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Will Lagerfeuer entfachen“
NEUER ORF-LANDESDIREKTOR GERHARD DRAXLER SORGT FÜR AUFBRUCHSTIMMUNG
„WILL LAGERFEUER ENTFACHEN“
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Wenn einer bei seinem ersten Auftritt und der Rückkehr nach rund sieben Jahren in die Steiermark von 150 Mitarbeitern bereits mit stehendem Applaus begrüßt wird und als neuer Landesdirektor des ORF-Studios Steiermark auch am Schluss seiner Präsentation genauso verabschiedet wird, dann ist das mehr als ein Sympathie-Beweis.
erhard Draxler, bis vorG wenigen Wochen ORFInformationsdirektor in Wien und gerne in die Steiermark zurückgekehrt, ist ein Beispiel dafür, welch absurde Blüten die politische Farbenlehre in Österreich treibt. Als er im Jahre 1998 der erklärte Favorit für den ORFLandesintendanten war, lehnte ihn die damalige Landeshauptfrau Waltraud Klasnic ab, weil er zu SPÖ-lastig sei. Als Kompromiss kam damals daher Edgar Sterbenz zum Zug, der bis 31. Dezember 2006 blieb. Draxler wiederum reiste ein Bundesland weiter, nach Kärnten, und wurde dort Landesintendant. Genau in jenem Land, in dem der blaue und nicht gerade SPÖ-freundliche Jörg Haider und Friedrich Zernatto von der ÖVP die Politik bestimmten. Jörg Haider war es, der im Jahre 2002 nach der Wende den laut Waltraud Klasnic „rot eingefärbten“ Gerhard Draxler als ORF-Informationsdirektor ins Gespräch brachte. Dieser schaffte mit blauer Fürsprache den Sprung in die oberste ORFEtage. Als sich nach der ORFWahl im August 2006 der Abschied aus Wien abzeichnete, sah Gerhard Draxler im Landesstudio Steiermark eine echte Alternative und neue Herausforderung. Und siehe da, wiederum war es die ÖVP, die ihm als Landesdirektor ablehnend gegenüberstand, weil er für ÖVP-Landeschef Hermann Schützenhöfer zu SPÖ-nah sei. Gerhard Draxler bei seinem Antritt: „Unabhängigkeit, Äquidistanz zu allen politischen Parteien und ausgewogene und topaktuelle Berichterstattung werden den ORF Steiermark auch in Hinkunft auszeichnen.“
Folgende Akzente will Draxler verstärken bzw. setzen:
Stärkung des Heimatgefühls
Der ORF Steiermark wird seinem Stammpublikum Programmsicherheit bieten und das
Vertrauen vertiefen, aber auch für neue junge Zielgruppen neue
Angebote kreieren. Berichterstattung über Landesgrenzen hinweg (Slowenien, Ungarn, …)
Bedeutende Entwicklungen in den Nachbarländern und im neuen Europa werden Bestandteil des Programmangebotes. Keine Radikalreform, nur Optimierungen kündigt Gerhard Draxler an: Stärkung des
Heimatgefühls für Stammhörer, mehr Aufmerksamkeit für Randgruppen. Ausbau der Live-Berichterstattung aus den Regionen, ebenso aus den Nachbarländern. Kultur
Die Steiermark will sich als
Schwerpunkt-Studio Kultur etablieren und Berichte in Ö1, 3sat oder Bayern Alpha exportieren. Jugend
Eine Kreativgruppe aus Fachhochschülern und Medienkunde-Studenten soll Ideen für ein junges Publikum einbringen. Konkrete Vorhaben
Georg Altziebler soll eine „Menschenbilder“-Reihe produzieren. Christine Brunnsteiner soll für eine CD nach den populärsten Volksmusik-Hits suchen.
Reinhard Grundner wird Möglichkeiten der Regionalisierung studieren. „Die ersten Programmneuerungen werden im Gleichklang mit der großen Programmreform im ORF ab 10. April 2007 sichtbar. Es wird aber keine ,Radikalreformen‘ geben. Das Programm wird in wohlüberlegten Optimierungsschritten weiterentwickelt“, so Landesdirektor Draxler. „Der ORF Steiermark verfügt über das beste Landesstudio-Team Österreichs. Engagement, Kreativität und ein gutes Betriebsklima sind die besten Voraussetzungen für den Erfolg in den nächsten Jahren“, meint Draxler. ❖
Gerhard Draxler: „Ich will ein Lagerfeuer entfachen, an dem sich alle erwärmen können. Ich bin nicht der Rambo, die Rambos scheitern alle.“
ORIENTIERUNGSHILFE FÜR ÖSTERREICH?
EIN POLITISCHER REISEBERICHT AUS DEM KÖNIGLICHEN SCHWEDEN
Schweden hat ein hohes soziales Niveau und dennoch hervorragende Wirtschaftsdaten. Ein besser ausgebauter Sozialstaat und ein höheres Wirtschaftswachstum als in Österreich – wie funktioniert das? Heilwig Possert-Lachnit, organisierte im Rahmen der Grünen Akademie im Juni 2006 eine politische Studienreise nach Schweden zum Thema „Der Sozialstaat im Elchtest“.

8,9 Millionen Einwohner und ein volksnahes Monarchenhaus.
in Blick in den NordenElohnt sich: Auch in Schweden wurde in diesem Herbst gewählt und eine langjährige Regierung abgewählt. Das Farbenspiel war dabei genau umgekehrt wie bei uns: Die Sozialdemokratie verlor knapp und wurde durch eine Mitte-RechtsKoalition abgelöst. Dennoch scheint durch den Regierungswechsel für den vielzitierten schwedischen Sozialstaat nicht wirklich eine Gefahr zu bestehen. Gerade weil er erfolgreich seine sozialen Errungenschaften und bei den Wirtschaftsdaten einen Spitzenplatz in Europa halten kann, ist dieses Modell im Wesentlichen unumstritten. Drei wesentliche Unterschiede fallen im Vergleich mit Österreich auf:
1. Schweden hat die höchste Steuerquote der Welt.
Die hohe Steuerquote wird von der Bevölkerung akzeptiert, weil über die enormen Staatsausgaben für Kinderbetreuung, Ausbildung, Forschung, Arbeitsmarktpolitik, Gesundheitswesen, Pensionsauszahlungen etc. jeder Steuerzahler wieder genügend zurückbekommt. Die meisten Sozialleistungen kommen nicht nur den Bedürftigen, sondern allen zugute und sollen den einzelnen Menschen optimal fördern. Und zwar allen, die ihren Wohnsitz in Schweden haben, ungeachtet der Staatsbürgerschaft, des Alters oder Geschlechts. Nicht die Familie als solche wird gefördert, sondern jedes einzelne Kind, und zwar eher durch Sachleistungen als durch Geldleistungen. So hat jedes Kleinkind ab dem 14. Lebensmonat einen gesetzlichen Anspruch auf eine qualitätsvolle Betreuung. Die Ausbildung ist einschließlich des Universitätsbesuchs selbstverständlich kostenlos, die Gesamtschule (bis zum 16. Lebensjahr) ist eine Ganztagsschule (wie fast überall in Europa). Dieses Bildungssystem erreicht, dass immerhin 98 % der Schüler eine Gymnasiumsschule absolvieren. Von jeder Ebene des Ausbildungssystems gibt es die Möglichkeit, sich höher zu qualifizieren – und zwar auf Staatskosten. Beispiel gefällig? Alle Schweden haben die Möglichkeit eines einmaligen Berufswechsels, um einem drohenden Burn-out-Problem zuvorzukommen. Hierbei werden nicht nur die Ausbildungskosten, sondern auch die Lebenskosten während der zweiten Ausbildung übernommen! Zweites Beispiel: In Schweden wurde vor ein paar Jahren ein Pensionsmodell beschlossen, das aus mehreren Säulen besteht. Aus der ersten Säule erhält jeder, der in Schweden lebt – unabhängig von Erwerbstätigkeit und Staatsbürgerschaft –, eine Art Grundsicherung für alle (10.000 € netto


Heilwig Possert-Lachnit – im Bild mit dem jüngsten Reiseteilnehmer – hat Schweden besucht und Vergleiche mit Österreich gezogen.