gar nicht mehr zu brauchen. Stellt sich die Frage: Wollen Schüler die Erlaubnis haben, technische Hilfsmittel mit Internetzugang in Klausuren zu benutzen? Im Haus Rissen leitete im Oktober Julika Stenzel, Referentin für Jugendbildung, einen Debattier-Workshop, wo Jugendliche über diese Frage diskutierten. Die Teilnehmer waren sich erstaunlich einig. Am Ende der Debatte stimmten sie alle dagegen, „denn es bestünde die Gefahr von Missbrauch, Schüler ohne Smartphone wären benachteiligt, Informationen würden nur kurzfristig abgerufen und das Wissen wäre so nicht nachhaltig“, argumentieren die überzeugten Debattierer.

* Name von der Readktion geändert www.hamburg.de/bsb / www.fitfuerdenschulstart.de Autor: anna-lena.walter@ksv-hamburg.de


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