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Arabian Nights – die Nacht der Zauberpferde

Im hurrikangeplagten Orlando sind die Spuren von „Charly“ noch deutlich zu sehen, was dem Touristenstrom aber keinen Abbruch tut – zu groß ist die Anziehungskraft von Disney-World & Co. Was mich jedoch hierher führt, sind nicht Mickey-Mouse und Killerwal, sondern eine Pferdeshow, die Nacht für Nacht für eine ausverkaufte Halle sorgt und weltweit einzigartig ist: „Arabian Nights“.

Die Nacht der Zauberpferde

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KLIPP-Mitarbeiterin Marguerita Wagner über „Arabian Nights“ in Orlando – eine Dinner-Show der Superlative

Vor ca. 15 Jahren hatte Mark Miller, Eigentümer der Show und ein enger Freund von Walter Farley (Autor der zahlreichen „Blitz“-Bücher), die Idee, besser gesagt den Traum, eine riesige Pferdeanlage zu bauen und mit Araberpferden (aber nicht ausschließlich) die größte Dinnershow der Welt auf die Beine zu stellen. Finanziert aus eigenem Familienvermögen und mit Pferden großteils aus der eigenen Araberzucht seiner Mutter gelang es ihm, ein sensationelles Programm auf die Beine zu stellen. Seine Grundidee: Leuten, die mit Pferden bisher nichts zu tun hatten, die Schönheit und Vielfältigkeit dieser Tiere möglichst facettenreich nahe zu bringen. Das Publikum, ca. 3000 Zuschauer pro Tag – 365 Tage im Jahr (!), besteht großteils aus Urlaubern, für welche eine Dinnershow natürlich sehr gelegen kommt, da sie Abendessen und Abendprogramm in einem umfasst. Für 40 Dollar Eintritt wird ein viergängiges Menü sehr nett serviert, während in der Manege die Vorführungen laufen. „Unser Ziel ist, jeden einzelnen Zuschauer die besondere Beziehung fühlen zu lassen, die zwischen Mensch und Pferd bestehen kann.“ Das Licht geht aus, und während bereits die Vorspeise serviert wird, steigt Nebel in der Halle auf, um die Zuschauer auf das folgende märchenhafte Geschehen einzustimmen. Die Prinzessin soll heiraten und ihr zu Ehren gibt der König ein Fest, die Zuseher dürfen sozusagen am Festmahl und den Vorführungen teilnehmen. Mittelpunkt der Show ein schwarzer Araberhengst, tituliert als „Walter Farley’s Black Stallion“. Ein junger Prinz, der um die Prinzessin des Königreichs wirbt, stellt ihn seiner Auserwählten unter orientalischen Klängen in einer Freiheitsdressur vor. In mystischem Licht ein tanzendes, wunderschönes schwarzes Pferd –dies ist so eindrucksvoll, dass man Speis und Trank vergisst. Ein Hofnarr führt durch das Programm, das von Westernvorführungen über Zirkusnummern (den zweifachen Salto auf zwei Pferden beherrschen lt. Mark Miller nur zwei Akrobaten auf der ganzen Welt), andalusische Dressur, Wagenrennen bis zu einer Quadrille – angelehnt an die Spanische Hofreitschule – so ziemlich alles an Pferdeschönheit umfasst. Ein absolutes Highlight ist auch eine heitere Nummer von einem betrunkenen Cowboy mit einem betrunkenen Pferd – liebevoll und lachmuskelverzehrend dargestellt.

Spektakulärer Sprung. Kinder dürfen ganz nah an die Lieblinge ran –Besuch wird ein unvergessliches Erlebnis.

Die Prinzessin und das Einhorn. Darf im Finale nicht fehlen: das US-Banner. Artistische Einlage der Gypsys.

Natürlich muss die Prinzessin entführt werden und der Herzensprinz rettet sie – so muss es sein. Wunderschön anzusehen eine Art Paxde-Deux, Prinz auf weißem Araber, Prinzessin auf schwarzem Hengst (dieser komplett „nackt“, ohne Zaumzeug und Sattel – und auch ohne Halsriemen und Gerte!!). Als Schlusspunkt wird eine ganze Araberherde frei laufend in die Manege gelassen – ein Bild von Freiheit und Lebensfreude. Die Zuseher dürfen nun die Pferde streicheln und Fragen an die Akteure stellen, was insbesondere bei den Kindern Begeisterung hervorruft. Das Training für die Show ist natürlich sehr zeitaufwendig, lt. Mark ist es aber weit schwieriger, die Reiter zu schulen, am wichtigsten ist die Motivation der Pferde (wobei er – tatsächlich – erwähnt, dass den männlichen Darstellern oft ihr eigenes Ego im Weg steht …). Er hatte auch schon Pferde, die nach einem Jahr Training überhaupt keinen Spaß am Rampenlicht hatten – das ist eben Pech, wie er es ausdrückt – ohne Freude geht’s nicht; diese konnte er nur verkaufen. Darum ist es auch das Wichtigste, die Leute darin auszubilden, wie man Pferden Spaß an der Arbeit vermittelt. Ein weiterer Schwerpunkt in Mark Millers Leben ist sein Schulprojekt „The Black Stallion Literacy Project“: Er zieht mit Pferden und Büchern, insbesondere natürlich denen von Walter Farley, von Schule zu Schule, versucht den Kindern wieder nahe zu bringen, dass Lesen wesentlich mehr Freude macht als Computerspiele. Abgesehen vom sprachlichen Lerneffekt eines guten Buches, regt es natürlich die Phantasie viel mehr an – und ein spannendes, liebevoll geschriebenes Buch wirkt sicherlich positiver auf eine Kinderpsyche als Mord und Totschlag in einem Playstation-Kampf. „Wenn wir Kinder lehren zu lesen, lehren wir sie zu träumen. Dann können sie ihre Träume Wirklichkeit werden lassen.“ Derzeit ist es in Florida, Texas und Arizona möglich, das Projekt zu sich in die Schule zu holen, für 8 Dollar pro Kind. In verschiedenen Stufen wird das Lesen interessant gemacht, was durch direkten Kontakt mit den Hauptdarstellern der Bücher, den Pferden, natürlich besonders attraktiv ist. Diese Arbeit hat Mark Miller auch schon einige Preise der amerikanischen Regierung eingebracht und einen persönlichen Dankesbrief des Präsidenten. Bislang sind mehr als 6.000 Vorführungen in Orlando gelaufen, 70 Pferde sind in dem Areal untergebracht und werden abwechselnd Abend für Abend in 20 verschiedenen Nummern eingesetzt. Vereinzelt gibt es auch Nachmittagsvorstellungen, in der Regel ist jedoch eine Show pro Tag am Programm. Die Show gewann u.a. die Goldene Palme für „the best-themed Restaurant“. „Arabian Nights – we will win your heart“, so der Leitspruch. Meines haben sie jedenfalls bereits. Infos zur Show: www.arabian-nights.com ■

Nur wenn ein Pferd mit Freude trainiert, gelingen derartige Kunststücke. „Betrunkenes Pferd“ sorgt für Lachstürme.

Eine „unglaubliche Hilfeleistung“ der Menschen von Hikkaduwa, Sri Lanka, hatte die Grazerin Sonja Gürtler unmittelbar nach der Tsunamikatastrophe in Sri Lanka erfahren, die sie selbst mit viel Glück überlebte. Nun will sie ihnen mit dem Benefizkonzert „Epizentrum Graz – Hilfe für die Menschen in Sri Lanka“ Hoffnung für den Wiederaufbau geben.

Benefizkonzert für Tsunamiopfer in Sri Lanka

Die Flutwelle hätte sie beinah voll erwischt, als sie Richtung Strand unterwegs war. Nur durch Glück blieb die Grazerin Sonja Gürtler unverletzt, als der Tsunami über Hikkaduwa und die Ostküste Sri Lankas hereinbrach: „Ich habe zusammen mit anderen ein Haus etwas abseits vom Strand (ca. 400 m) gemietet, am Tag des Tsunami habe ich um eine Stunde verschlafen, war gerade am Weg zum Strand, als mir vor allem Einheimische entgegengelaufen sind und geschrieben haben: ‘You can’t go there, the sea is coming!’ Bin zurück ins Haus, hab die anderen geweckt und wir sind schauen gewesen, was passiert ist. Zur Zeit der 2. Welle (eine halbe Stunde später) waren wir wieder zurück im Haus. Das Haus blieb unversehrt, da zwischen Meer und Haus ein etwas erhöhter Bahndamm ist, über den das Wasser nicht gekommen ist. Viel Glück, wäre ich 100 m weiter gewesen oder 1 Minute früher drangewesen, hätte es mich wohl auch erwischt!“ Eigentlich wollte die Soziologin ein Auslandssemester an der Universität von Matare absolvieren. Der Tsunami hat dieses Vorhaben vorerst verhindert. „Hikkaduwa ist eine kleine Stadt an der Süd-West-Küste Sri Lankas, in welcher die Menschen von (Individual)tourismus und von Fischfang leben. Diese zählt zu einer der durch die Flutwellen sehr schlimm betroffenen Regionen des Landes. Da ich erst eine Woche nach der Katastrophe nach Graz zurückgekehrt bin, konnte ich in dieser Zeit die unglaubliche Hilfeleistung seitens der Bevölkerung erleben, die auch uns ‚Touristen’ zuteil wurde. Auch konnte ich erleben, welch unvorstellbare Hoffnung die Menschen in den Wiederaufbau und die Wiederbelebung des Tourismus setzen. Diese Hoffnung möchte ich unterstützen und im Sinne einer nachhaltigen Gleichverteilung den Menschen zurückgeben, was sie in unermüdlichem Eifer vielen Reisenden gegeben haben“, sagt Sonja Gürtler. Helfen will Sonja Gürtler nun mit einem Konzert am 11. Februar 2005 in der Helmut-List-Halle. Zahlreiche MusikerInnen traten (Anm.: Kurz vor Redaktionsschluss) im Rahmen dieser „Echowelle“ auf. UR, Jan-Pieter Martens, Opus, Folksmilch, B-funk Family, Shenanigans, Uptown Monotones, Cream of the Crop, Cosmic Circle, Monk, Grupo Um, Samba Brasil, Feuershow … H i l f e f ü r d i e M e n s c h e n i n S r i L a n k a

Sonja Gürtler, die das Konzert gemeinsam mit Oliver Hödl, Stephan Lippitsch und Ing. Daniela HödlLippitsch in Graz sowie Christine Koch in Sri Lanka organisiert, will den BewohnerInnen der Region Hikkaduwa eine nachhaltige Hilfeleistung bieten. Der Erlös des Konzertes soll dafür den Grundstein legen. Die Entscheidungsfindung der einzelnen Projekte soll auf die Bevölkerung übertragen werden, um Akzeptanz für die Entwicklung zu gewährleisten. „Viele von uns glauben zu wissen, was die Menschen in Sri Lanka gerade brauchen, doch geht es für Christine Koch und mich vor allem darum, zu fragen, was die Menschen selbst wollen, um ihnen zu helfen diese Ziele zu verwirklichen. Konkret denken wir an die Formierung einer Gruppe von Einheimischen, die diverse Gruppen der Bevölkerung repräsentieren. Auf gerechte Verteilung, nachhaltige und langfristige Entwicklungsmöglichkeiten soll hierbei besonders Rücksicht genommen werden“, will Sonja Gürtler dafür sorgen, dass das Geld wirklich den Menschen vor Ort zugute kommt.

Sonja Gürtler überlebte die Flutwelle und will nun den Menschen von Hikkaduwa helfen.

Wissenschaftlich begleitet wird dieses Projekt von der Universität Graz, der Universität Matare, Sri Lanka, sowie diversen VertreterInnen von NGOs aus Sri Lanka. Sie selbst kehrt Ende März nach Sri Lanka zurück: „Nach dem Abschluss meines Soziologiestudiums entschied ich mich noch Umweltsystemwissenschaften mit Schwerpunkt Geographie zu studieren. Dafür wollte ich auf der Universität von Matare, Institut für Geographie, ein Auslandssemester absolvieren. Das möchte ich auch noch abschließen, auch wenn sich das ganze Land nach wie vor im Ausnahmezustand befindet, läuft trotzdem der Universitätsbetrieb. Allerdings ist die Strecke zur Universität nur mit äußersten Mühen zu bewältigen.“ HB ■ Info:

Aktion „Echowelle Graz – Hilfe für die Menschen in Sri Lanka“ Mag. Sonja Gürtler, Schöckelbachweg 53, 8045 Graz, +43/ 650/ 36 53 083 guertler.sonja@utanet.at www.echowelle.at

Den Gedanken, sich aufzugeben trug er nie

Starke Leistung, die Uni geschafft: Mag. Mario Kowald

Mister „Blind Date“

Der blinde Mario Kowald hat Jus studiert, organisierte das erste Singletreffen für Sehbehinderte und hofft auf mehr politischen Einfluss der „handicapped people“.

Wenn der 29-jährige Mario Kowald in einem Kaffeehaus seinen Tee bekommt, merkt fast niemand, dass der Steirer blind ist. Sicher greift er zum Häferl, fügt Zucker hinzu –einfach ein ganz gewöhnlicher „Endzwanziger“, der sich nach

einem Arbeitstag ein wenig entspannt. Doch Kowald ist kein ganz gewöhnlicher Twen: Er ist einer von rund 400.000 blinden bzw. sehbehinderten Österreichern. Als Jugendlicher konnte er noch sehen, benötigte nicht einmal eine Brille. Doch dann begann seine Sehkraft plötzlich zu schwinden – aufgrund eines genetischen Defekts. Die Krankheit schritt raschest voran. Auf dem Weg zur Matura am BORG Bad Radkersburg musste er sich seine Bücher auf A3-Format kopieren um die Schrift noch erkennen zu können. Und heute kann er gerade noch helles Licht ausmachen, sonst herrscht vor seinen Augen pure Dunkelheit. „Ich weiß nicht, ob es schlimmer ist blind zu werden oder blind geboren zu sein“, sagt er. Wer nie gesehen hat, tut sich leichter seine anderen Sinnesorgane zu stärken. Doch wer aus eigener Erfahrung weiß, wie grüne Wiesen aussehen, möchte Erinnerungen dieser Art nie vergessen. Mario Kowald ist sich im Klaren, dass er nie wieder sehen wird können. Doch den Gedanken sich aufzugeben trug er nie. Kowald ist ein Kämpfer, der mit seinem Schicksal umgehen will, um dem Rest der Welt zu zeigen, dass Blinde nur ein wenig Unterstützung brauchen, um genauso in der Leistungsgesellschaft bestehen zu können wie „Normalos“. Darum hatte er sich auch nach einem Jahr in Philadelphia (USA) in den Kopf gesetzt Rechtswissenschaften zu studieren. In Graz und Wien war das damals nicht möglich – in Linz dagegen startete gerade ein Pilotprojekt für Blinde und diese Chance nützte der Oststeirer trotz jeder Menge Hürden. „Zuerst der bürokratische Aufwand – ein Wahnsinn. Und dann das Unileben – äußerst kompliziert“, blickt er heute zurück. Für jede Klausur brauchte er Extragenehmigungen um die Prüfungen am Notebook absolvieren zu können: „Ich musste die Prüfungsfragen auf Diskette bekommen, beim Schreiben musste der Bildschirm ausgeschaltet sein, damit niemand abschreiben konnte, und so weiter.“ Doch der Ehrgeizling schaffte es und holte sich mit der Diplomarbeit zum Thema „Kündigungsschutz von Behinderten“ den angestrebten Magistertitel – inklusive eines Erasmusabenteuers in Bochum. „Bei meinen Auslandsaufenthalten habe ich festgestellt, wie andere Länder mit ihren Behinderten umgehen. Da haben wir in Österreich noch viel Nachholbedarf.“ Bestes Beispiel sind die Bankomaten. „Bei uns gibt es nirgends blindenfreundliche Geräte“, so Kowald. „In Großbritannien etwa ist es Usus.“

v o n B e r n d H a d l e r

Foto: Bernd Hadler J a m m e r n h i l f t n i c h t

Mit dem bisher Erreichten gibt sich Kowald freilich nicht zufrieden: „Wir Behinderten müssen uns besser organisieren. Doch Mario Kowald ist keiner, der nur schimpft. Seit seiner Uni-Zeit engagiert er sich in Behindertenorganisationen und sorgte letztes Jahr mit dem ersten Single-Treffen Österreichs für Blinde, Sehbehinderte und Sehende für Furore. „Ein voller Erfolg: Wir rechneten mit 35 Teilnehmern, gekommen sind dann rund hundert. Und einige Pärchen, die sich gefunden haben, sind noch immer zusammen.“ ■

Die Bilderwunderwelt der Ingrid Stern

Gemalt wird am großen Tisch, Staffelei gibt es keine … Die Grazer Künstlerin Ingrid Stern geht sehr eigene künstlerische Wege, die inzwischen in vielen, auch internationalen Ausstellungen gewürdigt werden. Die Vielschichtigkeit ihrer Werke ist verblüffend.

Ein Haus mit Garten wie viele in einer Siedlung in Gösting. Ingrid Stern führt in ihr „Atelier“, ein kleines, einfaches Gartenhäuschen, das sich als seltene Energiewerkstätte entpuppt, wo die Künstlerin ihre Bilder mit vielschichtigem Farben- und Formenmaterial auflädt. „Ich male, wie ich empfinde, es kommt aus meinem Selbst, daraus entsteht meine Freude“, erklärt die Künstlerin. Aus der Reduktion entstehe eine Tiefe. Es geht ihr ums Ruhigwerden. Dabei ist sie zugleich ein „verspielter Mensch“. Ihre spirituellen Bilder sind ihr die Brücke zum Menschen. „Wenn ich zu malen beginne, konzentriere ich mich, dass ich zu mir selbst finde. Ich versuche so Wesentliches zum Ausdruck zu bringen. Ich will traurigen Menschen ein Bild von mir schenken, dass sie davon glücklich weggehen können.“ Vor 10 Jahren erst hat die heute 63-jährige Ingrid Stern mit dem Malen begonnen. Aufgewachsen am Gestüthof des Fürsten zu Schwarzenberg bei Murau, den ihr Vater verwaltete, hat sie dort die große Freiheit erlebt. Diese holte sie mit 53 Jahren wieder in ihr Leben: „Kunst macht mich frei, bringt mir eine große Zufriedenheit.“ „ I c h w i l l z u m We s e n t l i c h e n k o m m e n “

Der Weg ist in alle Himmelsrichtungen offen. „Himmel und Erde“ heißt auch einer ihrer Bildzyklen. Ingrid Sterns Stärke ist zweifellos ihr vielfältiger künstlerischer Ausdruck: konkret, emotionell spirituell auf der einen Seite, stimmungsvolle Stillleben, Landschaftsbilder und (jetzt) reduzierte, abstraktkonstruktivistische Arbeiten, die auf eine Einfachheit und Klarheit abzielen: „Ich will zum Wesentlichen kommen. Einfachheit ist so schön, besonders in der heutigen Zeit, wo alles so drüber ist ...“ Die Inspiration für das Wesentliche kommt von ihrem Mann, der sie als großer Jazzfan zur Reduktion animierte. Aus ihrer Freundschaft mit den Künstlerinnen Edith Temmel und Renata Schwarzbauer sind die Künstlergruppe „Triangelart“ sowie auch famose Ausstellungen entsprungen. Die Experimentierfreude prägt ihr Schaffen. Von einer impulsiven Klarheit und Kraft künden ihre letzten Arbeiten. Sie hat sich in den letzten vier Jahren eine Technik erarbeitet, in der sie mit Tusche auf Japanpapier einen großen Interpretationsspielraum im Umgang mit Farbe und Formen realisiert: Sprühend, geerdet oder himmelstürmend, dann wieder, mit eben dieser Technik, großformatige „Streifenbilder“ von einer tiefgründigen Formenschlichtheit. Ingrid Sterns künstlerische und menschliche Grundeinstellungen sind Spiritualität, Bescheidenheit: „Wir dürfen auf die Demut nicht vergessen.“ Zahlreiche Ausstellungen in Österreich sowie im Ausland würdigen ihre Arbeit. Demnächst werden ihre Werke in Litauen und St. Petersburg zu sehen sein. HB

Ingrid Stern stellt ihre Werke in zahlreichen internationalen Ausstellungen aus.

Es ist einzigartig in der Natur, aber den Hirschen wachsen alljährlich große Knochenstangen am Kopf, die sie nach einigen Monaten wieder wegwerfen. „Abwerfen“ heißt es, wenn die Geweihstangen vom Kopf des Rothirsches fallen, doch keine Angst, die Hirsche werfen jetzt nicht ihre Geweihe durch den Wald.

Der Geweihabwurf kann höchstens den Hirsch aus dem Gleichgewicht bringen. Fällt zunächst nur eine Stange, dann ist es nicht selten, dass ein Hirsch mit schräg gehaltenem Haupt dahertorkelt. Wenn man bedenkt, dass eine Geweihstange zwei, drei Kilo oder noch schwerer ist, und das Gegengewicht dazu plötzlich fehlt, dann kann man sich vorstellen, dass es anstrengend wird, den Kopf gerade zu halten. Nachdem eine Schicht knochenauflösender Zellen den toten Geweihknochen vom lebenden Stirnbein getrennt hat, fällt er im Spätwinter vom Kopf. Gleich anschließend beginnt wieder das neue Geweih zu wachsen. In der

Regel wird es schwerer und größer als das vorherige. Dabei sagt die Zahl der Enden aber nichts über das Alter aus. Zunächst ist das Geweih ein lebender Knochen, der zum Schutz noch von einer pelzigen Haut überzogen ist. Es ist unglaublich, aber in nur vier bis fünf Monaten kann bei einem starken Rothirsch eine Geweihknochenmasse von bis zu zehn Kilo neu gebildet werden. Am Höhepunkt der Wachstumsperiode kann man dem Geweih förmlich zuschauen, wie es täglich um bis zu zwei cm länger wird. Woher kann ein Tier so viel Aufbaustoffe nehmen? Zur Zeit des stärksten Wachstums werden Kalzium und Phosphor sogar vom Knochengerüst in die Geweihe verlagert. Im Hochsommer steigt dann der Spiegel des männlichen Geschlechtshormons, was bewirkt, dass das Wachstum eingestellt wird und der bis dahin noch weiche Geweihknochen hart wird. Nun wird die pelzige Haut heruntergerieben, das Geweih bekommt seine Farbe und ist einsatzbereit zum Drohen, Imponieren und für den Brunftkampf im Herbst. Schon nach der Brunft setzt der Abbau einer dünnen Knochenschicht ein. Bis in den Spätwinter hat sich die Verbindung zwischen Geweih und Stirnknochen dann aufgelöst und es kann wieder „weggeworfen“ werden. Ein faszinierendes Schauspiel, das den Tieren alljährlich viel Kraft und Energie kostet. Landesjägermeister Gach meint dazu: „Abwurfstangen von Hirsch und Reh geben interessante Informationen über Alter und Entwicklung der Tiere, sie gehören dem Jagdausübungsberechtigten. Wer jetzt nach dem langen Winter in den Rückzugsgebieten des Wildes nach Stangen sucht, beunruhigt die Tiere sehr, Schäden am Wald können die Folge sein. Sollten Sie bei einem Waldspaziergang ein Geweih finden, ist dieses beim zuständigen Jäger abzugeben.“

Die Wegwerf-Gesellschaft

Naturwunder: Alljährlich werden die großen Hirschgeweihe abgeworfen und wieder neu aufgebaut.

Dr. Hubert Zeiler, Wildökologe der Steirischen Landesjägerschaft

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