Pflanzenfreund

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Pflanzenfreund informiert, reflektiert, inspiriert, engagiert – seit 1900 Pflanzenfreund Februar 2021, Nr. 2 CHF 7.80 9 772673 276006 02 30 Bodeninitiativen –Stimmungsbarometer 24 Dürrenmatt und die Laubpuster 20 Unter der Oberfläche

Ihr Gartenprojekt

Damit Ihre Terrassen- oder Gartenplanung ganz unkompliziert gelingt, haben wir kom fortable und effiziente Planungsmethoden entwickelt. Unterstützt durch unsere erfah renen Gartenplaner kommen Sie damit ganz schnell ans Ziel. Gartenplanung mal anders!

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Spatenstich

Liebe Leserin, lieber Leser

Im neuen Jahr ist der Pflanzenfreund auf dem Weg, sich vom Kunden- zum unabhän gigen Gartenmagazin zu entwickeln. Zu einer Zeitschrift mit Ecken und Kanten, in der auch unbequeme Gartenthemen wie der Einsatz von chemischen Pflanzenschutz mitteln angesprochen werden.

Denn, was haben Gartenwerkzeuge (ab Seite 18) mit der Pestizid-Debatte (ab Seite 30) gemeinsam? Und warum sind die kommenden Initiativen rund um Pestizide und Trinkwasser Inhalt dieser Ausgabe? Fachleute schätzen, dass fünf bis zehn Prozent aller schweizweit verkauften Pestizide in Privatgärten eingesetzt werden. Also, das Thema geht auch uns etwas an.

Den schönen Seiten des Balkongärtnerns widmet sich die Bloggerin Melanie Öhlen bach, die seit 2014 auf www.kistengruen.de über das Gartenleben auf sechs Quadrat metern berichtet. Sie wird uns mit Tipps und Erfahrungen durchs ganze Jahr begleiten (Seite 17). Buchstäblich in die Tiefe geht unsere neue Kolumnistin Angelika Ertl. Bei der österreichischen Biogärtnerin und ORF-Moderatorin dreht sich alles um unser Erd reich (Seite 15).

Eine gute Basis ist auch für das Gedeihen einer Zeitschrift wichtig. Dank der Unterstützung der Ernst Meier AG und den bisherigen, treuen Abonnent*innen konnten wir den Pflanzenfreund behutsam neu ausrichten. An den vielen engagierten und motivierenden Rückmeldungen unserer Leserschaft sind wir gewachsen. Jetzt wagen wir den Schritt in die freie Medienlandschaft: Ab März 2021 wird der Pflanzenfreund in der ganzen deutschsprachigen Schweiz an rund 3500 Verkaufspunkten und Kiosken erhältlich sein. Trotzdem würden wir uns freuen, wenn Sie unser Engagement mit einem Jahresabonnement für Fr. 48.– unterstützen. Im Abo kostet eine Ausgabe nur Fr. 4.80 anstatt Fr. 7.80 am Kiosk – und Sie erhalten das Magazin direkt nach Hause.

Da wir den Austausch unter Pflanzenfreunden schätzen, werden wir im Sommer speziell für interessierte Abonnent*innen schweizweit Exkursionen zum Thema Tier-Pflanzen-Interaktionen anbieten. Weitere Projekte rund um das Thema Nach haltigkeit für Garten-, Balkon- und Terrassenbesitzer*innen sind in Vorbereitung. Fortsetzung folgt

Auf ein fruchtbares, erfülltes neues Gartenjahr.

Ihre Redaktion

Tanja Keller redaktion@pflanzenfreund.ch

PS: Für mich persönlich ist ganz klar: Ich werde im Juni 2x JA in die Urne werfen.

ZUM TITELBILD Einen Anfang machen, den Boden sanft vorberei ten für Neues. Die Grabgabel steht stellvertretend für alle Garten werkzeuge, die wir in dieser Aus gabe vorstellen – und sinnbildlich für den Tatendrang, den wir in verschiedenen Artikeln themati sieren. (Foto: © alamy)

EDITORIAL
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Neue Rubrik

Redaktionsleiterin Tanja Keller, redaktion@pflanzenfreund.ch

Redaktionelle Mitarbeit Ivo Eugster (Text und Bild), Carmen Hocker (Text und Produktion)

Anzeigen KünzlerBachmann Verlag AG, Olaf Aperdannier, Tel. +41 71 314 04 79, o.aperdannier@kueba.ch

Abonnement www.pflanzenfreund.ch/abo, Jahresabonnement Fr. 48.–. Adress änderungen an info@pflanzenfreund.ch

Gestaltung/Layout

Claudia Neuenschwander

Lithographie Media Concept Schweiz AG, Eschenbach SG

Korrektorat Schellenberg Druck AG, Pfäffikon ZH

Inhalt

GASTKOMMENTAR

Dürrenmatt und die Laubpuster FAUNA IM FOKUS 38 Kellerassel ENGAGEMENT

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 5 38 26 40 17

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INSPIRATIONEN 6 Blattwerk ARBEITEN IM FEBRUAR 10 Saisontipps 15 Kolumne 16 Saat- und Pflanzkalender GÄRTNERN OHNE GARTEN 17 Pflanzenglück auf kleinem Raum WISSEN 18 Die Unentbehrlichen 20 Unter der Oberfläche 26 Wenn Gartengeräte erzählen könnten 30 Zwischen Schock starre und Wertewandel 49
Lass uns reden. Über den Boden. GRÜNE AGENDA 48 Ausflugstipps STANDPUNKT
Entscheiden dürfen
Impressum «Pflanzenfreund», 121. Jahrgang, Nr. 2 (Februar 2021), Preis: Fr. 7.80, erscheint 10x jährlich Auflage 25 000 Exemplare Herausgeber Verlag «Pflanzenfreund», c/o Ernst Meier AG, Kreuzstrasse 2, 8635 Dürnten, www.pflanzenfreund.ch Geschäftsleiter/Verleger Erwin Meier-Honegger Verlagsleiter Jean-Pierre Ritler, jpr@pflanzenfreund.ch
Druck PMC, Oetwil am See ZH Papier Refutura GSM FSC®, (100 % Altpapier, «Blauer Engel» zertifiziert)
6 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH 1 3 6 5

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1 Gewöhnliche Akelei (Aquilegia vulgaris)

2 Weidenblättrige Birne (Pyrus salicifolia ’Pendula’ )

3 Zierlicher Frauenmantel (Alchemilla epipsila)

4 Echter Salbei (Salvia officinalis)

5 Blutstorchschnabel (Geranium sanguineum var. striatum)

6 Polsternelke (Dianthus gratianopo litanus ’Eydangeri’ )

7 Gemeine Felsenbirne (Amelanchier rotundifolia)

Inspirationen Blattwerk

Verführerisch sehen sie aus, die Blütenfotos in Katalogen und Onlineshops. Vor allem im Winter, wenn der Garten ruht und wir uns nach Farben und Düften sehnen. Kaum verwunderlich, dass wir Rosen, Stauden und Gehölze oft nach ihren Blüten auswählen. Dabei ist es ihr Laub, das viele Monate im Jahr dem Garten Struktur verleiht. Schaut man genauer hin, entdeckt man, wie die Grüntöne der verschiedenen Pflanzen changieren und wie abwechslungsreich ihre Texturen sind. Manche Blätter, wie die «Ohren» des Wollziests (Stachys byzantina), mag man geradezu strei cheln, so flauschig-filzig sind sie. Helle Laubtöne, wie die graugrünen Blätter der weidenblättrigen Birne (Pyrus salicifolia ’Pendula’), bringen Licht in den Garten und bilden schöne Kontraste, zum Beispiel vor einer dunklen Hecke. In den letzten Jahren haben Gärtnereien übrigens begonnen, in ihren Onlineshops nicht nur die Blüten zu zeigen, sondern auch Fotos von Laub, Herbstfärbung und Samenständen. Texte und Bilder: Carmen Hocker

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Duftes Laub

Mediterrane Polster

Ihre Blätter sind meist silbrig bis grün, teils nadlig und manchmal pelzig. Thymian, Lavendel und Salbei bilden im milden Klima rund ums Mittelmeer grössere Büsche und verholzen. Deshalb werden sie auch «Halbsträucher» genannt. Bei uns ist es rat sam, durch regelmässigen Schnitt bodennahe junge Triebe zu fördern, damit die Pflanzen weniger anfällig für Frost sind. Beim Som merschnitt nach der Blüte wird Lavendel zu einer lockeren Halbkugel geformt, die über den Winter stehen bleibt. Im Frühjahr, wenn die ersten Knospen austreiben, erfolgt ein kräftiger Rückschnitt auf 10 bis 15 cm, der das Wachstum anregt. Dieselbe Schnittregel gilt für Heiligenkraut, Currykraut und Salbei.

Detaillierte Tipps finden Sie im Ratge ber «Pflanzenschnitt» von Hansjörg Haas, GU Verlag 2017, ISBN 978-3-8338-6352-3

Blüten Nebensache

Duft, Farbe und Form der Blüten. All das sind Kriterien bei der Auswahl von Rosen. Aber das Laub? Ist das nicht Nebensache? Wer sich im Früh ling schon einmal über die kahlen Triebe einer Rose geärgert hat, sollte weiterlesen. Bibernellrosen (Rosa spinosissima) zum Beispiel entfalten ihr gefiedertes Laub schon früh (siehe Foto oben). Ebenso die Moschata-Hy briden, zu denen der Klassiker ’Trier’ zählt, aber auch neuere Züchtungen wie ’Twins’ und ’Jean Stephenne’. Al len gemein ist, dass sie von Natur aus gesund sind und keinerlei Pflanzen schutz benötigen. Sollten sie Läuse haben, einfach abwarten, bis sich Nützlinge einfinden. Nach zwei Wochen ist der Spuk meist vorbei.

Das Geruchsempfinden ist etwas sehr Persönliches. Nicht umsonst heisst es umgangssprachlich «jemanden nicht riechen können». Auch im Garten lassen sich unterschied liche Noten erschnuppern, die von Blüten und Blättern verströmt werden. Letztere sind in der Regel ausdauern der. Meist wird der Duft erst bei Berührung frei, im Vor beistreifen oder beim Reiben der Blätter. Durch Trocknen lassen sich die Aromen konservieren, weshalb sie sich für Räucherungen eignen. Blattdufter werden in vier Haupt gruppen eingeteilt: Terpentin (Rosmarin, Kiefernadeln), Kampfer- und Eukalyptus (Salbei, Lavendel, Thymian), Minze (Pelargonien) und Schwefel (Senf, Zwiebel).

So zart die Blüten des Mutterkrauts (Tanacetum parthe nium), so herb ist sein Duft. Deshalb besser nicht in der Nähe von Terrassen und Sitzplätzen pflanzen.

8 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH
INSPIRATIONEN Blattwerk

SECHS BLATTSCHÖNHEITEN FÜR DEN SCHATTEN

Vorwiegend grün

Vorgärten liegen meist auf der Nordseite des Hauses. Als ob das nicht schon herausfordernd genug wäre, sind sie oft auch noch handtuchklein. Grund genug, sich für Blattschmuckstauden zu entscheiden, die über viele Monate grüne Teppiche bilden, von Zeit zu Zeit erhellt durch kurze Blütenintermezzi.

BuchTipps

Schattengarten

Die Pflanzen, die Jahreszeiten, die Stimmungen

Beth Chatto, DVA 2011

Lenzrosen Helleborus

Um ihre Blüten zu betrach ten, müsste man sich eigent lich auf den Boden legen. Ihre wintergrünen, dekorativen Blätter haben dagegen Fernwirkung.

Elfenblume

Epimedium

Die wintergrünen Arten bilden mit ihrem herzförmi gen Laub unter Gehölzen dichte Teppiche. Im Frühjahr spriessen zarte Blüten.

Falsche Alraune

Tellima grandiflora Eine eher unbekannte Blattschmuckstaude mit grünen Glöckchenblüten. Das Laub der Sorte ’Purpur teppich’ hat eine schöne Herbstfärbung.

Dreiblattspiere

Gillenia trifoliata Feingliedriges Laub, das sich im Herbst orangerot verfärbt. Mit Frühlings blühern kombinieren, da sie relativ spät austreibt.

Salomonsiegel

Polygonatum multiflorum Eine einheimische Wild staude mit überhängenden Blattwedeln und weissen Glöckchenblüten. In den Hintergrund pflanzen, da das Laub früh einzieht.

ISBN 978-3-42103808-1

Schattenstauden

Die dunkle Seite Ihres Gartens

Katrin Lugerbauer, Ulmer Verlag 2017

ISBN 978-3-80010831-2

Ruprechtskraut

Geranium robertianum Ein wilder, filigraner Überraschungsgast im Garten: Einjährig, ausbrei tungsfreudig, aber leicht im Zaum zu halten.

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 9

Saisontipps Arbeiten im Februar

WEISSER FLAUM

Warum schimmelt Blumenerde?

Zuerst einmal: Herzliche Gratulation!

Wenn sich auf der Erde ein weissflaumiger Belag bildet oder anderwei tig Pilze aus dem Erdreich der Zim merpflanzen spriessen, ist das ein gu tes Zeichen. Ihre Erde ist biologisch aktiv und lebendig. Ein Segen für alle Pflanzen.

Der Grund für das Auftreten von Schimmel- und Hutpilzen ist das üppige Vorhandensein von wertvol lem organischem Material in der Erde. Im Zusammenspiel mit Feuch tigkeit bietet dies den Pilzen einen optimalen Nährboden. Sobald die Pilze das organische Material verdaut haben, verschwinden sie genauso schnell, wie sie gekommen sind. Für ältere Pflanzen stellen solche Pilze keine Gefahr dar. Lediglich junge Pflanzen konkurrieren mit dem Pilz um Nährstoffe. Dies kann sie in ihrer Entwicklung hemmen.

KRIBBELN IM GRÜNEN DAUMEN ...

Was darf jetzt schon im Freien gepflanzt werden? Nun hat das lange Warten endlich ein Ende. Die ersten Gemüsesorten für die kommende Saison können im Frühbeetkasten ausgesät und gepflanzt werden. Darin sind die Samen und Jungpflanzen vor möglichen Spätfrösten geschützt und es kann bis zu drei Wochen früher geerntet werden.

Warme Füsse

Vorangetrieben wird das Wachstum durch eine wärmende Bodenschicht aus Pferdemist oder halb verrottetem Kompost, die gleichzeitig als Nährstoff lieferant dient. Auf diese Wärmepackung folgt eine Schicht Aussaaterde.

Geeignete Gemüsesorten

Für eine Frühaussaat sind Schnitt- und Pflücksalat, Zuckererbsen, Karotten, Radieschen, Spinat, Rucola und natürlich Kohl, Kohlrabi, Randen und Lauch zur Voranzucht geeignet.

Ein Frühbeetkasten findet nicht nur im Frühjahr zur Voranzucht Verwendung. Im Frühsommer kön nen in ihm wärmebedürftige Gemüsesorten (To maten Paprika, Auberginen) herangezogen und im Herbst/Winter winterhartes Gemüse (Nüsslisalat, Winterspinat, Endiviensalat) kultiviert werden. Selbstverständlich beschränkt sich die Aufzucht nicht auf Gemüsepflanzen. Auch zur Aussaat von (Schnitt-)Blumen eignet er sich sehr gut.

10 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH

GRETCHENFRAGEN UM DIE ORCHIDEENPFLEGE

Wer hat die Deutungshoheit?

Fragen zur Pflege von Orchideenpflanzen werden zuweilen mit fast religiösem Eifer diskutiert. Darum sei der Begriff «Gretchen frage» an dieser Stelle gerechtfertigt. In Jo hann Wolfgang von Goethes Tragödie Faust stellt Margarete, genannt Gretchen, die Fra ge: «Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.» Hier also des Pflanzenfreunds «Orchideenreligion»:

Knospe oder Blüte?

Beim Kauf von Orchideenpflanzen stellt sich immer die Frage: Entscheide ich mich für jene Pflanzen mit vielen Knospen oder für jene mit den bereits offenen Blüten?

Der neue Standort ist entscheidend. Kommt die Pflanze nach dem Kauf an einen eher dunklen Standort, unbedingt jene Pflanze mit vielen offenen Blüten nehmen. Je düsterer der Standort, desto mehr ge schlossene Knospen werden abgestossen. An einem optimalen Standort direkt am Fenster öffnen sich hingegen alle Knospen und sie dürfen sich für eine knospige Pflanze ent scheiden, die umso länger blühen wird.

Blinde Passagiere mitgekauft?

Kurze Zeit nachdem ich eine neue Orchideen pflanze bekommen habe, wurden alle meine an deren Pflanzen von Schädlingen befallen. Wur den die Schädlinge mit der neuen Pflanze einge schleppt?

Ja, das kann sein. Viele Schädlinge (z. B. Woll-, Schmier- und Schildläuse) werden erst dann sichtbar, wenn sie geschlechtsreif werden. Im Jungstadion sind sie mikros kopisch klein und quasi unsichtbar. Somit können Sie als «blinde Passagiere» zu Ihnen nach Hause gelangen. Daher ist es durchaus empfehlenswert, neue Orchideen vorsorg lich zwei Mal im Abstand von fünf Tagen mit einem Spray gegen Schädlinge zu be handeln.

Bremsen oder Gas geben?

Wie viel und welcher Dünger ist in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien angebracht?

Pflanzen sind wie Menschen: Bezüglich Nährstoffen ist ein Einheitsbrei unpassend. Unsere Nährstoffbedürfnisse sind nach ei nem verregneten Sonntag auf dem Sofa vor dem Fernseher andere, als nach einem sport lichen Sonntagsspaziergang im Sonnen schein. Die blühende Orchideenpflanze ist eine Hochleistungssportlerin und hat einen entsprechend hohen Nährstoffbedarf. In dieser Phase sind regelmässige Gaben des speziellen Orchideenblütendüngers wichtig. Nach der Blüte kommt die Ruhephase, in welcher ab und zu etwas Orchideenblatt nahrung angebracht ist.

Wurzelschnitt oder Umtopfen?

Wann ist es an der Zeit, einer älteren Orchideen pflanze ein Umtopfen zu gönnen?

Dann, wenn sämtliche Wurzeln bereits über den Topfrand wachsen. Der optimale Zeit punkt fürs Umtopfen ist das Frühjahr. Dabei werden abgestorbene und verfaulte Wurzeln vorsichtig abgeschnitten; die «saftigen» Luftwurzeln reagieren auf einen Schnitt eher empfindlich. Nach dem Umtopfen sollte die Orchideenpflanze weder gegossen noch getaucht werden. Stattdessen besprühen Sie das Substrat die nächsten zwei bis drei Wochen täglich mit Regenwasser.

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 11 ARBEITEN IM FEBRUAR Saisontipps
Alle Bilder: © mauritius images

RASEN RECHEN

Ist die schützende Schneedecke auf dem Rasen geschmolzen, kann auch schon zum Rechen gegriffen werden. Kehren Sie altes Laub von Ihrem Rasen zusammen, damit wieder Luft zur Grasnarbe gelangt. Durch das Rechen lösen sich auch miteinander ver klebte Grashalme. So haben es Rasenschim melpilze schwerer, Fuss zu fassen. Bleiben Sie aber weiterhin behutsam beim Betreten des Rasens, solange er noch nicht im Wachs tum ist. So vermeiden Sie unschöne Brand stellen. Erst bei moderaten Temperaturen ist eine erste Düngung im Jahr vorzunehmen.

RHABARBER «FORCIEREN»

© mauritius images

Der Rhabarberkuchen ist nicht mehr weit ... Um dieses Jahr noch früher in den Genuss eines saftigen Kuchens zu kommen, kann Rhabarber unter einem Bleichtopf «forciert» werden. Auf diese Weise ist er um mindes tens drei Wochen früher reif.

SCHATTENSEITEN

Frostrisse an Baumstämmen vermeiden Schlimmer als die Kälte ist für Baumstämme die Wintermorgensonne: Brennen die ersten Sonnen strahlen eines Februarmorgens auf den gefrorenen Baumstamm, zerreisst es ihn. Darum ist es besonders im Februar wichtig, Baumstämme zu schattieren. Empfehlenswert ist ein Weissanstrich oder eine schützen de Ummantelung (Vlies oder Jute). Geschickt haben es jene gemacht, die bei der Baumpflanzung den Stützpfahl auf der Südostseite des Baumstamms platziert haben, sodass dieser den Stamm schattiert.

Hierfür kommen spezielle, hohe Terracot tagefässe ins Spiel. Über die Rhababerspit zen gestülpt, erwärmt sich die Luft im Gefäss schneller und die Dunkelheit treibt das Wachstum an. Nach sechs bis acht Wochen sind unter diesem Gefäss lange, feine pink farbene Rhabarberstängel mit blassen Blättern gewachsen. Diese eignen sich be reits zum Verzehr. Probieren Sie es aus; der gebleichte Rhabarber wird Sie mit seinem süsslichem Geschmack überraschen.

12 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH
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© Adobe Stock

THEORETISCH SIND SÄULEN ÄPFEL PFLEGELEICHT

Ganz ohne Schnitt geht es jedoch nicht Die Werbung gaukelt einem vor, dass Säulenapfel bäume überhaupt nicht geschnitten werden müs sen. Dies stimmt so nicht. Doch die gute Nachricht ist: Das Schneiden ist keine Hexerei.

GEGEN FERNWEH

Ein Kapernstrauch selbst gezogen Jetzt, da niemand weiss, wann die nächsten Ferien im Süden möglich sind, hilft der ei gene Kapernstrauch gegen Fernweh. Warum Kapern? Oleander- oder Zitruspflanzen hat jeder. So langweilig! Mit dem eigenen Kapernstrauch hat man die Ohs und Ahs auf sicher – spätestens dann, wenn sich die ersten Kapernblüten öffnen.

So geht’s:

1

Legen Sie die Samen für zwölf Stunden in ein lauwarmes Wasserbad. 2 Es folgt eine zweimonatige Ruhephase in einer Plastiktüte im Kühlschrank. Kapernsamen sind Kaltkeimer. Für die weitere Entwicklung benötigen sie einen Kältereiz. 3

Anschliessend kommen die Samen noch einmal für zwölf Stunden in ein lauwarmes Bad. 4

In Anzuchtschalen, 1 cm tief gesetzt und ein wenig mit Substrat bedeckt, ruhen die Samen für weitere zwei bis drei Mo nate. Voraussetzung für eine erfolgreiche Keimung sind eine Umgebungstempera tur von 20 °C und umsichtige Wasser gaben.

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Ab Mai dürfen die jungen Kapernpflan zen an einem sonnigen Platz im Freien weiterkultiviert werden.

In der Theorie wächst das Fruchtholz direkt am Stamm, die blattlosen Seitentriebe (Internodien) sind auf ein Minimum verkürzt und die Spitzenför derung ist hervorgehoben. In der Realität bildet auch ein Säulenapfel, wenn auch nicht so stark wie Kronen bildende Apfelbäume, Seitentriebe aus. Ein pflegender Schnitt erhält die schlanke und ranke Form des Bäumchens. Zudem begünstigt ein jährli ches Auslichten einen gleichbleibend hohen Ertrag. Längere Seitentriebe (mehr als 20 cm Länge) werden im Februar und im Juni auf eine Länge von 15 cm gekürzt. Um mögliche Konkurrenztriebe so gleich im Keim zu ersticken, entfernen Sie mit dem Fingernagel an den Triebspitzen sitzende Seiten knospen. Um das Höhenwachstum in Schach zu halten, wird die Spitze oberhalb einer Astverzwei gung gekürzt.

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 13 ARBEITEN IM FEBRUAR Saisontipps
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ICH HABE EINEN GARTEN GEERBT! WAS NUN?

Fünf Gründe, warum Geduld wichtig ist.

Die Aufregung ist in jedem Falle gross; egal, ob einen die zahlreichen Ideen überfor dern oder einem die Ideen fehlen. Die Gestaltung des ersten eigenen Gartens ist ein emotionales Projekt. Das Angebot zu diesem Thema in Magazinen, Fachliteratur, Gartencentern, im TV und auf Social Media ist über wältigend. Die unendlichen Möglichkeiten bringen einen zum Träumen. Um sie zu verwirklichen, sollte man gut planen und vielleicht auch Unterstützung einer Fachperson suchen.

Aber das Allerwichtigste und Wertvollste ist ein Jahr Geduld zur Beobachtung. Ein neuer Garten muss un bedingt zuerst einmal über die vier Jahreszeiten hinweg erfahren und beobachtet werden, um sich ein Bild von den Gegebenheiten zu machen.

Wie verläuft der Schat ten? Wo stört die Sonne im Hochsommer?

Der vermeintlich optimale

Platz für den Sitzplatz ent puppt sich plötzlich als nicht so praktisch. Er ist zu zugig, die Sonne scheint in einem lästigen Winkel oder der bestehende Schatten baum sorgt mit Blütenblät tern in der schönsten Jahres zeit für Mühsal und verun möglicht den Genuss am Esstisch.

Wie verhält sich das Erdreich nach einem Dauerregen?

Für die prächtige Wunsch pflanze ist schnell der schönste Standort bestimmt. Aber wie verhält sich dort der Boden, wenn es einmal einen Monat ohne Unter bruch regnet? Die wertvolle Pflanze serbelt plötzlich da hin, weil sie im stehenden Untergrundwasser ersäuft.

Welche Pflanzen ge deihen momentan gut, welche nicht?

Wenn ein älterer Garten übernommen wird, ist das Beobachten der bestehen den Pflanze wertvoller als

jede Bodenprobe. Die Pflan zen «erzählen» einem ziem lich offensichtlich, wie das Erdreich beschaffen ist. Da von lässt sich die Platzie rung von Neupflanzen am besten ableiten und man erkennt, wo vor der Neu pflanzung zuerst Boden arbeit nötig ist.

Mut zur Mischung! Egal, ob jemand an den Klimawandel glauben mag oder nicht: Alle Pflanzen sind von den klimatischen Bedingungen momentan herausgefordert – manche sogar überfordert. Pflanzen empfehlungen sind heute nicht mehr so eindeutig möglich wie früher. Die einzige Möglichkeit zur Ver meidung von Überraschun gen ist der Verzicht auf Ein heitshecken und -pflanzun gen. Haben Sie Mut zur kunterbunten Mischpflan zung. Sie allein ist Garant für eine «pflanzentech nisch» sorgenlose Garten zukunft.

Wie viel Zeit möchte ich investieren? Machen Sie sich auch Ge danken, ob Sie sich gerne mit Pflanzen beschäftigen und wie viel Zeit Sie für die Pflege Ihres Gartens aufbrin gen möchten. Pflanzen ha ben unterschiedliche An sprüche an Boden, Pflege und Schnitt. So kann ein Ge müsebeet, das fast rund ums Jahr bestellt wird, zeitinten siver sein als ein gut etab liertes Staudenbeet. Letzte res benötigt in der kalten Jahreszeit vielleicht nur ein wenig Winterschutz und im Frühjahr einen Schnitt.

ARBEITEN IM FEBRUAR Saisontipps 14 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH
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Kolumne

Erdreich

AUS DEM DORNRÖSCHEN SCHLAF WECKEN

Rückschnittzeit im Staudengarten Ende Februar werden im Staudengarten Blüten stände und Stängel geschnitten, die über den Winter der Fauna als Nahrung und Unterschlupf, und der Flora als Winterschutz dienten.

Staudenschnitt

Alle vertrockneten, abgestorbenen Stängel der krautigen Pflanzen werden bodennah in einer Höhe von 5 bis 10 cm abgeschnitten. Weiter geht es mit der Gartenschere an die Triebspitzen. Behut sam erfolgt hier der Schnitt bis zu den schlafenden Knospen. Dieser Rückschnitt treibt einen buschi gen Wuchs voran, verhindert ein zu kräftiges Hö henwachstum und bietet den Neutrieben mehr Licht und Luft.

Ziergräserschnitt

Auch die immergrünen Gräser erwachen durch einen sanften Schnitt der dürren Halme aus ihrem Dornröschenschlaf. Da die wärmenden Sonnen strahlen ungehindert zum Herz der Pflanze drin gen können, ist der Neuaustrieb umso kräftiger.

Sommergrüne Gräser wie Chinaschilf, Ruten hirse und Pampasgras erhalten ihren bodennahen Schnitt erst im April. Hier eilt der Schnitt nicht, da sie erst später im Frühjahr austreiben.

Nach dem Schnitt Rechtzeitig vor dem Austrieb werden die Stauden und Gräser gedüngt. Empfehlenswert sind organi sche Dünger wie Kompost, ’OrBrun’ oder ’Bionika Schwarzerde’. Diese strotzen nicht nur vor Nährstof fen, sie verbessern auch den Boden, sorgen für ei nen harmonischen Wasser- und Lufthaushalt und aktivieren müde Böden. Voraussetzung für die Dün gergaben ist ein schnee- und frostfreier Boden.

Vor gar nicht allzu langer Zeit durfte der Boden noch Boden sein und sich in seiner eigenen Geschwindigkeit regenerieren. In der Geschichte der Mensch heit ist die Ausbeutung unserer Lebensgrundlage ein sehr jun ges Geschehen. Vor nunmehr 200 Jahren warnte Alexander von Humboldt schon vor den Folgen der Ausbeutung an Menschen und Tieren. Er war sicher einer der ersten Klima schützer.

Einer der grossen Naturfor scher, der den Regenwurm Tag und Nacht beobachtete, war Charles Darwin. Er erkannte, dass es in der Erde ein Boden personal gibt und dass Humus ein endliches Gut ist.

Stellen Sie sich vor: In einer Handvoll Erde sind so viele Mikroorganismen wie auf dieser Welt Menschen leben. Unvorstellbar. Dies gilt es zu achten und zu bewahren.

Umso wichtiger ist es, Humus wieder als Hebel zu sehen. Er ist der grösste CO2 Speicher des Planeten. In ihm werden weltweit Millionen Tonnen Kohlenstoff gebunden.

Auch ist der Boden eng mit unserer Gesundheit verwo ben – wir sind Teil der Umwelt und nicht umgeben von ihr. Der bekannte Anthroposoph Rudolf Steiner und Hans Peter

Rusch, Mikrobiologe und Vor denker der ökologischen Land wirtschaft, stellten Folgendes fest: Jene Bakterien, die wir im Rachenraum haben, finden wir in der oberen Bodenschicht und jene Bakterienkulturen, die wir im Darm haben, sind in der Humusschicht nachweis bar. FAZIT: Wir sind unzer trennbar mit dem Boden ver bunden.

In Österreich war letztes Jahr das Sachbuch Nummer 1: Das leise Sterben. Dr. Martin Grass berger hat darin eindrücklich beschrieben, wie wichtig es ist, unsere Nahrungsmittel in le bendigen Böden heranzuzie hen. Damit wird unser Immun system gestärkt und die natür liche Vielfalt im Darm stärkt uns.

Und lassen wir die anthropo sophischen Gedanken einflies sen, dann steht fest: Aus der Erde kommendes, lebendiges, biologisches Essen macht uns gesund, vital und eigenständig denkend.

Autorin: Angelika Ertl

Den Nährboden für ihre Leiden schaft bildete der elterliche Gartenbaubetrieb, den sie leitet. Angelika Ertl ist ORF Biogärtne rin, Autorin und Unternehmerin.

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 15

Mondkalender

Hier finden Sie monatlich eine gekürzte Version aus dem Appenzeller «Saatund Pflanzkalender 2021 – Gärtnern nach Mondlauf und Tierkreiszeichen».

Februar

Montag 1 12 h •

Dienstag 2 •

Mittwoch 3 • 15 h • •erdnah Donnerstag 4 • •18.37 Freitag 5 • 18 h Samstag 6 Sonntag 7 !

Montag 8 ! • Dienstag 9 Mittwoch 10 2 h • Donnerstag 11 • ● 20.06 Freitag 12 • 8 h • Samstag 13 • Sonntag 14 • 17 h Montag 15 Dienstag 16 Mittwoch 17 4 h Donnerstag 18 •erdfern Freitag 19 17 h • •19.48 Samstag 20 • Sonntag 21 ! Montag 22 • 5 h • Dienstag 23 ! • Mittwoch 24 • 13 h Donnerstag 25 Freitag 26 18 h Samstag 27 ○ 9.17 Sonntag 28 20 h •

Die Pflanzen werden in vier Gruppen eingeteilt: Erde Wurzel, Licht Blüte, Wasser Blatt, Wärme Frucht. Im Kalender finden Sie die Zeichen dafür, welche Tage für welche Pflanzenart besonders günstig sind:

Zu den Wurzelpflanzen gehören z. B.: Radieschen, Randen, Sellerie, Schwarzwurzeln, Karotten, Rettich, Kartoffeln und Zwiebeln.

• Zu den Blattpflanzen gehören z. B.: Alle Blattsalatsorten, Spinat, Lauch, Kohlarten und Blattkräuter.

• Zu den Blütenpflanzen gehören z. B.: Alle Blumen.

Zu den Fruchtpflanzen gehören z. B.: Erbsen, Bohnen, Tomaten, Gurken, Zucchetti, Kürbisse, alle Getreidearten, Obstbäume und Beerensträucher.

! Achten Sie besonders auf die kriti schen Tage.

Die grün markierten Kalendertage sind besonders günstige Pflanz tage zum Säen, Setzen, Umtopfen (absteigender Mond).

Mondzeichen

Vollmond

Letztes Viertel

Neumond

Erstes Viertel

Obsigend, aufsteigend

Nidsigend, absteigend

Abstand zur Erde

1. bis 7., 24. bis 28. Im Nidsigend ist allgemein eine gute Zeit, um Balkon pflanzen, ungeschützt überwinterte Ro sen, Obstbäume, Reben und Sträucher zu schneiden. Für den Rebenschnitt sollte der Boden schon gut abgetrocknet sein. Für Fruchtpflanzen Fruchttage vorziehen. Zum Schneiden von Blüten sträuchern eignen sich Blütentage, die sich auch für die Aussaat der frühen Sommerblumen auf der Fensterbank oder im Gewächshaus empfehlen.

1. bis 12h, 28. bis 20h Wurzeltage bei abnehmendem Mond und nidsigend: Wurzelgemüse und Wurzelkräuter in Saatschale im Gewächshaus säen.

3. Mond erdnah: Günstig zum Düngen.

3. 15h bis 5. 18h, 24. bis 13h Blatttage im Nidsigend: Blattgemüse in Saatscha len im Gewächshaus säen.

6., 24. ab 13h bis 26. 18h Fruchttage im Nidsigend: Zucchetti, Tomaten etc. in Saatschale im Gewächshaus säen.

9. bis 22. Im Obsigend Pfropfreiser und Stecklinge schneiden. Besonders güns tig sind die Widder-Tage (Fruchttage vom 14. 17h bis 16.).

11. Neumond im Obsigend: Kranke und von Schädlingen befallene Pflan zen zurückschneiden.

27. Vollmond: Zimmerpflanzen düngen.

7., 8., 21., 23. Kritische Tage.

Saat- und Pflanzkalender → verlagshaus schwellbrunn.ch

16 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH ARBEITEN IM FEBRUAR Saisontipps

Gärtnern ohne Garten

Pflanzenglück auf kleinem Raum

Die meisten Menschen sind überrascht, wenn sie hören, dass ihr Garten nur sechs Quadratmeter gross ist. Melanie Öhlen bach stört das nicht. Im Gegenteil, sie liebt ihr kleines Para dies und würde es nicht gegen eine Parzelle eintauschen.

Zum Gärtnern braucht es keinen Garten. Tomaten, Salate, Erdbeeren, Bohnenkraut und Schnittlauch wachsen auch auf Balkon und Terrasse. Ab dieser Ausgabe gebe ich Ihnen Tipps, wie Sie Gemüse, Obst und Kräuter anbauen können – mitten in der Stadt oder anderswo auf kleinstem Raum.

Was machen Sie eigentlich mit einer Kartoffel, die frisch austreibt? Selbst wenn sie zum Essen nicht mehr taugt: Wegwerfen müssen Sie sie nicht. Ich habe eine solche Kartoffel mal in einen Kübel mit Erde gesteckt. Einfach so. Aus Neugier. Und sie he da: Im Sommer konnte ich tatsächlich ein hal bes Kilo winziger Knollen ernten. Aus einer Kartof fel, die sonst im Müll gelandet wäre.

Im Sommer 2013 war das. In jenem Jahr erntete ich auch meine ersten Tomaten. Mit ’Rote Murmel’ und ’Golden Currant’ hatte ich zwei pflegeleichte, reichtragende Wildsorten erwischt, die mich end gültig davon überzeugten: Leckeres Gemüse anbau en – das schafft jede*r! Und es klappt sogar ohne Garten.

Inzwischen wachsen mehr als 50 Sorten Gemüse, Kräuter, Obst, Blumen und Wildpflanzen auf mei nem Stadtbalkon. Gerade mal sechs Quadratmeter ist er gross, der Platz reicht eigentlich nie. Denn jede Saison entdecke ich aufregende neue und alte Sorten: blaue Kartoffeln, unverwüstlichen Schnitt knoblauch, essbare Chrysanthemen und, und, und.

Meine Erfahrungen und Entdeckungen teile ich auf meinem Blog Kistengrün. Wissen weitergeben ist aber nicht nur persönliche Leidenschaft. Als freiberufliche Journalistin schreibe ich Bücher übers Balkongärtnern sowie Beiträge für Zeitungen und Magazine. In der Radiosendung «Grüner wird’s nicht» bei Bremen Eins gebe ich freitags (bis März nur am 1. Freitag im Monat) ab 11 Uhr Tipps fürs nachhaltige Gärtnern.

Bei meinen Vorträgen freue ich mich, dass sich im mer mehr Menschen für das Gärtnern in Kisten und Kübeln begeistern – ob auf Fensterbank, Bal kon oder Terrasse. Probieren Sie es einfach mal aus! Irgendwas wächst immer. Manchmal sogar aus ei ner gekeimten Kartoffel.

Noch mehr Lesenswertes unter: → www.kistengruen.de

Februar-Tipp

Pflanzen Sie austreiben de Zwiebeln und Knob lauch in einen Blumen topf auf der Fensterbank. Halten Sie die Erde leicht feucht. In den kommen den Wochen können Sie mehrfach würziges Grün schneiden. Für selbstge machten Kräuterquark verwenden.

Mein Stadtbalkon. Kosmos, 2020. ISBN 978-3440167755

Grüner geht’s nicht. Nachhaltig gärtnern auf dem Balkon. Kosmos, 2021. ISBN 978-3440171103

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 17
© Kerstin Rolfes

Wissen

Die Unentbehrlichen

Lockern, krümeln, schneiden, giessen und jäten: Diese Werkzeuge bringen den Garten in Bestform. Sie sollten in keinem Schopf fehlen. Hochwertige Qualitätsprodukte gehen uns dabei mitunter ein Leben lang zur Hand. Text: Roland Grüter

DOPPELGRABEGABEL

Grelinette, Broadfork oder Spatengabel

Dieses Gerät schont das Bodenleben – und vor allem durchlüftet es das Erdreich, ohne das naturgegebene Ord nungssystem umzupflügen.

SAUZAHN

Sogenannte Kultivato ren haben die Aufgabe, die obere Bodenschicht schonend zu lockern und zu belüften – denn auch die Wurzeln der Pflanzen sind auf Sauerstoff ange wiesen.

KRÄUEL

Krail, Kreil, Krell, Kralle, Reisser, Dunghaken, Vierzahn

Vier Zacken für ein Halleluja! Dieses Gerät lockert im Frühling die Bodenoberfläche schonend und rücksichtsvoll – kommt un ter anderem in der Vorbereitung des Saatbettes zum Einsatz.

JÄTWERKZEUG

Wo der Boden gesund ist, wachsen auch Beikräuter. Mit der Rosengabel lassen sie sich zielgenau aus den Beeten heben.

Mit der Pendelhacke schabt man sie vom Kies ab, ohne den Belag zu schädigen und damit offene Flächen für neues Beikraut zu schaffen.

18 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH

DAMENSPATEN oder Schaufel

Am Anfang des Gartenglücks klafft oft ein Loch – darin ver senken wir Pflanzen. Hier kommen Spaten und Schaufel zum Einsatz, im Unterhalt soll te man sie möglichst wenig einsetzen.

WIEDEHOPFHACKE

Zwei auf einen Schlag –sie vereint Axt und Hacke. Ein Werkzeug für Arbeiten in stark durchwurzelten Böden. Die Erde wird mit der Hacke aufgebrochen und die Wurzeln mit der Axt gekappt.

MESSER

GIESSKANNE

Wasser ist im Garten eine kostbare Ressource – und soll te sparsam eingesetzt werden. Wo es aber nötig ist, kommt die Kanne zum Tragen. Kunst stoffmodelle sind übrigens leichter als metallene.

SCHERE

Taugliche Modelle kosten zwar deutlich mehr als Bil ligprodukte, dafür halten sie uns ein Leben lang die Treue. Gilt es grossgewach sene Büsche in Form zu halten, muss eine Ast schere her.

Eine scharfe Klinge ist nötig, um Stauden im Frühling zu kürzen oder im Sommer Blu men für die Vase zu schnei den. Im Garten gibt es un zählige Gründe, das Messer zu zücken. Gut, findet es in jeder Tasche Platz.

RECHEN

Sie sind die behutsamen Sau bermacher im Garten – einer seits räumen sie im Herbst Laub weg, andererseits lassen sie Beete aussehen wie frisch gemachte Betten. Damit darin die Saatreihen schnurgerade gelingen.

WISSEN Die Unentbehrlichen
PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 19
Bilder: © Andermatt Biogarten AG, © Hortima AG (Grosshandel), Wytor AG, Sneeboer, Adobe Stock, Manufactum

Leguminosen wie Soja bilden stickstoffreiche Knöllchenbakterien.

20 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH

Unter der Oberfläche

Im Untergrund unserer Gärten kreucht und fleucht es ohne Ende. Das Edaphon – das Bodenleben – ist ein fein abgestimmtes Zusammenspiel von Billionen von Mikro- und Makroorganismen. Wer dessen Regeln kennt und unterstützt, wird reich belohnt. Und hat weniger Arbeit. Text: Roland Grüter

Die meisten Hobbygärtnerinnen und -gärt ner sind davon überzeugt, sich mit grosser Sorgfalt um die Böden ihrer Paradiese zu kümmern – indem sie diesen regelmässig (hoffentlich) biologischen Dünger zuführen und von chemischen Keulen absehen. Zwar sind solche Anstrengungen lobenswert: Doch sie zielen am Erdreich vorbei und die nen vor allem den darin wachsenden Pflan zen. Dabei wären die Böden ebenfalls auf Fürsorge angewiesen, nur wissen das die meisten grünen Däumlinge nicht. Stattdes sen tragen sie jedes einzelne welke Blatt aus ihren Gärten. Sie hacken, graben oder schich ten darin die Erde um, als wären sie im Tief bau beschäftigt – und übersehen geflissent lich, dass sie mit diesen Eingriffen eine na turgegebene Kraft schwächen, die ihnen die Arbeit enorm erleichtern und vor allem be reichern würde: das Edaphon, das Bodenle ben. Denn unter der Erdoberfläche wirkt ein minutiös aufeinander abgestimmter Mikround Makrokosmos, der Grundlage für gesun de Pflanzen ist. «Das Bewusstsein, dass der Boden ein eigenständiges, komplexes Biotop ist, erwacht erst langsam», sagt die österrei chische Biogärtnerin Angelika Ertl. Sie selber beschäftigt sich seit 20 Jahren intensiv mit ökologischen Themen im Garten.

Eine Handvoll Erde voller Leben

Also schauen wir erst genau hin, was sich unterhalb der Gartenschuhe zuträgt – und es trägt sich beeindruckend viel zu. Allein eine einzige Handvoll Bodenerde vereint mehr Lebewesen als die Weltbevölkerung: darunter Pilze, Einzeller, Fadenwürmer, Bak

terien und viele andere Mikroorganismen. Gemäss Biologen leben in 30 Zentimetern Tiefe auf einem Quadratmeter rund 50 As seln, 80 Regenwürmer, eine Million Faden würmer und Wimpertierchen, eine Milliarde Pilze und eine Billion Bakterien. «Wir kön nen also behaupten: Unter unseren Füssen tobt das Leben», bilanzieren die Wissen schaftler mit Blick auf die Vielfalt. Mehr als zurecht.

Die Vertreter der Mikro-, Meso- und Mak rofauna leben mit- aber oft genug auch von einander. Das erklärte Ziel des stetigen Fres sens und Gefressenwerdens: Abgestorbenes organisches Material – Pflanzenreste, Laub, die unzähligen Insektenkadaver – zu zerset zen und dieses in Nährstoffe für Pflanzen umzuwandeln. Die Erdbewohner stehen hierfür untereinander in engem Kontakt –ein Dialog, in den selbst Pflanzen einge schlossen sind. An deren Wurzeln wachsen feine Haare, die ebenfalls von Mikroorganis men bevölkert sind. Diese signalisieren ih ren umliegenden Kollegen, wenn ihre Wirts pflanze Nährstoffe braucht und sogar wel che. Diese liefern die verlangten Stoffe an und erhalten im Gegenzug von der Pflanze Zuckerstoffe. «Dieser Austausch ist komplex und höchst beeindruckend», sagt Angelika Ertl. «Er ist sozusagen der Schlüssel des Gärtnerglücks.»

Müde Böden beleben

Was also tun, wenn der Boden mehr Matsch als Paradies ist? Wie sehen taugliche Well nesskuren für den Boden aus? Angelika Ertl hat vergangenes Jahr die wichtigsten

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 21
© Shutterstock

Massnahmen in ihrem Ratgeber «Das grosse Boden-ABC» zusammengetragen. Zu den bewährten Methoden gehört das Mulchen: das Aufschichten von pflanzlichem Schnitt gut auf der Erdoberfläche, ob getrocknet oder frisch. Auch das Einbringen von halb verrottetem Kompost oder organischem Dünger (Hornspäne) gehört dazu. Oder Gründüngungen, die der Erde Stickstoff ge ben und deren Strukturen verbessern. Dabei kommen vor allem Leguminosen wie Lupi nen, Wicken, Erbsen, Bohnen und Kleearten zum Einsatz. Besonders hilfreich ist Grün

Bodenlebewesen in 30 cm-Tiefe (pro m2)

düngung, wenn sie das Einbringen von Kompost oder das Mulchen ergänzt. Denn nur Böden mit ausgeglichenem Klima, reich lich Grobporen und viel Laubstreu können Schauplätze eines reichen Bodenlebens sein. «Viele Gärtner meinen, ihr Glück liege allei ne bei den Pflanzen», sagt Angelika Ertl. «Dabei liegt es im Boden selber: Wenn der Boden nichts zu bieten hat, kann die Pflanze darin nicht gedeihen.»

Nahrung für Bodenlebewesen Gemeinhin simulieren alle Massnahmen,

Bakterien 50 g 1 000 000 000 000

Strahlenpilze 50 g 10 000 000 000

Pilze 100 g 1 000 000 000 Algen 1 g 1 000 000

Tierische Mikroorganismen

Geisseltierchen 500 000 000 000

Wurzelfüsser 10 g 100 000 000 000

Wimpertierchen 1 000 000

Rädertiere 0,01 g 25 000 Fadenwürmer 1 g 1 000 000 Milben 1 g 100 000 Springschwänze 0,6 g 50 000

Pflanzliche Mikroorganismen Kleintiere Grössere Kleintiere

Borstenwürmer 2 g 10 000 Schnecken 1 g 50 Spinnen 0,2 g 50 Asseln 0,5 g 50 Vielfüssler

Larven

© flora press © mauritius images

Links: So vielschichtig ist das Leben im Untergrund. Unten: Ein Springschwanz

Kerbtiere

22 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH WISSEN Unter der
Oberfläche
© Erhard Possin
4,5 g 300 Käfer und
1,5 g 100 Zweiflüglerlarven 1 g 100 übrige
1 g 150 Regenwürmer 40 g 80

Links: Bokashierte Ge müsereste führen dem Boden Nährstoffe zu.

Rechts: Grünschnitt als Mulch im Gemüsebeet.

Unten: Den Boden be hutsam bearbeiten, um die Bodenorganismen nicht zu stark zu stören.

BuchTipps

Angelika Ertl, Oliva Verlag, 2019: Hilfreiche Tipps, wie man das «natürliche Bodenper sonal» – Mikroorganis men, Pilze & Co. –im Garten nutzt und wie Pflanzen davon profitieren.

die auf das Erdgut zielen, die Mechanismen der Natur. Sie wollen dem Edaphon Nah rung zuführen, das Schwungrad des Erdle bens antreiben. Dafür werden meist organi sche Stoffe auf die Erde gelegt oder sachte in die oberste Schicht eingearbeitet. «Die Natur bohrt ja auch keine Löcher, um Nährstoffe in die Tiefe zu bringen», sagt Angelika Ertl. «Diese Aufgabe erledigt die Bewohnerschaft und sie erledigt sie überzeugend.» Ausge laugte Böden peppt die Gartenfachfrau mit

fermentierten oder bokashierten Gemüse resten auf. Diese lässt sie in speziellen Be hältern und unter Ausschluss von Sauerstoff verrotten. Der Handel bietet ebenfalls di verse Produkte an, die das Leben im Unter grund aufwerten wollen. Dazu zählen bei spielsweise Terra-Preta-Produkte (eine Mi schung aus Pflanzenkohle und natürlichem Dünger) oder Lösungen mit sogenannten Effektiven Mikroorganismen. Diese Booster funktionieren langfristig jedoch nur, wenn man sie mit anderen Methoden kombiniert, etwa mit Mulchen.

Das Gartenlatein greift also tiefer als ver mutet. Das nachhaltige Hegen des Bodens beginnt übrigens mit Gelassenheit. Wer im Herbst das Laub liegen lässt, weniger oder gar nicht zum Spaten greift und die Natur möglichst ungestört walten lässt, leistet einen wichtigen Beitrag dazu. Allen falls lohnt es sich, den Boden zu untersu chen, um zu garantieren, dass es den Billio nen Erdbewohnern an nichts mangelt und damit das naturgegebene Gleichgewicht ge wahrt bleibt. Danach aber heisst es: Zurück lehnen und die Wunder der Natur wirken lassen. Diese sind höchst effizient, auch ohne menschliche Regie.

Brunhilde Bross-Burk hardt, Haupt Verlag, 2017: Die Agrarwissen schaftlerin und versierte Gemüsegärtnerin gibt Antworten auf Fragen der Bodenbestimmung, der Bearbeitung und Pflege.

Blaise Leclerc, Stocker Leopold Verlag, 2019: Ein Standardwerk, in dem die Autoren be schreiben, wie die kom plexen Vorgänge im Bo den ablaufen und wel che Möglichkeiten der Bearbeitung es gibt.

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 23
© GAP Gardens © mauritius images

Gastkommentar

Dürrenmatt und die Laubpuster

Text: Jörg Pfenningschmidt Die Schweiz hat mich als gärtnernden Hamburger dreifach geprägt: Friedrich Dürrenmatt bewegte meinen Geist, Lindt & Sprüngli formten meinen Körper und Felco 2 begleitet mich im Garten. Immer. In einem Köcher aus Leder hinten rechts am Gürtel. Ist sie nicht da, werde ich nervös und unglücklich.

Zum Autor

Jörg Pfenningschmidt aus Hamburg schreibt für das deutsche Gartenmagazin «Kraut und Rüben», ist Stau denplaner und Autor des Buches «Hier wächst nichts». Eine humorvolle Abrechnung mit dem vermeintlichen Ver sprechen des Pflegeleichten, der Ökowohlfühlwelt, EasyGardening-Ratgebern und Gartenarchitekten.

Es gibt kaum etwas Konservativeres als Gartenwerkzeug. Womit arbeiteten Men schen im Schatten der Pyramiden, in mittelalterlichen Klostergärten oder in den Parks des Sonnenkönigs? Spaten, Krail, Hacke. Genau wie heute. Die Namen mögen sich ändern, das Werkzeug bleibt das gleiche. Alle Versuche, in den letzten hundert Jahren neue Gartengeräte einzuführen, sind kläglich gescheitert. Erinnern Sie sich noch an die Gartenkralle? Ein eigenartiges Gerät, mit dem durch Drehen in der Erde Un krauthacken und Bodenlockern angeblich mühelos und ohne Schweiss gelingen sollten. Heute verstauben unnütze Gartenkrallen in den dunklen Ecken von Geräte häuschen, denn natürlich hat dieses alberne Gerät nie funktioniert. Hätte es funk tioniert, hätten die Sumerer es bereits benutzt.

Einer der grossen Vorteile von guten Gartengeräten ist ihr völliges Desinteresse an der Digitalisierung. Es gibt weder smarte Schubkarren, die schlauer sind als ich, noch Laubrechen 2.0. Keine Handschaufel hat mich bisher vor Inbetriebnahme nach dem achtstelligen Sicherheitscode gefragt oder die Zusammenarbeit verweigert, weil ein Update benötigt wurde. Und ich möchte darum bitten, dass das auch so bleibt. Gnade euch Gott, ihr schlauen IT-Spezialisten, wenn ihr auf die Idee kommen solltet, an so etwas zu basteln! Ich weiss, wo ihr wohnt und ich habe eine schwere Plattschaufel! Was aber braucht man wirklich im Garten? Nicht viel, wie ich bei mir und all mei nen gärtnernden Kollegen beobachtet habe. Man braucht: 1. Eine Schubkarre, bei der es schön wäre, wenn sie keinen platten Reifen hätte. 2. Einen Spaten. Geschärft. Ja, das geht und erleichtert die Arbeit. 3. Kleine, stabile Handschaufel und kleine Gartenha cke. Bitte in grauenhaften Leuchtfarben. Teures Kleinwerkzeug in edlem British Racing Green habe ich zu dutzenden im Laub verloren und nie wieder gefunden. 4. EINE gute, scharfe Rosenschere und eine scharfe Klappsäge, statt zehn stumpfe Billigknipser aus dem Baumarkt. 5. Eine Wiedehopfhaue. Eine Seite des Kopfes mit einer Hacke, die andere mit einer runden Schneide. Mit einer Wiedehopfhaue kann man Böden auf reissen, Wurzeln und Stromkabel durchtrennen, Uhren reparieren und viele andere tolle Dinge tun.

All diese sinnvollen, preiswerten und haltbaren Dinge werden in den Gärten meiner Nachbarschaft tunlichst gemieden. Man kauft lieber Häcksler, Puster, Hochdruckrei niger, Brenner und Motorhacken, als hätte man bis Jahresende die Alpen besenrein zu übergeben. Oft sind die Geräteschuppen dann grösser als der Garten. Und all das wegen der Zeitersparnis. Sie hätten Dürrenmatt lesen sollen, die Laubpuster dieser Welt: «Man sollte mehr Zeit in die Arbeit als Arbeit in die Zeit stecken.»

24 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH
© alamy

Wenn Gartengeräte erzählen könnten

Gartenwerkzeuge gibt es, seit es kultivierte Gärten gibt. Was die Designvor stellungen der Moderne mit ihnen zu tun haben, ist ebenfalls Teil der Geschichte. Ein Blick auf den unterschätzten Kosmos der Gartengeräte. Text: Judith Supper

«Es ist das Gesetz aller organischen und an organischen, aller physischen und metaphy sischen (…) Dinge, (…) dass das Leben in sei nem Ausdruck erkennbar ist, dass die Form immer der Funktion folgt.» Etwa 125 Jahre ist es her, dass der «Vater der Hochhäuser», der amerikanische Architekt Louis Sullivan, diese Aussage machte. Und mit der «Form folgt Funktion»-Lehre eine Ästhetik ins Le ben rief, die im Bauhaus seine Blütezeit hat te – und noch heute Bedeutung hat. Keine ästhetischen Gestaltungsprinzipien, dafür eine Form, die sich konsequent aus der

Funktion ergibt: Wer hätte gedacht, dass sich die besten Beispiele dafür im Gartenschup pen verbergen?

Wofür war der Gurkenstrecker gut? Es dauerte lange, bis Gartenwerkzeuge so er gonomisch und gelenkschonend gestaltet waren wie heute. Und doch: Teils haben die Jahrzehnte, die Jahrtausende kaum Spuren an Schaufeln, Spaten oder Rechen hinterlas sen. Denn ihre Funktion blieb immer gleich: Erdreich von einem Ort zum anderen schau feln, Löcher graben, Heu zusammenrechen.

26 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH

erzählen könnten

Links: Über die Jahrhunderte hat sich die Form der Werkzeuge nur geringfügig gewandelt. Und doch gab es zu jeder Zeit auch Kuriositäten. Unten: Im 19. Jahrhundert liess man in England die Gurken in Glas behältnisse wachsen. Diese waren mit einer Öse an dem Stützgerüst befestigt,

Erst wenn im grossen Buch der Gartenkultur ein neues Kapitel aufgeschlagen wurde oder findige Geister Geräte entwickelten, deren Form optimaler zur Funktion passte – oder weil man die Geräte schlicht nicht mehr brauchte – gab es Neuerungen. Wer kennt heute noch den Melonenheber oder den Ast abstecher? Oder weiss, wofür ein Gurken strecker gut ist?

Aus Revolutionen geboren

Der Blick in den Gartenschuppen erfasst ein buntes Allerlei. Ast-, Garten- und He ckenscheren, Schaufeln, Spaten, Mistgabeln, Einfach-, Doppel- und Dreifachhacken, Sau zähne, Garten-, Okulier- und Unkrautmes ser, Äxte, Beile, Kettensägen, Rasenmäher und -kantenstecher, Sensen, Sicheln, Spitz hacken – und vielleicht einen Trinkbecher mit längst vergessenem Inhalt. Jedes Gerät erzählt eine Geschichte, nicht nur die in dividuelle seiner Herstellungsart. Wovon die Gartengeräte berichten können, ist eng mit der Kultur und dem Werdegang des Menschen verbunden, mit seinen Errungen schaften, Nöten, seinem Erfindergeist. Und seiner Liebe zum Garten und der Pflanzen welt, die erst dann richtig erblüht, wenn sie mit Hingabe – und dem richtigen Gerät –gepflegt wird.

Wovon wohl Spaten, Schere und Giess kanne erzählen würden? Wohl davon, wie sich ihre Form im Laufe der Jahrhunderte wandelte, wie sie aus Revolutionen geboren wurden und davon, dass klassisches Design zeitlos und schön ist.

Gärtner-High-Heels

«Gleich wie ein Soldat ohne Waffen nicht fechten kann, also kann auch kein Gärtner seine Arbeit ohne das dazugehörige Werk zeug nicht verrichten», schreibt der französi sche Agronom Louis Liger. «Der Gärtner muss den Anfang machen mit dem Grab scheid und Spaten: Denn das ist das erste

zu führen lernen muss.» Es ist das Jahr 1716. Der Spaten ist längst ein alter Hase inmitten der herrschaftlichen Gärten des französi schen Adels. Bereits in der Steinzeit, um 4000 v. Chr., hatte man Spaten aus Holz für Grabarbeiten eingesetzt. Zu Louis Ligers Zeit erlebt er eine Renaissance. Um sie dau erhafter zu machen, werden Spaten mit ver schraubten, am Holzgriff befestigten Eisen bändern geschmiedet. Sehr zum Verdruss von Podologen und Gärtnern, denn wann immer ein Loch zu graben ist, schneidet das Metall schmerzhaft in den Gärtnerfuss. Also biegt man die scharfe Oberkante um, sodass sich eine breitere Fläche bildet. Oder stattet die Gärtner mit Eisenplatten aus, die sie un ter ihre Stiefel oder Holzschuhe schnallen können. Gärtner-High-Heels Marke «Klobig» gewissermassen.

2500 Spatenformen Auftritt industrielle Revolution. Ihre mit Koks befeuerten Hochöfen gebären Ende des 18. Jahrhunderts unzählige neue Spatenblät ter. Jede Region, jede Stadt, teils jeder Vorort brüstet sich mit einem eigenen Spaten. Al lein in Deutschland sind es 1928 insgesamt 2500 verschiedene Formen, wie die Bro schüre «Aus der Geschichte der Gartenwerk zeuge» des Gartenhistorikers Clemens Alex ander Wimmer wissen lässt. Ähnlich divers

Von links nach rechts: Spatengriffe in verschiedenen Formen – Flachgriff, Knopfgriff, T-Griff, D-Griff, Spaltgriff

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 27
WISSEN Wenn Gartengeräte © mauritius images © Karin Götz © Heinrich Steinmetz, 1930

die Spatengriffe. Holländischer D-, Spaltund Hohlgriff, der in England und Deutsch land beliebte D-Griff, französischer Knopf griff: Oft ist es eine Frage der Nationalität, welche Form wo zu finden ist. 1931 wird es dem Reichsverband des deutschen Garten baus zu bunt, Rationalisierungen müssen her. Also entwickelt er einen Normspaten, der die Tiefe des Stahlblechs, seine Wölbung und Länge, die Auftrittsfläche, Befestigung, Nietenanzahl, Stiellänge und -form defi niert. «Nach 1950», so Clemens Alexander Wimmer, «verschwand die Vielfalt».

Aber wer heute einen Spaten sucht, darf sich wieder austoben. Ergonomische, rü ckenschonende Spaten gibt es, Spaten für Männer, für Frauen, für kleine und für gros se Menschen, Spaten aus Tropenholz oder aus heimischem Lärchenholz – und vieles mehr. Ganz abgesehen vom kulturellen Kon text. Spaten zieren Fantasy-Spielkarten und sind Teil von Halloween-Kostümen – auch

wenn der Gartenbezug hier nicht an erster Stelle steht. Schliesslich gibt es eine zweite Berufsgruppe, die ständig mit dem Spaten hantiert: den Totengräber.

Von der Guillotine inspiriert Auch der Werdegang der Rosen- oder Gar tenschere hat makabre Seiten. Ihre Geschich te geht auf den französischen Aristokraten Marquis Bertrand de Molleville (1744–1818) zurück. Im frühen 19. Jahrhundert muss der königstreue französische Geheim polizist nach England fliehen, nachdem er –andere hatten nicht so viel Glück – während der Wirren der Französischen Revolution nur knapp der Guillotine entkommen ist. Ob es stimmt, dass die Klingen des Tötungs werkzeugs den Marquis als Inspiration für seine Gartenschere gedient haben? 1814 kehrt er mit seinem neuen Werkzeug nach Frankreich zurück – es war eine Sensation!

Schon vor Mollevilles Erfindung hatten europäische Gärtner diverse Formen von Scheren, Messern oder Schnabelhaken ge nutzt, um kleine Zweige abzuschneiden. De Mollevilles neue Gartenschere wird schnell in ganz Kontinentaleuropa populär. Schon bald entstehen Variationen mit neuen Klin genformen und verbessertem Mechanismus. Nur die Gärtner Grossbritanniens sind über die französische Erfindung «not amused». Bis sie namhafte Gartenautoritäten überzeu gen können, sind Traditionalisten der Mei nung: «Das ist doch nur für Damen geeig net!»

Eine Frage der Nationalität Frankreich und Grossbritannien hatten bei einem weiteren Gartengerät unterschiedli che Vorstellungen. Stein des Anstosses war die ehrbare, etwas gluckenhafte Giesskanne.

Vom späten Mittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts wurden im Innen- und Aussenbereich Steinguttöpfe mit perforier ten Böden verwendet. Die Idee dahinter ist Stoff aus dem Physikunterricht: Ein Topf mit einem daumengrossen Loch in der Oberseite wird in Wasser getaucht. Er füllt sich durch die Löcher im Boden. Legt man den Daumen über den Deckel, spritzt kein Wasser heraus – der Unterdruck macht’s unmöglich. Hebt man den Daumen, fliesst es ungehemmt. Seit etwa 1850 sind die Giesskannen aus Metall, wie wir sie heute noch kennen, in Gebrauch. Davon gibt es zwei Grundformen: die sogenannte «Englische Form» mit run

28 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH
Dachau Weinsberg Schuh Kirchheim Minden Berg Leipzig Lützenburg Frankfurt Hellweg Frankfurt Rothenburg Nürnberg Elsass Rott Lüneburg Spreewald Aurich Kassel Dollendorf Bremen Ansbach Weser Lothringen © Heinrich Steinmetz, 1930 Oberschlesien WISSEN Wenn Gartengeräte erzählen könnten

Links: Messer und Scheren gehören zum Standard-Sortiment eines Gärtnerhaus halts. Rechts: Bei den Giesskannen gibt es zwei Grundformen: die ovale aus Frank reich (oben) und die runde aus England (unten).

dem Korpus, Querbügel und hinterem Bügel und die «Französischen Form» mit ovalem Korpus und durchgehendem Längsbügel. «Die eher unpraktische Form mit rundem Korpus und Querbügel ist möglicherweise auf die Entwicklung aus Eimern zurück zuführen», vermutet Inge Burkhardt im Gartenmagazin der Staudengärtnerei Gaiß mayer. Die ovale Form hat Vorteile. Man kann die schweren Kannen leichter tragen –

einer Hand giessen. Die runde Form konnte sie nicht völlig ersetzen; die Briten sind eben Traditionalisten.

Diverse Spezialformen haben sich entwi ckelt, sogar faltbare Giesskannen. Kultcha rakter haben die Giesskannen der britischen Manufaktur Haws. Noch heute schwören Fans auf sie. Manch einer fragt sich, ob er seine unter Staunässe leidenden Pflanzen wohl einfach zu viel giesst – weil’s mit der kultigen Kanne so viel Spass macht.

Museen gegen das Vergessen

Die grosse Vielfalt an Gartengeräten ist Teil unserer Kultur- und Menschheitsgeschichte. Und wie aller guten Geschichten, sollte man sich ihrer erinnern. Gegen das Verges sen helfen das Deutsche Gartenbaumuseum in Erfurt, das Museum der Gartenkultur in Illertissen oder das Österreichische Garten baumuseum in Wien. Und wer ein Faible für Giesskannen hat: Seit 2011 gibt es in der Stadt Giessen (D) ein Giesskannenmuseum. Es wurde als Mitmachprojekt im Rahmen der Landesgartenschau gegründet.

Weitere Informationen: → www.giesskannenmuseum.de

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 29
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© Carmen Hocker/PF © Marion Nickig © Carmen Hocker/PF

© mauritius images

Sauberes Quellwasser und blühende Ackerbegleitflora sind Sinnbilder für eine intakte Umwelt. Dass deren langfristige Qualität von einem schonungsvollen Umgang abhängt, war Wissenschaftlern und Bioland baupionieren schon vor vielen Jahrzehnten bewusst.

Zwischen Schockstarre und Wertewandel

Im Sommer 2021 stimmen wir über zwei Initiativen ab, die sich für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide einsetzen. Der entfachte Diskurs erinnert an die Gründung des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) vor über vierzig Jahren. Als Wissenschaftler damals die konventionelle Düngungslehre hinterfragten, mussten sie sich so manche Polemik gefallen lassen. Im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftsinteressen, Konsumgewohnheiten und der Notwendigkeit, die Boden fruchtbarkeit und -gesundheit langfristig zu sichern, gibt es auch heute keine simplen Antworten – aber Hoffnungsschimmer. Text: Carmen Hocker

Ein Blick zurück ins Jahr 1974. Am For schungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in Oberwil hat sich eine illustre Run de zusammengefunden: der ETH-Pflanzen physiologe Philippe Matile, der ETH-Agrar ingenieur Jean-Marc Besson, der Bioland baupionier Hardy Vogtmann, der Landwirt Fritz Baumgartner und Nationalrat Heinrich Schalcher. Sie stehen kurz davor, einen Lang

zeitfeldversuch zu lancieren, um der Frage nachzugehen «Ist Biolandbau machbar –oder nehmen die Erträge – unter dem natür lichen Unkraut- und Schädlingsdruck –tatsächlich ab, wie Skeptiker mutmassen?»

Biologisch versus konventionell

Gut vierzig Jahre später gilt der sogenannte DOK-Versuch ( Info-Box S. 34) der FiBL-

30 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH

Links: Auf den Feldern des DOK-Versuchs in Therwil werden seit 1978 der bio logisch-dynamische (D), der organisch-biologische (O) und der konventionelle (K) Anbau von Ackerkultu ren wie Weizen, Kartoffeln, Mais, Soja oder Klee am selben Standort verglichen. Rechts: Mineralisch ge düngte Böden verschläm men stärker als biologisch bewirtschaftete. Bei Star kregen bleibt das Wasser an der Oberfläche stehen, oder fliesst oberflächlich ab, was zu Bodenab schwemmung führen kann, wie hier auf einem Maisfeld.

Wissenschaftler als weltweit bedeutendster Langzeitfeldversuch zum Vergleich von bio logischen und konventionellen Anbausys temen. Fazit ist, dass die biologisch bewirt schafteten Böden noch immer produktiv sind und die Erträge über alle Kulturen hin weg auf hohem Niveau stabil bleiben. Im Schnitt liegen sie um nur 20 % tiefer als im konventionellen Anbau, bei 50 % weniger Aufwand an Energie und Düngemitteln: «Im Vergleich zum konventionellen System setzt das biologische 86 % weniger Pflanzen schutzmittel (Aktivsubstanz) ein, das biodynamische 98 % weniger», erklärt Agronom und Biologe Dr. Paul Mäder, der seit 1987 am FiBL arbeitet und das Departement für Bodenwissenschaften leitet. Langfristig be trachtet hat der Boden aber nicht nur die Aufgabe ertragreich zu sein. Er erbringt auch sogenannte Ökosystemdienstleistungen wie sauberes Trinkwasser, Erosionsschutz und Biodiversität: «Oberirdische Diversität bedeutet auch unterirdische – und umge kehrt. » So ist die Oberflächenstruktur beim Bioverfahren rauer, krümeliger, es gibt mehr Regenwurmlosungen und der Boden hat eine höhere Kapazität, Wasser zu speichern. Die poröse Struktur und das aktive Boden leben tragen dazu bei, dass sowohl Starkre genereignisse als auch Hitzeperioden besser verkraftet werden. Anders bei konventionell bewirtschafteten Flächen. Bodenorganis men, die unter anderem für die Bildung der Aggregate, der Krümel, verantwortlich sind, reagieren empfindlich auf chemisch-synthe tische Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Gibt es weniger Bodenorganismen, ist der Boden nicht so locker und durchlüftet. Hin zu kommt, dass die Mineralteilchen des

Düngers verschlämmen, sodass die Oberflä che eher glatt ist. Bei Starkregen bleibt das Wasser an der Oberfläche stehen, oder fliesst oberflächlich ab, was zu Bodenabschwem mung führen kann. Bei Trockenheit bildet sich eine Kruste, die Tone schrumpfen und es entstehen Risse. Die Böden sind weniger gut vor Erosion geschützt.

Ein Bergkanton geht eigene Wege Trotz des fundierten Wissens um die Vorteile des Biolandbaus betrug im Jahr 2018 –laut Angaben der Vereinigung Schweizer Biolandbauorganisationen BioSuisse – der Marktanteil von Biolebensmitteln nur rund 11 %. Der Anteil der biologisch bewirtschaf teten Landwirtschaftsflächen lag im Schnitt bei 15 %. Obwohl die Tendenz steigend ist, überwiegt in der Schweiz die konventionelle Landwirtschaft bei Weitem. Eine Ausnahme bildet der Kanton Graubünden, dessen Bio fläche 65 % beträgt. Dass der Bergkanton die Weichen schon vor Jahrzehnten anders ge stellt hat, führt der promovierte Agraröko nom Gianluca Giuliani unter anderem auf das Engagement der Mitarbeiter der bünd nerischen landwirtschaftlichen Beratung zurück: «Schon vor zwanzig, dreissig Jahren gab es dort Menschen, die sich die Frage stellten, wie sich die Region nachhaltig ent wickeln könnte», erklärt der Mitgründer des Agrar- und Regionalökonomischen Bera tungsbüros Flury & Giuliani. Ein Impuls sei die steigende Nachfrage nach Bioprodukten von Zürcher Reformhäusern gewesen. Und Direktzahlungen an jene Landwirte, die ihre Weideflächen weniger intensiv bewirtschaf

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WISSEN Zwischen Schockstarre und Wertewandel

Links: Die teils steilen Weideflächen im Val Poschiavo werden extensiv bewirtschaftet. Oben: Frauen bei der Beerenernte – die Bewirtschaftung erfolgt mit viel Handarbeit. Rechts: Typisch für die Region sind die klein teiligen Terrassen, die zum UNESCO-Welterbe zählen.

teten, indem sie zum Beispiel ihre Wiesen zu einem späteren Zeitpunkt mähten, damit die Wildblumen zur Blüte gelangen konn ten, um sich zu versamen.

Mosaiksteine fügen sich zusammen Wie so oft ist es ein Zusammenspiel ver schiedener Faktoren, das zum Erfolg führt. Beispielhaft ist das Val Poschiavo im äussers ten Südosten Graubündens. Die rund 4300 Einwohner zählende Region steht kurz da vor, die 100 %-Marke an Bioflächen zu errei chen. Giuliani, Sohn eines Käsers und Land wirts aus Poschiavo, hat die Verbindung zu seiner Heimat trotz des Studiums und der Arbeit in Zürich immer gepflegt. So war es für ihn selbstverständlich, eine Gruppe en gagierter Landwirte und Gemeindevertreter dabei zu unterstützen, die Region weiterzu entwickeln und die gesetzlichen Grundlagen zu nutzen: Basierend auf der staatlichen Strukturverbesserungsverordnung lancier ten sie gemeinsam Projekte, um alle Berei che der Wertschöpfungskette zu verbessern, von der Produktion bis zu einer gemeinsa men Logistik- und Vermarktungsplattform.

Tourismus didaktisch Nicht alle waren von Anfang an begeistert. Solche Prozesse brauchen Zeit. Manche mussten erst die Erfolge der anderen sehen, um sich überzeugen zu lassen: «Das Interes se der Touristen an lokal und biologisch pro duzierten Lebensmitteln – meist Gäste aus dem urbanen Milieu – brachten die letzten

Skeptiker zum Umdenken», erzählt Giuliani. Doch selbst eine anfänglich monetäre Moti vation kann zur Annäherung ans Thema führen: «Die heutige Generation Landwirte ist stolz darauf, fast verloren gegangenes Wissen anzuwenden. Einige Bauern betrei ben im Tal zum Beispiel wieder Ackerbau mit angepassten alten Sorten von Winter gerste, -weizen und Buchweizen.» Ganz so idyllisch wie es in den Köpfen mancher Städter erscheinen mag, ist jedoch auch die Welt im Val Poschiavo nicht. Dass die 100%-Marke noch nicht vollständig erreicht wurde, liegt nicht nur an ein paar eigenwil ligen Hobbylandwirten. Einer der Letzten, der hadert, ist der Beerenproduzent Nicolò Paganini. Ein Teil seiner Flächen liegt auf den Terrassen, die zum UNESCO-Welterbe zählen und an der Strecke der rhätischen Bahn liegen. Zu gerne würde er rein biolo gisch wirtschaften. Doch wie soll er mit der asiatischen Kirschessigfliege umgehen, die ihre Eier in intakte Beeren legt und diese damit zum Faulen bringt? Fallen allein rei chen nicht aus und engmaschige Netze wür den das Bild der Postkartenlandschaft stö ren. Nun versucht er, die Umstellung auf Bio Schritt für Schritt umzusetzen, allfällige Ernteausfälle werden aus dem Projekttopf kompensiert: «Die Welt ist komplexer als man sich das vorstellen mag. Viele Bauern suchen selbstständig nach Lösungen, aber es braucht Zeit», gibt Giuliani zu bedenken. Seine Erfahrung aus diesem Projekt ist, dass die praktizierenden Bauern grundsätzlich

32 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH
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Oben: In einem kleinen Land wie der Schweiz grenzen landwirtschaftliche Flächen oft unmittelbar an Fliess gewässer von grosser ökologischer Bedeutung.

«Offenbar verarmt die Erde nicht, wenn der Bauer das unsichtbare Leben in seinem Boden durch kunstvoll richtige organische Düngung in optimaler Aktivität erhält.» Philippe Matile, 1966

einen grossen Gestaltungswillen haben, sofern sie sich in einem dies fördernden Umfeld bewegen können, wie im Fall von Nicolò Paganini.

Sonderstellung oder Vorbild Kann eine Region wie Val Poschiavo als Mo dell für die ganze Schweiz dienen? – eine Frage, auf die es keine einfache Antwort gibt. Was die Erfolgsgeschichte von Val Poschiavo zeigt ist, dass am Anfang immer engagierte Menschen stehen, die mit ihrer Überzeu gung und Energie buchstäblich Berge verset zen möchten. Damit sie ihre Vision Wirk lichkeit werden lassen können, benötigen sie entsprechende gesetzliche Rahmenbedin gungen und Unterstützung von allen Seiten: angefangen bei den landwirtschaftlichen Akteuren, über den Handel bis hin zu den Konsumenten, die voraussichtlich im Juni 2021 die Möglichkeit haben, über zwei Initi ativen abzustimmen: Die «Initiative für sau beres Trinkwasser» und die «Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide». Eine Besonderheit in einem kleinen Land wie der Schweiz ist, dass die landwirtschaft lichen Flächen oft unmittelbar an Fliessge wässer grenzen, die von grosser ökologischer Bedeutung sind: «Sensible Organismen wie

wirbellose Tiere werden schon durch geringe Konzentrationen geschädigt, die Lebensge meinschaften in Ackerbaugebieten sind nachweislich verarmt und gesetzlich zulässi ge Grenzwerte werden vielerorts überschrit ten», berichtet Dr. Christian Stamm, stellver tretender Abteilungsleiter Umweltchemie an der EAWAG Dübendorf, an einem Vortrag der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Winterthur im Herbst 2020. In Bezug auf das Grundwasser stellt er fest, dass die Belas tung im Einflussgebiet landwirtschaftlicher Flächen ebenfalls erhöht ist. Ein wesentli cher Unterschied zu den Fliessgewässern ist, dass die Reaktionszeit bedeutend länger ist. Veränderungen im Grundwasser treten erst nach Jahren bis Jahrzehnten zutage.

1. Trinkwasserinitiative: Ansatz Direktzahlungen

Diese Initiative fordert, dass die Subventio nen an die Landwirtschaft nur für Bewirt schaftungsweisen ausgerichtet werden, wel che die Gesundheit und die Umwelt nicht gefährden und das Trinkwasser nicht ver schmutzen. Direktzahlungen wären an den bereits gesetzlich geforderten ökologischen Leistungsnachweis gebunden sowie an fol gende zusätzliche Bedingungen: Erhalt der

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Biodiversität, eine pestizidfreie Produktion und ein Tierbestand, der mit dem auf dem Betrieb produzierten Futter ernährt werden kann. Landwirtschaftsbetriebe, die Antibio tika in der Tierhaltung prophylaktisch ein setzen oder deren Produktionssystem einen regelmässigen Einsatz von Antibiotika nötig macht, würden von Direktzahlungen ausge schlossen werden. «Um Qualität, Ertrag und Einkommen nachhaltig zu sichern, würden Bäuerinnen und Bauern mit Bildung, For schung und Investitionshilfen unterstützt werden. In Anbetracht der komplexen Sach lage beträgt die Übergangsfrist acht Jahre», führt Franziska Herren, Mitinitiantin der Initiative, aus. Unterstützt wird sie von 4aqua (www.4aqua.ch), einer Interessen gemeinschaft, in der sich über 140 Wissen schaftler*innen und Fachleute zusammen geschlossen haben.

Die Kurzfassung des Initiativtextes hat im Vorfeld der Abstimmungen zu missver ständlichen Vereinfachungen geführt. Eine Kontroverse ist zum Beispiel um das Thema Tierfutter entfacht. So sind auf der Website www.trinkwasserinitiative-nein.ch, die vom Schweizer Bauernverband (SBV) betrieben wird, Zitate mehrerer Landwirte zu lesen, in denen sie von der Unmöglichkeit sprechen, ihr Futter ausschliesslich selbst zu produzie ren. Das ist aber keine Bedingung der Initia tive. Im Argumentarium heisst es, dass Be triebe weiterhin regional untereinander Fut termittel und Hofdünger austauschen bzw. gemeinsam nutzen sollen und können, auch in Form von Betriebsgemeinschaften.

2. Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide: Ansatz Verbot und Inklusion

Sie fordert das Verbot von synthetischen Pestiziden und umfasst neben der Landwirt

schaft auch private und gewerbliche Anwen dende sowie die öffentliche Hand. Um eine Gleichberechtigung der Schweizer Landwirt schaft zu erreichen, haben die Initianten auch Importprodukte wie Früchte, Gemüse und Getreide vollumfänglich eingeschlos sen. Bis heute ist beispielsweise der Import von Lebensmitteln mit Chlorothalonil-Rück ständen noch erlaubt, während das Fungizid seit 1. Januar 2020 in der Schweiz aufgrund möglicher Gesundheitsgefährdung verboten wurde. Die Initiative sieht eine Übergangs frist von zehn Jahren vor.

Um der Landwirtschaft eine schrittweise Umstellung zu ermöglichen und allen Betei ligten genügend Zeit zu geben, die notwen digen Massnahmen für einen Verzicht auf synthetische Pestizide zu ergreifen, sehen beide Initiativen eine Übergangsfrist vor. Die politischen Akteure sind aufgerufen, das Landwirtschafts- und Ernährungssystem zu überarbeiten und die relevante Gesetz gebung anzupassen. Parallel dazu fordern die Initianten die Forschung dazu auf, eine Landwirtschaft zu entwickeln, die mehr Rücksicht auf die Biodiversität und die menschliche Gesundheit nimmt.

Unsere Lebensgrundlage bewahren Vielleicht sollten wir die Natur als Vorbild nehmen, deren Zusammenhänge komplex und auf vielfältige Weise miteinander verbunden sind. Auch wenn wir nicht alles erklären können, ist sicher, dass wir dabei sind, unsere Lebensgrundlage – Wasser, Bo den und Luft – mehr und mehr zu zerstören. Welche Mengen an Pestiziden zu welchen Auswirkungen führen, ist im Grunde uner heblich. Es besteht Handlungsbedarf. Und es gibt Lösungsansätze. Die FiBL-Wissenschaft ler Adrian Müller und Christian Schader ha ben 2017 im Fachmagazin «Nature Commu

DOK-VERSUCH

Weltweit der bedeutendste Langzeitfeldversuch zum Vergleich biologischer und kon ventioneller Anbausysteme. In einem praxisnahen Versuchsdesign werden am FiBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) seit 1978 der biologisch-dynamische (D), der organisch-biologische (O) und der konventionelle (K) Anbau von Ackerkultu ren wie Weizen, Kartoffeln, Mais, Soja oder Klee am selben Standort verglichen. Wäh rend der biologisch-dynamische Anbau mit kompostiertem Mist arbeitet, kommt im organisch-biologischen Anbau auch frisches Material zur Bodenbelebung zum Ein satz. Der DOK-Versuch ist aus der Zusammenarbeit zwischen Forschungsanstalten, dem Bundesamt für Landwirtschaft und dem FiBL entstanden. → www.fibl.org

34 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH

nications» einen Artikel veröffentlicht, in dem sie aufzeigen, dass Biolandbau die Welt ernähren könnte, sofern man Food waste und Fleischkonsum reduzieren könn te. Zwei Kernpunkte, die ohne gesellschaftli chen Wertewandel wohl nicht möglich sind. Letzterer betrifft deshalb jeden und jede von uns. Wollen wir weiterhin Fort schritt um jeden Preis? Konsum ohne Rück sicht auf die Folgen? Oder sind wir bereit, et was zu ändern? Überall auf der Welt schlies sen sich Menschen zusammen, die etwas

bewegen möchten und beziehen Stellung. So schreibt der Autor Stéph Donse im aust ralischen Online-Gartenmagazin «The plan thunter»: «Wir müssen auf individueller Ebene beginnen: mit unserer eigenen Bezie hung und Liebe zur Natur (…) Wenn wir uns selbst als Hüter betrachten, dann ist die halbe Arbeit getan.» Damit das Engagement jedes Einzelnen Früchte tragen kann, benöti gen wir aber angepasste gesetzliche Rah menbedingungen, wie sie beispielsweise in den Initiativen gefordert werden.

Initiative für sau beres Trinkwasser: → www.trinkwasserinitiative.ch

Initiative für eine Schweiz ohne synthe tische Pestizide: → www.lebenstattgift.ch

Stimmungsbarometer

Als weiteren Impuls für die eigene Entscheidungsfindung hat der «Pflanzenfreund» drei Organisationen um Stellungnahme gebeten. Weiterführende Informationen finden Sie auf den jeweiligen Websites.

KLEINBAUERN-VEREINIGUNG

«Wir unterstützen die Zielrichtung beider Initiati ven, bevorzugen jedoch den Umsetzungsweg der Pestizidinitiative. Im Gegensatz zur Trinkwasserin itiative nimmt die Pestizidinitiative nicht nur die Landwirtschaft in die Pflicht, sondern alle bisherigen Pestizidanwender. Neben den Bäuerinnen müssten somit auch die öffentliche Hand, der Gartenbau, die SBB sowie alle privaten Gartenbesitzerinnen auf synthetische Pestizide ver zichten. Das Anwendungsver bot beschränkt sich zudem nicht nur auf die inländische Landwirtschaft, auch Importe wären davon betroffen. Heute dürfen beispielsweise Produkte mit Chlorothalonil-Rückständen impor tiert werden – obwohl dieses Mittel in der Schweiz auf den 1. Januar 2020 verboten wurde.

Die Schweizer Landwirtschaft kann auf Pestizide verzichten. Wer an der Umsetzbarkeit der Pestizi dinitiative zweifelt, vergisst oftmals, dass diese nur längerfristig fordert, was Biobäuerinnen und Bio bauern schon heute umsetzen. Die Initiative sieht ausserdem eine Übergangsfrist von zehn Jahren vor. Wichtige Zeit also, um die Forschung auf die

neuen Voraussetzungen auszurichten. Im Gegen satz zur konventionellen Landwirtschaft ist in der Forschung für den Biolandbau schon länger klar, dass der Pflanzenschutz mehrdimensional weiter entwickelt werden muss. Das betrifft bei spielsweise auch die Pflanzenzüchtung, die mechanische Unkrautbekämp fung und die Förderung von Nütz lingen.

Nur mit gesunden Böden kann unsere Ernährung auch für die Zukunft gesichert wer den. Es braucht jetzt ein Um denken in der Landwirtschaft und der gesamten Bevölkerung hin zu einer vielfältigen, ökologi schen Bewirtschaftung von land wirtschaftlichen Flächen, Gärten und Grünanlagen. Die Schäden, welche durch die Pestizidanwendung angerichtet werden, ge fährden die Resilienz der Schweizer Landwirtschaft und unsere natürlichen Ressourcen. Und sie kom men die Allgemeinheit längerfristig teurer zu ste hen.»

→ www.kleinbauern.ch

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UNITERRE

«Unterschiedliche Lösungsansätze bestehen zwi schen den beiden Initiativen, gleichwohl sie dassel be Ziel verfolgen: Eine Landwirtschaft ohne synthe tische Pestizide. Die «Initiative für sauberes Trink wasser» beinhaltet aber kein Verbot, sondern sieht die Streichung der Direktzahlungen für nicht pesti zidfreie Betriebe vor. In Branchen wie dem Wein- oder Obstbau kann dies zu einer weiteren Intensivierung führen, um den Wegfall der Direktzahlungen zu kompensieren. Der gravie rendste Punkt jedoch sind die Importe: Während im Inland eine «saubere» Schweizer Landwirtschaft gefordert wird, bleiben die Lebens- und Futter mittelimporte, die oft pestizid verschmutzt sind, unangetastet. Bereits heute ist die hiesige Land wirtschaft durch den Grenzhandel fi nanziell stark unter Druck – denn die Produktion ist im Ausland viel billiger. Das einsei tige Pestizidverbot würde diese Differenz verschär fen. Der Mehraufwand, z.B. bei den Arbeitskräften, wird in keinster Weise berücksichtigt, sondern an den Markt delegiert. Das ist ungenügend und des halb lehnt Uniterre diese Initiative ab.

Die Initiative «für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» dagegen behandelt die zentrale Frage der Importe und sieht vor, dass auch Produkte aus dem Ausland – für Lebens- und Futtermittel – frei von Pestiziden sind. Zugleich fordert sie ein Verbot für synthetische Pestizide nicht nur in der Land wirtschaft, sondern auch in der Pflege von Landschaft, Grünflächen und öffentli chen Räumen. Die Umsetzung dieser Initiative wäre für die Bäuerinnen und Bauern sehr anspruchsvoll, denn auch hier fehlen finanziel le Begleitmassnahmen, die den erheblichen Mehraufwand bei der Produktion abfedern könn ten. Ferner müssten Lösungen, unter anderem mithilfe einer ge zielten Forschung und selbstver ständlich unter Ausschluss von Gentechnikverfahren, gefunden und umgesetzt werden. Uniterre unterstützt die Ziele dieser Initiative für eine ökologische Landwirtschaft und erhofft sich einen breiten Dia log mit der Gesellschaft über die Herausforderun gen eines solchen Projektes.» → www.uniterre.ch

36 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH
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SCHWEIZER BAUERNVERBAND

«Wir lehnen beide Initiativen ab. Die Trinkwasser initiative erachten wir als reine Mogelpackung. Mit sauberem Wasser hat sie nichts zu tun. Ihr einziger Ansatzpunkt sind die Direktzahlungen. Direktzah lungen erhalten nur jene Bauernbetriebe, die den sogenannten ökologischen Leistungsnachweis einhalten. Dieser umfasst über das Ge setz hinausgehende Anforderungen wie zum Beispiel, dass jeder Be trieb eine Mindestfläche für die Förderung der Biodiversität aus scheidet. Die Initiative will die se nun an weitere einschnei dende Bedingungen knüpfen. Ganz ohne Pflanzenschutzmit tel ist eine Landwirtschaft, die vom Verkauf ihrer pflanzlichen Kulturen lebt, nicht möglich. Denn trotz Vorsorgemassnahmen können je nach Wetter Krankheiten oder Schäd linge die Ernten massiv reduzieren oder zu einem Totalausfall führen. Um unseren Bedarf an Essen zu decken, müssten wir also mehr importie ren. Da ausländische Produkte aber weniger nach haltig produziert sind, ist der Effekt für die Umwelt gesamthaft negativ. Für Betriebe mit anfälligen Spe zialkulturen wie Obst, Reben oder Gemüse sind die

Direktzahlungen nicht so wichtig. Sie würden ganz darauf verzichten. Damit müssten sie auch den ökologischen Leistungsnachweis nicht mehr ein halten.

Die Volksinitiative «Für eine Schweiz ohne syn thetische Pestizide» will den Einsatz von synthe tischen Pestiziden verbieten. Es dürften auch nur noch Lebensmittel einge führt werden, die ohne produziert worden sind. Die Schweizer Be völkerung könnte nur noch Bio produkte pflanzlicher Herkunft kaufen und ihre Ausgaben fürs Essen würden sich folglich stark erhöhen.

Die Landwirtschaft nimmt die von den Initiativen ange sprochenen Themen ernst und anerkennt Handlungsbedarf. Die Antworten auf die Herausforderungen sind bereits in Umsetzung. Die Konsumen tinnen und Konsumenten selbst haben es ebenfalls in der Hand, indem sie vermehrt besonders nach haltig produzierte Lebensmittel kaufen und so de ren Absatz ankurbeln.»

→ www.sbv-usp.ch

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 37 WISSEN Zwischen Schockstarre und Wertewandel
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Fauna im Fokus

Kellerassel

Sie haben Kiemen wie Wassertiere und viele Beine wie Gliederfüsser. Im Garten tragen sie zur Humusbildung bei und spielen eine wichtige Rolle in der Nahrungskette. Im Haus sind sie kein Schädling, sondern eine Art Zeigertier. Text: Stefan Ineichen, Bild: Thomas Otto

Alles Leben auf dem Festland stammt letztlich aus dem Wasser: Vor Urzei ten waren unsere Vorfahren Fische –und die Ahnen der Kellerasseln wa ren Krebse. Asseln zählen denn auch nicht zu den Insekten, sondern zu den Krebstieren. Wie bei Wassertie ren üblich erfolgt ihre Atmung teil weise noch über Kiemen – Kelleras seln sind auf eine hohe Luftfeuchtig keit angewiesen. Wir finden sie an feuchten Stellen unter Steinen, im Falllaub und im Kompost, im mor schen Holz, unter Pflanztöpfen, in Moospolstern, Pflanzenresten oder Mauerritzen.

Zusätzlich zu den Kiemen verfügen die auf dem Land lebenden Asseln auch über die Fähigkeit, Sauerstoff aus der Luft zu gewinnen. Die lun genartigen Organe, die sie zur Luftat mung befähigen, befinden sich auf der Körperunterseite bei den Hinter leibsfüssen. Asseln haben viele Beine: Jedes der sieben Brustsegmente ist mit einem kräftigen Beinpaar verse hen, während die sechs schmäleren Segmente am Körperende beinartige Anhängsel tragen, die nicht der Fort bewegung dienen.

Kellerasseln ernähren sich vorwie gend von abgestorbenen, vermoder ten Pflanzenteilen, auch morschem Holz und Pilzen. Damit tragen sie zum Abbau von organischem Materi al und zur Bildung von Humus bei. Und sie spielen eine wichtige Rolle in

den Nahrungsketten im Garten, da sie von Spinnen, Kröten, Vögeln, Mäusen, Spitzmäusen und Igeln ge fressen werden. Asseln sind keine Einzelgänger. Oft sind neben den aus gewachsenen, schiefergrau gefärbten Tieren, weissliche Jungtiere zu finden, die wie verkleinerte Ausgaben ihrer voll entwickelten Artgenossen ausse hen. Ihre ersten Tage verbringen die Larven in einem Brutbeutel an der Körperunterseite des Weibchens, in dem zuvor dreissig bis achtzig be fruchtete Eier herangereift sind. Die Larven, die nach rund einem Monat schlüpfen, verweilen noch zwei Wo chen in dieser geschützten Bauchta sche, bevor sie sich vom Muttertier lösen. Kellerasseln häuten sich über ein Dutzend Mal, bis sie ihre volle Grösse erlangen. Sie können sich mehrmals vermehren und ein Alter von zwei Jahren erreichen.

Normalerweise richten Kellerasseln keinen Schaden an. Sie verbreiten keine Krankheiten und ziehen ver modernde Pflanzenteile lebenden Gewächsen oder Frischfutter vor. Sie machen sich kaum an kühl und tro cken gelagertem Gemüse oder Obst zu schaffen – am ehesten noch an Kartoffeln, mit Vorliebe an faulen. Ins Innere von Gebäuden gelangen sie durch undichte Türen und Fenster oder über Kletterpflanzen an der Fas sade. Wenn sie sich im Keller oder an deren Räumen wohlfühlen, kann dies

ein Hinweis auf eindringendes Was ser sein – eine Gefahr, die nicht ge bannt wird, wenn die Asseln beseitigt werden.

Die Kellerassel ist nicht die einzige Asselart, die an Land lebt. Die Rollas sel, deren ebenfalls gräulicher Panzer dicker, glatter und glänzender ist als jener der Kellerassel, besiedelt trocke nere Lebensräume. Sie hat fast voll ständig von Kiemen- auf Luftatmung umgestellt und kann sich bei Störun gen oder Trockenheit wie ein Gürtel tier zu einer Kugel zusammenrollen.

Bilder zum Thema unter: → www.pflanzenfreund.ch / faunaimfokus

Der Biologe Stefan Ineichen arbeitet als Dozent an der ZHAW Wädenswil im Studiengang Umweltingenieur wesen. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Stadtfauna, Naturgeschichte der Stadt und Glühwürmchen. In dieser Serie teilt er sein Wissen über die spannende Tierwelt vor unserer Haustür.

38 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH
PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 39
DIE KELLERASSEL Porcellio scaber WISSEN Fauna im Fokus

Lass uns reden. Über den Boden.

40 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH
Engagement

Neben Luft und Wasser ist der Boden unsere wichtigste Lebensgrundlage. Das gesamte Leben unserer Erde ist abhängig von einer zirka 3o Zentimeter dicken Humusschicht, dem Oberboden. Nur wenn dieser fruchtbar und lebendig ist, kann der Boden unsere Ernährung sichern. Doch wie gehen wir mit dem Boden um, dass wir seine Lebendigkeit erhalten, und sind wir wirklich auf dem richtigen Weg?

Text: Inga Laas und Jeremias Lütold, Bilder: Brachland Bio Beeren & Obst

Der Einsatz von synthetischen Pflan zenschutzmitteln und Düngern stört das Bodenleben und bedroht die Reinheit unseres Grundwassers. For scher der Universität Bonn (D) ka men zu dem Schluss, dass die intensi ve Landwirtschaft, wie wir sie seit der Agrarindustrialisierung kennen, für die Volkswirtschaft eine Minusrech nung darstellt. Langfristig kostet uns der stattfindende drastische Rück gang der Bodenfruchtbarkeit und der biologischen Bodenvielfalt ein Ver mögen. Mit der Verarmung unserer Böden geht einher, dass sie ein ver ringertes Wasserspeichervermögen aufweisen und anfälliger für Erosion sind.

Weltweit gibt es ganz unterschiedli che Gründe für den Kulturlandver lust. Steht auch die Schweizer Land wirtschaft vor einem Bodenproblem?

«Ja sicher, aber es müsste keines sein. Und die Frage ist doch warum?», kommt Jürg Raths vom Hof Brach land in Bubikon gleich zur Sache. «Was in Millionen von Jahren ge wachsen ist, bringt der Mensch seit Ende des 19. Jahrhunderts in Gefahr. Verstärkt durch den Einsatz von syn thetischen Spritz- und Düngemitteln, wie sie seit dem 2. Weltkrieg einge setzt werden.»

Heute müssen wir einen Verlust von 30 % der gesamten Nutzfläche einge stehen und erkennen, was das Bun desamt für Landwirtschaft schon 2014 festgehalten hat: «Die langfristi ge Fruchtbarkeit von landwirtschaftli chen Böden in der Schweiz ist infrage gestellt. Obwohl wir mit dem Um weltschutzgesetz Art. 1 + 2 und dem Gewässerschutzgesetz Art. 6 die ge setzlichen Grundlagen haben, liegen die Gewässerbelastungen vielerots über den Grenzwerten. Weiter wie bisher ist also keine Option», sagt Raths.

Ohne Humus kein Leben

Vor fünfzehn Jahren begann Raths seinen Landwirtschaftsbetrieb in Bubikon aufzubauen. Kernstück ist eine 70 Aren umfassende Strauchbee ren- und Obstanlage – nach neuestem Stand der Anlagentechnik und den Richtlinien von Bio Suisse. Nach we nigen Jahren schon fiel das Fazit aber ernüchternd aus. Der Boden unter den mit Plastikfolie gemulchten Bee renkulturen präsentierte sich leblos.

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche wird auf dem Brachland in Bubikon auch als Lebensraum verstanden und trägt zur nachhaltigen Ökologie bei.

Erosion, Versteppung, Versalzung, Versiegelung und Übernutzung kosten allein die Mitgliedsländer der EU jährlich 38 Milliarden Euro.

(TEEB-Report 2010)

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 41
ENGAGEMENT Lass uns reden. Über den Boden.

Neben den Früchten in den Anlagen und an den Hochstammbäumen, findet sich überall auf dem Hof auch viel Wildobst. Vögel und kleine Säugetiere finden so auch im Winter Nahrung.

Messungen ergaben einen so gerin gen Humusanteil, dass der teils küm merliche Zustand der Beeren kaum verwunderlich schien. Der Hof Brach land drohte seinem Namen alle Ehre zu machen. Wichtige Impulse von Angestellten sowie seine eigenen Be obachtungen liessen Jürg Raths um denken. Von nun an lag der Fokus auf dem Boden, und der Betrieb erlebte eine grundlegende Revitalisierung. Aktuelle Messungen beweisen einen maximalen Humusgehalt von 10,4 % in der Beerenanlage, was weit über den üblichen Werten liegt.

Regenerative Landwirtschaft

Der Fokus auf die Bodenbiologie macht das Zusammenspiel der Obstund Beerenkulturen mit den Prozes sen der Bodenspähre eindrücklich sichtbar. Ganz im Sinne der regenera tiven Landwirtschaft konnte die Bo denfruchtbarkeit gesteigert werden und die Abhängigkeit von Hilfsstof fen beschränkt sich auf selbst ge machte «Tees» und vereinzelte Ein sätze mit biologischen Spritzmitteln. Das etwas spezielle Brachland in Bu bikon bringt gute Erträge und Früchte von hervorragender Qualität hervor.

Die Förderung des Bodenlebens und die Schliessung der Nährstoff- und Wasserkreisläufe hat zum Ziel, den Boden über die Bewirtschaftung lang fristig aufzubauen. Zu den Grundsät zen zählt, den Boden ständig durch wurzelt und bedeckt zu lassen, die Bodenbearbeitung minimal zu hal ten und die Biodiversität zu fördern, was die Integration von Nutz- und Wildtieren in das Agrarökosystem einschliesst. Für Jürg Raths entspricht der Kern der regenerativen Landwirt schaft einer Selbstverständlichkeit: «Heute wissen wir ja, mit welchen Einbussen an Bodenqualität wir die gleichförmigen Höchsternten ein gefahren haben. Einiges, was wir heute anwenden, findet sich in den Grundsätzen des bio-dynamischen Anbaus, in Begriffen wie Permakultur oder in Agroforstsystemen wieder. In der regenerativen Landwirtschaft kommt u.a. wieder ein vorindustriel les Wissen zum Zuge. Wir müssen uns in der Landwirtschaft davon verabschieden, Güterproduktion zu betreiben. Stattdessen müssen wir dazu beitragen, unsere agrarischen Ökosysteme zu pflegen und intakt zu halten.»

Labor Futur Wer den Obst- und Beerenhof in Bubikon besucht, taucht mitten ins Labor Zukunft ein. Mit den Mitteln und dem Wissen von Gestern ent steht eine berechtigte Hoffnung auf die Ernährungssicherheit von Mor gen. Eutrophe, d. h. zu stark mit Mine ralien angereicherte Gewässer und Grünflächen, pestizidbelastetes Trinkwasser, verdichtete und ausge laugte Böden sind das Ergebnis einer intensiven Agrarkultur. Allerdings hat die Intensivierung der Landwirt schaft auch die Basis für den techno logischen Fortschritt des 20. Jahrhun derts gelegt. Die Obst- und Beerenan lage auf dem Brachland ist ein in sich geschlossenes Ökosystem, in dem die Kulturen indirekt – über den Boden –gestärkt werden. Denn aus einem leb losen Substrat kann kein neues Leben entstehen und sich etablieren. Klingt logisch und die Vielfalt auf dem Hof erscheint als die schlüssige Folge da von. Mittlerweile stehen die Beeren kulturen auf den Dämmen mit einer Mulchschicht aus Rasenschnitt, teil weise Pilzsubstrat und feinem Häck sel. Unter den Beerenruten leuchtet der Mangold und im Frühjahr die

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ENGAGEMENT Lass uns reden. Über den Boden.

Vogelmiere und vieles mehr. Meer rettich, Knoblauch und Zwiebel über nehmen die Rolle des Fungizids. Obwohl Kupferspritzungen teilweise auch im Demeter-Anbau zugelassen wären, sind sie für Raths seit Betriebs beginn ein «No-Go». Nicht ohne ein zuwenden, dass auch seine Pflanzen manchmal Geduld und Heilung brau chen und dass keineswegs immer al les tadellos läuft. «Aber Pflanzen kön nen sich sehr gut selber helfen – man muss wissen, wie man sie dabei un terstützt», führt Raths nachdenklich an. «Es ist vor allem der gesunde, nährstoffreiche Boden, in Wechsel wirkung mit Mischkulturen und

Kohlmeisen

Nützlingen, die den Pflanzen helfen, sich aus eigener Kraft zu erholen. Und es braucht viel Musse wie auch Geduld, nicht einzugreifen.»

Für eine möglichst sanfte Bodenbe arbeitung verzichtet Raths vollstän dig auf das Umpflügen des Bodens und vermeidet damit den Struktur bruch der oberen Bodenschicht. Mit der zurückhaltenden Bodenbearbei tung wird das Bodenleben minimal gestört und die bodeneigenen Prozes se maximal unterstützt.

Die Vielfalt der Erzeugnisse vom Brachland spiegelt die Vielfalt des Ag rarökosystems auf dem Betrieb wider.

Die Beeren und Früchte werden, ne ben dem Gemüse und weiteren Pro dukten, in den Biofachgeschäften der Region und zunehmend direkt an Kunden verkauft.

Die Agrarpolitik kommt in Bewegung

Die gegenwärtige Situation der Schweizer Landwirtschaft weckt Zweifel. Die Bodenbelastungen durch synthetische Dünger und Pestizide sind hoch, deren Rückstände in un

serem Trinkwasser ebenso. Mit der Trinkwasser-Initiative und der Pesti zid-Initiative soll dies geändert wer den – mit unterschiedlichen Mass nahmen. Der Zustandsbericht zu den Schweizer Böden des Bundesamtes für Umwelt von 2017 hält fest, dass die Qualität unseres Trinkwassers di rekt von intakten und belebten Bö den abhängt.

Jürg Raths unterstützt beide Initia tiven und sieht sich in der Stossrich tung bestätigt. Er sagt, «Die Annahme der Initiativen ist ein Muss – damit wir nicht den Boden unter unseren Füssen verlieren. Wir sollten uns fra gen, woher unser Essen kommt und wie der Boden behandelt wird, der unsere Lebensmittel hervorbringt.» Ein intakter und belebter Boden ist die Zielsetzung der regenerativen Landwirtschaft. Ein Boden, der die benötigten Nährstoffe zur Verfügung stellt, ohne übernutzt zu werden. Ein gesunder Boden, der von syntheti schen Dünge- und Pflanzenschutz mitteln verschont bleibt.

Fruchtbarer Boden ist endlich –und deshalb unendlich kostbar!

im Kampf gegen Läuse.

Helfende Hände, gute Ideen und Vorschläge sind immer willkommen. Auf dem Brachland wird eine offene Gesprächs- und Begegnungskultur gelebt.

Wer sich einbringen und für die Schweizer Böden stark machen möchte, kann eine Patenschaft für die Bodenfruchtbarkeit abschliessen oder direkt das Brachland tatkräftig als Nachhaltigkeitspionier oder auch finanziell unterstützen: → www.bodenfruchtbarkeit.bio → www.bio-beeren-obst.ch

PS: Der Hof Brachland und weitere Landbesitzer müssen sich aktuell gegen ein grosses Bauprojekt be haupten. Darum wurde die IG Pro Brach-Fuchsbühl gegründet. Mehr dazu auf: → www.brach-fuchsbuehl.ch

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 43
picken die Schädlinge weg und zeigen Früchte mit Schädlingsbefall an. Marienkäfer sind treue Helfer

Winter ade!

FRÜHLINGSERWACHEN

Pirmin Rutz, Chef-Florist «Blütenreich» Meiers Blumenladen

Nach einem dunklen Winter ist das Erblü hen von Frühlingsblumen fast wie ein Er wachen aus einem langen Schlaf. Und der Frühling hat jetzt einiges zu bieten: Tulpen, Narzissen, Ranunkeln, Hyazinthen und viele mehr. In kräftigen Farbtönen über farben frohe Mischungen bis hin zu klarem Weiss blüht es jetzt schon wieder überall – im Blu menladen «Blütenreich» und beim Saison flor.

Auch die neue Gartensaison wird einge läutet. Zwar kann noch längst nicht alles draussen im Beet oder Topfgarten ausgesät werden. Doch auf der Fensterbank, an einem kühlen Platz im Haus oder im Frühbeet geht so einiges. Achten Sie dabei immer auf die Temperaturwünsche auf der Samen packung. Für die Aussaat im Haus eignen sich zum Beispiel Tomaten, Lauch, Salat, Pak Choi, Gartenkresse oder Lemongras. Und als Faustregel für draussen: Alles, was für den März im Freien zur Aussaat geeignet ist, kann auch bereits Anfang bis Mitte Februar geschützt, d. h. im Gewächshaus oder unter Folie ausgesät werden. Freuen Sie sich mit uns auf «frischen Wind» in Haus und Garten.

Herzlichst, Ihr Pirmin Rutz

Garten-Center Meier Gärtnerei – Gartengestaltung –Gastronomie Kreuzstrasse 2, 8635 Dürnten Tel. 055 251 71 71 gartencenter@meier-ag.ch → www.meier- ag.ch

Öffnungszeiten Mo–Fr 8.30–18.30 Uhr | Sa 8–17 Uhr

Oben: Die Tulpen im «Blütenreich» stammen natürlich aus unserer eigenen Gärtnerei – und machen sich auch gut zum Valentinstag.

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44 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH

Aktuelle Angebote

Schneeglöckchen

Galanthus

Bildet weisse, duftende Blüten bis in den März hinein. Fr. 7.80

’Tête-à-Tête’

Narzisse

Mit ihren zarten, dunkel gelben Blütenkelchen eine der schönsten Frühlingsboten. Ab Fr. 5.80

Schneidgiraffe Fiskars

Für den Schnitt von Bäumen und dichten Büschen. Teles kopstangen in zwei Längen. bis 6 m Fr. 189.–bis 3,5 m Fr. 119.–

2 für 1

Zimmerazaleen

Blühspektakel

Zimmerpflanze des Monats. Leuchtende Blüten in Weiss, Rosa, Rot oder Pink-Violett. Ab Fr. 6.80

Tipp

Palisad Biogarten

Vorbeugend gegen Kräuselkrank heit an Pfirsich und Nektarinen. 60 ml Fr. 13.50

Orchid Spray

Wachstum und Blüte Orchideenpflegepräparat aus reinen und natürlichen Sub stanzen. Solange Vorrat. 300 ml Fr. 7.90

Kalanchoe

pflegeleicht

Blühfreudige Zimmer pflanzen für alle, die nicht viel Zeit oder keinen grünen Daumen haben. Verschiedene Sorten. Ab Fr. 4.90

Winterlinge

Eranthis hiemalis Frühe Blüten und Nahrung für Insekten, die bereits an den ersten sonnigen Tagen unterwegs sind. Fr. 6.50

Felco 14

klein und kompakt

Für den Rückschnitt von Gehölzen und Bäumen. Maxi male Schneidkraft dank des abgewinkelten Schneidkopfs. Ab Fr. 56.–

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 45

Immer

IMMER GUT BERATEN!

Mal

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Als Konsequenz auf den Bundesratsentscheid vom 13. Januar verzichten wir bis Ende Februar komplett auf die Durchführung von Garten kursen. Damit Sie für Ihre Gartenarbeiten den noch immer «Up to Date» sind, veröffentlichen wir auch online regelmässig neue Beiträge und Posts zu den relevanten Gartenthemen. Besuchen Sie uns. Einfach anmelden auf www.meier-ag.ch/newsletter
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Gemüsesorten.
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informiert. > mehr lesen Garten-Center Meier | Kreuzstrasse 2 | 8635 Dürnten Tel. 055 251 71 71 | Öffnungszeiten: Mo Fr 8.30 18.30 Uhr l Sa 8 17 Uhr www.meier-ag.ch | www.gartenfragen.ch 46 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFRE UND.CH
Meiers Garten-

ORCHIDEEN-UMPFLANZAKTION

3. bis 16. Februar 2021

Alle zwei Jahre sollten Orchideen in neues Substrat gepflanzt werden. Während unserer Februar-Aktion vom 3. bis 16. Februar übernehmen unsere Gärtner*innen das für Sie – Arbeit und Substrat kostenlos.

! Vorsicht: Pflanzen bei Kälte gut einpacken. Keine voll blühenden Orchideen mitbringen.

Datum: 3. bis 16. Februar 2021

Ort: Garten-Center Meier, Abteilung Zimmerpflanzen Infos: www.gartenkurse.ch

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Tipp Das Zimmergewächshaus für professionelle Anzuchtergebnisse! Das Maximus Complete 3.0 LED von Romberg ist für die Aussaat und die Stecklingsvermehrung gleichermassen geeignet. Mit Beleuchtung, Heizmatte, Thermostat, Umluftventilator, Zeitschaltuhr und 77 Quelltabletten. Masse L x B x H 59 x 39 x 27 cm. Es ist derzeit das grösste Zimmergewächshaus auf dem Markt. Fr. 299.–Mini-Gewächshaus AnzuchtTipp! Garten-Center Meier | K reuzstrasse 2 | 8635 Dürnten Tel. 055 251 71 71 | Ö ffnungszeiten: Mo Fr 8.30 18.30 Uhr l Sa 8 17 Uhr www.meier-ag.ch | www.gartenfragen.ch ANZEIGE Garten-Center Meier

Ausflugstipps Grüne Agenda

FREIER GARTENEINTRITT

Landhaus Ettenbühl

Einschränkungen machen erfinderisch. Die Gastgeber von Landhaus Ettenbühl haben sich entschieden, ihre Gärten den ganzen Winter hindurch kostenfrei zu öffnen, um Erholungssuchenden ein sicheres Ausflugsziel zum Auf tanken und Geniessen zu bieten.

Zur Blütezeit reisen Rosenliebhaberinnen aus ganz Deutschland und der Schweiz ins südbadische Bad Bellin gen, das nur eine halbe Autostunde von Basel entfernt liegt. Im Winter ist es ruhiger, aber auch dann sind die weitläufigen Gärten ein Ort der Musse.

Da das Restaurant aufgrund der Corona-Massnahmen geschlossen bleiben muss, gibt es kleine Soul-FoodSpeisen wie Eintöpfe, Cream Tea und Kuchen «to go». → www.landhaus-ettenbuehl.de

WERKSTATTTAG IM PFLANZENLABOR

Samstag, 13., oder Sonntag, 14. Februar 2021 «Nature is not a place to visit. It is home», steht auf der Website von Giovina Nicolai, Dipl. Drogistin HF und Galenikerin. Mit diesem Zitat des amerika nischen Schriftstellers und Umweltaktivisten Gary Snyder kommt die Achtsamkeit zum Ausdruck, mit der die Bernerin der Natur und den Pflanzen begegnet. Ihr umfassendes Wissen gibt sie in ihren Kursen weiter. Ein Werkstatttag ist der Wüstenlilie Aloe vera gewidmet, die bei vielen auf der Fenster bank wächst.

Für Giovina Nicolai bedeutet ein Blatt der Aloe vera Natur kosmetik pur. In diesem ein tägigen Kurs lernen die Teil nehmerinnen fundiertes Hin tergrundwissen und praktische Anwendungen für den Alltag. Kosten: CHF 60.– (inkl. Kurs material und Tee) Details und Anmeldung: → www.pflanzenlabor.ch

STADTBAUM UNTER DRUCK

Stadtgärtnerei Zürich

Gut 110 000 Bäume prägen das Stadtbild. Können wir uns Zürich ohne sie überhaupt vorstellen? Das Grün im städtischen Grau trägt zu unse rem Wohlbefinden bei. Bäume filtern Feinstaub, produzieren Sauerstoff und kühlen das Stadtklima spürbar. Insbesondere alte Bäume sind Le bensraum für zahlreiche Tierarten wie Vögel, Falter und Käfer. Bäume sind auch Zeitzeugen und Kulturgut.

Die Ausstellung stellt zehn typische Stadtbäume vor. Ihre Besonder heiten und ihre Bedeutung stehen stellvertretend für alle anderen Grünanlagen-, Strassen- und Hinterhofbäume. Welche Zukunft haben Stadtbäume und damit verbunden unsere Lebensqualität? sind Fragen, auf welche die Austellungsmacher Antworten gesucht haben. Rahmenprogramm und Öffnungszeiten auf: → www.stadt-zuerich.ch/stadtgaertnerei

48 FEBRUAR 2021 | PFLANZENFREUND.CH
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Aufgrund aktueller COVID-Situation Änderungen vorbehalten.

Entscheiden dürfen STANDPUNKT

Als ich meine ersten Erfahrungen mit der Übernahme von Verantwortung im Fami lienunternehmen machte, beklagte ich mich einmal über die Bürde, andauernd entschei den zu müssen. Soll in eine neue Technolo gie investiert werden? Soll der Stab über einer bestimmten Mitarbeiterin oder einem bestimmten Mitarbeiter gebrochen werden? Soll ein Produkt aus dem Sortiment ver bannt werden? Soll von einem Lieferanten zu einem anderen gewechselt werden?

Mein Gegenüber sah mich verständnislos an und entgegnete mir eindringlich, dass es doch ein absolutes Privileg sei, entscheiden zu «dürfen». Statt mich selbst zu bemitlei den, solle ich gefälligst an all jene denken, welche nicht mitentscheiden können. Letz tere hätten Grund, sich zu beklagen. Diejeni gen, die Entscheidungen fällen «dürfen», sollten sich ihres Privilegs bewusst sein.

Wenn sich meine Stirn heute ob einer kniffligen Entscheidung in Falten legt, denke ich an diese Konversation zurück: Entschei den «dürfen» – wie bin ich ob dieser unter nehmerischen Freiheit doch privilegiert. Gleichzeitig erinnere ich mich an die Fest

stellung des französischen Philosophen Albert Camus, dass es nicht die Privilegien sind, aus welchen die Freiheit besteht, son dern aus Pflichten. Und mit Pflichten eng ver woben ist immer auch Verantwortung.

Bezüglich der anstehenden Initiativen um Pestizide und Trinkwasser beschert uns un ser freiheitliches Demokratiesystem wieder einmal ein besonders kontroverses Wechsel bad aus Privileg und Pflicht. In Bezug auf diese beiden Initiativen stehe ich als Gärtner natürlich besonders in der Verantwortung, mich pflichtbewusst mit dem Thema ausei nanderzusetzen. So befasse ich mich seit der Einreichung der beiden Initiativen Anfang 2018 intensiv mit deren Ansinnen.

Im Branchenverband JardinSuisse gingen die Meinungen in den unterschiedlichen Fachgruppen um Zustimmung oder Ableh nung der Initiativen auseinander. Schluss endlich hat sich JardinSuisse zusammen mit anderen Verbänden der «Interessenge meinschaft Zukunft Pflanzenschutz» ange schlossen. Deren Argumente gegen die Initi ativen kann ich sowohl aus privater als auch gärtnerischer Perspektive und Erfahrung

PFLANZENFREUND.CH | FEBRUAR 2021 49
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absolut nachvollziehen. Diese geht davon aus, dass es der Wissenschaft gelingt, auch ökologisch sinnvolle, chemische Pflanzen schutzmittel zu entwickeln.

Ich traf mich auch mit Ulrich Veith, dem zunächst erfolgreichen Initianten des Refe rendums für eine pestizidfreie Gemeinde im Südtirol. Vom «Malser Wunder» war damals die Rede. Doch das Wunder ward nicht Wirklichkeit. Das lokale Pestizidverbot wur de für null und nichtig erklärt, schlicht, weil die Gemeinde für diese – allein vom Staat zu regelnde – Umweltschutzfrage nicht zustän dig sei. An einem tristen Novembertag er zählte mir Ulrich Veith, damals noch Bürger meister von Mals, beim Mittagessen die eindrückliche Geschichte um das hehre An sinnen und den politischen Klüngel. Im An schluss an dieses Gespräch hätte ich sowohl

der Trinkwasser- als auch der Pestizidinitia tive sofort zugestimmt.

Trotz unzähligen Gesprächen mit unter schiedlichsten, engagierten Menschen, bin ich zutiefst gespalten. Ich weiss nicht mehr, was ich abstimmen soll und würde mich am liebsten enthalten. Mein Pflichtbewusstsein in Anlehnung an die erwähnte Aussage von Albert Camus wird mich jedoch zur Urne führen. Denn der bewusste Mensch ist, wie Camus schreibt, «Herr seiner Tage» und sei nes Schicksals Schmied. Und wie ich mich kenne, werde ich wohl für beide Initiativen ein «Nein» in die Urne legen. Einerseits aus meinem freiheitlichen Empfinden heraus. Und andererseits als verbindliche Verant wortung an meine Gärtnerpflicht, alles dar an zu setzen, die Ziele der Initiativen trotz dem umzusetzen.

Meier-Honegger ist Co-Geschäftsleiter der Firma Ernst Meier AG, Gärtner und setzt sich leidenschaftlich für seinen Berufsstand ein. Er ist international in zahlreichen Gremien aktiv und pflegt einen kritischen Blick auf sei ne Branche. In seinen Artikeln und Kommen taren nimmt er kein Blatt vor den Mund.

STANDPUNKT Entscheiden dürfen □ Jahresabo 10 Ausgaben für Fr. 48.– □ Probeabo 4 Ausgaben für Fr. 19.– (Preise inkl. Versand) Vorname, Nachname Strasse PLZ, Wohnort E-Mail Datum / Unterschrift Oder Talon ausgefüllt senden an: Verlag «Pflanzenfreund», Kreuzstrasse 2, 8635 Dürnten ✁ 1 CHF 30.– günstiger als im Einzelverkauf 2 Regelmässiger OnlineNewsletter mit aktuellen Garten-Tipps 3 Workshops, Ausflüge und Reisen nur für Abonnent*innen Leselust das ganze Jahr pflanzenfreund.ch/ abo
Erwin

Weitere Reisen 2021 ab Zürich

Piemont / Italien Kultur und Gärten, 07.06. - 13.06. Irland die grüne Garteninsel, 27.07. - 03.08. Japan Land der Gärten, 30.10. - 10.11.

RHS Chelsea Flower Show 20. 05. - 23. 05. 2021 London & Gartenjuwele
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Grosse Reisen –liebevoll konzipiert! Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite www.olivareisen.ch
Reisebegleitung: OLIVA Gartenexperte und Landschaftsgärtner Klaus Wenzel Unterbringung im 4* Hotel Brentford Lock, London Besuch ausgewählter Gärten, wie z.B. Towerbridge Gärten, Fenton House Garden Head Gardener-Führung durch den RHS Wisley Gardens Tageskarte für die RHS Chelsea Flower Show Preis p. P.: CHF 1.560,–Mallorca 11. 04. - 17. 04. 2021 Ein Paradies ganz nah
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Botanischer Garten in Soller Besichtigung der herrlichen Altstadt von Palma, Kloster San Francisco Besuch des Wohnsitzes von Erzherzog Ludwig Salvator Malerische & geheime Privatgärten Preis p. P.: CHF 2.100,–
Buchung & Kontakt: Oliva Reisen GmbH c/o Frau Doris Weber Rebenweg 33 CH-8303 Bassersdorf Tel.: 044 888 75 63 doris.weber@olivareisen.ch www.olivareisen.ch
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Frühlingsgefühl

Für Verliebte ist der Valentinstag jedes Jahr aufs Neue ein fester Bestandteil im gemeinsamen Kalender. Schenken Sie frische Tulpen aus unserer eigenen Gärtnerei. Ihre Farbenvielfalt sorgt nicht nur am Tag der Liebenden für Frühlingsgefühle. Wenn die Natur wieder langsam erwacht, bringen sie frischen Duft ins Haus. Ein farbenfroher Blumenstrauss aus Meiers Blumenladen – dem «Blütenreich» – lässt garantiert Frühlingsgefühle aufkommen.

Narzissen 'Tête-à-tête' im Weidenkörbli Mit ihren zarten dunkelgelben Blütenkelchen ist sie – als Arrangement im natürlichen Weidenkorb gepflanzt – einer der schönsten Frühlingsboten.

Fr. 62.–

Primula obconica

Die Becherprimel ist eines der blütenreichsten Primelgewächse – auch für drinnen.

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