Kaiser Partner Privatbank AG - Monthly Market Monitor October 2024 DE

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Monthly Market Monitor

Oktober 2024

KonjunkturRadar

Am Puls der Wirtschaft

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Auf einen Blick

4

Anlagestrategie

Notizen vom InvestmentKomitee

Thema im Fokus

Über Geld und Glück

7

Die letzte Seite

Anlageklassen 13

Die US-Notenbank die Mehrzahl der Marktbeobachter im September mit einer grösser als erwarteten Zinssenkung von 50 Basispunkten überrascht.

Grafik des Monats

Auf einen Blick

Unsere Sicht auf die Märkte

Die Fed sichert sich ab Die US-Notenbank die Mehrzahl der Marktbeobachter im September mit einer grösser als erwarteten Zinssenkung von 50 Basispunkten überrascht. Der grosse Zinsschritt ist allerdings weniger ein Anzeichen von Panik angesichts eines sich eintrübenden Arbeitsmarkts als vielmehr die Absicht nicht hinter die sprichwörtliche „Kurve“ zu geraten. Nachdem sich nun auch die Fed bewegt hat, ist der globale Zinssenkungszyklus in vollem Gange. Mehr als 60% aller Notenbanken weltweit haben ihre Geldpolitik zuletzt gelockert. Gelockert wird derweil auch in China. Aufgrund zunehmender Risiken das 5%-Wachstumsziel zu verfehlen, überraschten die chinesischen Behörden im September mit einem grossen Stimulus-Paket.

Allzeithochs im September

Die typische Herbstschwäche an den Aktienmärkten währte im September nur kurz. Nach einigen schwachen Tagen zu Monatsbeginn schwang sich der S&P 500 Index bereits zu neuen Allzeithochs herauf. Neue Allzeithochs im September gab es seit 1950 genau 22 Mal. Mit Ausnahme der Jahre 1967 und 2018 ging es für amerikanische Aktien in solchen Fällen im 4. Quartal stets weiter aufwärts (um durchschnittlich 5%). Auch das Sentiment steht einer Jahresendrally nicht im Weg. An den Anleihemärkten wurde die Zinssenkung der Fed trotz überraschend grossen Ausmasses eher ernüchtert zur Kenntnis genommen. Ein grosser Teil der bevorste-

Dis-Inversion | Rückkehr zur Normalität Zinskurven USA und Deutschland (Staatsanleiherendite 10 Jahre minus 2 Jahre)

henden geldpolitischen Lockerung der Notenbanken wurde bei langlaufenden Anleihen sowohl in den USA als auch in Europa bereits eingepreist.

Über Geld und Glück

Mehr Geld = mehr Glück? Ob diese Gleichung aufgeht, muss jeder Mensch letztlich für sich selbst entscheiden. Die neuesten Erkenntnisse der Glücksforschung deuten aber darauf hin, dass dieser Zusammenhang grundsätzlich bis zu sehr hohen Einkommen und Vermögen vorhanden ist. Ein Glücks-Plateau ist hingegen nur bei einem kleinen Teil der Menschen nachweisbar. Eine schlechte Nachricht muss dies aber nicht sein. Vielmehr kann das Wissen um die Wohlstands-Glücks-Korrelation dazu motivieren sich künftig mehr (oder mit mehr Freude) mit der Geldanlage zu beschäftigen.

Nach rekordlanger Zeit von mehr als zwei Jahren kehrte die US-Zinskurve im September wieder zur Normalität zurück – die Renditen für langlaufende Anleihen rentieren seitdem wieder mehr als Kurzläufer. In den letzten Jahrzehnten war die Inversion der Zinskurve stets ein Vorwarn-Signal für eine bevorstehende Rezession. Die nun gerade wieder erfolgte Dis-Inversion war aber das eigentliche, wichtigere Timing-Signal. Ob der berühmt-berüchtigte Rezessionsindikator auch diesmal wieder ein verlässliches Signal liefert, bleibt indes abzuwarten. Nicht wenige in der Vergangenheit zuverlässige Indikatoren haben im aktuellen Zyklus versagt. Bisher befindet sich die US-Wirtschaft noch auf dem engen Pfad einer sanften Landung. Anders sieht es derweil in Deutschland aus, wo die Konjunkturforschungsinstitute für 2024 das zweite Jahr in Folge ein Negativwachstum prognostizieren. Die jüngst ebenfalls ins Positive gedrehte deutsche Zinskurve signalisiert nicht nur Wachstumsschwäche, sondern impliziert auch weitere Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank.

Konjunktur-Radar

Am Puls der Wirtschaft

Die Fed sichert sich ab Die US-Notenbank die Mehrzahl der Marktbeobachter im September mit einer grösser als erwarteten Zinssenkung von 50 Basispunkten überrascht. Gemäss Aussagen von Fed-Chef Powell ist der grosse Zinsschritt kein Anzeichen von Panik angesichts eines sich eintrübenden Arbeitsmarkts als vielmehr die Absicht nicht hinter die sprichwörtliche „Kurve“ zu geraten. Tatsächlich stehen die Chancen noch immer gut, dass eine sanfte Landung gelingt – nur noch eine kleine Minderheit erwartet in den nächsten 12 Monaten eine Rezession. Die Projektionen der Notenbank sehen weitere Zinssenkungen bis Jahresende (50bp) und 2025 (100bp) weitere Zinssenkungen vor und würden das positive Konjunkturszenario stützen. Eine Rückkehr zu den Tiefstzinsen des letzten Jahrzehnts steht aber nicht in Aussicht. Der geschätzte langfristige Gleichgewichtszinssatz wurde von den Fed-Mitgliedern zuletzt stetig erhöht und steht zuletzt bei 2.9%.

Die SNB liefert

Nachdem sich nun auch die Fed bewegt hat, ist der globale Zinssenkungszyklus in vollem Gange. Mehr als 60% aller Notenbanken weltweit haben ihre Geldpolitik zuletzt gelockert. Zu den Ausnahmen zählt neben der Bank of Japan die australische Notenbank (RBA), die ihren Leitzins im letzten Monat aufgrund störrischer Teuerung auf einem 12-Jahreshoch beliess. Inzwischen drei Zinssenkungen geliefert haben derweil die schwedische Riksbank und die Bank of Canada, welche sich in der Inflationsbekämpfung bereits auf der 2%-Zielgeraden sehen. Diese ist für die Schweizerische Nationalbank schon lange keine Herausforderung mehr. Angesichts überraschend schneller Disinflation und nicht zuletzt mit Blick auf den starken Schweizer Franken hat die SNB im September den Leitzins auf neu 1% gesenkt. Exportorientiere Unternehmen dürften aber bestenfalls leicht aufatmen und auf eine weitere Lockerung in den kommenden Quartalen hoffen.

Zunehmender Druck auf die EZB

Die Ende September veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone waren eine weitere Enttäuschung. Wie zu erwarten verpuffte der Olympia-Effekt in Frankreich schnell. Der PMI für den Dienstleistungssektor fiel von 55 auf 48.3 Punkte. Noch schlechtere Nachrichten kamen aus Deutschland, wo der Industrie-PMI auf 40.3 (vorher 42.4) Punkte zurückging. In

Reaktion auf das zunehmende Rezessionsrisiko in der grössten Volkswirtschaft Europas stieg die am Markt eingepreiste Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank im Oktober auf über 50%. Die Hürden für eine Beschleunigung des Zinssenkungstempos der EZB scheinen hoch, spätestens an der Dezember-Sitzung ist aber ein weiterer Zinsschritt zu erwarten.

China stimuliert (mal wieder)

Nach einer Reihe von überwiegend enttäuschenden Makrodaten in den letzten Monaten und zunehmenden Risiken das 5%-Wachstumsziel in diesem Jahr zu verfehlen, überraschten die chinesischen Behörden im September mit einem grossen Stimulus-Paket. Die Notenbank senkte die Mindestreservesätze für Banken, um deren Kreditvergabe anzukurbeln und senkte diverse Schlüsselleitzinsen. Mit Blick auf den Häusermarkt wurden tiefere Hypothekenkosten und Erleichterungen beim Erwerb von Zweiteigentum in Aussicht gestellt. Schliesslich soll auch die Kapitaldecke von sechs grossen chinesischen Banken gestärkt werden. Offensichtlich hat die Regierung erkannt, dass Massnahmen nötig sind, um dem ökonomischen Abwärtsdruck und den sozialen Spannungen in China zu begegnen. Für einen echten Turnaround der Wachstumsperspektiven dürfte das neue Paket aber nicht genügen.

Abwärts | Der Zinssenkungszyklus nimmt Fahrt auf Leitzinsen

Nachdem sich nun auch die Fed bewegt hat, ist der globale Zinssenkungszyklus in vollem Gange.

Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank

Asset Allocation Monitor

Liquidität

Anlagestrategie

Notizen vom Investment-Komitee

Aktien

Fixed Income Global

Staatsanleihen

Unternehmensanleihen

Mikrofinanz

Schweiz

Europa

Grossbritannien

Inflationsbasierte A. USA

Hochzinsanleihen

Schwellenländeranleihen

Versicherungsbasierte A.

Wandelanleihen

Laufzeiten

Währungen

Japan

Schwellenländer

Alternative Anlagen

Gold

Hedgefonds

Strukturierte Produkte

US-Dollar Private Equity

Schweizer Franken Private Credit

Euro Infrastruktur

Britisches Pfund

Aktien: Allzeithochs im September

• Die typische Herbstschwäche an den Aktienmärkten währte im September nur kurz. Nach einigen schwachen Tagen zu Monatsbeginn schwang sich der S&P 500 Index bereits zu neuen Allzeithochs herauf. Mit Preisen oberhalb von 5‘800 Punkten lag der BlueChip-Index Ende des Monats rund 20% über den Kurszielen der Analysten Ende 2023. Neue Allzeithochs im September gab es seit 1950 genau 22 Mal. Mit Ausnahme der Jahre 1967 und 2018 ging es für amerikanische Aktien in solchen Fällen im 4. Quartal stets weiter aufwärts (um durchschnittlich 5%). Die steigende Marktbreite stützt die Erwartung eines positiven Schlussquartals. Die Anzahl neuer Hochs bei den Aktien an NYSE und NASDAQ hat jüngst deutlich zugenommen.

• Auch das Sentiment steht einer Jahresendrally nicht im Weg. Der Risikoappetit unter den Fondsmanagern ist gemäss Bank of America im letzten Monat auf den tiefsten Stand des Jahres gefallen. In den turbulenteren Sommerwochen haben sie ihre Positionen in Technologietiteln deutlich reduziert und bei defensiven Sektoren wie Versorgung aufgestockt. Derweil haben die Spekulanten ihre Short-Positionen auf den VIX fast gänzlich abgebaut.

Weiter steigende Aktienkurse wären wohl für viele Marktteilnehmer überraschend, nicht zuletzt angesichts der bevorstehenden Wahlen. Aus der ersten Zinssenkung der Fed lässt sich für die weitere Akti-

Immobilien

Scorecard

Konjunktur

Geld- und Fiskalpolitik

Unternehmensgewinne Bewertung

Trend

Anlegerstimmung

09/2024

09/2024

entendenz indes wenig ableiten – diese ist grösstenteils abhängig von der konjunkturellen Entwicklung. Die Statistik der letzten sechs Zinssenkungszyklen ist eindeutig: Blieb eine Rezession aus, lag die Performance des S&P 500 in den nächsten 12 Monaten im Schnitt bei 22%. Im Falle einer Rezession stieg er nur um 2%.

• Chinesische Aktien erhielten im September massiven Auftrieb vom jüngsten Stimulus-Paket. Dieses sieht ein Volumen von zunächst rund 110 Milliarden US-Dollar zur Stützung des Aktienmarkts vor. Einerseits erhalten Broker, Investmentfonds und Versicherungen über eine Swap-Fazilität Zugang zu Liquidität für Aktieninvestitionen. Andererseits werden Unternehmen günstige Kredite für Aktienrückkäufe gewährt. Laut Aussagen des Notenbankgouverneurs könnten diese Programme zukünftig noch ausgeweitet werden. Die chinesische Regierung betrachtet den Aktienmarkt weiterhin als Instrument um die Stimmung anzuheben. Spekulative Investo-

Die typische Herbstschwäche an den Aktienmärkten währte im September nur kurz.

Der Goldpreis setzte seine Rally in den vergangenen Wochen mit gesteigerter Dynamik fort.

ren waren auf die erneuten Interventionen schlecht vorbereitet und hielten Ende September nahezu rekordhohe Short-Positionen. Die jüngste explosive Rally erwischte sie auf dem falschen Fuss und hinterliess im Chartbild chinesischer Aktienindizes wie dem Hang Seng China Enterprise Index ein höheres Hoch. Dies könnte den Weg für einen nachhaltigeren Aufschwung bereiten.

Anleihen: Vieles ist schon eingepreist

• Die Zinssenkung der Fed wurde an den Anleihemärkten trotz überraschend grossen Ausmasses eher ernüchtert zur Kenntnis genommen. Vielmehr kam es in den Folgetagen zu leichten Kursverlusten, denn die Rendite für 10-jährige US-Treasuries bewegte sich seither vom Mitte September in der Folge leicht aufwärts. Ein grosser Teil der bevorstehenden geldpolitischen Lockerung der Notenbanken wurde bei langlaufenden Anleihen sowohl in den USA als auch in Europa bereits in den letzten Monaten eingepreist. Im Gegensatz zu früheren Zinssenkungszyklen scheint das weitere Aufwärtspotential begrenzt, insbesondere bei US-Treasuries. Dies gilt zumindest für den Fall, dass eine Rezession ausbleibt und die erhoffte sanfte Landung gelingt. Mit Blick auf die jüngsten Makrodaten scheint dies weiterhin möglich. Die Eintrübung am US-Arbeitsmarkt ist zwar klar sichtbar – ein Kippmoment, der zwingend in eine Rezession führt, steht aber noch aus. Anleger, die ihr Engagement in Staatsanleihen für die Absicherung gegen ein adverses Konjunkturszenario erhöhen möchten, sollten bei US-Treasuries auf Renditelevels mit einer „4“ vor dem Komma warten.

• Am europäischen Anleihemarkt rentieren französische Staatsanleihen über weite Teile der Zinskurve zuletzt erstmals höher als ihre spanischen Pendants. Die neue Regierung in Paris muss den Märkten zunächst beweisen, dass sie die nötige Haushaltskonsolidierung nun ernsthaft vorantreiben wird. Schweizer Eidgenossen fielen nach der starken Anpassung der Inflationsprognose in der neuen geldpolitischen Lagebeurteilung der SNB in Richtung der Jahrestiefs bei 0.4% zurück. Im Falle anhaltender Disinflation ist bei langfristigen Schweizer Staatsanleihen eine Rückkehr zur Nulllinie nicht ausgeschlossen.

Alternative Anlagen: Saudi-Arabien wirft das Handtuch

• Der Ölpreis fiel im September auf neue Jahrestiefs unterhalb von 70 US-Dollar (WTI). Dies trotz der sich weiter verschärfenden Lage im Nahen Osten und eines zweimonatigen Aufschubs der eigentlich für Oktober geplanten Produktionserhöhungen der OPEC. Das tonangebende OPEC-Mitglied Saudi-Arabien scheint ob der dauerhaft tiefen Preise und der fehlenden Förderdisziplin anderer Kartell-Mitglieder wie dem Irak und Kasachstan nun die Geduld zu verlieren. Anscheinend ist das Königreich bereit sein (inoffizielles) Preisziel von 100 US-Dollar pro Fass aufzugeben. Um nicht weiter Marktanteile an

andere Länder zu verlieren, könnte das Motto künftig lauten: Quantität statt Qualität (hohe Preise). Eine höhere Förderung Saudi-Arabien spräche für einen tieferen langfristigen Gleichgewichtspreis am Ölmarkt.

• Der Goldpreis setzte seine Rally in den vergangenen Wochen mit gesteigerter Dynamik fort. Seit dem charttechnischen Kaufsignal im März (Ausbruch über ein grosses Dreifach-Hoch) hat das gelbe Edelmetall inzwischen 30% zugelegt. Auch im (starken) Schweizer Franken gemessen, erreichte Gold im September neue Höhen. Dank zunehmenden Anlegerinteresses sind die kumulativen Zuflüsse in Gold-ETFs im laufenden Jahr jüngst in den positiven Bereich gedreht. Angesichts fallender Opportunitätskosten könnte die ETF-Nachfrage demnächst die preissensiblere und jüngst rückgängige Nachfrage aus China kompensieren. Charttechnisch ist der Weg nach oben frei.

Währungen: Das Pfund hat einen Zinsvorteil

• EUR/USD: Das Level von 1.12-1.13 USD ist für den EUR/USD-Kurs offensichtlich eine grössere Knacknuss, sowohl charttechnisch als auch fundamental. Denn auch wenn die Fed im September einen grossen Zinsschritt vorgenommen hat, scheint es immer weniger wahrscheinlich, dass der Euro demnächst seinen relativen Zinsnachteil verkleinern kann. Angesichts der schwachen Konjunkturdynamik muss die EZB möglicherweise schneller agieren und die Zinsen stärker senken als bis vor Kurzem erwartet. Der Druck seitens der Märkte hat bereits deutlich zugenommen

• GBP/USD: Ganz anders präsentiert sich das Bild beim britischen Pfund. Die Bank of England behielt ihren Leitzins im letzten Monat mit einem Votum von 8:1 unverändert. Im Gegensatz zum Euroraum und den USA ist der Rückgang von Inflation und Lohnwachstum im Vereinigten Königreich behäbiger. Entsprechend falkenhaft zeigte sich die BoE in der Kommentierung ihres Zinsentscheids, in der sie die Markterwartungen betreffend künftiger Zinssenkungen als etwas voreilig betrachtete. Der relative Zinsvorteil gegenüber den anderen Währungen spricht vorerst weiter für ein behauptetes Pfund.

• EUR/CHF: Mit Kursen unterhalb von 95 Rappen blieb der EUR/CHF-Kurs im September nahe seines Jahrestiefs. Die dritte Zinssenkung der SNB in Folge auf nun 1% schwächte den Franken nicht – sie war weitgehend erwartet worden. Auch die erhebliche Senkung der Inflationserwartungen (für 2025 auf 0.6%, vorher: 1.1%), welche weitere Zinssenkungen in den kommenden Quartalen impliziert, war kein grosser Ballast. Immer deutlicher wird, dass die hohe Inflationsdifferenz zum Euro, welche ein wichtiger Treiber für den langfristigen Aufwärtstrend des Frankens ist, auch in den nächsten Jahren erhalten bleiben wird.

Der US-Zinsmarkt ist wieder „im Lot“ – nach einer rekordlangen Zeit der Inversion von mehr als zwei Jahren, in der die kurzfristigen Zinsen über den langfristigen Zinsen notierten, ist wieder Normalität eingekehrt. Denn normalerweise verlangen Investoren für eine längere Haltedauer eine Risikoprämie, sprich höhere Renditen. Spätestens nach der überraschend kräftigen Zinssenkung der Fed Mitte September ist die „Dis-Inversion“ nun sicht- und zählbar, Ende September betrug sie knapp 20 Basispunkte. Lässt sich aus dieser Entwicklung etwas für die zukünftige Entwicklung am Aktienmarkt ableiten? Leider nein. Betrachtet man die Performance des S&P 500 Index in den letzten drei Zyklen vor und nach der Dis-Inversion, so findet man alle möglichen Varianten: fortgesetzt schwache Performance (Internetblase 2000), das Ende einer Aktienrally (Finanzkrise 2008) sowie ein fortgesetzter Aufschwung (Asien-Krise 1998). Den entscheidenden Unterschied zwischen einer guten und schlechten Performance machte in diesen historischen Beispielen stets die Wirtschaftslage. Kurz gesagt: Bleibt eine Rezession in den nächsten 12 Monaten aus, sind die Aktienmarktperspektiven eher positiv. Leider gehört die Einschätzung der korrekten Rezessionswahrscheinlichkeit zu den schwierigeren Aufgaben im Jobprofil eines Analysten.

Chart unter der Lupe

(K)Ein Signal von der Zinskurve | Die Aktienmarktaussichten hängen an der „R-Frage“ Entwicklung des S&P 500 Index vor/nach Dis-Inversion der US-Zinskurve

vor/nach Dis-Inversion der Zinskurve (Rendite 10

Der Zusammenhang zwischen Geld und Glück beschäftigt die Wissenschaft bereits seit Jahrzehnten.

Thema im Fokus

Über Geld und Glück

Mehr Geld = mehr Glück? Ob diese Gleichung aufgeht, muss jeder Mensch letztlich für sich selbst entscheiden. Die neuesten Erkenntnisse der Glücksforschung deuten aber darauf hin, dass dieser Zusammenhang grundsätzlich bis zu sehr hohen Einkommen und Vermögen vorhanden ist. Ein Glücks-Plateau ist hingegen nur bei einem kleinen Teil der Menschen nachweisbar. Eine schlechte Nachricht muss dies aber nicht sein. Vielmehr kann das Wissen um die Wohlstands-Glücks-Korrelation dazu motivieren sich künftig mehr (oder mit mehr Freude) mit der Geldanlage zu beschäftigen.

Was ist Glück?

Der Zusammenhang zwischen Geld und Glück beschäftigt die Wissenschaft bereits seit Jahrzehnten. Dabei ist die „Glücksforschung“ weder reine Esoterik noch Hobby von unterbeschäftigten Akademikern. Das interdisziplinäre Forschungsfeld verbindet Psychologie, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften sowie Neurowissenschaften und stützt sich auf empirische Studien. Die Erkenntnisse der Forschung haben praktische Konsequenzen – für Politik und Bildung, den Arbeitsmarkt, das Gesundheitswesen und jeden Einzelnen. Doch was ist Geld (im Sinne der Forschung)? Und wie wird Glück definiert?

Als Geld wird in den meisten Studien das Einkommen einer Person betrachtet. Es ist leicht zu messen und wird regelmässig über verschiedene Bevölkerungsgruppen hinweg erfasst. In manchen Untersuchungen ist wiederum das Vermögen (alle finanziellen Ressourcen) Gegenstand der Betrachtung. Das komplexe Konstrukt des Glücks, das in der Forschung oft als „subjektives Wohlbefinden“ definiert wird, hat ebenfalls zwei Dimensionen. Einerseits das emotionale Wohlbefinden, welches sich auf das tägliche Erleben von positiven (Freude, Zufriedenheit) und negativen (Stress, Traurigkeit) Gefühlen bezieht. Andererseits die Lebenszufriedenheit – also die Antwort auf die Frage: „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben (alles in allem)?“

Alte Gewissheiten…

Aufgrund der verschiedenen Definitionen von Geld und Glück ist die Bandbreite an Glücksstudien relativ hoch. Dennoch gelten einige Erkenntnisse als etablierte Gewissheiten. In einer der bekanntesten Studien der Glücksforschung stellte Richard Easterlin bereits 1974 fest, dass reiche Menschen innerhalb einer Gesellschaft zwar glücklicher sind als arme, das aggregierte Glücksniveau der Gesellschaft über die Zeit hinweg trotz steigender Durchschnittseinkommen aber nicht steigt (Easterlin-Paradox)1. Nicht nur das absolute, sondern auch das relative Einkommen (wie viel man im Vergleich zu

anderen hat), hat einen Einfluss auf das persönliche Glücksempfinden. Ebenso etabliert ist die Erkenntnis, dass die Lebenszufriedenheit mit steigendem Einkommen zwar zunimmt, die Zuwächse aber stets geringer werden – ein Phänomen, das als „abnehmender Grenznutzen des Einkommens“ bezeichnet wird.

…und die Entdeckung des Glücks-Plateaus Grössere Schlagzeilen machte 2010 eine Studie2 von Daniel Kahnemann (Wirtschafts-Nobelpreis-Gewinner 2002) und Angus Deaton. In ihren Untersuchungen fanden sie nämlich nicht nur einen abnehmenden Grenznutzen beim Einkommen, sondern zudem einen Schwellenwert, ab dem das Glück im Sinne des (täglichen) emotionalen Wohlbefindens nicht mehr weiter ansteigt. Dieses Glück-Plateau identifizierten sie für einen amerikanischen 1-Personen-Haushalt bei 75‘000 US-Dollar pro Jahr. Die Erkenntnis, dass „Geld Glück kaufen kann“, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt, wurde von den Medien teils mit Begeisterung aufgenommen und beeinflusste das Verständnis von Glück in der Wissenschaft.

Noch mehr Futter der gleichen Geschmacksrichtung gab es 2018 mit der Studie von Andrew T. Jebb et al.3. Anhand von Daten der Gallup World Poll, an der 1.7 Millionen Menschen in 164 Ländern teilnahmen, erkannten sie nicht nur ein Plateau beim emotionalen Wohlbefinden, sondern auch bei der generellen Lebenszufriedenheit. Je nach betrachteter Region und Bildung lag dieser Glücks-Höhepunkt zwischen 35‘000 US-Dollar (Lateinamerika/Karibik) und 125‘000 US-Dollar (Australien/Neuseeland) bzw. 70‘000 US-Dollar (niedrige Bildung) und 115‘000 US-Dollar (hohe Bildung). Zudem war das maximale Glück bei Frauen etwas höher als bei Männern (100‘000 vs. 90‘000 US-Dollar). Der globale Durchschnitt für das Glücks-Maximum bei der Lebenszufriedenheit wurde mit 95‘000 US-Dollar berechnet. Überdies machten die Forscher eine weitere Feststellung: In einigen Regionen sank das Wohlbefinden bei sehr hohen Einkommen (über den identifizierten Pla-

teaus). Die Erklärung dieser Beobachtung vermuteten Jebb et al. in erhöhten Erwartungen, mehr Stress oder sozialen Vergleichen, die mit einem hohen Einkommen einhergehen. Viel Geld macht unglücklich – wer wollte konnte die häufig zitierte und (scheinbar) breit abgestützte Studie von 2018 auch so interpretieren. In jedem Fall passt sie in eine Zeit, in der sich viele Menschen über ihre Work-Life-Balance Gedanken machen und für immer mehr zu gelten scheint, dass „Geld nicht alles“ ist.

Also doch: mehr Geld, mehr Glück

So interessant die Idee eines Glücks-Plateaus auch anmutete – gewisse Zweifel ob der These von den „unzufriedenen Reichen“ dürften zumindest bei einigen Rezipienten der damaligen Studie bestanden haben. Für die Auflösung so mancher zu vermutender kognitiver Dissonanz sorgte spätestens Matthew A. Killingsworth, Senior Fellow an der Wharton School (University of Pennsylvania) und wohl einer der aktivsten Glücksforscher der letzten Jahre. In seinem 2021 erschienenen Aufsatz

„Experienced well-being rises with income, even above $75,000 per year“ stellte er fest, dass sowohl das tägliche Wohlbefinden als auch die generelle Lebenszufriedenheit bis zu einem Einkommen von (mindestens) einer halben Million US-Dollar pro Jahr stetig zunimmt. Dabei bestätigte er das Ergebnis früherer Untersuchungen, demnach der Zusammenhang zwischen Geld und Glück logarithmischer Natur ist. (So ist beispielsweise die Differenz des emotionalen Wohlbefindens bzw. der Lebenszufriedenheit zwischen Einkommen von 20‘000 und 60‘000 US-Dollar in etwa gleich gross wie zwischen Einkommen von 60‘000 und 180‘000 US-Dollar).

Gleichzeitig deckte Killingsworth gewisse Schwächen der oben genannten Untersuchungen von 2010 und 2018 auf. Demnach waren die dort beobachteten Glücks-Plateaus die Folge eines nicht zweckgerechten Studiendesigns. So wurden die Einkommensgruppen in den älteren Studien in sehr grobe Bandbreiten eingeteilt (z.B. 60‘000-90‘000 US-Dollar) und alle Einkommen über 120‘000 US-Dollar in eine einzige Gruppe zusammengefasst. Problematisch war auch, dass das emotionale Wohlbefinden nicht auf einer kontinuierlichen Skala, sondern nur in „gut“ oder „schlecht“ unterschieden wurde. Schliesslich erkannte Killingsworth ein weiteres Problem: Die alten Studien untersuchten letztlich den Zusammenhang zwischen Geld und erinnerten Gefühlen (diese wurden im Nachhinein abgefragt), nicht aber den Emotionen in Echtzeit. Für seine eigene Untersuchung nutzte er daher eine Smartphone-App, welche die Studienteilnehmer spontan anpingte, um sie nach ihrem aktuellen Befinden zu befragen. Um die anderen Designfehler zu beheben, erhob er sehr granulare Einkommensdaten, bezog auch Hochverdiener (bis 500‘000 US-Dollar) mit ein und fragte den emotionalen Status auf einer fortlaufenden Skala ab.

Über die Frage warum die Korrelation zwischen Einkommen und Wohlbefinden überhaupt besteht, möchte indes auch Killingsworth nur spekulieren. Zumindest gut nachvollziehbar ist seine Vermutung, dass es bei Menschen mit geringerem Einkommen Quellen des Unbehagens gibt, die sich mit Geld beheben lassen.

Ebenso auf der Hand liegt die Annahme, dass höherer Wohlstand gleichbedeutend ist mit höherer finanzieller Sicherheit (und weniger finanziellen Sorgen). Und auch eine letzte Erkenntnis deckt sich mit dem, was man in der Realität beobachten kann: Der Zusammenhang zwischen Geld und Glück ist nicht für alle Menschen gleich stark.

Dem letzten Punkt ging Killingsworth 2022 nochmals genauer auf den Grund. In einer „Adversarial Collaboration“ mit Kahnemann4, der 2010 erstmals ein Glücks-Plateau beobachtete, machte er eine Entdeckung, welche seine bisherigen Ergebnisse noch weiter ausdifferenziert und die Idee eines Glücks-Höhepunkts zumindest teilweise rehabilitiert. Die Erkenntnis, gleichzeitig aktuellster Stand der Glücksforschung: Für die „unglücklichsten“ Menschen gibt es tatsächlich eine Art Glücks-Maximum, ab dem ein höheres Einkommen (fast) kein zusätzliches Glick bringt. Für die „glücklichsten“ Menschen verhält es sich genau andersherum –bei ihnen beschleunigt sich das Glück mit mehr Einkommen sogar.

Ein offensichtlicher Zusammenhang… | …aber nicht zwingend Kausalität Jahreseinkommen und Lebenszufriedenheit

So interessant die Idee eines Glücks-Plateaus auch anmutete – gewisse Zweifel ob der These von den „unzufriedenen Reichen“ dürften zumindest bei einigen Rezipienten der damaligen Studie bestanden haben.

Reich durch Einkommen

Einkommensgruppe

Reich durch Vermögen

Quellen: Killingsworth, M. A. (2024). Money and Happiness: Extended Evidence Against Satiation. Happiness Science., Kaiser Partner Privatbank

Die sehr vermögenden Personen sind noch deutlich glücklicher (zufriedener) als die bestverdienende Einkommensgruppe.

Die Zufriedenheit der Vermögenden

Trotz aller Erkenntnis – eine Frage lasse all die bisher diskutierten Studien noch immer unbeantwortet: Wie glücklich sind eigentlich die sehr Vermögenden, bei denen sich die finanziellen Ressourcen auf deutlich 7oder gar 8-stellige Beträge belaufen? Auch dieser Frage hat sich Matthew A. Killingsworth in diesem Jahr gewidmet. Als Herausforderung stellte sich dabei allerdings die dünne Datenlage heraus. (Zitat Killingsworth: „Vielleicht sind reiche Menschen nicht geneigt, ihre Freizeit mit Umfragen zu verbringen“). Zwei Referenzpunkte, welche die bisherige Forschung (bis zu einem jährlichen Einkommen von 500‘000 US-Dollar) um das obere Spektrum erweitern, fand er aber doch. Zum einen eine neuere Studie von Donelly et al.5 mit mehr als 2‘000 Teilnehmern, in der die Median-Gruppe ein Vermögen zwischen 3 und 7.9 Millionen US-Dollar besass. Zum anderen eine einflussreiche aber kleinere Studie6, an der knapp 50 Vermögende der 1983er Forbes-400-Liste teilnahmen. Beide Untersuchungen definieren Glück als Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 1 bis 7 und sind kompatibel mit der von Killingsworth angewandten Methodik. Das Ergebnis der Analyse lässt sich anschaulich darstellen: Die sehr vermögenden Personen sind noch deutlich glücklicher (zufriedener) als die bestverdienende Einkommensgruppe. Dies lässt vermuten, dass die (steigende) Beziehung zwischen Geld und Glücklichkeit weit über Einkommen von mehreren Hunderttausenden von Dollar pro Jahr hinausgeht. Eindrücklich dabei auch: Der Unterschied zwischen den Gutverdienern und den beiden vermögenden Stichproben ist statistisch signifikant (sichtbar an den sich nicht überscheidenden 95%-Konfidenzintervallen).

Positive Interpretation

Welche Schlussfolgerungen kann man aus den neuesten Erkenntnissen der Glücksforschung ziehen? Man könnte versucht sein die konstante Beziehung zwischen mehr Geld und mehr Glück als schlechte Nachricht zu betrachten. Möglicherweise würde es das Leben einfacher machen, wenn sich das Glück auf einem bescheidenen Wohlstandsniveau einpendelte. Dann könnte jedermann und jederfrau seine Aufmerksamkeit rational auf andere Dinge als Geld richten, sobald er oder sie „genug“ hat. Allerdings würde die Existenz eines Glücks-Plateaus auch bedeuten, dass sich Menschen keine Dinge vorstellen können, die ihr Wohlbefinden verbessern und/oder ihnen Gesellschaft und Wirtschaft ebendiese Dinge nicht liefern können. In einer solchen Welt leben wir offensichtlich – und vielleicht zum Glück – nicht. Nicht für alle Menschen, aber doch für viele, trägt Geld – neben vielen anderen Dingen – zum Lebensglück bei. Diese Erkenntnis hilft möglicherweise dabei seine Beziehung zum Thema Geldanlage zu überdenken. Man tut damit nicht nur etwas für die Zahlen auf dem Vermögenskonto, sondern auch etwas für sein Wohlbefinden.

1 R. Easterlin (1974): „Does economic growth improve the human lot? Some empirical evidence“

2 D. Kahnemann, A. Deaton (2010): „High income improves evaluation of life but not emotional well-being”

3 A. T. Jebb, L. Tay, E. Diener, S. Oishi (2018): „Happiness, income satiation and turning points around the world“

4 M. A. Killingsworth, D. Kahnemann, B. Mellers (2022): „Income and emotional well-being: A conflict resolved”

5 G. E. Donnelly, T. Zheng, E. Haisley, M. I. Norton (2018): „The amount and source of millionaires’ wealth (moderately) predict their happiness“

6 E. Diener, J. Horwitz, R. A. Emmons (1985): „Happiness of the very wealthy“

Die letzte Seite Anlageklassen

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Herausgeberin: Kaiser Partner Privatbank AG Herrengasse 23, Postfach 725 FL-9490 Vaduz, Liechtenstein HR-Nr. FL-0001.018.213-7

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E: bank@kaiserpartner.com

Redaktion: Oliver Hackel, Senior Investment Strategist

Design & Druck: 21iLAB AG, Vaduz, Liechtenstein

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