Kaiser Partner Privatbank AG - Monthly Market Monitor March 2023 DE

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Monthly Market Monitor
März 2023
Inhalt Ask the experts Was unsere Kunden (und die Finanzmärkte) bewegt Die letzte Seite Anlageklassen Agenda Auf einen Blick Thema im Fokus Notenbanken in den roten Zahlen Bergsicht Die geopolitische Heatmap 16 18 19 4 14 8 KonjunkturRadar Am Puls der Wirtschaft 6 Anlagestrategie Notizen vom InvestmentKomitee 10 Kaiser Partner Privatbank AG | Monthly Market Monitor - März 2023 3

Dank hoher Zinsen – ganz ohne Risiko – gilt mehr denn je: „Cash is King“

Auf einen Blick

Unsere Sicht auf die Märkte

„No Landing“?

Die Konjunkturdaten überraschten in letzter Zeit oft positiv. Währenddessen ging es mit der Inflation nicht wie erhofft rapide abwärts. Ein „No Landing“ ist dennoch kein plausibles Szenario. Entweder es gelingt die sanfte Landung dank rapider Disinflation oder die Fed hält zu lange an zu hohen Zinsen fest und begeht einen geldpolitischen Fehler. Für 2024 ist eine Rezession noch nicht vom Tisch.

Cash is King

Nach der Rally ist vor der Korrektur – das Chance/ Risiko-Verhältnis an den Aktienmärkten hat sich nach den Kursgewinnen der letzten Zeit verschlechtert. Anleihen werden damit angesichts ihrer hohen Renditen relativ betrachtet nochmals interessanter. Doch selbst im festverzinslichen Bereich variiert die Attraktivität. Dank hoher Zinsen – ganz ohne Risiko –gilt mehr denn je: „Cash is King“.

Ein Jahr Krieg und kein Ende in Sicht

Nach einem Jahr Krieg in der Ukraine scheint ein schnelles Ende des Konflikts in weiter Ferne. Ein klarer Sieg ist weder für die Ukraine noch für Russland wahrscheinlich. Doch auch keines der anderen denkbaren Szenarios hat eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50%. Im

Verlauf des Jahres droht die Auseinandersetzung mitten in Europa zu einem Proxy-Krieg zwischen den USA und China zu werden.

Notenbanken in den roten Zahlen

Die Ära von Tiefst- und Negativzinsen ist seit letztem Jahr vorbei. Diese Zeitenwende bedeutet nicht nur höhere Renditen für Anleger, sie bringt auch massive Verluste für die Notenbanken mit sich. Zwar können sie nicht „Pleite gehen“ und selbst mit negativem Eigenkapital agieren. Dennoch bleiben die roten Zahlen nicht ohne Folgen. Im Falle von länger anhaltenden Verlustserien könnte die Unabhängigkeit der Notenbanken in Gefahr geraten.

Ask the experts

Ist die Rezession abgesagt oder nur verschoben? Gilt das Sprichwort „Don’t fight the Fed“ noch? Können europäische und chinesische Aktien weiter outperformen? Sind (US-)Staatsanleihen noch ein wertvoller Diversifikationsbaustein im Anlageportfolio? Und wieso sollte man noch in Aktien investieren, wenn man mit Investment-Grade-Anleihen kurzer Laufzeit (im US-Dollar) 4% bis 5% p.a. verdienen kann? Unsere Antworten finden sie im quartalsweise erscheinenden Frage-und-Antwort-Format.

Grafik des Monats

Lackmustest einer fragwürdigen These | Aktienrally trotz Liquiditätsentzug Notenbankbilanzen und Weltaktienindex, indexiert (2009 = 100)

Die „quantitative Lockerung (QE)“ wurde in den letzten Jahren nicht selten als Haupttreiber der Aktienhausse genannt. Entsprechend gross war die Unsicherheit ob ihres unvermeidlichen Endes. Die vergangenen 15 Monate stellen die These, dass Aktien nur noch mit Hilfe der Geldspritze steigen können, auf die Probe. Seit Mai 2022 ist das Anlagevermögen der fünf wichtigsten Notenbanken um 6% geschrumpft. Der globale Aktienmarkt war allerdings schon in den fünf Monaten zuvor um 18% gefallen. Seit Oktober ist der Weltaktienindex wiederum um 20% gestiegen. Dies trotz fortgesetzter Reduktion der Notenbankbilanzen (QT), welche am Rand des Charts nur aufgrund von Wertpapierkäufen der BoJ und Währungseffekten nicht sichtbar ist. Wichtiger als der Umfang der Wertpapierkäufe dürfte ihr psychologischer Effekt gewesen sein. Umgekehrt gilt nun: Solange der Liquiditätsentzug graduell und vorhersagbar bleibt, sollte er kein grösseres Marktrisiko darstellen.

Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank 0 50 100 150 200 250 300 350 400 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 Notenbankbilanzsumme (Fed EZB BoJ BoE SNB) MSCI World Index
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Die Wachstumserwartungen für 2023 werden inzwischen wieder nach oben revidiert

Konjunktur-Radar

Am Puls der Wirtschaft

Die Konjunkturdaten überraschten in letzter Zeit oft positiv. Währenddessen ging es mit der Inflation nicht wie erhofft rapide abwärts. Zwar hat sich das Risiko einer unmittelbaren Rezession verringert. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben, insbesondere weil die Notenbanken die Zinsschraube zu überdrehen drohen.

Positive Makroüberraschungen

Der US Economic Surprise Index stieg im Februar auf den höchsten Stand seit Sommer letzten Jahres. Zu den positiven Datenüberraschungen zählten unter anderem die Arbeitsmarktdaten für Januar (54-Jahrestief bei der Arbeitslosenquote) und die Einzelhandelsumsätze. Die Wachstumserwartungen für 2023 werden inzwischen wieder nach oben revidiert. Die Gefahr einer unmittelbaren Rezession scheint gebannt. Auch ein wichtiger Rezessionsindikator – der Conference Board

Leading Index – zeigt eine Entspannung an: 4 von 10 Subkomponenten des Index sind in den letzten 6 Monaten gestiegen. In der Vergangenheit war eine Rezession zu diesem Zeitpunkt stets bereits überwunden. Dennoch ist eine spätere Rezession (im kommenden Jahr) aus unserer Sicht noch nicht gänzlich vom Tisch.

„No Landing“?

Das jüngst zunehmend aufkommende Szenario eines „No Landing“, in welchem die Inflation in den USA dauerhaft erhöht bleibt, weil die Fed die Zinsen nicht weit genug erhöht, halten wir für unwahrscheinlich. Entweder gelingt ein „Soft Landing“ dank rapider Disinflation in den kommenden Monaten und einem schnellen Zinserhöhungsstopp. Oder es kommt doch

Entwarnung? | US-Rezessionsindikator stabilisiert sich Conference Board US Leading Diffusion Index und Rezessionen

zu einer unsanften Landung, da sich die Inflation als zu träge erweist und die US-Notenbanker erst dann stoppen können/werden, wenn es für eine Annäherung der Teuerung an die 2%-Marke genügend Evidenz gibt. Die letzten Wochen mit starken Konjunkturdaten und störrischer Inflation weisen eher auf letzteres Szenario hin. Ein geldpolitischer Fehler der Fed bleibt einer der grossen Makrorisiken in diesem Jahr.

Erst zu locker, nun bald zu restriktiv Auch bei der EZB droht das Risiko, dass die Zinsschraube in den nächsten Monaten überdreht wird. EZB-Präsidentin Lagarde hat in den letzten Wochen mehrfach die klare Ansage gemacht, dass die Leitzinsen im Euroraum nach dem für März praktisch bereits vorangekündigten Aufwärtsschritt um 50bp mehrere weitere Zinserhöhungen folgen werden. Die Fantasie reicht inzwischen für Leitzinserwartungen von bis zu 4%. Für einen „Pivot“ und das Einschwenken auf einen weniger restriktiven Kurs gibt es noch ein kurzes Zeitfenster. Ein Anlass dafür könnten die neuen Inflationsprognosen auf der EZB-Sitzung im März (oder spätestens im Juni) sein. Unserer Meinung nach schätzt die EZB die Standhaftigkeit der erhöhten Teuerung (2024 im Schnitt noch immer 3.4%) als zu gross ein.

Bloomberg, Kaiser Partner Privatban 0 20% 40% 60% 80% 100% 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020
Quellen:
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Konsensschätzungen Wachstum & Inflation

2022 2023 2024 BIP-Wachstum (in %) Schweiz 2.0 0.6 1.5 Eurozone 3.5 0.4 1.2 Grossbritannien 4.0 -0.7 0.9 USA 2.1 0.7 1.2 China 3.0 5.2 5.0 Inflation (in %) Schweiz 2.9 2.2 1.3 Eurozone 8.4 5.5 2.4 Grossbritannien USA China Zinserwartungen Kaiser Partner Privatbank Letzter 3M 12M Leitzinsen (in %) Schweiz 1.00 ↗ ↗ Eurozone 2.50 ↗ ↗ Grossbritannien 4.00 ↗ ↗ USA 4.75 ↗ ↗ China 2.75 → → 10-jährige Renditen (in %) Schweiz 1.50 → ↘ Eurozone 2.71 → ↘ Kaiser Partner Privatbank AG | Monthly Market Monitor - März 2023 7

155 Milliarden US-Dollar an militärischer und ziviler Unterstützung

Bergsicht

Die geopolitische Heatmap

Nach einem Jahr Krieg in der Ukraine scheint ein schnelles Ende des Konflikts in weiter Ferne. Ein klarer Sieg ist weder für die Ukraine noch für Russland wahrscheinlich. Doch auch keines der anderen denkbaren Szenarios hat eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50%. Im Verlauf des Jahres droht die Auseinandersetzung mitten in Europa zu einem Proxy-Krieg zwischen den USA und China zu werden.

Ein Jahr Krieg und kein Ende in Sicht

Der Ukraine-Russland-Krieg jährte sich Ende Februar das erste Mal. Er gilt inzwischen unbestritten als der verheerendste militärische Konflikt seit dem zweiten Weltkrieg und dürfte Europa und die Welt dauerhaft prägen und verändern. Auf dem Schlachtfeld spielt sich seit Monaten ein blutiger Abnutzungskampf ab. Beobachter erwarten, dass Russland seine aktuelle Offensive im Donbass in den nächsten Wochen ausweitet. Die Ukraine dürfte den Fokus vorerst weiter auf Verteidigung setzen und eine Gegenoffensive für den Frühling planen. Die zwei gegensätzlichen Extremszenarien – ein Sieg Russlands beziehungsweise der Ukraine – sind aus heutiger Sicht sehr unwahrscheinlich. Russlands militärische Fähigkeiten sind zu stark geschwächt um die ganze Ukraine einzunehmen. Die Ukraine wiederum benötigte viel mehr (und viel schneller) Waffen des Westens als dieser zu stellen bereit ist. Doch auch keines der anderen denkbaren Szenarios hat eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50%. Am wahrscheinlichsten ist im Verlauf des Jahres eine fortgesetzte Abnutzung auf beiden Seiten ohne entscheidenden Durchbruch.

Tieferes Wachstum, höhere Inflation | Auch Europa muss einen Preis zahlen Konsensschätzungen für die Eurozone (vor dem Krieg und heute)

Russland und China gegen den Westen?

Langfristig dürften Durchhaltewillen und Unterstützung von aussen entscheidende Erfolgs- bzw- Misserfolgsfaktoren werden. Mit Blick auf die Grösse der Bevölkerung (140 gegen 40 Millionen) und dem Potential zur Rekrutierung von Soldaten ist Russland im Vorteil. Zudem spielt sich der Konflikt allein auf ukrainischem Territorium ab, was dessen industrielle Basis sowie die zivile und militärische Infrastruktur stetig degradiert. Andererseits ist die ukrainische Bevölkerung hochmotiviert, während eine weitere Massenmobilmachung in Russland zunehmend zu Unzufriedenheit in der Bevölkerung führen könnte. Die Ukraine kann die Qualität ihrer militärischen Materials mit Hilfe des Westens verbessern, während Russland der Zugang zu westlicher Technologie (offiziell) verschlossen ist. Zudem befindet sich die russische Wirtschaft aufgrund immer strikterer Sanktionen in einer Abwärtsspirale ohne absehbaren Boden. Nachdem die westliche Welt bereits mehr als 155 Milliarden US-Dollar an militärischer und ziviler Unterstützung zugesagt hat, setzt US-Präsident

5% 4% 3% 2% 1% 0 2022 2023 2024 vor dem Krieg aktuell 10% 8% 6% 4% 2% 0 2022 2023 2024 vor dem Krieg aktuell Inflation Wirtschaftswachstum
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Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank

Biden mit seinem Besuch in Kiew Ende Februar ein Ausrufezeichen. Für dieses und nächstes Jahr kann die Ukraine weiter mit solider Unterstützung aus dem Westen rechnen. Je näher die US-Präsidentenwahl Ende 2024 rückt, desto mehr steigt jedoch das Risiko, dass die westlichen Länder die Geduld verlieren und auf eine Lösung des Konflikts drängen. Jüngste Nachrichten, nach denen China militärische Unterstützung für Russland ins Feld führen könnte, erhöhen das geopolitische Risiko zusätzlich – auch auf globaler Ebene. Ein noch länger andauernder Konflikt in der Ukraine könnte sich zu einem Proxy-Krieg zwischen den USA und China ausweiten. Dies würde die ohnehin stattfindende Entkopplung zwischen China und dem Westen weiter akzentuieren und beschleunigen.

Der wirtschaftliche Schaden

Nach mehr als 12 Monaten Krieg mitten in Europa lässt sich dessen wirtschaftlicher Schaden (für Europa) inzwischen beziffern – auch wenn es sich nur um grobe und vorläufige Schätzungen handelt.

Insbesondere über den Kanal massiv höherer Energiepreise aufgrund drastisch reduzierter Erdgasimporte aus Russland sieht sich die Eurozone mit einem drastisch erhöhten Preisniveau konfrontiert. Gegenüber dem Nicht-Kriegs-Szenario dürfte die Inflation Ende 2024 um mindestens 8 Prozentpunkte höher liegen. Der negative Effekt auf das Wachstum dürfte sich im gleichen Zeitraum auf rund 3% bemessen. Aus konjunktureller Sicht dürften die grössten Negativeffekte hinter uns liegen oder in den kommenden Quartalen verdaut werden. Dennoch verfügt Russland noch immer über Hebel und Wege gegen die westlichen Sanktionen zurückzuschlagen. So könnte eine Reduktion der russischen Ölproduktion Aufwärtsdruck auf den Weltölpreis und die Inflation im Euroraum bedeuten.

Nach mehr als 12 Monaten Krieg mitten in Europa lässt sich dessen wirtschaftlicher Schaden inzwischen beziffern

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Die Margen blieben entsprechend unter Druck – seit einem Hoch von 13% im Sommer 2021 sind sie nun das sechste Mal in Folge (auf 11.3%) gefallen

Anlagestrategie

Notizen vom Investment-Komitee

Nach der Rally ist vor der Korrektur – das Chance/Risiko-Verhältnis an den Aktienmärkten hat sich zuletzt verschlechtert. Damit die nimmt die Konkurrenz durch Anleihen angesichts hoher Renditen weiter zu. Doch selbst im festverzinslichen Bereich variiert die Attraktivität. Dank hoher Zinsen – ganz ohne Risiko – gilt mehr denn je „Cash is King“.

Asset Allocation Monitor - + -

Liquidität Aktien

Festverzinsliche Anlagen

Staatsanleihen

Unternehmensanleihen

Mikrofinanz

Global

Schweiz

Europa

Grossbritannien

Inflationsbasierte A. USA

Hochzinsanleihen

Schwellenländeranleihen

Versicherungsbasierte A.

Wandelanleihen

Schwellenländer

Alternative Anlagen

Gold

Immobilien

Laufzeiten Hedgefonds

Währungen

US-Dollar

Schweizer Franken

Euro

Britisches Pfund

Aktien: Europa im Vorteil

• An den Aktienmärkten wurde die Luft im Februar nach 3-monatiger Rally merklich dünner. Während die europäischen Märkte seitwärts tendierten, gaben die Kurse an den US-Börsen spürbar nach. Dort steht im S&P 500 Index aktuell der Aufwärtstrend seit Oktober 2022 zur Debatte. Ein Bruch der Unterstützung wäre ein erstes Schwächesignal und würde die Frage bezüglich eines erneuten Tests der letztjährigen Tiefs auf die Agenda bringen. Die zuletzt beobachtete Outperformance Europas könnte sich in den kommenden Monaten fortsetzen (siehe auch „Ask the experts“, Seite 16).

• Die jüngst häufig positiv überraschenden Makrodaten waren für die US-Märkte im letzten Monat keine Unterstützung mehr. Vielmehr verheissen sie „higher for longer“ bezüglich des Zinspfads der Fed – die entsprechend höheren Diskontierungsfaktoren erzeugen einen Abwärtsdruck auf die Aktienbewertungen. Auch von der Gewinnsaison für das 4. Quartal 2022 gab es kaum positive Impulse. Aufgrund der hohen Inflation konnten die Unternehmen ihre Gewinne zwar steigern. Klammert man die Energiebranche aus, dann gingen die Gewinne bei den amerikanischen

Strukturierte Produkte

Private Equity

Scorecard - +

Konjunktur

Geld- und Fiskalpolitik

Unternehmensgewinne

Bewertung

Trend

Anlegerstimmung

02/2023

Large Caps aber um rund 10% zurück. Die Margen blieben entsprechend unter Druck – seit einem Hoch von 13% im Sommer 2021 sind sie nun das sechste Mal in Folge (auf 11.3%) gefallen. Das Gewinnmomentum könnte auch in der nahen Zukunft negativ bleiben. Viele Unternehmen zeigten sich in ihren Ausblicken betreffend der Konsumlust der amerikanischen Konsumenten vorsichtig.

• Auch aus Sicht der Behavioral Finance bläst der Wind bei Aktien auf den derzeitigen Preislevels zumindest nicht mehr von hinten. Nicht nur das Sentiment hat sich normalisiert (siehe Chart unter der Lupe), sondern auch die Positionierung. So haben die institutionellen Investoren in den USA ihre Cash-Bestände

+
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in den letzten Wochen deutlich verringert, während trendfolgende Strategien (CTAs) ihre Position von „short“ auf „long“ gedreht haben. Derweil mussten Hedge Fonds ihre Wetten auf fallende Kurse bei besonders spekulativen Titeln angesichts eines „Short Squeeze“ reduzieren. Auch von dieser Seite fehlt nun kurzfristig weitere (Kauf-)Nachfrage.

Anleihen: Cash is King • 2023 gilt für viele Analysten als Comeback-Jahr für Anleihen – die Anleger sehen es ebenso. Im Januar und Februar haben sie weltweit mehr als 20 Milli-

arden US-Dollar in Unternehmensanleihen hoher Bonität (Investment Grade) gesteckt – so viel wie nie zuvor. Mit Renditen oberhalb von 5% ist die Anlageklasse insbesondere in den USA tatsächlich interessant. Es kommt aber auf den Zeithorizont des Anlegers an. Nachdem die Kreditaufschläge zuletzt weiter gesunken sind und die Fed eventuell noch länger als erwartet die Zinsen erhöht beziehungsweise an hohen Zinsen festhält, erscheint das unmittelbare Kurspotential limitiert. Konkurrenz bekommen Anleihen inzwischen auch von Geldmarktanlagen.

„Cash is King“ – dies gilt angesichts der hohen Verz-

Mit Renditen oberhalb von 5% ist die Anlageklasse insbesondere in den USA tatsächlich interessant

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Goldnachfrage von Notenbanken und Staatsfonds um das Zweieinhalbfache gestiegen

insung bei gleichzeitig erhöhter konjunktureller Unsicherheit mehr als je zuvor.

• Auch (US-)Hochzinsanleihen notieren aktuell bei attraktiveren Renditen als im Schnitt der letzten 5 oder 10 Jahre. Allerdings sind auch hier die Aufschläge gegenüber (sicheren) Staatsanleihen seit Jahresbeginn gesunken und anfällig für eine Korrektur im Falle sich eintrübender Wirtschaftsdaten. Ein Einstieg in den High-YieldBereich sollte daher gestaffelt erfolgen. Über einen längeren Zeithorizont dürfte sich diese Strategie für Anleger auszahlen.

Alternative Anlagen: Semi-liquide Trägheit

• Aktien verzeichneten mit hohen einstelligen Zugewinnen einen sehr guten Jahresstart. Semi-liquide Privatmarktfonds konnten bei diesem Tempo nicht mithalten. Ihre Kursentwicklung verhält sich per Konstruktion eher träge. Auch das verzögerte Reporting trägt in Zeiten starker Aktienmärkte zu einer relativen Underperformance bei. Dieser Umstand kann bei einigen Anlegern zu kognitiven Dissonanzen führen. Diese sollten ihren Fokus jedoch auf die Langfristigkeit ihrer Anlagestrategie legen. Im Jahresverlauf dürften sich die Performancedifferenzen nicht nur verringern, sondern Privatmarktanlagen auch wieder für einen überproportionalen Performancebeitrag sorgen. Insbesondere im Private Equity Sekundärmarkt sowie bei Private Credit sehen wir derzeit gute Anlagechancen.

• Gemäss Daten des World Gold Council ist die Goldnachfrage seitens Notenbanken und Staatsfonds 2022 gegenüber dem Vorjahr um das Zweieinhalbfache gestiegen. Gesteigertes Interesse an der Diversifikation heraus aus dem US-Dollar wird neben anderen Ländern insbesondere aus Russland und China vermutet. Die Nachfrage aus dem offiziellen Sektor dürfte künftig hoch bleiben. Die Invest-

Rekordlange 44 Wochen waren die Pessimisten bei den amerikanischen Privatanlegern in der Überzahl. Die damit verbundene Unterinvestition war eine treibende Kraft der Aktienrally seit Herbst letzten Jahres. Viele Investoren mussten entgegen ihrer Überzeugung auf den fahrenden Zug aufspringen, um gegenüber der Benchmark oder der Peer Group nicht zu weit in Rückstand zu geraten. Inzwischen hat sich das Sentiment normalisiert. Von Euphorie fehlt allerdings auch jede Spur. Ende Februar ist das Bärenlager bereits wieder gewachsen. Zudem betrachten mehr als 60% der US-Fondsmanager den jüngsten Kursanstieg als „Bärenmarktrally“ und nicht wenige Analysten erwarten im Jahresverlauf neue Tiefstände. Damit bestehen gute Chancen, dass es nicht gar so schlimm kommt. Allein im Falle einer Rezession bereits in diesem Jahr sehen auch wir ein Unterschreiten der letztjährigen Tiefs als fast unvermeidlich an.

mentnachfrage könnte hingegen schwach bleiben, das Gold gegenüber Staatsanleihen (und Cash) als sicherer Hafen an Attraktivität verloren hat.

Währungen: Die SNB muss nachlegen

• EUR/USD: Anfangs Februar fand die Euro-Phorie –nicht zufällig bei der psychologischen Marke von 1.10 USD – einen vorläufigen Höhepunkt. Seitdem haben nicht nur die US-Makrodaten positiv überrascht, auch bezüglich des weiteren Zinserhöhungspotentials in den nächsten Monaten hat die Fed gegenüber der EZB aus der Sicht des Marktes wieder aufgeholt. Längerfristig bleibt der Euro aber beträchtlich unterbewertet. Nach der aktuellen Phase der Konsolidierung rechnen wir mit einer weiteren Aufwärtsbewegung.

• GBP/USD: Die Bank of England sieht sich unter den wichtigen Notenbanken derzeit mit der labilsten Wirtschaftslage konfrontiert. Nach dem Zinsschritt Anfang Februar um 50bp auf 4% dürfte die BoE beinahe am Ende der Fahnenstange angekommen sein. Gegenüber Fed und EZB gerät sie aus relativer Zinssicht damit demnächst ins Hintertreffen. Die Underperformance in den letzten Wochen widerspiegelt dies bereits.

• EUR/CHF: Der Ausflug des EUR/CHF-Kurses über die Parität entpuppte sich vorerst als temporärer Ausrutscher. Die Märkte scheinen zuletzt auf mehr als nur einen kleinen (finalen) Zinsschritt der SNB zu wetten. Tatsächlich dürften die SNB-Präsident Jordan bemüht sein eine zu taubenhafte Rhetorik und entsprechend zu zaghafte Taten zu vermeiden. Eine zu grosse Zinsdifferenz zwischen Euro und Franken und daraus resultierende Währungsschwäche wäre im Kampf gegen die Inflation kontraproduktiv.

Chart unter der Lupe

Die Bären werfen (vorübergehend) das Handtuch | Fenster der (antizyklischen) Opportunität schliesst sich Anteil der „Bullen“ und „Bären“ unter US-Privatanlegern

Quellen: American Association of Individual Investors, Kaiser Partner Privatbank -50% -25% 0 25% 50% 2019 2020 2021 2022 2023 Bul en Bären
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Kaiser Partner Privatbank tritt

SIX Digital Exchange bei

SIX Digital Exchange (SDX), die erste vollständig regulierte FMI für digitale Vermögenswerte in der Schweiz, begrüsst die Kaiser Partner Privatbank AG als erstes Mitglied mit Sitz in Liechtenstein auf ihrer CSD-Plattform.

Im Rahmen der strategischen Bemühungen, das Netzwerk der teilnehmenden Mitglieder zu erweitern, begrüsst SDX die Kaiser Partner Privatbank als neues Mitglied in seinem Central Securities Depository (CSD), die erste SDX-Mitgliedsbank aus Liechtenstein.

David Newns, Head of SIX Digital Exchange: "Es ist ein grosser Moment für SDX, dass Kaiser Partner Privatbank sich entschieden hat, unserer CSD-Plattform als Emittent und Zahlstelle für digitale Wertpapiere beizutreten. Die Dienstleistungen der Kaiser Partner Privatbank bereichern das CSD-Angebot von SDX und eröffnen neue Möglichkeiten für Vermögensverwalter, Family Offices und Investoren."

"Unser Ziel ist es, Pionierarbeit zu leisten, indem wir institutionellen Kunden weltweit innovative, vertrauenswürdige und effiziente Finanzmarktinfrastrukturen und Dienstleistungen für digitale Vermögenswerte anbieten. Die Partnerschaft mit strategischen Mitgliedern wie der Kaiser Partner Privatbank ist ein wichtiger Schritt beim Aufbau unserer Plattform", so David Newns.

Christian Reich, CEO von Kaiser Partner Privatbank: "Unsere bestehenden Dienstleistungen für Intermediäre sind ein Schlüsselelement, um die komplexen Finanzbedürfnisse unserer Kunden zu erfüllen, da sie ihnen die Finanzierung von Investitionen oder den Handel mit illiquiden Vermögenswerten ermöglichen. Das CSD-Angebot von SDX wird uns helfen, diese Bedürfnisse noch besser zu erfüllen, indem es die Effizienz im gesamten Anlageprozess verbessert. Kaiser Partner war schon immer bestrebt, mit den besten Partnern zusammenzuarbeiten, um unseren Kunden die bestmöglichen Lösungen anzubieten. Wir freuen uns, unsere langjährige Beziehung zu SIX Group durch diese neue Mitgliedschaft zu erweitern und unser Intermediärgeschäft gemeinsam mit SDX auszubauen."

Über SDX

SDX verfügt über eine Lizenz der Schweizer Finanzmarktaufsicht FINMA für den Betrieb einer Börse und eines Central Securities Depository (CSD). SDX bietet die Emission, die Notierung, den Handel, die Abwicklung, das Servicing und die Verwahrung von digitalen Wertpapieren an. SDX engagiert sich für die Zusammenarbeit mit Partnern, Mitgliedern und Kunden, um eine neue Marktstruktur für digitale Vermögenswerte weltweit zu fördern und aufzubauen.

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Die Schweizerische Nationalbank (SNB) avisierte Anfang Januar einen provisorischen Rekordjahresverlust von 132 Milliarden Franken

Thema im Fokus

Notenbanken in den roten Zahlen

Die Ära von Tiefst- und Negativzinsen ist seit letztem Jahr vorbei. Diese Zeitenwende bedeutet nicht nur höhere Renditen für Anleger, sie bringt auch massive Verluste für die Notenbanken mit sich. Zwar können sie nicht „Pleite gehen“ und selbst mit negativem Eigenkapital agieren. Dennoch bleiben die roten Zahlen nicht ohne Folgen. Im Falle von länger anhaltenden Verlustserien könnte die Unabhängigkeit der Notenbanken in Gefahr geraten.

Zeitenwende für Banken – und Notenbanken Bankaktien gehörten in den letzten Wochen und Monaten zu den relativen Gewinnern am Aktienmarkt. Nach jahrelanger Dürre haben sich die Perspektiven für das Zinsgeschäft von Geschäftsbanken merklich aufgehellt und Anleger sehen für die insbesondere in Europa lange Zeit von Tiefstzinsen geplagten Finanzinstitute endlich wieder Licht am Ende des Tunnels. Doch auch für die Notenbanken haben höhere Leitzinsen und gestiegene Anleiherenditen Konsequenzen – diese sind weder trivial noch gänzlich unproblematisch. Tatsächlich türmen sich bei den Notenbanken die Verluste. Die australische Zentralbank (RBA) verbuchte 2022 einen Buchverlust von 37 Milliarden australischen Dollar, der das Eigenkapital mehr als aufzehrte. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) avisierte Anfang Januar einen provisorischen Rekordjahresverlust von 132 Milliarden Franken. Im vergangenen September macht die niederländische Zentralbank in einem Schreiben an die Regierung bekannt, dass sie die möglichen Zinsverluste der kommenden Jahre auf 9 Milliarden Euro schätzt. Auch die Fed in den USA kann seit Herbst 2022 nicht mehr jede Woche Milliardenbeträge an das Finanzministerium überweisen. Vielmehr wächst seitdem auf der Bilanz

Von stetigen Überschüssen... | ...zu einer wachsenden Verbindlichkeit Überweisungen der Fed an das US-Finanzministerium bzw. ab September 2022 Verbindlichkeiten (in Milliarden US-Dollar)

der US-Notenbank ein Schuldenposten („deferred asset“) gegenüber dem US Treasury, der irgendwann in der Zukunft (wenn die Fed wieder Gewinne macht) einmal beglichen werden muss.

Die Mechanik der Verluste

Die Ursachen für den Wandel von zuverlässigen Gewinnmaschinen zu Verlustproduzenten unterscheiden sich je nach Notenbank mitunter im Detail. Im Grossen und Ganzen liegt der Grund jedoch in den im letzten Jahrzehnt massiv gewachsenen Notenbankbilanzen – diese werden nun zum Problem. So müssen die Notenbanken für die auf der Passivseite ihrer Bilanz verbuchten Einlagen der Geschäftsbanken, welche in den letzten Jahren ebenfalls stark angestiegen sind, inzwischen wieder Zinsen zahlen. Dieser Zinsaufwand ist mittlerweile deutlich höher als die Zinserträge, welche die Notenbanken mit den Anleihen auf der Aktivseite der Bilanz verbuchen. Die Anleihen wurden in der Vergangenheit nämlich meist zu deutlich tieferen, teils gar negativen Renditen gekauft. Da die Zinskosten in den nächsten Monaten mit weiter steigendem Leitzinsniveau noch zunehmen werden, während die Zinserträge nur vergleichsweise langsam ansteigen dürften, werden die Verluste auf diese Art vorerst noch längere Zeit weiter anwachsen. Beim Beispiel der Bank of England (BoE) gibt es neben dieser Verlustmechanik noch eine weitere Verlustquelle: Im Gegensatz zur Fed (und bald auch EZB) lässt die BoE im Rahmen des „Quantitative Tightening“ nicht nur bestehende Wertpapierpositionen auslaufen, ohne sie zu ersetzen. Sie verkauft zudem auch Anleihen, die sie früher zu deutlich höheren Preisen gekauft hatte und realisiert damit aktiv Verluste. Etwas anders gelagert ist der Fall wiederum bei SNB und RBA. Diese gehören zu den wenigen Notenbanken, welche ihre Wertpapierpositionen zu Marktpreisen bewerten („mark-to-market“). Somit erklären sich die riesigen Buchverluste durch die schwachen Aktien- und Anleihemärkte im letzten Jahr.

Spielt es eine Rolle?

Sind die Verluste der Notenbanken nun ein Problem oder ein Non-Event? Tatsache ist, dass Notenbanken auch dann geldpolitisch vollständig handlungsfähig bleiben, wenn ihr Eigenkapital durch Verluste komplett

Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank

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aufgefressen bzw. negativ geworden ist. Theoretisch kann eine Notenbank jederzeit so viel Geld drucken wie sie möchte. Illiquid werden oder „Pleite gehen“ kann sie nicht. Theoretisch besteht auch kein Zwang dazu eine überschuldete Bilanz zu sanieren. Ein gar nicht so historisches Beispiel für eine verschuldete Notenbank ist die tschechische Zentralbank, die von 2002 bis 2013 infolge von Wertberichtigungen auf die erheblichen Devisenreserven ein negatives Eigenkapital aufwies. Selbst die für ihre stabilitätsorientierte Politik gerühmte Deutsche Bundesbank war zu Beginn der 1970er Jahre technisch betrachtet überschuldet, weil die Verluste das Eigenkapital übertrafen.

Ganz ohne Konsequenzen ist eine schwachbrüstige Notenbank allerdings nicht. Zwar ist eine Rekapitalisierung überschuldeter Notenbanken nicht nötig. Indirekt sind die Steuerzahler aber betroffen, wenn die Notenbankverluste zu geringeren oder gar einem Ausfall von Gewinnausschüttungen führen. Im aktuellen Beispiel der Schweizerischen Nationalbank ist genau dies geschehen. Und so müssen Schweizer Bund und Kantone in diesem Jahr auf die bis zu 6 Milliarden Franken auf-

grund der riesigen SNB-Verluste komplett verzichten. Ein noch grösseres Problem wären indes wohl länger anhaltende Verlustserien. Wenn die Öffentlichkeit aus einer dauerhaft überschuldeten Notenbank auf einen Wertverlust der Währung schliesst, könnte dies die Reputation der Notenbank gefährden. Sieht sich die Politik zur Begrenzung eines solchen Reputationsverlusts zur Rekapitalisierung der Notenbank gezwungen, so könnte dies nicht nur ihre Unabhängigkeit gefährden. Auch ihre Glaubwürdigkeit als Hüter der Geldwertstabilität würde in einem solchen Falle leiden.

Fazit: Die Verluste der Notenbanken werden sich in den kommenden Monaten weiter auftürmen. An Handlungsfähigkeit büssen sie deshalb nicht zwingend ein. Die Aussicht auf grosse Verluste könnten aber beispielsweise Fed und EZB dazu veranlassen schneller als geplant ihre Bilanzsummen zu reduzieren (und die Geldpolitik somit noch restriktiver zu gestalten). Im Szenario einer lang anhaltenden Verlustserie könnten Rekapitalisierungen zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit führen. So schnell dürfte das Thema nicht von der Agenda verschwinden.

Die Deutsche Bundesbank war zu Beginn der 1970er Jahre technisch betrachtet überschuldet

Kaiser Partner Privatbank AG | Monthly Market Monitor - März 2023 15

Ask the experts

Was unsere Kunden (und die Finanzmärkte) bewegt

Konjunktur: Keine Gasmangellage in Europa und ein heisslaufender Jobmarkt in den USA – ist die Rezession abgesagt?

Kaiser Partner Privatbank: Die Strom- und Gaspreise sind gesunken, das Inflationshoch befindet sich im Rückspiegel und Chinas „Wiedereröffnung“ verspricht in den kommenden Quartalen einen Wachstumsschub – das Rezessions-Gespenst hat sich in Europa verzogen. Ausgehend vom Tiefpunkt im letzten Herbst hat sich die Stimmung bei Unternehmen (und Konsumenten) deutlich gebessert (oder zumindest einen Boden gefunden). Immer mehr Ökonomen verabschieden sich von ihren Rezessionsprognosen und heben ihre Wachstumserwartungen für 2023 wieder an. Die Wachstumszahlen für die Eurozone im vierten Quartal fielen mit einem Mini-Plus von 0.1% bereits besser aus als befürchtet. Allein in Deutschland gab es für das Schlussquartal eine überraschende Abwärtsrevision, dort könnte es diesen Winter tatsächlich eine „technische“ Rezession geben.

Die Rezessions-Frage lässt sich deshalb natürlich nicht einfach begraben. Sie stellt sich mit Blick auf die USA weiterhin und bleibt für die Analystengemeinde ein kniffliges Rätsel. Denn etablierte Makroindikatoren wie die US-Zinskurve oder der Conference Board Leading Indicator zeigen weiterhin ein gestiegenes Rezessionsrisiko an. Die Ankündigungen von Massenentlassungen, insbesondere bei den grossen Technologieunterneh-

men und in der Finanzbranche, scheinen in dieses Bild zu passen. Im Widerspruch dazu stehen jedoch die sehr starken Zahlen vom US-Arbeitsmarkt (welche allerdings anfällig für grössere Revisionen sind): Im Januar wurden 514‘000 neue Stellen geschaffen und die Arbeitslosenquote fiel auf ein 54-Jahrestief (3.4%). Die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen stieg zuletzt wieder, während die Erstaufträge auf Arbeitslosenhilfe zurückgingen. Die zwiespältige Datenlage reflektiert sich nicht zuletzt in den Rezessionsprognosen der Wall Street Journal Forecaster Survey. Dort reicht die Prognosespannbreite für die Erwartung einer Rezession in den nächsten 12 Monaten von 10% bis 100%. Der Median liegt bei relativ hohen 65% und glaubt somit nicht an eine „sanfte Landung“.

Wir tendieren eher zum Lager der Optimisten. Unsere im Jahresausblick [Link] formulierte Erwartungshaltung bleibt intakt: Eine Rezession droht in den USA wahrscheinlich erst später als von der Mehrheit erwartet und dürfte dann relativ mild ausfallen. Vermeidbar ist sie letzten Endes aber wohl kaum – zu schwierig ist die dauerhafte Feinkalibrierung der Geldpolitik der Fed angesichts der vielen Unsicherheiten und Variablen (sowie ihres schlechten Track Records). Doch es dürfte noch etwas dauern. Auf jeden Arbeitslosen kommen derzeit 1.9 offene Stellen, in fast allen Industrien gibt es mehr Vakanzen als üblich. Wer jüngst entlassen wurde und/oder aktuell einen Job sucht, dürfte in den

Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank 100% 80% 60% 40% 20% 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 Anzahl Analysten Median: 65% Wachstumszahlen für die Eurozone im vierten
mit
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Überwiegend pessimistisch | Die Wall Street glaubt nicht an die sanfte Landung Geschätzte Wahrscheinlichkeit für eine US-Rezession (in den nächsten 12 Monaten)
Quartal
Mini-Plus von 0.1%

nächsten Quartalen relativ einfach eine neue Anstellung finden. Zudem verfügen die US-Haushalte immer noch über 1.4 Billionen US-Dollar Überschussersparnisse aus der Pandemie. Basierend auf der aktuellen Sparquote würde es noch 15 Monate dauern bis diese Ersparnisse komplett aufgebraucht sind. Der amerikanische Konsummotor wird also noch nicht so schnell ins Stottern kommen. Mitte 2024 dürfte die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession dann aber massiv steigen. Einerseits sollten die nachgelagerten Effekte des Fed-Zinserhöhungszyklus dann immer spürbarer werden. Andererseits ist ein Szenario nicht auszuschliessen, in dem es nach der momentanen Phase der Disinflation zu einer zweiten Inflationswelle kommt. Die Öffnung Chinas könnte inflationär wirken, ebenso wie künftig (dank aktuell fallender Inflation) wieder steigende Reallöhne. Die Fed wäre dann dazu gezwungen für längere Zeit an einem sehr restriktiven Zinsniveau festzuhalten. Ein deutlicherer Anstieg der Arbeitslosigkeit und eine Rezession wären in diesem Szenario unwillkürlich das Ergebnis.

Geldpolitik: Am Zinsmarkt spekulieren die Marktteilnehmer auf bald schon wieder fallende US-Leitzinsen und sind somit gegen den „Dot Plot“ der Fed positioniert. Gilt das Sprichwort „Don’t fight the Fed“?

Kaiser Partner Privatbank: Die US-Notenbank und der Finanzmarkt sind sich uneinig. Die Fed sieht die US-Leitzinsen in ihrem „Dot Plot“ am Jahresende bei 5.1% (Medianschätzung). Aus den Fed Fund Futures lässt sich wiederum herauslesen, dass die Finanzmarktteilnehmer zwar auch ein Hoch der Leitzinsen bei 5.1% (im Sommer) erwarten, bis Jahresende aber bereits wieder einen Rückgang um 50bp sehen. Einigkeit besteht hingegen darüber, dass die Zinsen bald wieder fallen – und dass das momentane Zinsniveau bereits im klar restriktiven Bereich ist. Ende 2024 sieht die Fed den US-Leitzins im Median nur noch bei 4.1%, der Finanzmarkt gar noch etwas tiefer. Im Grunde genommen stellen sich die Marktteilnehmer damit gar nicht unbedingt gegen die Fed. Sie rechnen „nur“ damit, dass diese bald wieder eine Kehrtwende einlegt – entweder weil die Inflation in den nächsten Monaten sehr schnell zurückgeht oder weil die USA schon in Kürze in eine Rezession rutschen. In jedem Fall implizieren die Marktpreise, dass das Zinslevel (unnötigerweise) temporär zu weit angehoben wird und die Fed damit einen geldpolitischen Fehler begeht.

Das Motto „Don’t fight the Fed” sollte man derzeit wohl am besten folgendermassen interpretieren: Die Fed ist noch mitten im Zinserhöhungszyklus, die Aktienrally der letzten Wochen widerlaufen ihren Bemühungen ein restriktiveres monetäres Umfeld zu schaffen. Diverse „Financial Conditions“-Indizes zeigen zuletzt vielmehr eine deutliche Lockerung an. Für Anleger bieten sich zumindest teilweise Gewinnmitnahmen an. Denn die ohnehin geringe Wahrscheinlichkeit einer „sanften“ Landung der US-Wirtschaft liesse sich wohl nur dann realisieren, wenn die US-Notenbank per sofort umschwenken würde. Doch das ist nicht ihr Plan. Sollten die Zinssenkungen

dann früher oder später kommen, sind auch diese nicht zwingend ein Grund für Anlegerfreuden. Ist die Ursache fallender künftiger Leitzinsen nämlich tatsächlich eine Rezession, dürften die tiefsten Kurse an den Aktienmärkten erst noch bevorstehen.

Bald wieder rückwärts? | Die Finanzmärkte erwarten eine baldige Kehrtwende der Fed (Implizit) erwartete Veränderung der Fed Funds Rate, in Basispunkten

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Quellen: Bloomberg, Kaiser Partner Privatbank

Performance per 28. Februar 2023

und Agenda

Die letzte Seite Anlageklassen

Anlageklassen seit Jahresbeginn 1 Monat 1 Jahr 3 Jahre Liquidität CHF 0.1% 0.2% -1.2% EUR 0.2% 0.9% -0.1% USD 0.4% 3.0% 3.6% Festverzinsliche Anlagen Staatsanleihen -1.6% -10.1% -13.2% Unternehmensanleihen -3.1% -11.7% -11.9% Mikrofinanz 0.4% 2.2% 7.0% Inflationsbasierte Anleihen -1.8% -15.2% -7.2% Hochzinsanleihen -1.6% -5.4% 1.9% Schwellenländeranleihen -2.4% -9.4% -15.2% Versicherungsbasierte Anl. 1.7% 0.9% 10.4% Wandelanleihen -1.7% -8.6% 22.2% Aktien Global -1.6% -4.9% 35.3% Schweiz -1.4% -6.8% 16.4% Europa 1.6% 6.6% 30.3% Grossbritannien 1.9% 10.7% 34.2% USA -2.4% -8.9% 38.4% Schwellenländer -6.5% -17.7% -4.1% Alternative Anlagen Rohstoffe -5.0% -7.3% 49.6% Gold -5.3% -4.3% 15.2% Immobilien Schweiz 1.8% -10.7% -0.6% Hedgefonds -0.4% -1.4% 8.3% Währungen EUR/USD -2.6% -5.7% -4.1% EUR/CHF 0.1% -3.1% -6.4% GBP/USD -2.4% -10.4% -6.2%
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Auf unserer Agenda

• 4. März bis 11. März: „Zwei Sitzungen“ in China

Die „zwei Sitzungen“ – der nationale Volkskongress und die politische Konsultativkonferenz – markieren den offiziellen Start von Präsident Xi Jinpings dritter Amtszeit. Hochrangige Positionen in der Regierung und der Partei werden wechseln und Xis Machtposition dürfte gestärkt werden. Nachdem China den Kampf gegen Covid-19 für gewonnen erklärt hat, konzentriert sich nun alles auf die Ankurbelung der Wirtschaft – neue Konjunkturprogramme dürften angekündigt werden.

• 10. März: Zinsentscheid der Bank of Japan

Auf seiner letzten Sitzung als Gouverneur der japanischen Notenbank dürfte der Ingenieur der „Zinskurvenkontrolle“, Haruhiko Kuroda, von Überraschungen absehen. Die Abnabelung von der ultralockeren Geldpolitik dürfte er seinem Nachfolger, Kazuo Ueda, überlassen. Dessen erste BoJ-Sitzung ist für den 27./28. April terminiert.

• 10. März: US-Arbeitsmarktdaten

Nach den überraschend starken Daten im Januar – mit mehr als 500‘000 neu geschaffenen Stellen und der tiefsten Arbeitslosenquote seit 54 Jahren (3.4%) – blicken die Finanzmärkte gespannt auf die Februarzahlen. Erneut positive Zahlen würden eine Rezession in der kurzen Frist (noch) unwahrscheinlicher machen, ebenso unwahrscheinlicher würde jedoch auch ein baldiges Ende der Zinserhöhungen.

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Herausgeberin: Kaiser Partner Privatbank AG

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E: bank@kaiserpartner.com

Redaktion: Oliver Hackel, Senior Investment Strategist

Roman Pfranger, Head Private Banking & Investment Solutions

Design & Druck: 21iLAB AG, Vaduz, Liechtenstein

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