Steiermarkmagazin Klipp 2012/05

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Auch Donawitz ins Schienenkartell-Verfahren involviert. „Nur“ 8,5 Millionen Euro Bußgeld

Hände hoch K AK-Präsident Walter Rotschädl

Zwei Drittel der Steuerlast tragen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Preise sind in den Bereichen Energie und Lebensmittel so stark gestiegen, dass die Kaufkraft bei vielen Haushalten gesunken ist – vor allem im unteren Einkommensbereich. Umgekehrt besitzen die reichsten 10 Prozent 54 Prozent des gesamten Geldvermögens und 61 Prozent des Immobilienvermögens – und zahlen dafür gar keine oder lächerlich geringe Steuern. Es läuft also etwas schief in Österreich.

»Schiefe Ebene«

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Diese Schieflage ist die wahre Ursache für die Eurokrise als Folge der Finanzkrise. Europa verschärft mit dem Fiskalpakt die Krise, anstatt mit Investitionen in Beschäftigung, Ausbildung und soziale Dienstleistungen dagegen anzukämpfen. Die Mittel dafür wären vorhanden, wenn endlich der Finanzsektor und die Vermögenden stärker besteuert würden – in Europa und in Österreich. Nur mit mehr Verteilungsgerechtigkeit lässt sich die schiefe Ebene begradigen.

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GERECHTIGKEIT MUSS SEIN

Telefon: 05 7799-0

lar, dass in der Zentrale der Sparte Voestalpine Bahnsysteme in Donawitz die Führung über die Absprachen im Schienenkartell informiert war. Ein anonymer Brief mit allen Details hatte bereits vor längerer Zeit das Verfahren ins Rollen gebracht. Die Reaktion dort: Der oberste Verantwortliche Klaus Meusel war zur Schadensbegrenzung bereits im Vorjahr abgezogen worden und wurde in die Wüste geschickt. Weil es den deutschen Markt betraf, führte das Bundeskartellamt dieses Verfahren durch. Nun kam es zu den ersten Strafen für die „Schienenfreunde“. Sieben Unternehmen sind in Deutschland daran beteiligt, darunter eben auch die beiden Voestalpine-Töchter an den Standorten Duisburg und Butzbach. Weil sich die Voestalpine dann als Kronzeuge der Behörde andiente und die Devise „Hände hoch und gestehen“ hieß, beträgt die ausgesprochene Strafe nur 8,5 Millionen Euro. Thyssen Group Gleistechnik muss 103 Millionen Euro zahlen. Die Absprachen zwischen den Firmen bezogen sich auf

drei Produktmärkte: NormalSchienen, kopfgehärtete Schienen und Weichen-Zungen, zwei Spitzenprodukte der Voestalpine. Es gab in diesem Zusammenhang Quoten- und Preisabsprachen. Geschädigt wurde damit vor allem die Deutsche Bahn. Dort spricht man von mehreren hundert Millionen Euro, die zu viel bezahlt wurden. Es könnte auch noch zu Schadenersatzforderungen auf dem Prozessweg kommen. Beide Seiten scheuen diesen Weg, denn vor Gericht müssten sie offenlegen, was da wirklich abgelaufen ist. Dass das Strafverfahren der Geschäftsbeziehung nicht geschadet hat, zeigt der Umstand, dass die Voestalpine erst in jüngerer Vergangenheit von der Deutschen Bahn den größten Auftrag überhaupt für die Lieferung von Schienen erhielt. Gegenwärtig laufen daher die Verhandlungen über eine außergerichtliche Einigung und zusätzliche Bußgeldzahlungen an die Deutsche Bahn. Die Voestalpine hat dafür bereits Rückstellungen in der Höhe von 205 Millionen Euro getroffen. Konzernsprecher Peter Felsbach gegenüber der APA: „Wir gehen davon aus,

dass die Gespräche jedenfalls noch Monate dauern. Heuer dürfte es keinen Abschluss geben.“ In der Führungsetage der Voestalpine ist man bemüht, den Skandal herunterzuspielen, und betont, dass in Deutschland ohnehin bereits die nötigen personellen Konsequenzen gezogen wurden. Die in das Kartell involvierten Manager wurden gefeuert, weitere ihrer Funktion enthoben. In Donawitz will auch jetzt niemand mehr darüber reden. Ohne die „Hände-hoch-Strategie“ und die Anerkennung als Kronzeuge wäre die Strafe für die Voestalpine weit höher ausgefallen, musste Voest-General Eder kürzlich eingestehen. Eine sehr schwere Stunde für das Unternehmen. Die betroffenen Unternehmen werden auch nichts gegen die Strafbescheide unternehmen, weil sie offensichtlich wissen, dass die Sache dann noch schlimmer ausgehen dürfte. Die Beteiligten wollen offensichtlich nur eines: Dass möglichst rasch Gras über die unappetitliche Affäre wächst und man wieder ruhig seinen Geschäften nachgehen kann.

Fohnsdorf: Schuldenberg abgebaut

Rot und Grün helfen

Eine Sorge weniger hat Fohnsdorfs Bürgermeister Johann Straner. Sein dick bepackter Thermen-Schuldenrucksack ist leichter geworden. In diesem Zusammenhang wurde er ja vormals von der steirischen Landesregierung als Ortschef abgesetzt und kehrte mit seiner „Liste Hans“ wieder ins Bürgermeisteramt zurück. Nun verkaufte er an die Ennstaler Siedlungsgenossenschaft

(sie gilt als SPÖ-nah) 238 Wohnungen und 10 Geschäftslokale. Der Kaufpreis betrug rund 8,5 Mio. Euro – konform mit einem kommissionären Schätzgutachten. Dafür notwendig war jedoch eine Zweidrittelmehrheit, die Straner anhand „grüner Unterstützung“ erhielt. Für die Gemeinde selbst bleiben vom Kauf etwa fünf Millionen übrig, zumal die Ennstaler ein Sanierungsdarlehen

in der Höhe von 2,8 Millionen Euro übernehmen. Laut Straner ist der Deal eine Ideallösung, der Erlös werde zur Tilgung von Darlehen verwendet. Auch „Ennstaler“-Vorstandsdirektor Wolfram Sacherer zeigt sich zufrieden: „Nachdem wir vor Ort ohnedies schon längere Zeit tätig sind, ist es quasi unsere Aufgabe, für Wohnsicherheit der örtlichen Bevölkerung zu sorgen.“

KLIPP Juli 2012


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