April 2023

Dank schnellem Eingreifen von Notenbanken und Aufsichtsbehörden konnte eine waschechte Bankenkrise bisher aber verhindert werden
April 2023
Dank schnellem Eingreifen von Notenbanken und Aufsichtsbehörden konnte eine waschechte Bankenkrise bisher aber verhindert werden
Bankenschocks schüren Wachstumssorgen
Die nachgelagerten Effekte der restriktiveren Geldpolitik haben sich in den letzten Wochen drastisch bemerkbar gemacht. Dank schnellem Eingreifen von Notenbanken und Aufsichtsbehörden konnte eine waschechte Bankenkrise bisher aber verhindert werden. Zwar haben Stimmungsindikatoren wie der Ifo-Index und die Einkaufsmanagerindizes und harte Daten wie die US-Arbeitsmarktzahlen zuletzt eher positiv überrascht. Die Gefahr eines geldpolitischen Fehlers ist aber noch nicht gebannt.
Rotationen unter der Oberfläche
sion betrifft den Energieverbrauch und die Energiepolitik in Europa. Zwar werden in der kurzen Frist mehr fossile Brennstoffe genutzt als wünschenswert. Längerfristig dürften die Preissignale an den Energie- und Rohstoffmärkten aber zu einer Beschleunigung der europäischen grünen Wende führen.
Japan – Zeit für einen Trade?
Unter der Oberfläche rotierte es heftig
Im nachrichtengeladenen März haben sich die Aktienmärkte trotz Banken- und Vertrauenskrisen sehr robust gezeigt. Unter der Oberfläche rotierte es heftig – während US Small- und Micro Caps zuletzt nahe ihres 52-Wochen-Tiefs notierten, schwang sich der Technologieindex Nasdaq auf ein 7-Monats-Hoch herauf. Positive und negative Treiber halten sich derzeit in etwa die Waage, so dass die Tendenz bei Aktien vorerst „seitwärts“ lauten könnte. Anleihen und Cash sind in diesen volatilen und unsicheren Zeiten mehr denn je eine valable Anlagealternative.
Der Markt gibt die Richtung vor Der Ukraine-Konflikt hat vielfältigste Auswirkungen auf Gesellschaft, Umwelt und Politik. Eine wichtige Dimen-
Japan gehört unter den globalen Aktienmärkten zu den Exoten. Anleger waren angesichts der meist enttäuschenden Performance in den letzten Jahr(zehnt) en gut beraten Engagements im Land der aufgehenden Sonne auf ein Minimum zu beschränken. Eine geldpolitische Wende der Bank of Japan sowie ein stärkerer Yen könnten in den kommenden Monaten aber ein seltenes Zeitfenster der taktischen Opportunität bieten.
Wasserstoff – Stoff der Zukunft
Ob grün, blau oder gelb – Unternehmen und Regierungen werden ihre immer anspruchsvolleren Netto-Null-Ziele nur mit dem umfangreichen Einsatz von sauberem Wasserstoff erreichen können. Das erste und kleinste Element im Periodensystem dürfte in den nächsten Jahrzehnten grossen Auftrieb erhalten. Der Megatrend „Wasserstoff“ erfordert milliardenschwere Investitionen und bietet Anlegern langfristig interessante Chancen.
„Until something breaks“ – in der Vergangenheit hat die US-Notenbank die Leitzinsen stets so lange erhöht, bis das restriktivere geldpolitische Umfeld an den Finanzmärkten oder in der Realwirtschaft Opfer forderte. Im aktuellen Zyklus waren es im Herbst letzten Jahres zuerst britische Pensionsfonds, denen höhere Zinsen und fallende Anleihepreise Probleme bereiteten. In den letzten Wochen traf es nun die Banken. Die Silicon Valley Bank musste Milliardenverluste bei ihren Wertpapierpositionen realisieren und kurz darauf schliessen. Auch das überraschend schnelle Ende der Credit Suisse ist letztlich eine indirekte Folge des rasant gestiegenen Zinsniveaus. Demnächst könnte die kräftigste geldpolitische Wende seit 40 Jahren weitere Bruchstellen aufzeigen. Der Immobilienmarkt und die privaten Anlagemärkte (u.a. Venture Capital) gehören zu den vulnerablen Kandidaten und zeigen vereinzelt bereits Schwächezeichen.
Der negative Effekt auf das Wirtschaftswachstum dürfte sich in den USA und Europa jeweils auf 0.2% bis 0.4% belaufen
Die nachgelagerten Effekte der restriktiveren Geldpolitik haben sich in den letzten Wochen drastisch bemerkbar gemacht. Dank schnellem Eingreifen von Notenbanken und Aufsichtsbehörden konnte eine waschechte Bankenkrise bisher aber verhindert werden.
Bankenschocks schüren Wachstumssorgen
Die nachgelagerten Effekte der restriktiveren Geldpolitik haben sich in den letzten Wochen in drastischer Form bemerkbar gemacht. Anfang März kollabierten die Silicon Valley Bank und die Signature Bank in den USA, zwei Wochen später musste die Schweizer Credit Suisse eine Zwangsehe mit der UBS eingehen um ein noch schlimmeres Ende zu verhindern. Zwar dürfte die Ansteckung weiterer Institute aufgrund des schnellen Eingreifens von Notenbanken und Aufsichtsbehörden vermieden werden. Eine negative Folge der jüngsten Bankenkrise dürfte beiderseits des Atlantiks aber eine Kreditverknappung sein. Das in den vergangenen Monaten ohnehin schon schwieriger gewordene Refinanzierungsumfeld dürfte für viele Unternehmen noch härter werden. Der negative Effekt auf das Wirtschaftswachstum dürfte sich in den USA und Europa jeweils auf 0.2% bis 0.4% belaufen.
Notenbanken werden höchst flexibel Trotz Bankenschocks haben die Notenbanken im März weitere Zinserhöhungen vorgenommen. Nach Schritten von 25bp (Fed und Bank of England) beziehungsweise 50bp (EZB und SNB) sind die weiteren Zinspfade jedoch äusserst unsicher. Zwar ist die Inflationsgefahr noch nirgends völlig gebannt, die Notenbanker müssen
Geldschleusen wieder auf | Jäher Unterbruch des Quantitative Tightening Bilanzsumme der Fed, in Milliarden US-Dollar
nun jedoch den dämpfenden Effekt der Bankenkrise auf Kreditvergabe und Sentiment in ihren weiteren Kurs mit einbeziehen. Daher verzichteten die Notenbanken zuletzt weitgehend auf eine „Forward Guidance“ und dürften ihre nächsten Schritte von den Entwicklungen der kommenden Wochen abhängig machen. Die Zinserwartungen an den Finanzmärkten waren in letzter Zeit äusserst volatil und preisen jüngst wieder auf deutliche Zinssenkungen der Fed in der zweiten Jahreshälfte ein. Damit es so kommt, müssten sich die Makrodaten aus unserer Sicht jedoch zunächst massiv verschlechtern.
Gefahr eines geldpolitischen Fehlers nicht gebannt In allen wichtigen Währungsräumen befindet sich das Zinsniveau inzwischen im restriktiven Bereich. Die Lehre der letzten Wochen ist einmal mehr jene, dass Geldpolitik mit einer zeitlichen Verzögerung in der Realwirtschaft ankommt. Zwar haben Stimmungsindikatoren wie der Ifo-Index und die Einkaufsmanagerindizes und harte Daten wie die US-Arbeitsmarktzahlen zuletzt eher positiv überrascht. Dennoch scheint eine sanfte Landung insbesondere in den USA nur dann noch möglich, wenn die Geldpolitik nun unmittelbar auf die Seitenlinie tritt und die weiteren Auswirkungen der bisherigen Zinserhöhungen erst einmal beobachtet.
Der Ukraine-Konflikt hat vielfältigste Auswirkungen. Eine Dimension betrifft Energieverbrauch und -politik. Zwar werden in der kurzen Frist mehr fossile Brennstoffe genutzt als wünschenswert. Längerfristig dürften die Preissignale an den Energie- und Rohstoffmärkten aber zu einer Beschleunigung der grünen Wende führen.
Der Ukraine-Konflikt und die massive Reduktion russischer Gaslieferungen (von 45% auf 9% aller EU-Gasimporte) war für Europa mindestens ein doppelter Schock. Zu einen haben rasant gestiegene Energiekosten die Eurozone an den Rand einer Rezession getrieben. Zum anderen wurde die Politik gezwungen die grüne Wende zu beschleunigen. Auch wenn der Preis für europäisches Erdgas von einem Hoch oberhalb von 300 EUR/MWh inzwischen auf gut 40 EUR/ MWh gefallen ist, liegt er noch immer rund doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2020. Dauerhaft erhöhte Preise sowie relative Preisverschiebungen zwischen verschiedenen Energiequellen und neue politische Initiativen dürften Energiemärkte und Volkswirtschaften künftig merklich verändern. Ein zurück zur Situation vor dem Krieg (und zur Abhängigkeit von Russland) wird es nicht geben.
Der Markt gibt die Richtung vor
Die Lehren aus der Vergangenheit sind eindeutig: Preissignale erzielen eine Wirkung – wenn etwas teuer ist, wird es weniger konsumiert. Nach dem rapiden Anstieg der Ölpreise 1973/74 und erneut 1979/80 haben die Industrieländer ihren Energieverbrauch dramatisch reduziert. 2021 verbrauchte Europa nur 1.2% mehr Energie als 1978, obwohl sich die Wirtschaftsleistung seither verdoppelt hat. Nach der durch den Ölschock erzwungenen Anpassung von Angebot und Nachfrage gingen die Rohölpreise wieder deutlich zurück. Eine ähnliche Dynamik (leicht abgewandelt) ist nach dem aktuellen Energie- bzw. Gaspreisschock zu erwarten. Kurzfristig dürfte weiterhin Gas eingespart
sowie durch Öl und Kohle ersetzt werden. Längerfristig sollten hohe Preise für fossile Energieträger, politische Initiativen und grösszügige Subventionen indes den Übergang zu sauberen, grüneren und nachhaltigeren Energiequellen beschleunigen. In den USA stehen dafür im Rahmen des Inflation Reduction Acts 370 Milliarden US-Dollar bereit. Europa wird dem nicht nachstehen. Unterstützt werden dürfte der Prozess wiederum von den Signalen des Marktes. Da sich die Produzenten fossiler Energieträger der grünen Wende bewusst sind, werden sie sich vor grösseren langfristigen Investitionen in die Erschliessung neuer fossiler Quellen hüten. Dies dürfte deren Preise auf erhöhtem Niveau belassen, was umso mehr Anreize für die grüne Transition mit sich bringt.
Es muss erst schlechter werden, bevor es besser wird Deutschland ist das beste Beispiel dafür. Von Putin auf dem falschen Fuss erwischt, musste die deutsche Regierung in diesem Winter wieder verstärkt auf Stein- und Braunkohle zurückgreifen, um die Gefahr von Energieengpässen zu bannen. Doch um die zusätzlichen Emissionen auszugleichen, hat Deutschland seinen Kohleausstieg vorgezogen. Es will die Nutzung von Braunkohle in Westdeutschland nun bis 2030 und nicht erst 2038 beenden. Ausserdem wird geprüft wie die Kohleverstromung für das gesamte Land vor dem Zieljahr 2038 beendet werden kann. Nach einem wahrscheinlichen Anstieg der CO²-Emissionen über die Zielvorgaben hinaus in den nächsten Jahren, könnten die Emissionen Deutschlands noch vor Ende dieses Jahrzehnts unter den Pfad sinken, der vor dem Ukraine-Kriegs wahrscheinlich schien.
Längerfristig sollten hohe Preise für fossile Energieträger, politische Initiativen und grösszügige Subventionen indes den Übergang zu sauberen, grüneren und nachhaltigeren Energiequellen beschleunigen
Es will die Nutzung von Braunkohle in Westdeutschland nun bis 2030 und nicht erst 2038 beenden
US Small- und Micro Caps notierten zuletzt nahe ihres 52-Wochen-Tiefs
Im nachrichtengeladenen März haben sich die Aktienmärkte trotz Banken- und Vertrauenskrisen sehr robust gezeigt. Positive und negative Treiber halten sich derzeit in etwa die Waage, so dass die Tendenz bei Aktien vorerst „seitwärts“ lauten könnte. Anleihen und Cash sind in diesen volatilen und unsicheren Zeiten mehr denn je eine valable Anlagealternative.
Asset Allocation Monitor
Liquidität Aktien
Festverzinsliche Anlagen
Staatsanleihen
Unternehmensanleihen
Mikrofinanz
Inflationsbasierte A.
Hochzinsanleihen
Schwellenländeranleihen
Versicherungsbasierte A.
Wandelanleihen
Global
Schweiz
Europa
Grossbritannien
USA
Schwellenländer
Alternative Anlagen
Gold
Immobilien
Laufzeiten Hedgefonds
Währungen
US-Dollar
Schweizer Franken
Euro
Britisches Pfund
Aktien: Rotationen unter der Oberfläche
• Im nachrichtengeladenen März haben sich die Blue-Chip-Indizes trotz Bankenpleiten in den USA, Bankenzwangsehe in der Schweiz und Sorgen um die in den Bankbilanzen schlummernden Risiken sehr robust gezeigt. Unter der Oberfläche waren in den vergangenen Wochen allerdings grössere Rotationen zu beobachten. US Small- und Micro Caps notierten zuletzt nahe ihres 52-Wochen-Tiefs, während sich der Technologieindex Nasdaq auf ein 7-Monats-Hoch aufschwang. Ursache für den Favoritenwechsel ist neben der Bankenkrise vor allem der deutliche Rückgang bei den Anleiherenditen, welcher Aktien mit hoher Duration wieder attraktiver macht.
• Tiefere Renditen aufgrund einer baldigen Kehrtwende der Fed und/oder einer deutlichen Konjunkturabschwächung – und somit auch tiefere Diskontierungsfaktoren – würden den Druck auf die Bewertungen von Aktien reduzieren. Jedoch ergibt sich daraus noch nicht zwingend nachhaltiges Aufwärtspotential. Denn die Gewinne der Unternehmen dürften in den nächsten Monaten weiter unter Druck bleiben. Die Gewinnrevisionen
Strukturierte Produkte
Private Equity
Scorecard - +
Konjunktur
Geld- und Fiskalpolitik
Unternehmensgewinne
Bewertung
Trend
Anlegerstimmung
waren zuletzt konstant negativ und die Konsensgewinnschätzungen sind unserer Meinung nach weiterhin zu optimistisch. Auch mit Blick auf die niedrigen Aktienrisikoprämien (Gewinnrendite minus Anleiherendite) sind Aktien momentan nicht sonderlich attraktiv. Da sichere Geldmarktanlagen derzeit 3% bis 5% Rendite versprechen ist die Attraktivitäts-Hürde für Aktien so hoch wie lange nicht mehr.
• Ein starker Abverkauf und ein erneuter Test der letztjährigen Tiefstände ist – zumindest unmittelbar – aktuell trotzdem nicht das wahrscheinlichste Szenario. Aus technischer Sicht sind einige Marktsegmente kurzfristig überverkauft und das Senti-
ment aus antizyklischer Sicht fast schon wieder zu negativ. Trendfolgende Strategien (CTAs) sind in Aktien ebenso untergewichtet wie Fondsmanager. Letztere sind gemäss Umfrage der Bank of America besonders gegenüber US-Titeln negativ eingestellt, am positivsten sind sie gegenüber „Cash“.
Anleihen: Cash is King – Version 2.0
• Nach dem Aus von Silicon Valley Bank und Signature Bank erhielt das Motto „Cash is King“ im März nochmals eine ganz neue Bedeutung. Viele Bankkunden fragten sich, ob ihr Geld bei den Regionalbanken noch sicher sei. Gewinner dieser Vertrauenskrise waren einerseits die grossen WallStreet-Banken sowie Geldmarktfonds. Letztere sammelten allein im März mehr als 300 Milliarden US-Dollar an neuen Anlegergeldern ein. Auch in Europa nimmt die Attraktivität von „Cash“ stetig zu. Zwar verliert man am Geldmarkt nach Abzug der Inflation noch immer merklich an Kaufkraft. In
Zeiten erhöhter Unsicherheit lässt sich dort aber vorübergehend nicht alloziertes Anlagekapital zu akzeptablen Konditionen parken. Auch langlaufende Anleihen rentierten im letzten Monat wieder positiv. Nachdem die 10-jährigen Staatsanleiherenditen am tonangebenden US-Markt bei der 4%-Marke ein Doppeltop gebildet haben, könnte das absolute Rendite-Hoch nun besiegelt sein. Wir betrachten Staatsanleihen als geeigneten Schutz für ein Rezessionsszenario, welches mit den jüngsten Bankenturbulenzen und angesichts der weiterhin restriktiven Fed-Politik wahrscheinlicher geworden ist. Auch aus Diversifikationssicht ist die Anlageklasse wieder interessanter. Bei einer geldpolitischen Kehrtwende der Notenbanken dürfte die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen nämlich wieder negativ werden – Kursverluste bei Aktien würden dann (im Gegensatz zur Situation im letzten Jahr) durch Gewinne bei Anleihen zumindest teilweise aufgefangen.
Nachdem die 10-jährigen Staatsanleiherenditen am tonangebenden USMarkt bei der 4%-Marke ein Doppeltop gebildet haben, könnte das absolute Rendite-Hoch nun besiegelt sein
Alternative Anlagen: Gold (und Bitcoin) als Profiteur der Krise
Die beiden wichtigsten Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum wurden von den Anlegern ebenfalls als sichere Häfen angesehen
• Die Flucht in die Sicherheit nahm im März verschiedene Formen an. Neben Geldmarktfonds profitierte insbesondere auch der Goldpreis, welcher im Monatsverlauf bis zu 10% zulegen konnte und an der 2'000-Dollar-Marke kratzte. Erstmals seit zehn Monaten erfuhren Gold-ETFs wieder einen Zufluss an Anlegerkapital. Das Volumen auf bullische Gold-Wetten am Terminmarkt erreicht sogar ein rekordhohes Niveau. Die richtige Bewährungsprobe für Gold steht indes noch aus. Das bisher zweifach getestete Allzeithoch bei 2‘070 US-Dollar ist in der mittleren Frist die nächste grosse Hürde. Ein nachhaltiges Überwinden dieser Marke würde ein massives Kaufsignal generieren. Am ehesten dürfte ein solcher Versuch im Verlauf einer US-Rezession gelingen. Auch digitales Gold war in den letzten Wochen stark nachgefragt. Die beiden wichtigsten Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum wurden von den Anlegern ebenfalls als sichere Häfen angesehen. Seit Jahresbeginn liegen sie jeweils mehr als 50% im Plus. Für einen echten neuen Krypto-Bullenmarkt wären zuvor jedoch noch diverse charttechnische Hürden abzuräumen, zuvor scheint eine grössere Bodenbildung nötig.
Währungen: Hat der Schweizer Franken an Reputation verloren?
• EUR/USD: Der EUR/USD-Kurs ist momentan mehr denn je ein Spielball der Zinserwartungen und
„Sell in May and go away…” – diese alte Börsenweisheit gehört zu den wenigen, in denen ein Stück Wahrheit steckt. Wir haben nachgerechnet: Wer seit 1962 ausschliesslich im Sommerhalbjahr (Anfang Mai bis Ende Oktober) am US-Aktienmarkt investiert war, der hat selbst nach 60 Jahren inflationsbereinigt kaum etwas dazugewonnen. Genauso gut hätte sich ein Anleger also in die Ferien verabschieden, am Strand liegen und seine Nerven schonen können. Der Grossteil der Performance wird in der kalten Jahreshälfte gemacht, die „Buy-and-hold“-Strategie hatte in der Vergangenheit eine nur unwesentlich bessere Performance. Der Teufel liegt aber im Detail. Ob sich der Ausstieg aus dem Markt rechnet, hängt auch von Zinsen, Inflation und Opportunitätskosten ab. Da es für sichere kurzfristige Zinsanlagen inzwischen wieder 3% bis 5% Rendite gibt, ist eine Auszeit vom Auf und Ab der Finanzmärkte erstmals seit vielen Jahren wieder eine Überlegung wert.
entsprechend volatil. Infolge der US-Bankenkrise wurden zuletzt seitens der Fed deutliche Zinssenkungen bis Jahresende erwartet. Damit verlor der US-Dollar aus Zinssicht an Attraktivität und notierte entsprechend schwächer. Für Anleger ist jedoch der Blick auf das grosse Bild wichtig: Wir denken, dass der Euro im Herbst 2022 ein langfristiges Tief ausgebildet hat, mittelfristig dürfte der Weg nachhaltig über 1.10 USD weisen.
• GBP/USD: Die Bank of England hat im März womöglich ein letztes Mal an der Zinsschraube gedreht. Zwar dürfte der Wirtschaftsabschwung nun doch nicht so stark ausfallen wie noch vor wenigen Wochen befürchtet. Grossbritannien bleibt unter den wichtigen Industrienationen aber das schwächste Glied in der Kette. Das vorhandene Aufwertungspotential des Pfunds aufgrund seiner günstigen Bewertung dürfte sich nun in der langen Frist erschliessen.
• EUR/CHF: Nach dem schnellen Ende der Credit Suisse und der fragwürdigen Vorgehensweise der Schweizer Institutionen bei deren „Rettung“ ist der Finanzplatz Schweiz angeschlagen. Dies mag ein Grund dafür sein, dass der Schweizer Franken im März seine typische „Safe-Haven“-Charakteristik verlor. Allerdings resultiert die langfristige Frankenstärke nicht allein aus Gefühlen, sondern auch harten Fakten wie einem dauerhaft stark positiven Leistungsbilanzüberschuss. Wir denken nicht, dass der Franken demnächst zu einer Weichwährung wird.
Zeit fürs Sparschwein? | Im Mai beginnt die schwächere Börsensaison Wachstum von 100 US-Dollar je nach Anlagezeitraum (inklusive Dividenden, nach Inflation)
Japan gehört unter den globalen Aktienmärkten zu den Exoten. Anleger waren angesichts der meist enttäuschenden Performance in den letzten Jahr(zehnt)en gut beraten Engagements im Land der aufgehenden Sonne auf ein Minimum zu beschränken. Eine geldpolitische Wende der Bank of Japan sowie ein stärkerer Yen könnten in den kommenden Monaten aber ein seltenes Zeitfenster der taktischen Opportunität bieten.
Starke Performance, aber nur in Yen Japanische Aktien gehörten im letzten Jahr (neben Grossbritannien) zu den Spitzenreitern. Wie so vieles an den Finanzmärkten ist diese Betrachtung allerdings relativ – nämlich durch die Brille des japanischen Yen betrachtet. Aus Sicht eines Anlegers mit Referenzwährung US-Dollar rentierte ein Japan-Investment 2022 hingegen schlechter als europäische oder Schweizer Aktien und nur minim besser als der schwache US-Markt. Dies ist kein Einzelfall. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten war die Japan-Wette eigentlich eine Wette auf einen schwachen Yen. Nur wer das Währungsrisiko absicherte, konnte von den temporären Rallys des japanischen Aktienmarkts wirklich profitieren.
Das Paradebeispiel dafür ist die Abenomics-Rally ab Ende 2012, welche innerhalb von zweieinhalb Jahren zu mehr als einer Verdopplung beim Topix-Index (in Lokalwährung) führte: Für US-Anleger belief sich die Wertsteigerung dagegen gerade einmal auf die Hälfte, Anlegern mit Referenz Euro oder Schweizer Franken erging es nicht viel besser. Sollte man nun währungsbesichert in Japan einsteigen? Schliesslich hätte man damit 2022 zu den Gewinnern gezählt.
Ganz so einfach ist es nicht. Nachdem die Absicherung des Yen-Risikos in Zeiten von Null- und Negativzinsen fast kostenlos war, belaufen sich die Kosten heute auf 1.6% (CHF) bis 5% (USD) pro Jahr. Japan-Aktien sind nach der Zinswende der Notenbanken nur
Sollte man nun währungsbesichert in Japan einsteigen?
Langfristig abwärts | Japan ist ein Trading-Markt
Topix vs. S&P 500 Index (in US-Dollar) und Aufwertungsphasen des japanischen Yen
USD/JPY: -24% ΔTPX/SPX: 52%
USD/JPY: -20%
-6%
USD/JPY: -49%
ΔTPX/SPX: -25%
USD/JPY: -31% ΔTPX/SPX: 74%
Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank
dann interessant, wenn ein starker japanischer Yen ein zusätzlicher positiver Performance-Treiber wäre.
Der Blick in die Vergangenheit unterstützt diese These: In den letzten 35 Jahren gab es 5 Episoden, in denen der Yen gegenüber dem US-Dollar um mindestens 20% aufwertete. Im Durchschnitt aller Beobachtungen konnte der Topix den S&P 500 Index in diesen Phasen um 16% outperformen – wohlgemerkt mit grossen Variationen. Starke Outperformance (ohne Währungsabsicherung) gab es stets dann, wenn die Yen-Stärke von grösseren politischen Umbrüchen
60 70 80 90 100 110 Topix Topix (USD) S&P 500 Stoxx 600 FTSE 100 SPI MSCI EM 01/2022 04/2022 07/2022 10/2022 01/2023
Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank
Monthly Market Monitor - April 2023 | Kaiser Partner Privatbank AG 14
Δ
USD/JPY:
18%
wie beispielsweise strukturellen Reformen und/oder fiskalischen Stimuli begleitet war, welche Anlagerkapital aus dem Ausland anzogen. So beispielsweise 1998-2000 (Stimulus und Erholung nach der Asienkrise) und 2002-2005 (Strukturreformen unter Koizumi).
Der Case für den Japan-Trade 2023 könnte Japan nun vor einem weiteren grösseren Umbruch stehen, genaugenommen hat dieser schon begonnen. Die Bank of Japan ist daran ihre Geldpolitik zu normalisieren und sich von der Zinskurvenkontrolle zu verabschieden. Gründe dafür gibt es mehr als genug. Nicht nur steht die aktuell immer noch sehr lockere Geldpolitik im krassen Gegensatz zu allen anderen Notenbanken, sondern auch zur japanischen Inflationsrealität. Letztere könnte sich dauerhaft vom deflationären Klebstoff der letzten Jahr(zehnt)e lösen. Dafür sprechen neben der alternden Bevölkerung und dem Fachkräftemangel auch die restriktive Einwanderungspolitik Japans. Ein dauerhaftes Comeback der Inflation ist in Japan heute nicht mehr nur eine Vision, sondern ein realistisches Szenario. Die zuletzt bekanntgewordenen, überraschend hohen, Tarifabschlüsse bei den jährlichen Lohnverhandlungen stützen diese Erwartung und dürften den neuen Notenbankgouverneur Kazuo Ueda darin bestärken, den unter Haruhiko Kuroda begonnen Normalisierungsprozess in den nächsten Monaten fortzusetzen, wenn nicht gar zu forcieren. Dies hellt die Perspektiven für viele Anleger auf. Einerseits für lokale Investoren, die nun in der Heimat wieder Zinsen erhalten
und ihr Geld nicht mehr im Ausland parken müssen. Andererseits für ausländische Anleger, die nicht nur einen historisch günstig bewerteten Markt, sondern dazu noch einen Währungs-Turbo bekommen.
Neben dieser Umkehrung der Kapitalströme – nicht mehr aus Japan heraus, sondern hinein – sprechen weitere Argumente für den Japan-Trade: Im Gegensatz zu anderen Märkten war die Korrelation zwischen Anleiherenditen und Aktienbewertungen in Japan in den letzten Dekaden positiv. Höhere Renditen könnten daher eine Bewertungsanpassung japanischer Aktien nach oben begünstigen. Nach jahrelanger Zins-Ebbe dürfte die Zinswende insbesondere den Bankentiteln Rückenwind bringen. Darüber hinaus haben viele japanische Unternehmen in den letzten Jahren ihre Hausaufgaben gemacht und mittels Kapitaldisziplin, Effizienzgewinnen und aktionärsfreundlicher Politik sowohl für robuste Bilanzen als auch
Relativ attraktiv | Japanische Aktien sind historisch günstig bewertet Relative Bewertung des Topix Index (Kurs-Gewinn-Verhältnis)
für bessere Profitabilität gesorgt. Schliesslich stimmt auch der Blick auf die Charttechnik optimistisch: Im letzten Herbst ist der Topix in US-Dollar gemessen am Aufwärtstrend seit 2009 nach oben abgeprallt. Theoretisch besteht nun Luft für einen (nach 2021) zweiten, und möglicherweise erfolgreichen, Anlauf auf das Allzeithoch von 1989. Seit Oktober 2022 hat der japanische Yen gegenüber dem US-Dollar um rund 10% aufgewertet. Auf Dollar-Basis hat der Topix den S&P 500 Index seitdem um gut 15% outperformt. Der Japan-Trade ist gut angelaufen…
Im letzten Herbst ist der Topix in US-Dollar gemessen am Aufwärtstrend seit 2009 nach oben abgeprallt
Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank
Im Aufwärtstrend | Charttechnisch gut unterstützt Topix Index und Aufwertungsphasen des japanischen Yen
Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank
Ob grün, blau oder gelb – Unternehmen und Regierungen werden ihre immer anspruchsvolleren Netto-Null-Ziele nur mit dem umfangreichen Einsatz von sauberem Wasserstoff erreichen können. Das erste und kleinste Element im Periodensystem dürfte in den nächsten Jahrzehnten grossen Auftrieb erhalten. Der Megatrend „Wasserstoff“ erfordert milliardenschwere Investitionen und bietet Anlegern langfristig interessante Chancen.
Wasserstoff-Farbenlehre
Klein, vielseitig und energetisch, leicht entzündlich und ein Lebenselixier – dem Wasserstoff werden viele Eigenschaften zugeschrieben. Im Periodensystem der Elemente hat es den ersten Platz inne. Und auch in der öffentlichen Wahrnehmung hat Wasserstoff in den letzten Jahren an Prominenz gewonnen. Dies kommt nicht von ungefähr. Auf dem Weg der Dekarbonisierung und zur Erreichung anspruchsvoller Netto-Null-Ziele dürfte der Einsatz von „sauberem“ Wasserstoff unerlässlich werden. Besondere Bedeutung wird dabei dem grünen Wasserstoff zukommen. Dieser entsteht, indem Wasser durch den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Quellen per Elektrolyse in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Er gilt als CO2-arm. Allein die Produktion der nötigen Vorrichtungen – beispielsweise Elektrolyseure, Leitungen, Tanker – hat nach wie vor einen gewissen
Multitalent (1/2) – Wasserstoff als Grundlage vieler Produkte Produktion und Verwendung von sauberem Wasserstoff
Erneuerbare
CO2-Fussabdruck. Als CO2-neutral gelten aber auch viele andere Farbvarianten von Wasserstoff. Zur Produktion von blauem Wasserstoff wird das CO2, welches bei der Herstellung von klimaschädlichem grauem Wasserstoff mittels Dampfreformierung aus Erdgas entsteht, abgeschieden und gespeichert. Türkiser Wasserstoff wird mittels thermischer Spaltung von Methan (Methanpyrolyse) hergestellt. Anstelle von CO2 entsteht dabei fester Kohlenstoff. Voraussetzungen für die CO2-Neutralität des Verfahrens sind die Wärmeversorgung des Hochtemperaturreaktors aus erneuerbaren Energiequellen sowie die dauerhafte Bindung des Kohlenstoffs. Weisser Wasserstoff kommt natürlich vor und fällt bei bestimmten Prozessen in Chemieanlagen als Nebenprodukt an. Oranger/gelber Wasserstoff basiert auf organischen Stoffen wie Biomasse, Biogas und Biomethan. Roter/violetter Wasserstoff wird wiederum aus Atomstrom-Elektrolyse hergestellt.
Als CO2-neutral gelten aber auch viele andere Farbvarianten von Wasserstoff
Ethylen
Roh-PtL
Benzin
Kerosin
Stromsektor
Power-to-Power
Verkehr
Power-to-Fuels
Industrie
Power-to-Chemicals
Wasserstoff ist vielfältig einsetzbar und kann als Energieträger sowie als Rohstoff für chemische und industrielle Prozesse verwendet werden
Vielseitig einsetzbar
Wasserstoff ist vielfältig einsetzbar und kann als Energieträger sowie als Rohstoff für chemische und industrielle Prozesse verwendet werden. Auch als Energiespeicher zur saisonalen oder temporären Speicherung lässt sich Wasserstoff theoretisch verwenden. Da bei der Rückverwandlung von Wasserstoff in Strom aber nur 40% der Energie wieder zurückgewonnen wird, dürfte dieser Verwendungszweck begrenzt bleiben. Andere Speicher haben einen deutlich höheren Wirkungsgrad (Pumpspeicherkraftwerk: 80%, Batterie: 100%). Prädestiniert ist sauberer Wasserstoff hingegen im Verkehrs- und Transportwesen – überall dort, wo der Einsatz einer Batterie teurer oder nur schwer realisierbar ist. So setzt die Luftfahrtbranche ihre Hoffnungen auf Wasserstoff, der Kerosin ersetzen könnte. Noch sind Wasserstoffflugzeuge zwar Zukunftsmusik, Airbus forscht aber intensiv an der Technologie.
lichkeit dar klimaschädliche Prozesse, die heute noch auf dem Einsatz von Erdgas oder Kohle basieren, klimaneutral zu gestalten. Unternehmen der Stahlindustrie haben milliardenschwere Investitionen beschlossen, um die klassische und CO2-intensive Hochofenroute zur Stahlherstellung durch das wasserstoffbasierte Direktreduktionsverfahren zu ersetzen. Die Chemieindustrie steht vor ähnlichen Schritten.
Wasserstoff-Partnerschaften…
Bis 2035 will der europäische Konzern einen mit Wasserstoff betriebenen Passagierjet mit 100 bis 200 Sitzplätzen auf den Markt bringen
Bis 2035 will der europäische Konzern einen mit Wasserstoff betriebenen Passagierjet mit 100 bis 200 Sitzplätzen auf den Markt bringen. Viel früher könnten wasserstoffbetriebene Schwerlaster Verbreitung finden: In einer Brennstoffzelle werden Sauerstoff und Wasserstoffatome zu Wasser verschmolzen. Dabei wird ein Elektron frei, elektrische Energie entsteht. Das amerikanische Truck-Start-Up Nikola entwickelt gemeinsam mit Bosch einen 40 Tonnen schweren Wasserstofftruck mit einer Reichweite von bis zu 800 Kilometern. Die ersten Kunden testen den Truck bereits, darunter die Brauerei Anheuser-Busch. Auch in der Industrie ist sauberer Wasserstoff zukünftig unverzichtbar, um Prozesse zu Dekarbonisieren und die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. Für energie- und kohlendioxidintensive Industrien wie Stahl oder Chemie stellt er die einzige Mög-
Multitalent (2/2) – Wasserstoff ist vielseitig einsetzbar Anteil von Wasserstoff am Endenergieverbrauch im Jahr 2050
Der Weg in eine sauberere Energiezukunft ist allerdings ein Marathon, kein Sprint – dazu noch mit Hürden. Denn grüner Wasserstoff hat viel Konkurrenz –auch Elektroautos, Wärmepumpen und die Industrie benötigen in Zukunft viel Wind- und Solarenergie. Zudem werden künftig viele Länder auf Wasserstoffimporte angewiesen sein. So dürfte beispielsweise der Industrieriese Deutschland langfristig nur circa 30% des Bedarfs an grünem Wasserstoff selbst decken können. Entsprechend intensiv war in jüngster Zeit die Wasserstoff-Diplomatie. Inzwischen hat Deutschland Wasserstoffpartnerschaften mit Australien, Marokko, Chile, Saudi-Arabien, Norwegen, Kanada und der Türkei geschlossen. Insbesondere für Schwellenländer bietet die Wasserstoff-Zukunft Chancen. Aufgrund ihrer geografischen Lage bieten sie oft ideale Bedingungen zur Produktion von sauberem Wasserstoff. Indien will eine regelrechte Wasserstoff-Grossmacht werden und bis 2030 „mindestens 10%“ des weltweiten Bedarfs an grünem Wasserstoff decken. Aber auch Afrika rückt in den Fokus. Beispielsweise Namibia, welches mit der Namib-Wüste an seiner 2‘000 Kilometer langen, kaum besiedelten Atlantikküste klare Standortvorteile für die Produktion von Wind- und Solarstrom bietet.
Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank
Wasserstoff-Boom in Sicht – Rasant wachsende Nachfrage
Nachfrage nach Wasserstoff im Netto-Null-Szenario, in Millionen Tonnen
…und -Infrastruktur
Absehbar ist, dass Wasserstoff in Zukunft in riesigen Volumina zwischen Ländern und Kontinenten transportiert werden muss. Der Schiffstransport von „reinem“ Wasserstoff stellt allerdings hohe technische Anforderungen und dürfte nur ein Teil der Lösung sein. Im Gegensatz zu verflüssigtem Erdgas (LNG) muss Wasserstoff zur Verflüssigung nicht „nur“ auf -162 Grad, sondern auf -253 Grad Celsius heruntergekühlt werden. Die tiefen Temperaturen und der hohe Druck von rund 700 bar stellen hohe Anforderungen an die verwendeten Materialen und sind bisher nur schwer umsetzbar. Zudem müssen in die Verflüssigung von Wasserstoff etwa 40% seines Energiegehalts gesteckt werden. Je länger die Transportdistanz bzw. die Speicherdauer ist, desto grösser der Aufwand und desto weniger effizient.
Einfacher umsetzbar ist im Vergleich der Transport von Wasserstoffderivaten wie grünem Ammoniak und grünem Methanol. Diese können mit heute bereits bestehender Infrastruktur verschifft werden und müssen am Ankunftsort nicht zwingend wieder aufgespalten werden. Für Prozesse in der Chemieindustrie oder auch als Energiequelle sind sie nämlich auch direkt nutzbar. Eine Alternative könnte schliesslich auch der Transport in speziellen Speichermedien werden, den „Liquid Organic Hydrogen Carriers“ (LOHC). Dabei wird Wasserstoff in einer schwer entflammbaren Trägerflüssigkeit auf Kohlenstoffbasis gespeichert und bei Bedarf wieder ausgespeichert. Die Technologie ist aktuell in Pilotanlagen in Erprobung. Eine Skalierung ist aber erst nach dem Jahr 2030 zu erwarten.
Hoffnungsträger mit Risiken
Neben der Übersee-Infrastruktur bedarf es in den nächsten Jahren auch auf dem Land massiver Investitionen, um die nötigen Transportkapazitäten für sauberen Wasserstoff zu schaffen. Grundlage für ein künftiges Wasserstoffnetz könnten heutige Erdgaspi-
pelines sein. Im Beispiel von Deutschland sieht der „Netzentwicklungsplan“ vor, dass bis 2032 ein 8‘000 Kilometer langes Netz entsteht – 80% davon bestünde aus umgewidmeten Erdgasleitungen. Bis zum Jahr 2045 soll das deutsche Wasserstoffnetz auf 13‘000 Kilometer Länge anwachsen. Die Gesamtkosten werden auf 18 Milliarden Euro veranschlagt. Ähnlich wie beim Wasserstofftransport über See gibt es auf dem Weg via Pipeline indes ebenfalls Hürden bzw. Forschungs- und Investitionsbedarf. Der Hoffnungsträger birgt nämlich auch Risiken: Wenn Wasserstoff in die Atmosphäre entweicht, schadet er dem Klima deutlich stärker als Kohlendioxid. Wasserstoff hat zwar keine direkte Klimawirkung, weil er aber die Zusammensetzung der Atmosphäre verändert, gibt es eine indirekte Wirkung.
Der Wasserstoff reagiert dort mit Hydroxid-Molekülen zu Wasser, so dass weniger Hydroxid für Reaktionen mit Treibhausgasen vorhanden ist. Dadurch steigt der Ozongehalt in der Atmosphäre, auch das klimaschädliche Methan wird langsamer abgebaut. Die indirekte Klimawirkung von Wasserstoff ist auf einen Zeitraum von 20 Jahren um den Faktor 33 höher als die Klimawirkung von Kohlendioxid. Noch gibt es keinen Konsens in der Frage, welche Standards nötig sind, um das Entweichen von Wasserstoff in die Atmosphäre zu verhindern. Weil Wasserstoff selbst kein Treibhausgas ist, sind die Effekte bis vor Kurzem ignoriert worden. Noch fehlen auch die Instrumente, um entweichenden Wasserstoff präzise zu messen.
Die Internationale Agentur für regenerative Energien (Irena) erwartet, dass grüner Wasserstoff bis zum Jahr 2050 rund 12% des weltweiten Energiebedarfs decken und in die Chemie-, Stahl- und Zementindustrie, in Brennstoffzellen und den Luft- und Schwerlastverkehrs fliessen wird. Die notwendigen Investitionen in die grüne Wasserstoffinfrastruktur bestehend aus
Bis zum Jahr 2045 soll das deutsche Wasserstoffnetz auf 13‘000 Kilometer Länge anwachsen
Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner PrivatbankInvestitionsbedarf… | …bietet Anlagechancen
Investitionen in grünen Wasserstoff bis 2030, in Milliarden US-Dollar
Die notwendigen Investitionen in die grüne Wasserstoffinfrastruktur werden auf 4 Billionen US-Dollar
Erzeugung, Umwandlung, Transport, Lagerung und Verteilung werden auf gigantische 4 Billionen US-Dollar geschätzt. Das Hydrogen Council, ein Zusammenschluss von 150 Unternehmen – darunter BP, Airbus,
Dieser Pfad sieht für das Jahr 2050 einen Bedarf von 660 Millionen Tonnen vor. Zählt man alle Projektankündigungen bis 2050 zusammen, so addieren sich diese bisher nur auf 6% der benötigten Produktionskapazitäten. Dies zeigt eindrücklich auf wie massiv der Investitionsbedarf, aber auch die damit einhergehenden Anlagechancen sind. Viel Geld muss und wird in den kommenden Jahrzehnten in die Wasserstoffindustrie fliessen. Profitieren dürften davon unweigerlich die Hersteller von Elektrolyseuren – die Anlagen, welche Wasser mithilfe von (grünem) Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten.
Weitere Zahlenreihen verdeutlichen das Potential: In Europa sind aktuell Elektrolyseure mit einer Kapazität von lediglich rund 200 Megawatt in Betrieb. Laut Bloomberg wurde die Kapazität zur Herstellung von Elektrolyseuren im vergangenen Jahr weltweit um 1 Gigawatt erhöht. Im Jahr 2030 sollen die Hersteller Elektrolyseanlagen mit einer Leistung von insgesamt 85 Gigawatt liefern können. Zur Erreichung von Netto-Null müssen bis 2050 weltweit allerdings bis zu 4‘000 Gigawatt Elektrolyseleistung installiert werden.
• 18. April: Welterbetag
Jeden Tag zelebrieren die Menschen auf der ganzen Welt ihr kulturelles Erbe – sie gestalten ihr Leben so wie es ihr Wesen und ihre Herkunft widerspiegelt. Ein Tag im Jahr ist jedoch dafür reserviert, die gemeinsame Geschichte und das Erbe der Menschheit zu feiern. Der „World Heritage Day“ ermutigt uns, alle Kulturen der Welt zu feiern, das Bewusstsein für wichtige Kulturdenkmäler und-stätten zu schärfen und die Bedeutung der Bewahrung der Kulturen der Welt zu unterstreichen.
• 28. April: Zinsentscheid der Bank of Japan
Kazuo Ueda übernimmt bei der japanischen Notenbank das Ruder und dürfte die Normalisierung der Geldpolitik forcieren. Nachdem viele japanische Unternehmen in den Frühlingsverhandlungen rekordhohe Lohnzuwächse zugesagt haben, hat die BoJ einen Grund mehr die Ära der geldpolitischen Experimente zu beenden.
• 5. Mai: Inflationsdaten Schweiz
Für Herrn und Frau Schweizer war die Teuerung im letzten Jahr zwar ein geringeres Problem als für andere Europäer. Doch auch bei den Eidgenossen machen sich die höheren Preise spürbar in den Portemonnaies bemerkbar. Nachdem es zu Jahresbeginn nochmals einen Teuerungsschub gab, dürfte nicht zuletzt die Schweizerische Nationalbank argwöhnisch auf die neuesten Inflationsdaten schauen.
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