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Es ist heute ganz anders

PAUL BENEDEK WAR SELBST EINMAL FLÜCHTLING ES IST HEUTE GANZ ANDERS

Paul Benedek, heute längst österreichischer Staatsbürger, hat eines gemeinsam mit rund 200.000 Schicksalsgenossen: Er hat unser Land von seiner angenehmsten Seite erlebt. Wir schreiben das Jahr 1956, als Österreich sich während des Ungarn-Aufstandes einen legendären Ruf als Flüchtlingsland, als gastfreundliches Land geschaffen hat. Weil es auch einen natürlichen Feind gab: den Kommunismus sowjetischer Prägung.

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ieser ist mit dem Mauer-D fall 1989 abhanden gekommen und damit auch die Toleranz. „Es ist ganz anders heute“, sagt Paul Benedek, der in Graz Psychologie studiert hat nach seiner Flucht aus Ungarn und viele Jahre Leiter des Katholischen Bildungshauses in Mariatrost war. Seien Sie herzlich willkommen bei uns – das waren die ersten Worte, die Paul Benedek nach seiner Flucht in Österreich hörte. Eine Gastfreundschaft, wie man sie sonst nur im Orient erlebt. „Für uns war der erste Tag unglaublich“, so Paul Benedek. Der stellvertretende Bezirkshauptmann von Güssing im Burgenland lud die Flüchtlinge zum Mittagessen ein. Ein weiteres Erlebnis, das er in seinem Leben nie vergessen wird: In Graz in der Herrengasse sprach ihn ein Grazer Dienstmann an, ein einfacher Bürger: „Du Ungar?“ Als Benedek bejahte, „schenkte er mir zwei Zigarren.“ Es waren prägende Erlebnisse. „Viele von uns wollten vor der Flucht nach Amerika, aber da habe ich beschlossen, hier leben zu wollen, hier zu bleiben. Und sich nicht darum zu bemühen, nach Australien, Kanada, USA, Schweiz oder Schweden ausreisen zu wollen.“ Und dies, obwohl die Ungarn lange Jahre staatenlos waren, keine österreichischen Staatsbürger. „Du hast einen Koventionspass gehabt mit einem Visum und den Vermerk, dass du nach Österreich einreisen kannst, wenn du im Ausland warst.“ Auf der Universität in Graz gab es etwa 300 ungarische Studenten. Paul Benedek: „Wir wussten, dass wir nicht zurückreisen konnten, daher lernten alle Deutsch und versuchten, dann eben ihr Studium zu starten oder auch abzuschließen. Es taten sich dann unter den Studenten einige hervor, die nach Ungarn zurückwollten. Nach dem Motto: Solange die nicht herauskönnen, müssen wir

Paul Benedek (links) mit Otto Moerisch, dem damaligen Rot-Kreuz-Chef. Er hielt die Dramatik der Flucht, des Todes, die bewegenden Momente des Wiedersehens auch auf Foto fest.

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