Kaiser Partner Privatbank AG - Monthly Market Monitor August 2024 DE

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Monthly

Market Monitor

August 2024

Auf einen Blick 4

KonjunkturRadar

Am Puls der Wirtschaft

6

Anlagestrategie

Notizen vom InvestmentKomitee

8

Geopolitische Heatmap

Einschätzungen zu globalen Brennpunkten und Marktrisiken

Thema im Fokus

Small-Caps im Abseits – wie lange noch?

11

Die letzte Seite

Anlageklassen

17

23

Die US-Notenbank blieb sich bei der Juli-Sitzung treu und verzichtete darauf die Finanzmärkte auf dem falschen Fuss zu erwischen.

Grafik des Monats

Die Fed hört nicht auf Trump

Auf einen Blick

Unsere Sicht auf die Märkte

Die US-Notenbank blieb sich bei der Juli-Sitzung treu und verzichtete darauf die Finanzmärkte auf dem falschen Fuss zu erwischen. Entsprechend hielt sie die Leitzinsen wie von den Marktteilnehmern eingepreist unverändert auf dem seit gut einem Jahr erreichten Höchststand. Umso mehr versuchte Fed-Chef Powell den Startschuss für Zinssenkungen im September verbal vorzubereiten. Sollte es keine unerwartete Wiederbeschleunigung bei der Teuerung geben, erwarten wir dann eine Zinssenkung von 25 Basispunkten. Der Wunsch Donald Trumps, der einen Zinsschritt lieber gern erst nach den Wahlen hätte, dürfte damit nicht in Erfüllung gehen.

KI-Ernüchterung

Die Rally bei den grossen (US-)Technologieaktien fand im Juli – zumindest vorübergehend – ein Ende. Dass etwas Luft aus der vermeintlichen KI-Blase entweicht, ist nur gesund und hilft den überkauften Zustand und die hohe Anlegerpositionierung in den Star-Performern der letzten Monate abzubauen. Staatsanleihen sind eine Absicherung gegen eine momentan vom Konsens nicht erwartete US-Rezession. Als „Hedge“ für das Szenario Trump 2.0 sollten Anleger zudem in inflationsbasierte Anleihen diversifizieren.

Trump im Vorteil | Demokraten hoffen auf einen Harris-Effekt

Am Wettmarkt gepreiste Wahrscheinlichkeit für den Wahlsieg

Harris Biden

Geopolitische Heatmap Manch ein Pessimist dürfte der Meinung sein, dass die Finanzmärkte angesichts der vielen geopolitischen Risiken komplett uninvestierbar geworden sind. Doch wer sein Geld deswegen unter dem Kopfkissen kann, nur verlieren – in jedem Fall an Kaufkraft. Insbesondere für uns Vermögensverwalter stellt sich die Pflicht sich mit den wichtigsten makroökonomischen und geopolitischen Risiken unserer Zeit auseinanderzusetzen, ihre Wahrscheinlichkeit einzuschätzen und deren Implikationen für die Finanzmärkte abzuleiten. Nicht selten resultiert diese Routineübung in der Erkenntnis, dass ein Risiko unwahrscheinlich, bereits eingepreist oder aber im Falle des Eintreffens nur für eher exotische Anlagen und Nischenmärkte von Relevanz ist.

Small-Caps im abseits – wie lange noch?

Small-Caps standen in den letzten zweieinhalb Jahren im Schatten der Large- und Mega-Caps. Die Phase der Underperformance könnte sich nun aber einem Ende nähern. Insbesondere in Europa ist das Chance-Risiko-Verhältnis für Anleger mit mittelfristiger Perspektive gut. Um von der Dynamik der Hidden Champions profitieren zu können, ist allerdings aktives Management nötig. Viele Star-Performer bleiben heutzutage indes der Börse fern. Doch auch an diesen privaten Wachstumsunternehmen können Anleger mittlerweile partizipieren.

Der Zähler bis zu den US-Präsidentschaftswahlen ist auf unter 100 Tage gefallen. Nach dem schwachen Auftritt von Joe Biden beim ersten TV-Duell und dem versuchten Anschlag auf Donald Trump stiegen dessen Siegchancen am Wettmarkt bis Mitte Juli auf bis zu 65%. In Folge des nahezu unvermeidlichen Rückzugs Bidens werden die Karten nun aber neu gemischt. Noch hat Trump einen grossen Vorsprung auf seine wahrscheinliche Rivalin Kamala Harris. Diese hat jedoch das Momentum auf ihrer Seite. Allein in der ersten Woche konnte sie mehr als 200 Millionen US-Dollar an Wahlkampfspenden einsammeln. Harris ist deutlich jünger als Trump und geniesst als erste afroamerikanische Vizepräsidentin viel Goodwill der demokratischen Basis. Allerdings erbt sie das politische Gepäck von Biden, gilt so manchem als zu links und hatte in ihrem Amt bisher nur wenige Glanzmomente. Die Unsicherheit dürfte in den kommenden Wochen hoch bleiben, ebenso wie die Volatilität an den Märkten.

Trump

Eine US-Rezession hat derzeit hat nur noch eine Minderheit der Ökonomen auf dem Radar.

Konjunktur-Radar Am

Puls der Wirtschaft

Die Fed hört nicht auf Trump Die US-Notenbank blieb sich bei der Juli-Sitzung treu und verzichtete darauf die Finanzmärkte auf dem falschen Fuss zu erwischen. Entsprechend hielt sie die Leitzinsen wie von den Marktteilnehmern eingepreist unverändert auf dem seit gut einem Jahr erreichten Höchststand. Umso mehr versuchte Fed-Chef Powell den Startschuss für Zinssenkungen im September verbal vorzubereiten. Er betonte klar, dass es inzwischen beiderseits Risiken gibt – sowohl eine zu hoch bleibende Inflation als auch eine weitere Abschwächung des Arbeitsmarkts. Sollte es keine unerwartete Wiederbeschleunigung bei der Teuerung geben, erwarten wir an der September-Sitzung eine Zinssenkung von 25 Basispunkten. Der Wunsch Donald Trumps, der einen Zinsschritt lieber gern erst nach den Wahlen hätte, dürfte damit nicht in Erfüllung gehen.

US-Arbeitsmarkts-Rätsel

Eine US-Rezession hat derzeit hat nur noch eine Minderheit der Ökonomen auf dem Radar. Gemäss Umfrage des Wall Street Journal erwarten noch 28% der Befragten eine solche Vollbremsung der Wirtschaft. Der Konsens sieht 2025 ein robustes Wachstum von 1.9%, sprich eine sanfte Landung. Die Abkühlung am Arbeitsmarkt ist aber unübersehbar. Zwar entlassen die Unternehmen noch nicht im grossen Stil. Diverse Indikatoren zeigen aber, dass die offenen Stellen kontinuierlich zurückgehen (siehe Grafik). Die Arbeitslosenquote ist vom Tief bei 3.4% im April 2023 auf zuletzt 4.3% gestiegen. Dies hat die „Sahm-Regel“ inzwischen

US-Arbeitsmarkt kühlt sich ab | Zurück auf Vor-Pandemie-Niveau

Anzahl ausgeschriebener Stellen in den USA*

rot aufleuchten lassen. Der in der Vergangenheit treffsichere Rezessionsindikator könnte im aktuellen Zyklus möglicherweise ein Fehlsignal liefern (hohe Zuwanderung). Es verbleibt aber Unsicherheit, ob sich das Arbeitsmarkt-Rätsel so (einfach) auflösen wird.

Deutschland bleibt im Hintertreffen

In der Eurozone überraschte das Wachstum im 2. Quartal mit einem Anstieg von 0.3% gegenüber dem Vorquartal leicht positiv. Allerdings war dies allein auf die notorisch volatilen Zahlen der irischen Volkswirtschaft zurückzuführen. Insgesamt ist das Makrobild eher trüb. So bleibt es in Deutschland nach erneuter Datenenttäuschung (Wachstum Q2: -0.1% vs. Konsens 0.1%) bei einer Wellblechkonjunktur. Zudem fielen die Vorlaufindikatoren im Juli enttäuschend schwach aus. Die für das zweite Halbjahr erhoffte Konjunkturerholung könnte im Euroraum daher schwächer ausfallen als erhofft. Der boomende Tourismus in Südeuropa dürfte allein nicht genug Wachstumsimpulse liefern. Für die EZB könnte dies ein weiteres Argument sein im September eine weitere Zinssenkung vorzunehmen.

Drittes Plenum enttäuscht

In der Vergangenheit war das nur einmal alle fünf Jahre stattfindende Dritte Plenum in China ein Forum, um wegweisenden Reforminitiativen auf den Weg zu bringen. Diesmal blieben (positive) Überraschungen aber aus. Stattdessen wurde einmal mehr Industriepolitik und die Förderung von High-Tech-Exporten propagiert. Dass dies angesichts des enttäuschenden Wachstums im 2. Quartal (4.7%) möglicherweise zu wenig ist, scheint auch der Führung in Peking klar. Im Nachgang des Mega-Events wurden denn auch diverse Zinssenkungen vorgenommen und die Förderung des Konsums in Aussicht gestellt. Insbesondere letzteres ist zwingend nötig, um die einseitige Ausrichtung der chinesischen Wirtschaft zu korrigieren. Das Erreichen des 5%-Wachstumsziels wird von Analysten zunehmend angezweifelt. Allerdings sind die offiziellen chinesischen Statistiken eh kaum noch vertrauenswürdig.

*LINKUP/INDEED indexiert, Job Openings and Labor Turnover Survey (JOLTS) in Millionen

Quellen:

Konsensschätzungen Wachstum & Inflation

(in

Inflation (in %)

Zinserwartungen Kaiser Partner Privatbank

Leitzinsen (in %)

10-jährige Renditen (in %)

Die Rally bei den grossen (US-)Technologieaktien fand im Juli – zumindest vorübergehend – ein Ende.

Asset Allocation Monitor

Liquidität

Fixed Income

Staatsanleihen

Unternehmensanleihen

Mikrofinanz

Anlagestrategie

Notizen vom Investment-Komitee

Inflationsbasierte A. 07/2024

Hochzinsanleihen

Schwellenländeranleihen

Versicherungsbasierte A.

Wandelanleihen

Laufzeiten

Währungen

US-Dollar

Schweizer Franken

Euro

Britisches Pfund

Aktien: KI-Ernüchterung

• Die Rally bei den grossen (US-)Technologieaktien fand im Juli – zumindest vorübergehend – ein Ende. Dass etwas Luft aus der vermeintlichen KI-Blase entweicht, ist nur gesund und hilft den überkauften Zustand und die hohe Anlegerpositionierung in den Star-Performern der letzten Monate abzubauen. Dass es sich um eine gesunde Korrektur handelt, zeigt zudem der Blick auf den gleichgewichteten S&P 500 Index, der im Monatsverlauf rund 5% zulegen konnte und den kapitalgewichteten Index (1%) klar outperformte. Wie stark die Rotation war, widerspiegelt sich auch in der massiven und plötzlich aufgekommenen Marktbreite: 70% aller Aktien im S&P 500 konnten den Index im Juli outperformen –ein Rekord in den letzten 30 Jahren.

• Damit die Rotation weg von den Large-Caps hin zu den Small-Caps mehr als eine Eintagsfliege wird, bedarf es allerdings einer Verbesserung der Fundamentaldaten. Insbesondere müssen die Small-Caps ihren zuletzt sehr hohen Rückstand beim Gewinnwachstum aufholen. In der Berichtssaison für das 2. Quartal war von einer solchen Besserung bisher noch nichts zu sehen. Mit Blick auf die Gewinnüberraschungen waren die Large-Caps im S&P 500 nämlich einmal mehr im Vorteil. Allerdings zeichnet sich ab, dass sich die hohe Dynamik bei Big Tech in den kommenden Quartalen abschwächt. Die jüngst präsentierten Ausblicke von Microsoft & Co., welche

Aktien

Global

Schweiz

Europa

Grossbritannien

USA

Japan

Schwellenländer

Alternative Anlagen

Gold

Hedgefonds

Strukturierte Produkte

Private Equity

Private Credit

Infrastruktur

Immobilien

Scorecard

Konjunktur

Geld- und Fiskalpolitik Unternehmensgewinne

Bewertung

Trend

Anlegerstimmung

angesichts sinkender Wachstumsraten eher enttäuschten und oft negative Kursreaktionen zur Folge hatten, lassen darauf schliessen, dass die KI-Rally ihren Zenit erreicht haben könnte.

• Anleger sollten die Sommerpause (und die bis dato erfreuliche Performance) angesichts der zu beobachtenden Rotation am Aktienmarkt dazu nutzen ihr Portfolio auf den Prüfstand zu stellen und zu grosse Ungleichgewichte bei Stilen („Growth“ vs. „Value“), Size (Large vs. Small), Branchen und Regionen korrigieren. Eine breite Diversifikation ist nicht zuletzt auch mit Blick auf einen möglicherweise turbulenten Wahlherbst in den USA angezeigt.

Anleihen: Inflationsbasierte Anleihen als Trump-Hedge

• An den Anleihemärkten hat sich der Abwärtstrend bei den Langfristrenditen im Juli beschleunigt. Bei zuletzt rund 3.8% und 2.1% haben sich die 10-jährigen Renditen von US-Treasuries und deutschen Staatsanleihen mittlerweile deutlich von ihren Jahreshochs (4.7% bzw. 2.7%) entfernt. Schweizer Eidgenossen notieren bei rund 0.4% aktuell gar auf einem Jahrestief. Die Märkte preisen mit dieser Entwicklung nicht nur den sich fortsetzenden Disinflationsprozess ein, sondern nehmen auch einen ordentlichen Zinssenkungszyklus in den nächsten 12 Monaten vorweg. Insbesondere in den USA dürfte zudem der sich unter der soliden Oberfläche (Wachstum im zweiten Quartal +2.8%) deutlich abschwächende Arbeitsmarkt einen Anteil am Renditerückgang haben. Zwar ist eine Rezession momentan nicht klar am Horizont erkennbar. In der Vergangenheit lautete das Prinzip am US-Arbeitsmarkt in der Regel aber „erst graduell, dann plötzlich“. Eine weitere Eintrübung könnte daher zu einer Rezession führen, die inzwischen immer weniger Analysten auf dem Radar haben. Anleihen mit guter Bonität sind eine Absicherung gegen dieses Szenario und sollten Bestandteil eines diversifizierten Portfolios sein.

• Die Frage nach einem „Hedge“ stellt sich auch mit Blick auf das nicht unwahrscheinliche Szenario Trump 2.0. Sollte sich dieses realisieren, dann wären US-Staatsanleihen möglicherweise plötzlich kein sicherer Hafen mehr – zumindest könnten sie diese Funktion kurzfristig verlieren. Dies droht insbesondere dann, wenn der Finanzmarkt schnuppert, dass Trump im Weissen Haus (nicht gegenfinanzierte) Steuersenkungen wahrmacht, die Staatsverschuldung weiter aus dem Ruder läuft und die Inflationsgefahr steigt. Um sich gegen dieses Szenario abzusichern, bietet es sich für Anleger an einen Teil des Anleiheexposures in inflationsbasierten Staatsanleihen zu halten.

Alternative Anlagen: Krypto-Präsident Trump (?)

• Die charttechnische Umkehrformation (Doppeltop) beim Bitcoin entpuppte sich im Nachhinein als klassische Bärenfalle. Der Fall unter die Unterstützung bei 57‘000 US-Dollar Anfang Juli wurde sofort wieder korrigiert – umso schneller ging es mit dem Bitcoin-Preis danach wieder nach oben. Auftrieb erhielt die Krypto-Währung Ende des letzten Monats auch von Donald Trump. An einer Wahlkampfveranstaltung versprach er der Krypto-Gemeinde eine deutlich gelockerte Regulierung und den Aufbau einer nationalen Bitcoin-Reserve. Dass Trump damit eine 180-Grad-Wende gegenüber seiner Meinung von vor drei Jahren macht („Bitcoin ist Betrug“) scheint im Wahlkampf egal – schliesslich gehören Bitcoin-Investoren zu den grossen Spendern der Trump-Kampagne. Im Bitcoin-Preischart zeichnet sich mittlerweile eine bullische Flaggenformation auf. Ein Ausbruch über die 70‘000 US-Dollar-Marke

könnte den derzeitigen Krypto-Sommer noch weiter anheizen.

• Auch in der Energiebranche möchte Trump die Regulierung zurückdrängen. Für die alternativen Energien könnte die Politik hingegen weniger freundlich werden. Profitieren dürften somit v.a. die klassischen Energieunternehmen. Zu einem merklichen Anstieg der US-Ölproduktion dürften die Lockerungen zumindest in der kurzen Frist zwar nicht führen. Indirekt könnte Trump aber dennoch sein Ziel eines deutlich tieferen Ölpreises erreichen. Sollte er wie angedroht pauschal 10% Zölle auf alle Importe einführen, könnte dies die Weltwirtschaft bzw. die Ölnachfrage so stark abschwächen, dass sich der Ölpreis gegenüber dem diesjährigen Durchschnittswert auf einem 10-15 US-Dollar tieferen Niveau einpendelt.

Währungen: Franken profitiert vom Anti-Carry-Trade

• EUR/USD: Der EUR/USD-Kurs bleibt sich in diesem Sommer treu – obwohl die konjunkturelle Verfassung der Eurozone absolut betrachtet nur durchwachsen und der Zinsnachteil zu den USA beträchtlich ist, pendelt der Preis seitwärts, nicht abwärts. Denn der Markt schaut voraus und sieht dort nicht nur eine baldige Zinswende der Fed, sondern auch eine kleiner werden Wachstumsdifferenz zwischen den Währungsräumen. Mit Blick auf die Politik (Stichwort Frankreich) hat sich die Nervosität vorerst gelegt, eher steht nun die politische Unsicherheit in den USA im Vordergrund. Weiterhin seitwärts ist beim Währungspaar nach wie vor das wahrscheinlichste Szenario.

• GBP/USD: Die Notenbanker der Bank of England entschieden sich anfangs August mit 5:4 Stimmen äusserst knapp für eine erste Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 5%. Damit sind sie ihren Kollegen in den USA nun einen Schritt voraus. Die Zinsdifferenz zwischen Pfund und US-Dollar dürfte in nächster Zeit aufgrund des baldigen Nachziehens der Fed aber nahezu konstant bleiben und für das Währungspaar GBP/USD kein grosser Treiber sein. Mit Blick auf die Staatsfinanzen ist das Momentum derweil zurzeit auf der Seite des Pfunds: Die neue britische Finanzministerin hat zuletzt Steuererhöhungen angekündigt, in den USA scheint eine Haushaltskonsolidierung illusorisch.

• EUR/CHF: Der Schweizer Franken profitierte im Juli für einmal von den Entwicklungen in Asien. Dort setzte die Bank of Japan ihre geldpolitische Normalisierung konsequent fort. In Kombination mit der sich abzeichnenden Zinssenkung in den USA sorgte dies für eine turbulente Rückabwicklung des YenCarry-Trades. Auch der Franken ist eine beliebte Verschuldungswährung. Daher erreichte der EUR/ CHF-Kurs inmitten der Turbulenzen zeitweise ein neues Tief unter 93 Rappen. Eine weitere Zinssenkung der Nationalbank im September wird damit wahrscheinlicher.

Die charttechnische Umkehrformation (Doppeltop) beim Bitcoin entpuppte sich im Nachhinein als klassische Bärenfalle.

Die Warnsignale, die wir im letzten Monat im „Chart unter der Lupe“ aufzählten (u.a. tiefe Cashbestände der Anleger und eine schwache Marktbreite) haben in den vergangenen Wochen am US-Aktienmarkt zur erwarteten Korrektur geführt. Diese ging einher mit einer massiven Rotation – heraus aus den Large-Caps hinein in die Small-Caps und weg von „Growth“ hin zu „Value“. In der Folge gelang es dem Russell 2000 Index innerhalb weniger Handelstage nahezu die gesamte Underperformance seit Jahresbeginn wettzumachen. Auslöser des Favoritenwechsels waren anfangs Juli die weiter rückgängigen US-Inflationszahlen und ein bestenfalls durchwachsener US-Arbeitsmarktbericht – zwei Argumente, die eine erste Zinssenkung der Fed im September sehr wahrscheinlich machen und die zinssensitiven Small-Caps begünstigen. Dass die Rotation so heftig ausfiel, lag nicht zuletzt an der extremen Positionierung der Anleger, die in Large/Growth über- und in Small/ Value unterinvestiert waren. Wie weit die Aufholjagd reicht, muss sich noch zeigen. Angesichts der Tatsache, dass Klein gegenüber Gross derzeit so günstig bewertet ist wie selten zuvor, zeichnet sich bei den Small-Caps aktuell aber mindestens eine grössere zyklische Anlageopportunität ab. Mehr dazu lesen Sie im „Thema im Fokus“.

Chart unter der Lupe

Rotation | Big Small is beautiful Aktienindizes indexiert per 1.1.2024

Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank

Geopolitische Heatmap

Einschätzungen zu globalen Brennpunkten und Marktrisiken

• Globaler Technologiekrieg

• Persischer Golf in Flammen

• Verheerende Cyber-Angriffe

• Schwerwiegende Terroranschläge

Wahrscheinlich

• Die grosse Trump-Panik

• Stimmung gegen die grüne Welle

Allgemeine Weisheit

Schlagzeilen-Risiken

Übersehene Risiken

Eingepreiste Risiken

• Spannung in Ostasien

• Russland-NATO-Konflikt

• Nordkorea-Konflikt

• Europäische Tristesse

Unwahrscheinlich

Leitfaden zu globalen Brennpunkten und Marktrisiken

Die Finanzmärkte sind nicht ohne Risiken – auch nicht ohne geopolitische Risiken. Diese haben in den letzten Jahren – zumindest gefühlt – weiter zugenommen und dominieren in den Nachrichten nicht selten die Schlagzeilen. Manch ein Pessimist dürfte daher der Meinung sein, dass die Märkte inzwischen komplett uninvestierbar geworden sind. Doch wer sein Geld deswegen unter dem Kopfkissen oder im Tresor verwahrt, der kann langfristig nur verlieren. In jedem Fall verliert dessen Vermögen an Kaufkraft.

Ignorieren kann man die globalen Brennpunkte allerdings auch nicht. Insbesondere für uns Vermögensverwalter stellt sich die Pflicht sich mit den wichtigsten makroökonomischen und geopolitischen Risiken unserer Zeit auseinanderzusetzen, ihre Wahrscheinlichkeit einzuschätzen und deren Implikationen für die Finanzmärkte abzuleiten. Erfreulicherweise resultiert diese Routineübung nicht nur in einer übersichtlichen Heatmap der von den Marktteilnehmern gesehenen (und übersehenen) Brennpunkte – zugleich steht am Ende häufiger als vielleicht vermutet auch die Erkenntnis, dass ein Risiko unwahrscheinlich, bereits eingepreist oder aber im Falle des Eintreffens nur für eher exotische Anlagen und Nischenmärkte von Relevanz ist.

Ganz nach dem Motto „politische Börsen haben kurze Beine“ sollten Anleger Schlagzeilen als ebensolche betrachten und sich durch das nie endende Gezwitscher auf diversen Kanälen nicht von ihrer langfristigen Anlagestrategie abbringen lassen.

Bedienungsanleitung

In unserer geopolitischen Heatmap ordnen wir die zehn wichtigsten globalen Risiken gemäss ihrer Wahrscheinlichkeit und der ihnen von den Finanzmärkten entgegengebrachten Aufmerksamkeit ein. Es entsteht eine Matrix mit vier Quadranten. Risiken, die bereits im Fokus der Märkte sind, haben bei ihrem Eintreffen meist nur kurzfristige Kursreaktionen zur Folge. Besondere Aufmerksamkeit sollten Anleger dem oberen rechten Quadranten der Heatmap widmen – übersehene, gleichzeitig aber wahrscheinliche Risiken haben in der Summe das grösste Überraschungs- bzw. Marktreaktionspotential. Auf den folgenden Seiten beschreiben wir die zehn von uns identifizierten Risiken und deren jüngste Entwicklungen im Detail. Zudem nennen wir die Anlagen, die vom jeweiligen Brennpunkt jeweils am stärksten betroffen sind.

Die Finanzmärkte sind nicht ohne Risiken – auch nicht ohne geopolitische Risiken.

Im Fokus der Märkte
Von den Märkten übersehen

Der US-Wahlsommer verläuft äusserst turbulent.

Globaler Technologiekrieg

Allgemeine Weisheit

Marktfokus | Hoch

Wahrscheinlichkeit | Hoch

Beschreibung

Die USA und China verfolgen in den letzten Jahren eine gezielte Abkopplung vom Gegenüber, insbesondere im Bereich hochentwickelter und militärisch relevanter Technologien. Die USA versuchen ihren Vorsprung bei Spitzentechnologien (KI, Halbleiter, Quantencomputer) mittels diverser Instrumente (Ausfuhrkontrollen, Überprüfung von Auslandsinvestitionen) zu bewahren. Der Umfang dieser Massnahmen nimmt stetig zu (z. B. Biotechnologie). Auch in Europa werden derzeit ähnliche Massnahmen erwogen. China arbeitet an seinen eigenen Fähigkeiten und dürfte aufgrund seines Humankapitals, massiver Investitionen in Forschung und Entwicklung und seiner zentralen Koordination einige technologische Durchbrüche erzielen. Dies dürfte die

Die grosse Trump-Panik

Übersehenes Risiko

Marktfokus | Tief – Mittel

Wahrscheinlichkeit | Mittel – Hoch

Beschreibung

Verteidigen die Demokraten im November das Weisse Haus, so hätte dies an den Finanzmärkten – ganz nach dem Motto „Business as usual“ wohl keine grösseren Auswirkungen. Im Falle eines Trump 2.0 sähe es anders aus. Nur Trump droht damit, aus der NATO auszutreten, Europa, Japan und Mexiko mit hohen Zöllen zu belegen oder die Südgrenze zu militarisieren. Nur Trump übt die Befugnisse des Präsidenten so unberechenbar und aggressiv aus. Sollte er während des Wahlkampfs einen deutlichen Umfragevorsprung erzielen, droht am Aktienmarkt eine Korrektur aufgrund zunehmender politischer Unsicherheit. Nach der Wahl wäre eine Erleichterungsrallye eher die Regel als eine Ausnahme, v.a. wenn Trump wie angekündigt die Steuern senkt.

Betroffene Anlagen

• ↘ Chinesischer Renminbi

• ↘ US Investment Grade

• ↘ Asia ex-Japan Technologie

• ↗ Infrastruktur

Ängste im Westen weiter wachsen lassen und für anhaltende Spannungen und die Entwicklung paralleler, konkurrierender Technologien sorgen.

Jüngste Entwicklungen

In den USA und in Europa wächst aktuell die Sorge, dass China den Weltmarkt mit weniger sophistizierten Chips für Massenanwendungen überschwemmen wird und westliche Produzenten aus dem Markt gedrängt werden. Diese Bedenken gelten auch für andere technische Bereiche (u.a. erneuerbare Energien, Elektrofahrzeuge), in denen China dank massiver Subventionen einen Vorsprung entwickelt hat. Protektionistische Gegenmassnahmen des Westens werden immer wahrscheinlicher.

Betroffene Anlagen

• ↘ US-Staatsanleihen

• ↗ VIX-Index

• ↗ Bitcoin

• ↗ Gold

Am Anleihemarkt könnte indes Panik auftreten, wenn er die Wirtschaft zusätzlich stimuliert und das Budgetdefizit weiter in die Höhe treibt.

Jüngste Entwicklungen

Der US-Wahlsommer verläuft äusserst turbulent. Nach der desaströsen Performance von Joe Biden im TV-Duell und anschliessendem Rückzug einer weiteren Kandidatur, einem versuchten Anschlag auf Donald Trump und dem Aufstieg von Kamala Harris zu dessen Rivalin, liegt der Ex-Präsident in den Wahlumfragen und an den Wettmärkten vorn. Vorschusslorbeeren widerspiegeln sich v.a. beim Bitcoin. Die Demokraten haben das Momentum aber auf ihrer Seite. Das Rennen ist weiterhin offen.

Spannung in Ostasien

Schlagzeilen-Risiko

Marktfokus | Mittel

Wahrscheinlichkeit | Tief

Beschreibung

Die USA und China haben sich auf eine langfristige Konkurrenzbeziehung eingestellt, welche im kommenden Jahrzehnt in Südostasien eine Zuspitzung erfahren könnte. Zwar widerspiegelte das Treffen zwischen Präsident Biden und Präsident Xi im November letzten Jahres das ernsthafte Bemühen beider Seiten mehr Stabilität und eine bessere Kommunikation in die Beziehungen zu bringen. Bislang scheint es sich jedoch um ein taktisches Manöver zu handeln, nicht um eine strukturelle Veränderung der Beziehungsdynamik. Taiwan bleibt der wichtigste potenzielle Krisenherd, wie die Präsidentschaftswahlen im Januar 2024 erneut gezeigt haben. Ein Konflikt um Taiwan hätte erhebliche globale Auswirkungen, auch wenn eine militärische Es-

Russland-NATO-Konflikt

Schlagzeilen-Risiko

Marktfokus | Mittel – Hoch

Wahrscheinlichkeit | Tief

Beschreibung

Nach mehr als zwei Jahren und erfolgloser Gegenoffensive der Ukraine befindet sich der Krieg im Osten Europas womöglich an einem Wendepunkt. Ein Waffenstillstand oder eine diplomatische Lösung sind derzeit unwahrscheinlich, allerdings dürfte der Druck 2024 auf beiden Seiten zunehmen. Einerseits droht die Unterstützung des Westens für die Ukraine nachzulassen, andererseits dürfte Russlands Wirtschaft demnächst noch grössere Probleme bekommen. Das wahrscheinlichste langfristige Ergebnis ist eine politische, wirtschaftliche und militärische Pattsituation zwischen dem Westen und Russland. Sollte sich Russland in der Ukraine erfolgreich wähnen, könnte es einen Angriff auf das Baltikum oder Polen in Erwägung ziehen. Stand heute scheint

Betroffene Anlagen

• ↘ Aktien Taiwan

• ↘ Hochzinsanleihen China

• ↗ Aktien Verteidigungssektor

• ↗ Gold

kalation in naher Zukunft unwahrscheinlich ist. Die Chipindustrie Taiwans setzt bereits alle Hebel in Gang, um ihre Produktionskette und -standorte zu diversifizieren

Jüngste Entwicklungen

Biden und Xi telefonierten im April und erörterten mehrere kritische Punkte, welche die Beziehungen beider Länder überschatten (Taiwan-Frage, Chinas Unterstützung für die russische Militärindustrie, unfaire Handelspraktiken). Die Einigkeit bei niedrig hängenden Früchten (u.a. Wiedereröffnung der militärischen Kommunikationskanäle) kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor tiefes Misstrauen herrscht. Dies spiegelt sich auch im parteiübergreifenden Verbot von TikTok in den USA wider.

Betroffene Anlagen

• ↘ Aktien Russland

• ↘ Russischer Rubel

• ↗ Rohöl

• ↗ Gold

dies noch ein Szenario mit geringen Chancen zu sein, da die NATO weiterhin über ein massives Abschreckungspotenzial verfügt.

Jüngste Entwicklungen

Die US-Wahlen erhöhen die Unsicherheit über die Zukunft der NATO – ein Trump 2.0 würde womöglich geringere US-Unterstützung für das Bündnis bedeuten. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, plant NATO-Generalsekretär Stoltenberg ein fünfjähriges Hilfspaket für die Ukraine in Höhe von 100 Mrd. EUR, wobei die Kosten fairer auf alle Mitglieder verteilt werden sollen. Zudem soll die Ukraine-Hilfe künftig nicht mehr von den USA angeführt, sondern von der Allianz koordiniert werden.

Nach mehr als zwei Jahren und erfolgloser Gegenoffensive der Ukraine befindet sich der Krieg im Osten Europas womöglich an einem Wendepunkt.

Der Kampf gegen die Hamas befindet sich aus Sicht Israels in der Endphase.

Persischer Golf in Flammen

Allgemeine Weisheit

Marktfokus | Hoch

Wahrscheinlichkeit | Mittel → Mittel – Hoch

Beschreibung

Der Angriff der Hamas auf Israel war der tödlichste seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973 und hat zu einer humanitären Krise geführt. Israels scharfe militärische Antwort und entsprechende Gegenreaktionen Iran-freundlicher Gruppen im Libanon, Syrien, Irak und Jemen haben zuletzt zu einer weiteren Eskalation der Lage geführt.

U.a. haben die militanten Huthi wiederholt Schiffe im Roten Meer angegriffen, was zu erheblichen Handelsunterbrechungen führte und sich auch auf die Weltwirtschaft auszuwirken droht. Die USA haben umfangreiche militärische Massnahmen ergriffen, um auf die Angriffe der Milizen zu reagieren und die freie Schifffahrt zu gewährleisten. Die Bemühungen des Westens konzentrieren sich derzeit auf die Freilassung der israelischen

Nordkorea-Konflikt

Schlagzeilen-Risiko

Marktfokus | Mittel → Tief – Mittel

Wahrscheinlichkeit | Tief

Beschreibung

Nordkoreas setzt sein Atomprogramm in den letzten Jahren unvermindert fort, ebenso wie seine Abschottung vom Westen. Auch die friedliche Wiedervereinigung mit Südkorea als zentrales politisches Ziel wurde inzwischen aufgegeben. Im Vorfeld der US-Wahlen könnte Kim Jong Un weitere Provokationen folgen lassen, um Druck auf die USA auszuüben. Die Annäherung Nordkorea an China und Russland setzt sich derweil fort – für diese Länder ist es inzwischen einer der wichtigsten Waffenlieferanten. Ende 2023 startete Nordkorea erfolgreich seinen ersten Militärsatelliten, was die Spannungen mit dem Westen weiter verschärft. Südkorea und Japan stärken ihre Verteidigung und bauen die Beziehungen untereinander und zu den USA aus.

Betroffene Anlagen

• ↗ Rohöl

• ↗ VIX-Index

• ↗ Schweizer Franken

• ↘ US-Hochzinsanleihen

Geiseln, eine Kampfpause und eine Aufstockung der humanitären Hilfe. Eine nachhaltige Befriedigung des Konflikts scheint derzeit illusorisch.

Jüngste Entwicklungen

Der Kampf gegen die Hamas befindet sich aus Sicht Israels in der Endphase. Objektiv betrachtet ist man von einem endgültigen Sieg aber weit entfernt. Gleichzeitig droht im Norden Israels eine weitere Front eröffnet zu werden. Die Hizbullah hat die Angriffe zuletzt stetig intensiviert. Ein Krieg gegen die gut ausgebildete und stark bewaffnete Miliz im Libanon könnte das israelische Militär und die Luftverteidigung überfordern und zu einer endgültigen Eskalation der Lage im Nahen Osten führen.

Betroffene Anlagen

• ↗ Japanischer Yen

• ↘ Koreanischer Won

• ↘ Aktien Südkorea

• ↗ Industriemetalle

Das Risiko erneuter Provokationen und militärischer Aktionen durch Nordkorea nimmt zu, dennoch bleibt ein potenzieller Nordkorea-Konflikt vorerst ein „Schlagzeilen-Risiko“.

Jüngste Entwicklungen Nordkorea hat im April Tests mit Kurzstreckenraketen durchgeführt, darunter auch den Start der neuen Mittelstreckenrakete Hwasong-16B, die nach eigenen Angaben einen nuklearen Sprengkopf tragen kann. Russland nutzte im Frühjahr sein Vetorecht in der UNO, um das Expertengremium aufzulösen, das die Einhaltung der Sanktionen gegen Nordkorea überwacht. Beim Besuch Putins in Pjöngjang im Juni vereinbarten beide Länder einen „Partnerschaftsvertrag“ mit militärischer Beistandsverpflichtung.

Verheerende Cyber-Angriffe

Allgemeine Weisheit

Marktfokus | Mittel

Wahrscheinlichkeit | Hoch

Beschreibung

Mit der Verschärfung des geopolitischen Wettstreits nehmen Umfang, Ausmass und Raffinesse von Cyber-Angriffen stetig zu. Staatlich geförderte Hacker, insbesondere aus Russland und China, sind bereits mehrfach in kritische westliche Infrastrukturen wie Stromnetze, Transport- und Gesundheitssysteme sowie in die digitalen Konten von Regierungsbeamten eingedrungen und haben wichtige Schwachstellen aufgedeckt. Gross angelegte Ransomware-Angriffe auf Unternehmen zeigen auch in der Wirtschaft eine erhebliche Verwundbarkeit auf. Cyber-Aktivitäten nehmen insbesondere in Konfliktgebieten und im Vorfeld von Wahlen zu, was zu Störungen führen kann und die

Schwerwiegende Terroranschläge

Allgemeine Weisheit

Marktfokus | Mittel – Hoch

Wahrscheinlichkeit | Hoch

Beschreibung

Die Aufmerksamkeit der Finanzmärkte für das weltweite Terrorismusrisiko hat in den letzten Jahren zugenommen. Vor allem der Konflikt im Nahen Osten erhöht die Bedrohung – nicht nur in der Region, sondern auch in den USA und in Europa. Westliche Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste betrachten gewalttätige Extremisten und Einzeltäter als grösste Sorge. Al-Qaida und ISIS bauen ihre globale Reichweite weiter aus und es entstehen neue terroristische Hotspots. So zum Beispiel in der Sahelzone, wo militärische Machtübernahmen die Bemühungen des Westens im Kampf gegen den Terrorismus bedrohen. In den USA hat die Regierung Biden die Bedrohung durch den inländischen Terrorismus als ernstes Risiko hervorgehoben. Im Vor-

Betroffene Anlagen

• ↗ US-Dollar

• ↗ Schweizer Franken

• ↘ Aktien Vorsorgesektor

• ↗ Aktien IT-Sicherheit

nationalen Sicherheitsdienste unter Druck setzt, eine proaktivere Haltung einzunehmen.

Jüngste Entwicklungen

Regierungen und Organisationen arbeiten fortlaufend daran, ihre Cyber-Abwehr und Reaktionsfähigkeit zu stärken. Die stetige Evolution von Cyber-Bedrohungen, die Schwierigkeit der Zuordnung und die raschen Fortschritte in der KI machen die Ver-meidung grösserer Cyber-Angriffe zur steten Herausforderung. Im Juli legte ein fehler-haftes Update des US-Sicherheitsanbieters Crowdstrike Flugverkehr und Zahlungs-verkehr lahm. Der Markt für Cyber-Versicherungen dürfte weiter stark wachsen.

Regierungen und Organisationen arbeiten fortlaufend daran, ihre Cyber-Abwehr und Reaktionsfähigkeit zu stärken.

Betroffene Anlagen

• ↗ Deutsche Staatsanleihen

• ↗ Schweizer Franken

• ↗ Japanischer Yen

• ↘ Aktien Fluggesellschaften

feld der Präsidentschaftswahlen 2024 ist die Gefahr eines grösseren Terroranschlags in den westlichen Ländern erhöht.

Jüngste Entwicklungen

Am 22. März 2024 gab es in Moskau einen Terroranschlag, bei dem mehr als 100 Menschen ums Leben kamen. Der in Afghanistan ansässige Ableger des Islamischen Staates, ISIS-K, bekannte sich zur Tat. Wladimir Putins sorgfältig gepflegtes Image des starken Mannes wurde damit ein Schlag versetzt. Experten vermuten, dass der Kreml den Anschlag nutzen könnte, um ein hartes Durchgreifen gegen Andersdenkende zu rechtfertigen und seine autoritäre Kontrolle innerhalb Russlands zu verstärken.

Die europäische Tristesse ist eher gefühlt als tatsächlich vorhanden.

Europäische Tristesse

Eingepreistes Risiko

Marktfokus | Mittel

Wahrscheinlichkeit | Tief

Beschreibung

Die Gefahr einer Fragmentierung Europas ist in den 2020er Jahren gestiegen – Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflationsdruck und eine Wirtschaft am Rand der Rezession haben populistischen Parteien vereinzelt (z. B. Deutschland, Niederlande) temporär Rückenwind gebracht. Dennoch ist sich Europa in zentralen Fragen einig: Ausbau seiner strategischen Autonomie und Abkopplung von China, Unterstützung der Ukraine und Reform der Migration. Meinungsverschiedenheiten gibt es vor allem bei der Umsetzung und Finanzierung. Bei den Europawahlen im Juni erzielten rechte Parteien in Frankreich, Deutschland und Italien Stimmengewinne. Ein pauschaler Rechtsruck in Europa blieb aber aus. Mittelfristig könnten dennoch einige Themen den poli-

Stimmung gegen die grüne Welle

Übersehenes Risiko

Marktfokus | Tief

Wahrscheinlichkeit | Hoch

Beschreibung

Der Ukraine-Krieg hat die Energiesicherheit in den Risikorankings der Regierungen nach oben gerückt. Der Energieschock sorgt für ambitionierte Dekarbonisierungspläne in Europa in einem Wettlauf um die Führungsrolle im Bereich der sauberen Energie mit den USA. Dieser „grüne Wettbewerb“ könnte ein Katalysator für die schnellere Entwicklung von kohlenstoffarmen Technologien sein. Allerdings steht die progressive Übergangs-Agenda im Kontrast zu manch anderen nationalen Prioritäten und führt zu Unmut in immer grösseren Teilen der Bevölkerung, die über hohe Übergangskosten verärgert ist. Die grünen Parteien in Europa verlieren an Boden, was die Unzufriedenheit der Wähler widerspiegelt. Das Risiko eines Stimmungs-

Betroffene Anlagen

• ↘ Aktien Hotel & Freizeit

• ↘ Italienische Staatsanleihen

• ↗ Schweizer Franken

tischen Zusammenhalt belasten. Dazu gehört die irreguläre Migration, die im vergangenen Jahr den höchsten Stand seit 2016 erreicht hat.

Jüngste Entwicklungen

Die europäische Tristesse ist eher gefühlt als tatsächlich vorhanden. Während der Kern (v.a. Deutschland) wirtschaftsschwach ist, wachsen die Länder an der Peripherie deutlich stärker – die Konvergenz könnte die Einheit und die Stimmung gegenüber dem Euro stärken. Zwischenzeitliche Marktgewitter bleiben aber nicht aus. Die Neuwahlen in Frankreich sorgten temporär für steigende Kreditaufschläge. Das Wahlergebnis zeigt aber, dass es Beharrungskräfte gegen einen Rechtsrutsch gibt.

Betroffene Anlagen

• ↘ Industriemetalle

• ↘ Aktien erneuerbare Energien

• ↗ Aktien Vorsorgesektor

• ↗ Uran

umschwungs gegenüber der Energiewende und daraus resultierender Verzögerungen wird von den Märkten tendenziell übersehen.

Jüngste Entwicklungen

Die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC gab im April bekannt, dass sie die Umsetzung ihrer kürzlich erlassenen Offenlegungsvorschriften zu klimabezogenen Risiken und Treibhausgasemissionen aussetzen wird. Schon vor ihrer endgültigen Veröffentlichung im März wurde die neue Vorschrift von Unternehmen rechtlich angefochten. Die SEC erklärte, dass sie die neuen Anforderungen an die Klimaberichterstattung trotzdem „weiterhin energisch verteidigen“ werde.

Thema im Fokus

Small-Caps im Abseits – wie lange noch?

Small-Caps standen in den letzten zweieinhalb Jahren im Schatten der Large- und Mega-Caps. Die Phase der Underperformance könnte sich nun aber einem Ende nähern. Insbesondere in Europa ist das Chance-Risiko-Verhältnis für Anleger mit mittelfristiger Perspektive gut. Um von der Dynamik der Hidden Champions profitieren zu können, ist allerdings aktives Management nötig. Viele Star-Performer bleiben heutzutage indes der Börse fern. Doch auch an diesen privaten Wachstumsunternehmen können Anleger mittlerweile partizipieren.

Im Schatten der Grossen Small-Caps führen an den Aktienmärkten seit geraumer Zeit ein Schattendasein. Der Investment-Case für diese Aktienkategorie, welcher u.a. auf der langfristig abschöpfbaren Small-Cap-Prämie und den grösseren Alpha-Opportunitäten bei den „kleinen“ Aktien basiert, hat bei Anlegern in den letzten zweieinhalb Jahren nicht verfangen. Diese steckten ihr Kapital lieber in die „Magnificent Seven“ in den USA oder die europäischen GRANOLAS. Bei den vermeintlichen „Hidden Champions“ der Aktienwelt musste man die gute Performance hingegen sprichwörtlich mit der Lupe suchen. Genaugenommen stellt die Schwäche der Kleinen gegenüber den Grossen seit November 2021 (dem zyklischen Hoch in den Small-Cap-Indizes) eine der grössten Performancediskrepanzen in der Historie dar – in den USA beträgt die Underperformance der Small-Caps in diesem Zeitraum mehr als 20%, in Europa gar rund 30%.

Begründet wird die schwache Vorstellung aber nur zum Teil durch das KI-Fieber und das Motto „Big is beautiful“. Sie hat daneben auch fundamentale Ursachen. So waren die zyklischeren Small-Caps von der wirtschaftlichen Schwäche der letzten Quartale (insbesondere in Europa), den gestiegenen Zinsen und dem zwischenzeitlichen Überschiessen der Inflation stärker betroffen als die Large-Caps. Unter dem Strich stand daher auch ein merklich geringeres Gewinnwachstum. Inzwischen wurde diese Realität aber mehr als eingepreist, denn die Bewertungen der kleinen Titel sind seit Anfang 2022 um mehr als 30% gefallen.

Zyklische Anlagechance Tatsächlich müssen Small-Caps heute objektiv betrachtet als wahres (relatives) Schnäppchen betrachtet werden. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis sind sie in Europa gegenüber den Large-Caps so günstig wie zu den dunkelsten Zeiten der Finanzkrise 2008/2009. Aus der in „normalen“ Zeiten zu beobachtenden und durch höheres Wachstum gerechtfertigten Bewertungsprämie der europäischen Small-Caps ist im letzten Jahr mittlerweile ein kleiner Discount geworden. In den

Im Hintertreffen | Anhaltende Performance-Lücke zwischen Klein und Gross Performance von Small- und Large-Cap-Indizes

Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank

Big is beautiful… | …vor allem bei US-Wachstumsaktien

Small vs. Large am US-Aktienmarkt

Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank

USA gibt es diesen bereits seit drei Jahren. Selbst dann, wenn man die teuren Big-Tech-Aktien herausrechnet.

Allein das „Billig“-Argument ist an den Finanzmärkten jedoch nie ein guter Grund zum Kaufen. Nicht selten sind Anlagen nämlich mit gutem Grund günstig bewertet. Oft stellt sich eine erhoffte Opportunität im Nachhinein als „Value-Trap“ heraus.

Mit der Notenbank im Rücken | EZB-Zinssenkung = Einstiegssignal

Small vs. Large am europäischen Aktienmarkt (nach erster EZB-Zinssenkung)

Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank

US-Small-Caps sind in Wahljahren… | …oft eine gute Wahl

Small vs. Large am US-Aktienmarkt (in Wahljahren)

Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank

Im Vergleich zu den Large-Caps arbeitet zudem ein grösserer Teil der Unternehmen unprofitabel.

Mit Blick auf die Small-Caps lassen sich denn auch auf die Schnelle so einige Makel erkennen, welche die tiefen Bewertungen erklären können: In der Regel sind die kleinen Unternehmen höher und zinssensitiver verschuldet und haben tiefere Gewinnmargen. Im Vergleich zu den Large-Caps arbeitet zudem ein grösserer Teil der Unternehmen unprofitabel. Hinwegschauen konnten Anleger in der Vergangenheit über diese Kritikpunkte stets dann, wenn sie durch entsprechend hohe Wachstumsraten wettgemacht wurden. Genau eine solche Erholung der Unternehmensgewinne könnte nun bevorstehen. Just in dem Moment, wo die Investoren ihre Gewinnerwartungen drastisch reduziert haben und sie stark unterinvestiert sind, bestehen gute Chancen, dass Small-Caps in den kommenden Quartalen zum Turnaround ansetzen.

Für eine Wende zum Besseren spricht eine Kombination mehrerer Faktoren. Viele Small-Caps sind inzwischen so günstig bewertet, dass sie zusehends das Interesse von strategischen Käufern (z.B. grösseren Unternehmen oder Private-Equity-Managern) auf sich ziehen. Der aktuell wieder anziehende Markt für

M&A-Transaktionen beflügelt bei kleinen börsennotierten Unternehmen die Kursfantasie. Zusätzlich positiv zu werten ist besonders mit Blick auf Europa die anziehende Wirtschaftsdynamik, von der die typischerweise mit grösserem Fremdkapitalhebel arbeitenden Small-Caps überdurchschnittlich profitieren sollten. Nicht zuletzt ist der Höhepunkt der restriktiven Geldpolitik mittlerweile überschritten. Einige grosse Notenbanken haben bereits eine erste Zinssenkung vorgenommen. Das Finanzierungsumfeld für kleinere Unternehmen dürfte sich demnächst tendenziell weiter entspannen. Gerade bei europäischen Aktien war der Auftakt zu einem neuen Zinssenkungszyklus in der Vergangenheit das Signal für einen bevorstehenden Favoritenwechsel hin zu den Small-Caps. (Disclaimer: Die Anzahl der Beobachtungen liegt in diesem Fall bei nur 3 in den letzten 25 Jahren.)

Auch mit Blick auf die USA gibt es ermunternde Zahlen: Konkret haben die Small-Caps in Wahljahren seit 1992 dort im Median rund 9% outperformt. Abgesehen von dieser ebenfalls eher dünnbodigen Statistik (nur 8 Beobachtungpunkte) sind die unmittelbaren Perspektiven bei den amerikanischen Small-Caps im Vergleich mit Europa jedoch etwas weniger positiv. Die Konjunkturdynamik dürfte sich eher etwas abschwächen, während die Fed den ersten Zinsschritt weiter hinauszögert. Zudem hängt ein Führungswechsel weg von Large hin zu Small in den USA nicht zuletzt auch davon ab, wie lang die KI-Manie noch anhält. Dies lässt sich unmöglich perfekt timen. Die Psychologie der Anlegermassen ist unberechenbar. Einige Argumente, die inmitten der Euphorie zugunsten von Large-Caps im Allgemeinen und Big Tech im Speziellen angeführt werden, sind spätestens auf den zweiten Blick aber wenig belastbar:

• Large-Caps sind Profiteure der KI: Grosse Unternehmen verfügen zwar über mehr Ressourcen und Kapital, um vom Megatrend Künstliche Intelligenz zu profitieren. Dennoch waren es in der Vergangenheit stets die kleineren Herausforderer, die von tektonischen technologischen Veränderungen am meisten profitiert haben. Oft sind die Grossen weniger adoptions- und wandlungsfähig. Zudem betreffen Innovationen meist nur einen Teil ihres Geschäfts.

• Large Caps haben einen kompetitiven Vorteil: Tatsächlich profitieren grosse Unternehmen nicht nur von Skaleneffekten. Auch andere Megatrends machten Large-Caps in den letzten zwei Jahrzehnten zu den Gewinnern: die Globalisierung, der Aufstieg von China, das Phänomen „Big Tech“ und strukturell sinkende Zinsen. Nach vorne blickend dürfte die Realität für die Grossen aber weitaus weniger zuträglich sein. Deglobalisierung und Reshoring könnten sich für sie als besonders disruptiv erweisen. Auch höhere Steuern und/oder mehr Regulierung (z.B. in den Branchen Technologie, Telekom, Versorgung, Energie und Gesundheit) aufgrund zusehends populistisch agierender Regierungen dürften besonders die Large-Caps negativ tangieren.

• Das Wachstum passiver Anlagen macht LargeCaps-Outperformance zur selbsterfüllenden Prophezeiung: Im letzten Jahrzehnt haben Large-Caps vom Aufstieg des passiv verwalteten Anlagevermögens (ETFs) stark profitiert. Inzwischen ist die Kursentwicklung der grossen Titel allerdings auch stark von ebendiesem Kapital abhängig. Im nächsten Wirtschaftsabschwung könnten die weniger von den Fundamentaldaten und eher von den Anlegerlaunen getriebenen passiven Kapitalflüsse für proportional grössere Verluste und mehr Volatilität bei den Large-Caps sorgen.

Sollte die KI-Phorie enden und es zu einer Kehrtwende kommen, könnte dies durchaus abrupt geschehen. Die letzten Wochen geben auf eine solche Entwicklung einen Vorgeschmack und waren möglicherweise bereits der Startschuss für eine grössere Rotation.

Die Small-Cap-Prämie… Orientiert man sich an den vorherigen Zyklen, hätte eine allfällige neue Outperformance-Phase der SmallCaps gegenüber den Large-Caps mittelfristig ein Alpha-Potential von mindestens 20-30%. Über den mittelfristigen Zeithorizont hinaus stellt sich die Situation hingegen anders da. Denn die Rahmenbedingungen am Kapitalmarkt haben sich für kleinere Unternehmen (und deren Aktionäre) in den letzten Jahren grundlegend geändert.

Über Jahrzehnte war die bei Small-Caps abschöpfbare Prämie ein empirisch nachweisbares „Naturgesetz“. Eugene Fama und Kenneth French gingen diesem 2006 auf die Spur1. Sie fanden heraus, dass die strukturelle Outperformance der kleinen Aktien gegenüber den grossen Aktien nur auf einige wenige Titel zurückzuführen ist. Diese erlebten so drastische Kurssteigerungen, dass sie von Small-Caps zu Mid-Caps und später zu Large-Caps wurden – ein Phänomen, das Fama und French als „Migration“ bezeichneten. Klammert man diese Migration aus und bereinigt die Statistik um den Faktor Bewertung, dann wird aus der Small-Cap-Outperformance jedoch eine Underperformance. Begründung: Kleine Unternehmen gehen typischerweise öfters bankrott oder werden von anderen aufgekauft. Und selbst wenn sie „überleben“, haben sie grösstenteils eine tiefere Performance als die grossen Unternehmen.

Den Unterschied machen also nur eine wenige, dafür aber umso erfolgreichere Unternehmen, die aus der Unterklasse des Aktienmarkts in die Champions-League aufsteigen. Anleger, die auf Small-Caps setzen, kaufen in diesem Sinne Lotteriescheine – in der Hoffnung, dass einige von ihnen den Jackpot knacken. Allerdings gibt es in den letzten 20 Jahren zusehends weniger Gewinnerlose. Die Migration zwischen den Aktiengrössenklassen

Wenige Star-Performer… | …erklären die historische Small-Cap-Prämie Performance-Dekomposition (Zeitraum Juni 1927 bis Juni 2006) US-Aktienmarkt

Partner Privatbank

hat seit der Jahrtausendwende um die Hälfte abgenommen. Immer weniger der kleinen börsennotierten Unternehmen werden gross genug für den Aufstieg und bleiben stattdessen permanent im Small-Cap-Universum. Die Small-Cap-Prämie hat viel von ihrem Zauber verloren.

…wird ausgehebelt

Den Mangel an Star-Performern bei den Small-Caps gibt es nicht, weil es heutzutage keine Unternehmer (oder Visionäre) mehr gäbe, die erfolgreiche und angriffslustige Firmen aufbauen könnten. Ganz im Gegenteil: Die Anzahl an jungen Unternehmen wächst beständig2 und das Ökosystem für Wachstumsunternehmen ist so lebhaft, dynamisch und ausgereift wie nie zuvor. Allerdings gehen immer weniger dieser kleinen, schnell wachsenden Unternehmen an die Börse. Während ein IPO vor dem Jahr 2000 noch die Regel war, erfolgt der „Exit“ für Risikokapitalgesellschafter (VCs) inzwischen in 9 von 10 Fällen über den Verkauf an einen strategischen Käufer oder ein konkurrierendes Unternehmen. Big Tech hat zu dieser Entwicklung massgeblich beigetragen. Seit Mitte der 2000er Jahre sind die grössten (US-)Technologieunternehmen praktisch permanent auf Shoppingtour und haben Hunderte kleine Firmen akquiriert. Für die meisten Startups sind die Kaufofferten der Grossen nur zu verlockend. Anstatt riskantem und teuren Wettbewerb winken ein riesiger Distributionskanal, massives Kundenwachstum und grosses Ertragspotential. Einige der besten Jungunternehmen der vergangenen 20 Jahre sind nicht zuletzt deswegen in den Händen von Alphabet (Android, Youtube, Fitbit), Amazon (Twitch), Apple (Beats Music), Meta (Whatsapp, Instagram) oder Microsoft (Skype, LinkedIn) gelandet. Wären diese Übernahmen nicht erfolgt, hätten sich viele dieser Unternehmen zu erfolgreichen Small-Cap-Aktien und schliesslich zu Large-Cap-Aktien entwickelt. Die grossen Technologieunternehmen eliminierten auf diese Weise nicht nur Konkurrenten, die ihre Monopolmacht bedrohten. Zugleich schöpften sie das Wachstum ab, das in der Vergangenheit nach frühen IPOs den Small-Cap-Investoren zugutegekommen wäre.

Über Jahrzehnte war die bei Small-Caps abschöpfbare Prämie ein empirisch nachweisbares „Naturgesetz“.

Quellen: E.F. Fama und K.R. French (2007), Kaiser

IPOs sind nur ein Nebenschauplatz | Die Musik spielt am Privatmarkt

Anzahl der Exits von mit Venture-Capital finanzierten Unternehmen

Quellen: National Venture Capital Association, Kaiser Partner Privatbank

Zu gross für den Small-Cap-Index | Das durchschnittliche Tech-IPO ist heute ein Large-Cap

Bewertung von Tech-IPOs im Verhältnis zur Bewertungs-Obergrenze des Russell 2000 Index

Durchschnitt Median

Quellen: National Venture Capital Association, Kaiser Partner Privatbank

Ein Markt für Stock-Picker | Die Qualität von Small-Caps nimmt ab Eigenkapitalrendite

Auch Gründer, die den grossen Checks der Tech-Riesen widerstehen können, bleiben der Börse heutzutage gern absichtlich fern. Dies nicht nur, weil eine private Firma weniger Compliance-Kosten und Kontrolle sowie schnellere Entscheidungswege bedeutet. Selbst aus Finanzierungsperspektive ist ein IPO im Gegensatz zu früher nicht mehr nötig. Denn der private Kapitalmarkt

ist so breit und tief, dass Wachstumsunternehmen auch so zu massiver Grösse skaliert werden können. Das grösste amerikanische Unternehmen in Besitz von Venture-Capital-Firmen – das Raumfahrtunternehmen SpaceX – ist inzwischen mehr als 40 Mal grösser als die Bewertungs-Obergrenze des US-Small-Cap-Index Russell 2000. Im Falle eines Börsengangs stünde es aktuell in etwa auf Platz 40 der grössten börsennotierten Unternehmen in den USA – noch vor Weltkonzernen wie American Express, Pfizer und IBM.

Viele erfolgreiche Unternehmen machen auch heutzutage irgendwann ein IPO. Jedoch zählen sie dann meist bereits zu den Large Caps. Tech-IPOs waren in den letzten Jahren beispielsweise rund 50% grösser als die grössten Small-Caps im Russell 2000 Index. Noch Ende der 1990er Jahre waren sie nur ein Fünftel so gross. Generell ist die Bedeutung von Small-Caps für den IPO-Markt mit den Jahren stetig geringer geworden. Während Börsengänge mit einem Emissionserlös von weniger als 100 Millionen US-Dollar in den 1990er Jahren noch 27% des insgesamt aufgenommenen Kapitals ausmachten, ist ihr Anteil seit 2000 (inflationsbereinigt) auf 7% geschrumpft3. Für Small-Cap-Anleger haben diese Entwicklungen signifikante Folgen. Während sie mit Unternehmen wie Amazon (948%) und Nvidia (557%) in deren Small-Cap-Phase massive Überrenditen gegenüber dem S&P 500 Index erzielen konnten, waren solche Gewinne bei der nächsten Generation von Unternehmen wie Meta, Alphabet und Tesla nicht mehr möglich. Diese Titel gehörten bereits vom ersten Handelstag an zu den grosskapitalisierten Aktien. Von ihrem Wachstum im früheren Stadium profitierten allein die privaten Kapitalgeber.

Resterampe oder Hidden Champions?

Da viele der besten Unternehmen mittlerweile das Universum der börsennotierten Small-Caps umschiffen, drohen sich in den Small-Cap-Indizes zusehends die eher schlechteren Firmen zu sammeln: Unternehmen mit schwachen Fundamentaldaten oder solche mit nicht skalierbaren Geschäftsmodellen. Genaugenommen war die durchschnittliche Qualität von Small-Caps – z.B. gemessen an der Eigenkapitalrendite – schon immer niedriger als die von Large-Caps. Jedoch ist diese Qualitäts-Lücke in den letzten zwei Dekaden zusehends grösser geworden. Dies nicht allein aufgrund der fundamentalen Stärke der Large-Caps. Gemäss einer Analyse von Verdad Capital4 hat auch die Profitabilität frisch börsennotierter Small-Caps abgenommen. Angesichts der Fülle attraktiverer Finanzierungsalternativen entscheiden sich für einen Börsengang als Small-Cap fast nur noch solche Unternehmen, die keine andere Möglichkeit haben. Small-Cap-Indizes leiden heute daher unter dem Problem der adversen Selektion. Und Small-Cap-Anleger laufen Gefahr am Ende den metaphorischen Mülleimer des Aktienmarkts in den Händen zu halten.

Dieses Risiko besteht vorderhand für jene Anleger, die passiv mittels ETFs in Small-Caps investieren. Für aktiv gemanagte Small-Cap-Strategien gibt es hingegen auch über den zyklischen Mittelfristhorizont hinaus gute Perspektiven. Akademische Studien zeigen, dass viele Faktoren und Ineffizienzen am Aktienmarkt im Bereich der Small-Caps besonders ausgeprägt sind – nicht zuletzt, weil diese nicht im Rampenlicht stehen und von weniger Analysten beobachtet werden. Auch die grosse Streuung bei der Qualität der Unternehmen ist für erfahrene Portfoliomanager nicht unbedingt problematisch, sondern vielmehr eine Quelle für signifikantes „Alpha“. Gerade in Nischenmärkten wie der Schweiz existieren leicht übersehbare Hidden Champions. Die Kaiser Partner Privatbank hat sich dank ihrer Nähe zu diesem Markt im letzten Jahrzehnt eine starke Expertise im Bereich der Schweizer Small- und Mid-Caps aufgebaut. Mit einer annualisierten Rendite von 11.4% und einer Outperformance von 5.5% gegenüber dem

Referenzindex SPI Schweiz hat der Anfang 2016 lancierte „Swiss Stocks Basket“ nachhaltig Mehrwert für unsere Kunden erzielt. Auch an den – nicht börsennotierten – Large-Caps der Zukunft können Kunden der Kaiser Privatbank inzwischen partizipieren. Im Rahmen unserer Private Markets Solution ermöglichen wir den Zugang zu privaten Unternehmen im Bereich Venture Capital und Growth Equity.

1 Eugene F. Fama und Kenneth R. French, “Migration,” Financial Analysis Journal, 63-3, (48-58), 2007

2 Craig Doidge, G. Andrew Karolyi and Rene M. Stluz, “The U.S. Listing Gap,” Journal of Financial Economics, 123-3, (464-487), 2017

3 Marshall Lux und Jack Pead, “Hunting High and Low: The Decline of the Small IPO and What To Do About It,” M-RCBG Associate Working Paper Series No. 86, 2018

4 The Quality of New Entrants,” Verdad Capital, December 2023

*annualisiert

per 31. Juli 2024

Die letzte Seite Anlageklassen

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Herausgeberin: Kaiser Partner Privatbank AG Herrengasse 23, Postfach 725 FL-9490 Vaduz, Liechtenstein HR-Nr. FL-0001.018.213-7

T: +423 237 80 00, F: +423 237 80 01 E: bank@kaiserpartner.com

Redaktion: Oliver Hackel, Senior Investment Strategist Roman Pfranger, Head Private Banking & Investment Solutions

Design & Druck: 21iLAB AG, Vaduz, Liechtenstein

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