ST.-ANNA-GYMNASIUM MÜNCHEN
ST.-ANNA-GYMNASIUM MÜNCHEN
Inhalt
Vorwort 5 Historie 8 Lage 13 Erweiterung 14 Grundrisse 17 Bauabschnitte 20 Baumaßnahme bei laufendem Betrieb
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Statische Ertüchtigung
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Fassaden 25 Klassenräume 28 Turn- und Gymnastikhallen
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Aula 32 Treppen 36 Brandschutz 38 Freianlagen 40 Museum 42 Signaletik 43 Kunst am Bau
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Beleuchtungskonzept 45 Wasserkraft 46 Mensa 48 Projektbeteiligte, Daten
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5
Vorwort
kleinen, einzelnen Bauabschnitten erbracht werden. Neben den unvermeidbaren Beeinträchtigungen durch die Baustelle bedeutete dies vor allem viele Umzüge innerhalb der Schule
Planen und Bauen sind üblicherweise ein langer Prozess, der
und ein Leben, Lernen und Lehren in Provisorien. Diese Kraft-
oft über mehrere Jahre andauert. Von allen Beteiligten wer-
anstrengung konnte nur durch das positive Miteinander aller
den dabei Geduld und Ausdauer gefordert. Doch meistens
Beteiligten von Beginn an gemeistert werden. Natürlich gab es
überragt die Vorfreude auf das neue, funktionalere, größere,
immer wieder Situationen, in denen Bauablauf und Schulun-
schönere und modernere Gebäude die Anstrengung des Pla-
terricht entgegengesetzte Prioritäten aufwiesen, jedoch konn-
nungsprozesses und die Mehrbelastung durch die Baustelle.
te durch das gemeinsame Wirken immer eine beiden Seiten
Das Projekt der Generalsanierung und Erweiterung des St.-
gerecht werdende Lösung gefunden werden.
Anna-Gymnasiums war, was die Planung und vor allen Dingen
Wir glauben im Namen aller Bauleute, Projektleiter, Planer,
den Bauablauf angeht, ein sehr außergewöhnliches Projekt.
Bauleiter und Firmen zu sprechen, wenn wir uns hiermit bei
Vor genau 8½ Jahren erhielten wir von der Stadt München
den eigentlichen Nutzern, bei Schülern, Eltern und Lehrern,
den Auftrag für die Architekturplanung. Da der Planungspro-
für ihre konstruktive Zusammenarbeit und vor allen Dingen
zess auf Grund haushalterischer Überlegungen für etwa 1½
für ihre Geduld bei der Realisierung dieses Projekts bedan-
Jahre unterbrochen wurde, konnte erst im Sommer 2006 mit
ken. Wir hoffen, dass das nun fertig gestellte, „neue“ Schul-
dem eigentlichen Bau begonnen werden. Die 4jährige Bauzeit
gebäude die von ihnen erwarteten Qualitäten, Funktionen und
war für alle Beteiligten – natürlich ganz besonders für Lehrer
Räume für einen erfolgreichen, lebendigen und konstruktiven
und Schüler des St.-Anna-Gymnasiums und der angrenzen-
Unterricht bereitstellt.
den St.-Anna-Grundschule – eine enorme Herausforderung. Da die örtliche Situation im Stadtteil Lehel keine Auslagerung
Ludwig Karl und Markus Probst
der Schule zuließ, mussten die Bauarbeiten in insgesamt vier
Oktober 2010
Historie Das St.-Anna-Gymnasium wurde in den Jahren 1911-1912 nach Plänen des Architekten Josef Rehlen als „Höhere Mädchenschule“ errichtet. Der Architekt Hermann Leitenstorfer erweiterte das Gebäude im Jahr 1929 um einen Anbau an den Nordflügel und entfernte bei Umbauarbeiten im Inneren der Schule – im Sinne der Neuen Sachlichkeit – einen Teil der historisierenden Elemente in der Aula. Bei Luftangriffen des Zweiten Weltkriegs 1944/1945 wurde das Gymnasium, wie auch die angrenzende Kirche und das Kloster St. Anna, stark beschädigt. Der gesamte Westflügel musste deshalb abgebrochen werden. 1958 kam es dann zu strukturellen Veränderungen: Aus der „Höheren Mädchenschule“ wurde das „Städtische St.-Anna-Gymnasium“. Ab diesem Zeitpunkt war die Schule auch für Jungen geöffnet. Im Jahre 1960 wurde an den Nordflügel die Grundschule St.-Anna-Straße angebaut. Auch der Südflügel erhielt einen kleinen Anbau mit zusätzlichen Toiletten und schulischen Nebenräumen. Das St.-AnnaGymnasium wurde 1973 in die bayerische Denkmalliste aufgenommen und blieb bis zum Beginn der Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen weitestgehend unverändert. Aufgrund verschiedener baulicher Mängel im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes sowie einer notwendig gewordenen statischen Ertüchtigung veranlasste die Landeshauptstadt München 2002 eine Generalsanierung des Gebäudes. Im Zuge dieser Maßnahmen sollte auch die dringend notwenRichtfest 1912
dige räumliche Erweiterung des Gymnasiums erfolgen.
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1911-1912, 1912 Neubau als Schule für höhere 1912 Töchter nach Planung von Josef Rehlen
1929, Erweiterung des Nordflügels durch Hermann Leitenstorfer
1912
1929 Anbau an den Nordflügel durch 1929 Anbau an den Nordflügel durch Hermann Leitensdorfer Hermann Leitensdorfer
1944/45 Zerstörung des gesamten Westflügels,1944/45 RückbauZerstörung des gesamten Westflügels, Rückbau
1960 Anbau der Grundschule an den Nordfügel 1960 Anbau der Grundschule an den Nordfügel
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1944/45, Zerstörung und darauf folgender Rückbau des Westflügels 1912
1929 Anbau an den Nordflügel durch Hermann Leitensdorfer
1944/45 Zerstörung des gesamten Westflügels, Rückbau
1960 Anbau der Grundschule an den Nordfügel
1960, Anbau der Grundschule an den Nordflügel und Aufstockung des Südflügels
1929 Anbau an den Nordflügel durch Hermann Leitensdorfer
1944/45 Zerstörung des gesamten Westflügels, Rückbau
1960 Anbau der Grundschule an den Nordfügel
2006 - 2010 Generalsanierung und Erweiterung
2006 - 2010, Generalsanierung und Erweiterung 1944/45 Zerstörung des gesamten Westflügels, Rückbau
1960 Anbau der Grundschule an den Nordfügel
2006 - 2010 Generalsanierung und Erweiterung
2006 - 2010 Generalsanierung und Erweiterung
2006 - 2010 rung2006 - 2 rung
S端dfassade 1912
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S端dfassade 2004
S端dfassade 2010
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Stadt M端nchen Lehel Altstadt
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Gymnasium Grundschule Pfarrkirche St. Anna St.-Anna-Platz Klosterkirche St. Anna mit Kloster
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Lage
Wohngebiet – nicht zuletzt wegen seiner zentralen Lage und der noch in weiten Teilen vorhandenen, gut gepflegten Altbausubstanz. Die beengte Lage der Schule in dieser his-
Das St.-Anna-Gymnasium liegt im innerstädtischen Münch-
torisch gewachsenen Stadtstruktur brachte für die Baumaß-
ner Stadtteil Lehel. In seiner unmittelbaren Nachbarschaft
nahme besonders hohe Anforderungen an den Gebäudeent-
befindet sich die 1887-1892 errichtete, neuromanische Pfarr-
wurf – und später auch an die Umsetzung der Bauarbeiten
kirche St. Anna. Das Gebäude war das Ergebnis eines 1885
bei laufendem Schulbetrieb – mit sich.
ausgelobten Architektenwettbewerbs, den der Architekt Gab-
Der Innenhof zwischen dem St.-Anna-Gymnasium und der
riel von Seidl für sich entschieden hatte. Nach Einschätzung
Grundschule St. Anna dient als intensiv genutzter Pausenhof
namhafter Kunsthistoriker gehört die Kirche „zu den besten
für beide Schulen. Aus diesem Grund wäre eine Erweiterung
Werken des Historismus in München“.
des Gymnasiums, die diesen ohnehin schon knappen Raum
Das Lehel, die älteste der Münchner Vorstädte, ist ein beliebtes
weiter eingeschränkt hätte, nur wenig sinnvoll gewesen.
Erweiterung
Im Zuge eines 2002 durchgeführten VOF-Verfahrens erhielt unser Büro den Auftrag, die Architektenleistungen für die Planung der Generalsanierung und der Erweiterung zu erbringen.
Im Vorfeld der ab 2001 untersuchten Umbau- und Ausbau-
Unser Entwurfskonzept sieht einen aufgeständerten, zwei-
maßnahmen wurden unterschiedliche Erweiterungsvarian-
geschossigen Erweiterungsbau vor, der den „Brückenschlag“
ten – wie beispielsweise der Ausbau des Dachgeschosses
zwischen Nord- und Südflügel vollzieht. Dieses Konzept
zu Klassenräumen oder ein Anbau an den Südflügel – ge-
umgeht nicht nur alle Probleme, die bei den ursprünglichen
prüft, jedoch von Seiten des Denkmalschutzes und der Stadt
Lösungen aufgetreten wären, sondern es verbessert die be-
planung verworfen:
stehende Situation maßgeblich: Die vorhandenen Pausen-
Ein Anbau an den Südflügel hätte die gewohnte Blickachse
hofflächen bleiben komplett erhalten und gewinnen durch die
von der Kreuzung Liebig-/St.-Anna-Straße zur St. Anna-Kir-
Überdachung zusätzliche Aufenthaltsqualität. Zudem wird
che verstellt. Zudem durfte ein Neubau keinesfalls den schüt-
die Erschließungssituation innerhalb der Schule durch das
zenswerten Baumbestand auf dem Pausenhof gefährden,
Brückenbauwerk wesentlich optimiert: Die bisherige U-Form
dessen ohnehin schon knapp bemessene Fläche beschnei-
des Bestandsgebäudes wird in den Obergeschossen zu einer
den oder die gemeinsame Nutzung mit der benachbarten
ringförmigen, geschlossenen Erschließung.
Grundschule behindern. Die Unterbringung neuer Klassen-
Im Erweiterungsbau sind insgesamt sechs Klassenzimmer mit
zimmer im Dachgeschoss hätte erstens nur zu beengten,
Nebenräumen untergebracht. Der nach Westen hin offene,
nicht den heutigen Anforderungen entsprechenden Räu-
bis zum Boden verglaste Flur des Neubaus bildet mit sei-
men geführt und zweitens große Gauben erfordert, die die
ner Transparenz und Lichtfülle einen wohltuenden Kontrast
Dachlandschaft des denkmalgeschützten Gebäudes stark
und wichtigen räumlichen Ausgleich zu den innenliegenden,
beeinträchtigt hätten.
künstlich belichteten Fluren der bestehenden Schule.
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Grundriss 1. Obergeschoss, o.M. a Klassenraum b Museum c Aula d Bühne e Lehrerzimmer f Silentium g Verwaltung h Arzt i Lehrmittel k Elternsprechzimmer l Kopierraum / Garderobe n Nachbarbebauung
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Grundrisse Die Grundstruktur des Schulbaus wurde bei der Neuordnung der Funktionen und Raumzusammenhänge weitgehend beibehalten. Durch die Integration von zwei neuen Treppenräumen im Südwesten und Nordwesten und die Verbindung durch den Erweiterungsbau im 1. und 2. Obergeschoss wurde eine optimale vertikale und horizontale Erschließung erreicht. Die naturwissenschaftlichen Fachklassen wurden weitgehend im 3. Obergeschoss zusammengefasst. Wegen der zunehmend fächerübergreifenden Orientierung – insbesondere nach der Einführung des achtjährigen Gymnasiums G8 – bilden sich hier aufgrund der räumlichen Nähe Synergien. Aufenthaltsräume, die nicht für einen dauerhaften Unterrichtsbetrieb vorgesehen sind, wurden aufgrund der nach wie vor begrenzten Raumkapazität des Schulgebäudes auch im Untergeschoss angeordnet. Direktorat, Verwaltung und Lehrerzimmer des Gymnasiums sind zentral im 1. Obergeschoss untergebracht.
Grundriss Untergeschoss, o.M. a Speise- / Aufenthaltsraum b K체che / Vorbereitung c Sp체le d Vorrat / Lager e Nachmittagsbetreuung f Wasserkraftwerk g Technikraum h Bibliothek i Umkleide k Archiv l Lager
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18 a
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Grundriss Erdgeschoss, o.M. a Klassenraum b Turnhalle c Turnhalle Grundschule d Ger채teraum e Pausenverkauf f Wasserkraftwerk n Nachbarbebauung
Grundriss 2. Obergeschoss, o.M. a Klassenraum b Biologie c Vorbereitung d Kunst e Werken f Natur und Technik g Luftraum Aula h SMW i Lehrmittel n Nachbarbebauung
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Grundriss 3. Obergeschoss, o.M. a Klassenraum b Natur und Technik c Physik Lehrsaal d Physik Übung e Physik Sammlung f Chemie Lehrsaal g Chemie Übung h Chemie Sammlung i Gymnastikhalle k Geräte l Umkleide m Schulpsychologe n Nachbarbebauung
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Grundriss 4. Obergeschoss, o.M. a Informatik b Musik c Instrumente d Fitness e Hausmeisterwohnung f Schulwerkstatt g Lehrmittel h Lüftungszentrale Küche i Oberlicht Treppenraum k Terrasse l nicht ausgebauter Dachraum
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1. Bauabschnitt
2. Bauabschnitt
Erweiterungsbau und neues Fluchttreppenhaus
Umbau und Sanierung Südflügel
Brandabschnitte Bauabschnitte
08/2007 bis 07/2008
•
•
• • •
20
Bauabschnitte
08/2006 bis 07/2007
Erstellung des Neubautraktes mit insgesamt 6 Klassenräumen (1.OG + 2.OG) Neuer Treppenraum im Bestandsgebäude (EG - 4.OG) 3 zusätzliche Klassenräume in Containern neben dem Gebäude Errichtung des Verwaltungsprovisoriums im 4.OG des Gebäudeflügels an der Liebigstraße
• • •
Bezug der 6 neuen Klassenräume sowie der temporären Container Generalsanierung Bestand Neue Hausmeisterwohnung im Dachgeschoss Umbau von 11 Klassen- und Fachklassenräumen, Lehrerzimmer, Schulmensa etc.
3. Bauabschnitt
4. Bauabschnitt
Umbau und Sanierung Ostflügel
4A: Umbau und Sanierung Nordflügel 4B: Turnhalle EG, Aula und Turnhalle 3. OG
Bauabschnitte Brandabschnitte
Bauabschnitte
08/2008 bis 07/2009
08/2009 bis 04/2010
•
• • • • • • • •
• • • •
Bezug des sanierten Südflügels, Lehrerzimmer, Direktorat etc. Generalsanierung Bestand Umbau von 13 Klassen- und Fachklassenräumen, Schulbücherei etc. Zentrale Sanitäreinheit Aufzug
Bezug des sanierten Ostflügels Generalsanierung Bestand Sanierung Aula und Turnhalle EG Neuer Treppenraum Umbau von 8 Klassen- und Fachklassenräumen Sanierung Gymnastikhalle im 3.OG Einbau Wasserkraftwerk im Kellergeschoss Umkleidebereich UG
Anschließend: Abschlussarbeiten 04/2010 bis 07/2010 • Abbau der Gerüste und Provisorien • Wiederherstellung und Ergänzung Außenanlagen
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1.BA
UG
K la s s e n Container Grundschule G e s a mt
2.BA
3
UG
K la s s e n Container Grundschule Fachklassen G e s a mt
3.BA
4.BA
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1. OG
7
8
2 2 2 Computerzimmer 8
1 Zeichensaal 8
1. O G
6
EG
UG
1. OG
UG
EG
0 0
11
3. O G
0 7
1 Musiksaal 3
4. O G
4 4
3. OG
4. OG
2. O G
0 2
5 5 x Physik 5
3. O G
4. O G
7
5 3 x Physik, 2 x Chemie 5
K la s s e n
21 6 2 5 34
29
Klassen
19 6 2 8 35
27
G e s a mt 0
3 2 Z e ic he ns ä le , N a tur+T . 10
25
Gesamt: 2
1 Zeichensaal 9
Klassen
23 0 2 12 37
G e s a mt
1 Musiksaal 3
2 x Physik, 2x Chemie
8
6 3 2 0 11
Gesamt
2
2. OG
1. O G 8 3
7 5 x Physik, 2 x Chemie 7
7
4 3 2 0 9
8
4. OG 2
2. O G
7 3 2 0 12
5 3 2 2
3. OG
4
3 3
0 2
2. OG
8
EG 2
Klassen Container Grundschule Fachklassen Gesamt
Klassen Container Grundschule Fachklassen G e s a mt
EG 2
2 2 x Musik 2
21 6 2 10 39
K la s s e n 21 6
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Detaillierter Bauablaufplan nach Raumbelegung
Baumaßnahme bei laufendem Betrieb
notwendigen Umzüge ausschließlich während der Ferienzeiten stattfanden. Während der Schulzeit wurden erschütterungsund lärmintensive Arbeiten nur in enger Abstimmung mit der Schulleitung beziehungsweise vor 8 Uhr morgens oder nach 16 Uhr nachmittags ausgeführt.
Der Umbau des Gymnasiums erfolgte bei laufendem Betrieb.
Eine besondere Herausforderung war es, die durchgängige
Eine Auslagerung oder auch nur teilweise Reduzierung des
Trennung von Baustelle und Schulbetrieb sowie Pausenhof
Schulbetriebs war aufgrund der nicht vorhandenen Ausweich-
zu garantieren, um weder Unterricht noch Betriebsablauf zu
flächen und auch aus strukturellen Gründen nicht möglich.
behindern. Während der Arbeiten an den Fassaden konnten
Die Umsetzung der komplexen Baumaßnahme erforderte
beispielsweise die Eingänge zum Gebäude nur durch schüt-
wegen der innerstädtischen Lage der Schule sowie der ge-
zende, an „Raubtiertunnel“ erinnernde Gitter betreten werden.
ringen Baustelleneinrichtungsflächen zudem eine gut durch-
Auch der Brandschutz musste während der Baumaßnahme
dachte Organisation.
durchgängig gesichert sein. Während des zweiten Bauab-
Um über einen Grundstock an sechs zusätzlichen Klassen-
schnitts wurden die gesamte Verwaltung und das Lehrerzim-
zimmern zu verfügen, wurde der Neubau bereits im ersten
mer im Dachgeschoss des Nordflügels provisorisch unterge-
Bauabschnitt errichtet. Zudem nahmen Container im Schul-
bracht. Ebenso wie der Lehrer- und Verwaltungsbereich war
hof behelfsmäßig einige Klassenräume auf, was eine Ver-
im Lauf der vier Bauabschnitte jede Klasse und jeder Fach-
teilung der Sanierung des Baubestands auf weitere drei
bereich von mindestens zwei Umzügen betroffen: zuerst der
Bauabschnitte ermöglichte. Diese waren so konzipiert, dass
Umzug in ein Provisorium, dann wieder in den endgültigen,
sowohl die lärmintensivsten Arbeiten als auch die jeweilig
renovierten Bereich.
Statische Ertüchtigung Ein zusätzlicher Anlass für eine Generalsanierung war ein wesentlicher baulicher Mangel, der durch eine Untersuchung im Auftrag der Stadt München zutage getreten war. Man hatte festgestellt, dass viele, zu Beginn des letzten Jahrhunderts errichtete Schulgebäude der Stadt eine statische Ertüchtigung benötigten. Denn ihre Decken – meist eine Betonkonstruktion mit kleinen, in einem Abstand von 60 Zentimetern verlegten Stahlprofilen – waren den Anforderungen an die Tragfähigkeit nicht mehr gewachsen. Die ursprünglich vorgesehene konstruktive Ertüchtigung mit Hilfe von Stahlträgern unter den bestehenden Decken hätte die im St.-Anna-Gymnasium ohnehin schon geringe Raumhöhe der Klassenzimmer noch weiter vermindert und die bestehenden Fensteröffnungen teilweise verdeckt. Deshalb wurden alternativen Lösungen ermittelt, die zum Teil auch
Abbruch Deckenstreifen, Freilegung der Bewehrung
in Form von vorgezogenen „Probesanierungen“ technisch untersucht wurden. Die letztendlich gewählte Lösung sah deckengleiche, die in die bestehenden Decken integrierte Unterzüge vor. Hierzu wurden Deckenstreifen herausgebrochen und mit verstärkter Bewehrung neu betoniert. Die verbleibenden Deckenfelder werden nun durch die neuen Betonstreifen unterstützt und mitgetragen. So sind die Deckenplatten nach der Ertüchtigung nicht um einen Milli
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meter dicker geworden als vor der Baumaßnahme.
Bewehrung deckengleicher Unterzug
Schalung neuer Deckenstreifen
Fassade zur St.-Anna-StraĂ&#x;e
24
Fassade zum Innenhof
Ansicht West, M. 1:400
25
Fassaden
aufnehmen, abwechseln. Die rote Innenwand, die Flur und Klassenräume trennt, leuchtet durch die transparente Außenhaut und setzt, je nach Wetterbedingungen und Sonnenstand,
Die Fassaden des Erweiterungsbaus bilden in Materialität
intensivere oder zurückhaltendere farbige Akzente.
und Farbigkeit einen bewussten Kontrast zur profilierten Putz-
Die Ostseite des Neubaus wurde wegen der hinter ihr liegen-
fassade des Bestandsgebäudes. Gleichzeitig wird durch die
den Klassenzimmer weniger transparent gestaltet. Trotzdem
Rhythmik der Fassadengliederung die gemeinsame Funktion
dominiert auch hier das Material Glas und die daraus resul-
und Zusammengehörigkeit der Gebäude betont.
tierende Mehrschichtigkeit der Fassade. Für die massiven
Die gläserne Westfassade des „Brückenbaus“ gewährt dabei
Brüstungen wurden mattierte Glasscheiben vor lasierte Holz-
durch die intensive Farbigkeit und Gliederung der Flurwände
wolleplatten gesetzt. Die darüber liegenden Fenster sind als
sowie durch die Aufständerung im Erdgeschoss einen Einblick
Festverglasung ausgeführt. Die Rhythmik der Fassade weist
in das Innere der Schule. Diese stadträumlich wirksame Orien-
die gleiche Gliederung wie die Westseite auf und wird durch
tierung hin zur St.-Anna-Straße verleiht dem Gymnasium nun-
die als geschlossene Elemente ausgebildeten Lüftungsklap-
mehr eine besondere, identitätsstiftende neue Hauptansicht.
pen bestimmt. Um ein möglichst einheitliches Erscheinungs-
Die herausgezogenen Deckenplatten des Erweiterungsbaus
bild des Neubaus zu erzielen, wurde die „dritte Fassade“,
gliedern die Fassaden horizontal und nehmen zudem den
die Gebäudeuntersicht, mit anthrazitfarben gefärbtem Beton
Sonnenschutz auf, der in die horizontalen Blechkassetten und
ausgeführt. In Verbindung mit den schlanken, quadratischen
in die seitlichen Fassadenprofile integriert ist. Die schmalen
Stahlbetonstützen bildet sie gleichsam den „Tisch“, auf dem
vertikalen Profile sind, genauso wie die horizontalen Blechkas-
der Erweiterungsbau präsentiert wird.
setten der Deckenplatten, anthrazitfarben pulverbeschichtet.
Nach detaillierten Befunduntersuchungen in Absprache mit
Sie unterteilen die zurückgesetzten, gläsernen Fassadenstrei-
der Denkmalpflege wurden die Fassaden des Bestandsge-
fen der Westfassade rhythmisch, wobei sich breite Festver-
bäudes in Anlehnung an die ursprüngliche Farbigkeit in einem
glasungen mit schmalen Elementen, die die Öffnungsflügel
einheitlichen, hellen Grauton gestrichen.
Ansicht Nord
26
Ansicht S端d
27
28
Lehrsaal Chemie
Klassenräume Alle Unterrichtsräume wurden nach modernsten technischen Standards ausgestattet. Neben den „klassischen“ Einrichtungen wie Schultafel und Tageslichtprojektor bieten nun auch die EDV-Vernetzung aller Klassenräume sowie fest installierte Beamer die Möglichkeit, die neuen Medien im gesamten Unterrichtsspektrum aktiv einzusetzen und zu nutzen. Die Raumakustik der einzelnen Räume wurde durch schallabsorbierende Trockenbaudecken für den jeweiligen Unterrichtsbetrieb optimiert. Die Einrichtung der Klassenräume erfolgte durch die vom Schulreferat vorgegebenen Standardmöbel.
Blick in den Lehrsaal Chemie
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Sammlung Physik
Lehrsaal Physik
30
Gymnastikhalle
Turn- und Gymnastikhallen
alternative Einrichtungen verbessert. Eine neu errichtete Kletterwand in der großen Gymnastikhalle im 3. Obergeschoss, die bis hinauf in das Dachgeschoss reicht, sowie ein zusätz-
Im Schulgebäude des St.-Anna-Gymnasiums sind insgesamt
licher Fitnessraum im Dachgeschoss bieten den Schülern
drei Turn- und Gymnastikhallen situiert. Die erdgeschossige
des St. Anna-Gymnasiums als Ausgleich besondere Sport
Turnhalle im Erweiterungsbau von Leitenstorfer wird allerdings
möglichkeiten.
ausschließlich von der benachbarten Grundschule genutzt.
Die hauptsächlich für Ballsportarten vorgesehene Turnhalle
Die Abmessungen der beiden, vom Gymnasium genutzten
im Erdgeschoss wurde mit einer funktionalen Prallwandver-
Räume, einer Turnhalle im Erdgeschoss und einer Gymnas-
kleidung ausgestattet. Die vertikal angeordneten Holzlamel-
tikhalle im 3. Obergeschoss, erfüllen leider nicht alle Anfor-
len der Prallwand erlauben einen Tageslichteinfall im Bereich
derungen an zeitgerechte Schulsporthallen. Eine Erweiterung
der bestehenden Fenster. Zudem kann die Verkleidung hier
innerhalb des Gebäudebestands war jedoch nicht möglich.
zu Revisions- und Lüftungszwecken abgeklappt werden. In
Da Überlegungen, den gesamten Schulhof mit einer unter-
der Gymnastikhalle wurde die bestehende Wandvertäfelung
irdischen Sporthalle zu unterkellern, aus einer gesamtwirt-
nach brandschutztechnischen und denkmalpflegerischen
schaftlichen Betrachtung nicht realisierbar waren, wurde die
Gesichtspunkten überarbeitet und in zwei unterschiedlichen
Qualität des sportlichen Angebots im Schulgebäude durch
Grautönen lackiert.
31
Turnhalle
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Kassettendecke 2010 und 1912
Aula 1912
Aula
Wände, seinen gewohnten gebrochenem Weißton. Lediglich die Holzvertäfelung der Sockelzone setzt sich mit ihrer cremefarbenen Lackierung, die sich auf die Hauptfarbe des
Die Aula ist der wohl eindrucksvollste Raum der Schule: Gut
Originalzustands beruft, dezent von der geputzten Wand
sieben Meter hoch, mit großen, zweigeschossigen Fenstern
fläche ab.
dokumentiert sie nach außen und innen die besondere Wer-
Es war eine große Herausforderung in dem historischen Am-
tigkeit dieses Veranstaltungssaals. Hier finden alle wichti-
biente der Aula die notwendige moderne Technik in Form von
gen und herausragenden Ereignisse des Schullebens – von
Rollladenkästen, Leitungen, Lautsprechern und Beleuch-
Theater- und Musikaufführungen bis hin zur Verabschiedung
tungssystemen unterzubringen. Die neu hinzugekommenen
der frischgebackenen Abiturienten – statt. Neben der varia-
Elemente passen sich nun der Farbigkeit ihrer Umgebung an,
bel bestuhlbaren Grundebene im 1. Obergeschoss bieten die
so dass sie zwar wahrnehmbar sind, aber nicht unangemes-
Galerie im 2. Obergeschoss sowie die rückseitige Empore
sen in den Vordergrund treten.
Raum für Zuschauer.
Im Zuge der Sanierung wurde auch die ehemals unbefriedi-
Die originale Stuckdecke der Aula ist noch gut erhalten. Le-
gende Raumakustik der Aula verbessert. Die wenigen Wand-
diglich die ursprünglich polychromen Kassetten wurden im
flächen, die nicht von Stuckdekor besetzt sind, wurden dazu
Zuge der Renovierungsarbeiten 1929 komplett weiß über-
mit einem absorbierenden Akustikputz versehen. An der Büh-
strichen. Glücklicherweise ergaben die statischen Berech-
nenwand sorgen gelochte Gipskartonplatten für die Absorp-
nungen, dass die vorhandenen Stahlträger ausreichend di-
tion der tiefen Frequenzen. Weiteres schallabsorbierendes
mensioniert sind. Auf eine Ertüchtigung, die die historische
Element sind die neuen Vorhänge an der Fensterseite.
Decke in Mitleidenschaft gezogen hätte, konnte so verzichtet
Um eine bessere Ausleuchtung des Saals zu erreichen, sind
werden. In Abstimmung mit dem Bayerischen Landesdenk-
die neuen Leuchten tiefer abgehängt als die ursprünglichen.
malamt wurde die Farbigkeit der Kassettenelemente im Be-
Durch die zusätzliche Abgabe von indirektem Licht nach oben
reich der Galerie freigelegt und teilweise wiederhergestellt.
ist eine gleichmäßige Ausleuchtung und Inszenierung der
Der Deckenbereich über dem Saal behielt, wie auch die
Stuckdecke und damit des gesamten Raums gewährleistet.
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36
Neue Treppenräume im Bestandsgebäude
Treppen Im 2. beziehungsweise 4. Bauabschnitt wurden zwei neue Treppenräume in das Bestandsgebäude eingebaut. Das leuchtende Rot der Wände bestimmt diese beiden neuen Räume und setzt einen Kontrast zu dem hellen Grau der Treppenläufe aus Sichtbeton. Dadurch sind, gemäß unseres Konzepts, die bauliche Entwicklung der Schule ablesbar zu gestalten, auch diese Treppenhäuser als nachträgliche Ein bauten erkennbar. Um die Gemeinsamkeit und Weiterentwicklung zu dokumentieren, orientieren sich die Materialien der Geländer an denen der Bestandstreppen: Für den Handlauf wurde Holz verwendet, die Geländerfüllung besteht aus einer durch gehenden Metallplatte. Die Bestandstreppen wurden möglichst originalgetreu renoviert. Das Parkett der Podeste wurde aufgearbeitet, die über die Jahrzehnte hinweg krumm getretenen Stufenabschlüsse erneuert. In den Obergeschossen, in denen die Absturzhöhe 12 Meter übersteigt, wurde das überarbeitete Metallgeländer entsprechend den baurechtlichen und sicherheitsrelevanten Anforderungen mit Hilfe einer filigrane Ergänzung auf 1,10 Meter erhöht.
Bestandstreppe im Südflügel
Einbau Treppenhaus Südflügel
Erschließung vor der Erweiterung
Erschließung nach der Erweiterung
Bestehendes Treppenhaus Neues, zusätzliches Treppenhaus Fluchttreppe
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Brandschutz Brandabschnitte Brandabschnitte
Rauchabschnitte erfüllt das Gymnasium nun die wesentlichen baulichen Anforderungen an den zeitgemäßen Brandschutz.
Bauabschnitte Bauabschnitte Weitere bauliche Maßnahmen um eine optimale Sicherheit im Brandfall zu gewährleisten, waren unter anderem: Ein-
Vor Beginn der Baumaßnahme wurden eine Vielzahl von –
bau einer Brandmeldeanlage und von Rauchabzügen in den
aus heutiger Sicht – brandschutztechnischen Mängeln be-
Treppenräumen, Errichtung einer Sicherheitsbeleuchtung für
anstandet. Aus diesem Grund hatte die Baumaßnahme der
den Veranstaltungsraum, brandlastfreie Ausbildung der Ret-
Generalsanierung auch die Aufgabe, den baulichen Brand-
tungswege, Einbau von geprüften und zugelassenen Brand-
schutz auf das heutige Sicherheitsniveau aufzurüsten, so
und Rauchschutztüren. Hinzu kommen eine Vielzahl von
dass die Schule alle baurechtlichen Anforderungen eines
brandschutzrelevanten Detaillösungen.
vergleichbaren Neubaus erfüllt.
Neben den funktionalen und qualitativen Planungen des ab-
Nachdem das bestehende Gebäude keine Brandabschnitte
schließenden Brandschutzkonzepts musste auch in allen
aufwies, wurden durch die Ertüchtigung bestehender Wän-
Bauphasen während der Erweiterungs- und Umbauarbeiten
de und den Einbau entsprechender Brandschutztüren zwei
für alle Räume und alle Personen ein uneingeschränkter bau-
getrennte Bereiche hergestellt. Zudem wurde eine Brand
licher Brandschutz gewährleistet sein. So wurden unter ande-
abschottung zur angrenzenden Grundschule vorgenommen.
rem zusätzliche provisorische Außentreppen angeordnet, die
Durch die Errichtung der beiden zusätzlichen Treppen-
zu jeder Zeit die beiden notwendigen, voneinander unabhän-
räume und durch die Unterteilung der Flure in notwendige
gigen Rettungswege garantierten.
Freianlagen
Um die vorhandene imposante Eiche gruppieren sich stilisierte Betonsessel und -sofas, die nun vor allem von älteren Schülerinnen- und Schülern als unkonventionelle Sitzmöglichkeit und
Die ursprünglichen Planungen zu den Freianlagen des St.-
Treffpunkt angenommen werden.
Anna-Gymnasiums und der Grundschule sahen eine Wieder
40
herstellung des Schulhofs, wie vor der Schulerweiterung und
Arkaden
-sanierung, vor. Da das Baureferat großen Wert auf die Be-
Unter dem aufgeständerten Neubau entstand ein wetterge-
teiligung der Nutzer bei der Planung von Freianlagen legt,
schützter Raum, der mit zwei Tischtennisplatten und einem
wollte man Rücksicht auf eine Umgestaltung nehmen, die
Bodenschachbrett ausgestattet wurde. Damit gibt es auch bei
mit viel Engagement von Schülern und Eltern kurz vor der
schlechtem Wetter eine Möglichkeit, sich in den Pausen und
Erweiterung des Gymnasiums ausgeführt worden war. Nach
während der Betreuungszeiten am Nachmittag im Freien auf-
der Errichtung des Ergänzungsbaus wurde jedoch deutlich,
zuhalten und zu betätigen.
dass man an dem alten Freiflächen- und Spielkonzept nicht festhalten konnte, wenn sich die Qualitäten von Gebäude und
Schulhof
Freiflächen ergänzen sollten.
Der von allen Schülern genutzte Freiraum an der St.-Anna-
Durch den neuen Baukörper entstanden drei Zonen, die im
Straße wurde mit Klettergerüst, Boulderwand, Ballspielfeld,
Freiraumkonzept funktional differenziert ausgestaltet wurden,
Seilbrücke und Sitzgelegenheiten ausgestatten, wodurch sich
um den vielfältigen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler
die Flächennutzung auf die ganze Hoffläche verteilt.
gerecht zu werden. Zu bedenken war, dass etwa 790 Schülerin-
Der Bodenbelag wurde in Teilbereichen durch besser bespiel-
nen und Schüler des Gymnasiums und etwa 240 Schülerinnen
baren Asphalt ersetzt. Dort, wo das vorhandene wasserdurch-
und Schüler der Grundschule den Schulhof in den Pausen nut-
lässige Betonpflaster erhalten werden konnte, wurden die an-
zen. Hinzu kommt die zentrale Lage der Schule, die vermuten
schließenden Flächen ergänzt. Zudem wurde die Markierung
lässt, dass vielen Schülerinnen und Schülern nur dieser Pau-
für den Verkehrsunterricht wurde wieder angebracht und die
senhof als wohnortnahe Spielfläche zur Verfügung steht.
Zahl der Fahrradständer außerhalb des Schulhofes erhöht.
„Lounge“
Tiefhof
Der von den Gebäuden des Gymnasiums umschlossene Hof
Dieser zur St.-Anna-Kirche weisende, kleine abgesenkte Hof
wurde unter Beteiligung von Schülerinnen und Schülern der
grenzt an die Mensa des Gymnasiums an. Er wird im Sommer
Oberstufe im Kunstunterricht mitgeplant. Ganz im Zeittrend
gerne zum Essen im Freien genutzt. Eine große Esche spendet
wünschten sich die Beteiligten einen Freiraum zum Flanieren,
Schatten und bietet Schutz vor der Sommerhitze. Der Belag
Abhängen, Debattieren und Inszenieren – vergleichbar mit dem
wurde mit dem für das Stadtviertel typischen Klinker befestigt,
Münchner Kulturstrand. So entstand die Idee einer „Lounge“.
die Wände des Hofes sind mit Kletterhortensien begrünt.
Lounge Arkaden
Schulhof
Tiefhof
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Museum Der Dachboden des Schulgebäudes war seit der Entstehung der Schule als Lagerraum für ausrangierte Einrichtungs- und Lehrgegenstände genutzt worden. Im Zuge einer Entrümpelung vor dem Ausbau kamen viele Dinge zum Vorschein, die den Wandel des Schullebens und des Unterrichts seit 1912 dokumentieren. Um Schülern und Öffentlichkeit diese Dokumentation der Geschichte des Gymnasiums zu präsentieren, wurde auf Lehrerinitiative hin ein „Museumsraum“ eingerichtet. Die interessantesten Stücke – unter ihnen alte Messgeräte aus dem Physikunterricht und Thermometer aus den Temperaturmessfenstern – werden hier ausgestellt. Der Museumsraum unterscheidet sich von den übrigen Räumen in der Schule schon durch die auffällige Eingangstür: eine originale, mit schweren handgeschmiedeten Nieten beschlagene Brandschutzür. Sie war ursprünglich eine Zugangstür zum ehemaligen Dachboden. Der Raum wird zudem als Besprechungszimmer genutzt. Eine weitere Reminiszenz an die Geschichte der Schule ist ein großes, eisernes Lüftungsrad, das vor der neuen Mensa im Untergeschoss ausgestellt wird. Eindrucksvoll dokumentiert es, wie die ursprüngliche Heizungsanlage der Schule funktionierte, bei der die warme Luft, mit Hilfe eines Kaminund Schachtsystems in die Klassenräume transportiert wurde.
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Signaletik Wir empfinden die Signaletik als wesentlichen Bestandteil eines gelungenen Bauentwurfs. Soll sie einerseits allen Personen effektiv und unmissverständlich den Weg zum gesuchten Raum weisen, so darf sie andererseits die eigentliche Raumwirkung und Gestaltung nicht aufdringlich übertönen. Unser Konzept sieht in Fortführung der Schultradition deshalb eine einfache Beschriftung der Wandflächen vor. Lediglich vor Zugängen zu Räumen mit wechselnden Funktionen und Bezeichnungen werden Schilder eingesetzt. An zentraler Stelle, vor dem Lehrerzimmer im ersten Obergeschoss, bietet eine große Informationsvitrine Raum für schulinterne Aushänge und Großbildschirme, die über die aktuellen Stunden- und Mensapläne informieren.
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Kunst am Bau Der Münchner Künstler Martin Dessecker, verantwortlich für die „Kunst am Bau“ im St.-Anna-Gymnasium, greift mit seinem Kunstwerk das Thema der schuleigenen Wasserkraft auf: Vom Wasserkraftwerk ausgehend stellt in rotes Kabel einen „roten Faden“ dar, der verschiedene Licht-Objekte des Künstlers miteinander verbindet und die, für die Objekte verwendeten Leuchtdioden symbolisch mit elektrischer Energie aus dem Wasserkraftwerk speist. Die Installation erstreckt sich auf die Flure und die Treppenhäuser der Schule und ist als „Organismus“ konzipiert. Im Lauf der Zeit soll dieser Organisums durch Schülerarbeiten ergänzt werden und wachsen, bis er schließlich das gesamte Schulgebäude ausfüllt.
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Beleuchtungskonzept Die oft fensterlosen Flure und Treppenhäuser im Bestandsgebäude waren teilweise nur durch Punktleuchten belichtet. Diese ehemals schummrigen Bereiche werden jetzt mittels durchgehender „Lichtlinien“ erhellt. Diese lineare Lichtführung wird auch in den Fluren des Erweiterungsbaus und allen Treppenräumen aufgenommen. Die so entstandenen Lichtlinien symbolisieren gleichsam die neue horizontale und vertikale Erschließung und Verknüpfung des gesamten Gymnasiums.
Konstruktionszeichnung Wasserkraftwerk, o.M.
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Wasserkraft
elektrische Energie umsetzt erzeugt das Wasserkraftwerk rund 170.000 Kilowattstunden Strom im Jahr – vergleichbar mit der Leistung einer Photovoltaik-Modulfläche von etwa
Hinter einer schweren, spritzwassergeschützten Tür im Be-
1.200 Quadratmetern. Zudem wird die Abwärme des wasser-
standstreppenhaus verbirgt sich eine – nicht nur für Münchens
gekühlten Generators zur Beheizung der Schulbibliothek im
Schulen – einmalige technische Anlage: Das Wasserkraftwerk
Untergeschoss genutzt.
des St.-Anna-Gymnasiums. Unter dem Schulgebäude, das
In bauphysikalischer Hinsicht brachte das Wasserrad einige
den Standort der ehemaligen Stadtsäge einnimmt, verläuft
Probleme mit sich: In dem Wasserkraftwerk herrscht ein ei-
der Stadtsägmühlbach, einer der Münchner Stadtbäche. Um
genes Mikroklima: Eine hohe Luftfeuchte bei einer konstan-
diese außergewöhnliche Lage zu nutzen, entschied man sich,
ten Temperatur von 15 °C stellten besondere Anforderungen
die Wasserkraft zur Energiegewinnung heranzuziehen. In Zu-
an Dichtigkeit und Kondensatvermeidung. An der Decke des
sammenarbeit mit der TU Berlin wurde der Prototyp eines mo-
Antriebsraums musste deswegen eine wasser- und diffusions-
dernen Stoßrads entwickelt, das sich am historischen Vorbild
dichte Innendämmung aus Schaumglas angebracht werden.
der Stadtsäge orientiert.
Hinzu kommt, dass das Wasserkraftwerk direkt hinter einer
Allein die horizontale Bewegungsenergie des Wassers treibt
„Kommunwand“ liegt, die sich die Schule mit dem benach-
das Stoßrad an. Die Drehbewegung der Welle wird über ein
barten Wohngebäude teilt. Um die Körperschallübertragung
Getriebe und einen Riemenantrieb übertragen. Das Getrie-
durch das starke Vibrieren des Generators zu minimieren und
be erhöht die ursprüngliche Drehbewegung der Welle mit
die Wohnqualität im Nachbarhaus nicht zu beeinträchtigen,
15 Umdrehungen pro Minute auf 450 Umdrehungen pro Mi-
wurde dieser nach aufwändigen Berechnungen auf besonde-
nute am Generator. Indem es diese Bewegungsenergie in
ren Elastormerlagern aufgesetzt.
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Mensa Im Untergeschoss des Südflügels wurde eine Kantine eingebaut, da der durch das G8-System verstärkt auftretende Nachmittagsunterricht eine Mittagsversorgung der Schüler notwendig macht. Entgegen der sonst bei G8-Gymnasien üblichen „Cook and Chill-Küchen“, in denen lediglich angelieferte Mahlzeiten aufgewärmt werden, wurde im St.-Anna-Gymnasium eine professionelle Frischküche eingerichtet, in der die Speisen direkt zubereitet werden können. Täglich werden hier etwa 250 Essen gekocht. Für den Speisesaal wurden zwei kleinere Kellerräume zusammengelegt. Bei schönem Wetter können die Schüler zudem den angrenzenden Lichthof als Außenterrasse nutzen.
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Lichthof
Speisesaal
Bestandstreppenhaus mit „Kunst am Bau“
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Projektbeteiligte
Daten
Bauherr
Anschrift
Landeshauptstadt München
Städtisches St.-Anna-Gymnasium
Schul- und Kultusreferat
St.-Anna-Straße 20
Projektleitung
80538 München
Baureferat Hochbau 3
Grundstücksfläche: 3.925 m²
Johannes Gleißner
Hauptnutzfläche gesamt: 5.795 m²
Robert Rosskopf Nutzerreferat Schul- und Kultusreferat Bernhard Schuder Architekten Karl + Probst, München Ludwig Karl Markus Probst Robert Jany Carolin Ruckdeschel Anemone Scheier
Hauptnutzfläche Erweiterungsbau: 350 m² Bruttogeschossfläche gesamt: 12.030 m² Bruttogeschossfläche Erweiterungsbau: 860 m² Bruttorauminhalt gesamt: 44.155 m³ Bruttorauminhalt Erweiterungsbau: 3.940 m³
Termine VOF-Verfahren: 2002 Baubeginn: August 2006 Fertigstellung: Juli 2010
Sebastian Streck Catrin Weixler Bauleitung, Ausschreibung und Objektüberwachung Peter Motes, köhler architekten + beratende ingenieure gmbh, Gauting Projektsteuerer
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ibb – Ingenieurbüro für Bauwesen Prof. Burkhardt GmbH & Co, München Statik Ingenieurbüro für Tragwerksplanung Prof. Dr.-Ing. K.-H. Ehret, München Heizung/Lüftung/Sanitär HLS-Ingenieurbüro M. Többen, München Elektro LP 2-4: Ingenieurbüro Hildebrand + Hau, München LP 5-8: Ingenieurbüro IPM, München Bauphysik/Akustik Müller-BBM, Planegg SIGEKO Ingenieurbüro Dingethal, München Aufzugsplanung Ebert Ingenieure München Schadstoffsanierung Umwelt Consult Plus, Putzbrunn
Impressum 1. Auflage, München 2010 Fotos Jens Weber, München: Titel, S. 4, S. 6/7, S. 11(unten), S. 12, S. 14/15, S. 16, S. 24, S. 26, S. 27, S. 28, S. 29, S. 30 (oben links, unten), S. 31, S. 32 (oben), S. 34/35, S. 36, S. 37, S. 45, S. 46, S. 50, S. 52/53 karl + probst: S. 11 (Mitte), S. 23, S. 30 (oben recht), S. 38, S. 42, S. 43, S. 44, S. 48, S. 49, S. 51
Planung Wasserkraftwerk
Stadtarchiv München
Ingenieurbüro Johann Obert, München
S. 8, S. 11 (oben), S. 32 (unten), S. 33
Landschaftsarchitektur
Zeichnungen/Texte:
Landschaftsarchitekt Richard Pregler, München
Karl + Probst, Richard Pregler, IB Obert
Kunst am Bau
Layout
Martin Dessecker, München
Marion Dondelinger
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Karl + Probst Seit 1995 entwerfen und realisieren Karl + Probst private und öffentliche Projekte im In- und Ausland. Das 21köpfige Architekturbüro mit Hauptsitz in München wurde von Ludwig Karl und Markus Probst gegründet und akquiriert einen Großteil seiner Aufträge über Wettbewerbe. Zu den jüngsten Erfolgen gehören die Erweiterung der Stadthalle Heidelberg (1. Preis, 2009) und der Neubau des Kanzleigebäudes der Deutschen Botschaft in Belgrad, Serbien (1. Preis, 2009). Auch das Anfang 2008 fertig gestellte Wohnheim für Studierende auf dem neuen Campus Westend der Frankfurter Goethe-Universität war Ergebnis eines Wettbewerbs, ebenso wie die ersten großen Projekt von Karl + Probst, die Justizvollzugsanstalt in Kempten (Wettbewerb 1995, Fertigstellung 2003) und die Fachhochschule des Fürstentums Liechtenstein in Vaduz (Wettbewerb 1999, Fertigstellung 2002). Die Bandbreite der aktuellen Arbeiten reicht von Justizvollzugsbauten über Schul- und Hochschulgebäude bis hin zu Sonderaufgaben wie dem Wetterradarturm Memmingenund der Autobahntalbrücke bei Heidingsfeld.