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Gesamtkunstwerk Dom

Ein Blick von der Mozartkreuzung Richtung Mariendom beeindruckt Passant:innen schon im Vorbeigehen. Je näher die Besucher:innen kommen, umso mächtiger erscheint das Gotteshaus. Überwältigend ist für viele der erste Besuch in der größten Kirche Österreichs. Einmal über die Schwelle geschritten, taucht man ein in eine Welt aus Architektur, bildender Kunst, Glasmalerei und Mosaikkunst. Alle Details sind aufeinander abgestimmt. Die Monumentalität der Säulen, die Höhe des Raumes und die Zierlichkeit der Figuren: Alles findet Platz. Stille durchflutet den Raum, da und dort ein Flüstern, ein Lachen. Eine Schulklasse steht vor einem Glasfenster und sieht Menschen abgebildet, wie sie vor über 100 Jahren in Oberösterreich gelebt und gearbeitet haben. Jemand beginnt an der Rudigierorgel zu spielen, sie gilt als eine der herrlichsten Orgeln der Welt. Ein Kunstprojekt macht Frauen sichtbar, die hier gewirkt haben. Und das alles mitten in Linz.

HIMMELSTIEGE UND TÜRMERSTUBE

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Wer ein Haus besitzt, weiß: Es ist immer etwas zu tun. Wie viel mehr gilt das für einen Kirchenbau, dessen Initiator Bischof Franz Joseph Rudigier einen Dom „für alle Linzer“ – damals an die 20.000 Einwohner:innen – errichten lassen wollte. Die Grundsteinlegeung war am 1. Mai 1862. Seither wird der Dom ständig restauriert, renoviert, saniert und erneuert – sowohl innen als auch außen. Spektukuläre Bilder lieferte die Öffnung der Turmkreuzkugel, die im Zuge der Turmhelmsanierung passierte. Damals entnahm Bischof Manfred Scheuer die darin befindliche Zeitkapsel und ergänzte deren Inhalt später unter anderem um eine FFP2-Maske und einen 3-DDruck der Heiligen Familie. Die Turmsanierung dauerte von 2019 bis 2021. Nun lädt die neue Himmelsstiege Besucher:innen ein, den Steinbalkon in 112 Metern Höhe zu erklimmen. Auch hier arbeitet der Mariendom mit Superlativen: Der Steinbalkon ist die höchste Aussichtsmöglichkeit einer Kirche in Österreich. Ab April ist die Himmelsstiege aus Stahl geöffnet. In etwas geringerer Höhe kann man mit ein wenig Glück einen Blick in die Stube des Turmeremiten in 68 Metern Höhe erhaschen. Hier besteht seit dem Kulturhauptstadtjahr 2009 die Möglichkeit, sich für eine Woche in die Türmerstube zurückzuziehen. Kulinarische und spirituelle Begleitung sind im Angebot dabei – und fast immer auch Erfahrungen, auf die keine Ermetin, kein Eremit je wieder verzichten will.

FARBENPRACHT IN FENSTERN UND MOSAIKEN

Besucher:innen sind auch zu ebener Erde willkommen. Spezielle Führungen für Gruppen, Erwachsene oder Kinder laden ein, den Dom tagsüber oder auch abends mit der Taschenlampe zu erkunden. Für Erwachsene gibt es zudem die einmalige Gelegenheit, eine Kirchenbesichtigung mit einer Weinverkostung oder einem Dinner für zwei zu kombinieren.

Glasfenster-Führungen lassen die farbige Pracht des Mariendoms – und seine Geschichte mit den Menschen – erleben. Berührend ist es, wenn Besucher: innen erzählen, dass Großeltern hier geheiratet haben, Urgroßmütter und -väter getauft wurden und die Großtante sogar für den Dombau gespendet hat. Das Zertifikat dafür liege noch zu Hause in der Dokumentenmappe, erzählte erst kürzlich eine Besucherin. Geschichten wie diese können auch gerne im Blog des Mariendoms veröffentlicht werden (siehe Link unten). Beeindruckend sind die zurzeit stattfindenden Arbeiten im Kapellenkranz hinter dem Hochaltar des Mariendoms, der zum ältesten Teil des Gotteshauses gehört. Große Wandmosaike, bislang oft kaum wahrgenommen, werden hier von Schmutz und Staubschichten befreit. Diplom-Restauratorin Susanne Beseler konnte sich vom guten Zustand der Mosaike überzeugen und zeigte Interessierten, welche Farbenpracht sich unter der Schmutzschicht verbirgt. Die Mosaike können mit der Strahlkraft der Fenster locker mithalten. Es gibt immer etwas zu tun ... und etwas zu sehen in der größten Kirche Österreichs.

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