Südthüringische Wirtschaft - Ausgabe 4/2018

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XXXXX RECHT © Paul-Georg Meister/pixelio.de

Die Künstlersozialabgabe Unternehmen müssen sich an der Finanzierung von Künstlern und Publizisten beteiligen An den Beiträgen zur Sozialversicherung für selbstständige Künstler und Publizisten müssen sich durch die betriebliche Künstlersozialabgabe alle Unternehmen beteiligen, die künstlerische oder publizistische Leistungen für betriebliche Belange beanspruchen. Auch Unternehmen, die nur gelegentlich künstlerische oder publizistische Leistungen in Anspruch nehmen, etwa zur Erstellung von Webseiten oder Broschüren, müssen die Künstlersozialabgabe zahlen. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Verwertung solcher Dienstleistungen alleiniger oder maßgeblicher Gegenstand des Unternehmens ist. Nicht eine Vermarktung der künstlerischen Werke ist maßgebend, sondern deren Inanspruchnahme für eigene Unternehmenszwecke. Demnach sind fast alle Unternehmen zur Zahlung der Künstlersozialabgabe verpflichtet, sobald sie entsprechende Leistungen abnehmen und honorieren. Voraussetzungen für Abgabepflicht Für die Abgabepflicht sind zwei Voraussetzungen gefordert: Der Betrieb gehört erstens zum Kreis der abgabepflichtigen Unternehmen und zweitens erfolgt eine tatsächliche Zahlung von Honoraren an selbstständige Künstler für deren Leistungen oder Werke. Zum Kreis der abgabepflichtigen Unternehmen gehören die klassischen Verwerter wie Verlage, Presseagenturen, Bilderdienste, Theater, Werbe- und PR-Agenturen. Darüber hinaus sind alle Unternehmen zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, die Werbung und/oder Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen und/oder die eigenen Produkte nicht nur gelegentlich betreiben. Eigenwerbung und Öffentlichkeitsarbeit können sehr weit gefasst sein. Gemeint sind z. B. Image- und Produktwerbung, Konzerte, Vorträge, Preisverleihungen, Vernissagen, Empfänge, Pressekonferenzen, Pressegespräche, Publikationen wie Geschäftsberichte, Broschüren, Flyer, Internet und Intranet. „Nicht nur gelegentlich“ bedeutet, dass es sich um regelmäßig wiederkehrende Aufträge handelt, die zu bestimmten Anlässen, Zeitpunkten, Intervallen, jedoch mindestens einmal jährlich erteilt werden. Letztendlich hat der Gesetzgeber auch noch eine Generalklausel geschaffen. Unter diese Abgabepflicht fallen auch Unternehmen, die unabhängig vom eigentlichen Zweck des Unternehmens nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler/ Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke des Unternehmens zu nutzen und damit Einnahmen zu erzielen. Es kann sich dabei z. B. um Unternehmen handeln, die Produkte oder Verpackungen gestalten lassen. Abgabepflichtig sind nach der Generalklausel Unternehmer, die jährlich mehr als drei Veranstaltungen mit selbstständigen

Künstlern organisieren und damit Einnahmen erzielen wollen. Darunter würde z. B ein Restaurantbetreiber fallen, der einen Musiker zur Unterhaltung der Gäste organisiert, um den Absatz anzukurbeln. Bezieht sich die Auftragserteilung nicht auf Veranstaltungen, sondern auf andere Maßnahmen, z. B. Erstellung einer Internetseite, Entwurf eines Flyers, reicht bereits eine einmalige Auftragserteilung oder Nutzung im Jahr aus. Welche Ausnahmen gibt es? Von der Pflicht zur Künstlersozialabgabe gibt es Ausnahmen, z. B. für nichtkommerzielle Veranstalter oder Vereine. Von der Abgabepflicht ebenfalls ausgenommen ist grundsätzlich die Eigenvermarktung durch den Künstler selbst. Auch Endverbraucher, die z. B. ein Buch oder eine Eintrittskarte für eine Theater­aufführung kaufen, sind nicht abgabepflichtig. Denn dabei handelt es sich nicht um Unternehmen, sondern um Konsumenten. Bemessungsgrundlage Zur Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe gehören alle in einem Kalenderjahr an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte. Zu dem meldepflichtigen Entgelt gehört alles, was das Unternehmen aufwendet, um das/die Werk/Leistung zu erhalten oder zu nutzen. Zum meldepflichtigen Entgelt gehört also das Honorar, aber auch jeglicher Ersatz für die Aufwendungen und Nebenleistungen des Künstlers/Publizisten wie z. B. Telefonkosten, Frachtkosten, Werkzeichnungen, Material- und Personalkosten. Nicht zu den Bemessungsgrundlagen gehören: die Umsatzsteuer des selbstständigen Künstlers, Zahlungen an Verwertungsgesellschaften (GEMA, VG Wort), Zahlungen an eine KG, OHG oder juristische Personen (GmbH, AG, Anstalten, Körperschaften, Stiftungen) sowie Zahlungen an eine GmbH & Co KG. Erteilt ein Unternehmen zwar einen Auftrag, nimmt das Werk aber nicht ab und zahlt kein Honorar, besteht ebenfalls keine Abgabepflicht. Erst dann, wenn auch tatsächlich Entgelt, Honorar oder Gage gezahlt wird, tritt die tatsächliche Abgabeschuld ein. Unerheblich ist im Übrigen auch, ob der Künstler/ Publizist überhaupt in der Künstlersozialversicherung versichert ist. Die Abgabepflicht besteht, sobald die gesetzlichen Kriterien dafür erfüllt sind. Weder der sozialversicherungsrechtliche noch der steuerrechtliche Status des Auftragnehmers (Künstlers/Publizisten) spielen dabei eine Rolle. Künstler in diesem Sinne ist auch, wer die künstlerische Tätigkeit nur nebenberuflich bzw. nicht berufsmäßig ausübt. Das betrifft z. B. Studenten, Rentner, die sich durch eine künstlerische Tätigkeit etwas hinzuverdienen wollen. Abgabepflichtig sind grundsätzlich nur öffentliche Veranstaltungen. Eine Betriebsfeier,

zu der ausschließlich Betriebsangehörige ggf. mit Ehegatten oder Partnern eingeladen sind, gehört nicht dazu, da es keine öffentliche Veranstaltung ist. Ebenen der Beitragslast Die Beitragslast zur Finanzierung der Sozialversicherung der selbstständigen Künstler und Publizisten ist auf drei Ebenen verteilt. Die Versicherten selbst tragen durch ihren eigenen Beitragsanteil 50 Prozent. Unternehmen, die künstlerische Leistungen verwerten, tragen 30 Prozent und 20 Prozent trägt der Bund. Dieses Finanzierungsprinzip gilt für die Kranken-, Pflegeund Rentenversicherung. Die Künstlersozialabgabe stellt dabei den Beitragsanteil der abgabepflichtigen Unternehmen (Auftraggeber, Arbeitgeber, Verwerter) dar, welcher an die Künstlersozialkasse zu zahlen ist. Die Künstlersozialabgabe wird in Höhe eines für alle abgabepflichtigen Unternehmen geltenden einheitlichen Prozentsatzes erhoben. Sie berechnet sich aus den Entgeltzahlungen an selbstständige Künstler/Publizisten. Abgabensatz Im Jahr 2017 lag der Abgabensatz für die Künstlersozialversicherung bei 4,8 Prozent. Zum 1. Januar 2018 sank der Abgabensatz deutlich. Seit diesem Zeitpunkt beträgt er 4,2 Prozent. Unternehmen, die nur gelegentliche Aufträge an selbstständige Künstler und Publizisten vergeben, müssen keine Künstlersozialabgabe bezahlen. Als „gelegentlich“ werden Aufträge dann bezeichnet, wenn eine „Geringfügigkeitsgrenze“ von insgesamt 450 Euro pro Kalenderjahr nicht überschritten wird. Dieser „Freibetrag“ gilt allerdings nur für Unternehmen, die unter die Generalklausel fallen. Unternehmen, die typischerweise künstlerische Leistungen selbstständiger Künstler in Anspruch nehmen, sind davon ausgenommen. Termine/Verjährung Abgabepflichtige Unternehmen müssen jeweils bis zum 31. März des Folgejahres sämtliche an selbstständige Künstler/Publizisten geleisteten Entgelte des Vorjahres an die Künstlersozialkasse melden. Die Künstlersozialkasse versendet zum Ende jedes Kalenderjahres einen Meldebogen. Aufgrund der Entgeltmeldung ermittelt die Künstlersozialkasse den zu zahlenden Betrag und teilt diesen dem abgabepflichtigen Unternehmen mit. Für die Verjährung der Ansprüche auf Künstlersozialabgabe gelten die Vorschriften des SGB IV. Ansprüche verjähren danach in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Etwas anderes gilt, wenn die Künstlersozialabgaben wenigstens mit bedingtem Vorsatz vorenthalten wurden. In diesem Fall gilt die 30-jährige Verjährungsfrist. Südthüringische Wirtschaft 4/2018 31


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