Die Erfinder und sich wieder neu Erfinder

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BRANCHENGESCHICHTEN AUTOMOTIVE den Schienen auf völlig andere Weise Schwung (siehe Folgeseiten). Früh wusste er sich auch aus Frankreich eine Lizenz für den Automobilbau zu sichern: Schon Ende 1898 rollte das erste Modell aus seiner Fabrik.

die Motorradproduktion ein, was ihn wertvolle Fachkräfte kostete. Insgesamt waren bei Simson mehr als 210.000 Motorräder gefertigt worden. Die später so erfolgreiche Vogel-Serie der Kleinkrafträder befand sich noch in der Erprobung und wurde ab 1964 gebaut: Schwalbe, Spatz, Star, Sperber und Habicht. Ihr Kult-Status lebt weiter.

„Simson Supra“ – das bekannteste Automobil aus Suhl Zwei Jahre zuvor hatte man in Suhl bei der 1856 gegründeten Firma „Simson & Co.“ mit der Fahrradproduktion begonnen, 1904 waren hier bereits 1.200 Menschen beschäftigt. Zulieferer siedelten sich in der Nachbarschaft an und auch bereits ansässige Unternehmen sprangen auf den Zug auf, so etwa die Wissner AG in Zella-MehIis, die sich auf die Herstellung von Läutwerken spezialisiert hatte und ihren Namen später z. B. mit der Fahrradklingel „Kuckucksglocke“ hörbar in alle Welt trug. 1908 begann man bei Simson mit der Entwicklung eines Automobils, 1911 ging der „Simson A“ in Serie. Von da an wurden in den Simson-Werken fünf PKW-Generationen entwickelt und produziert. Der „Simson Supra“ ist das Bekannteste, zwischen 1924 und 1934 sind rund 1.520 Exemplare entstanden, entwickelt von Konstrukteur Paul Henze, der 1922 von der Reichenberger Automobilfabrik und den Steiger-Werken Burgrieden zu Simson wechselte. Sein Supra war ein echter Sportwagen: Typ S von 1924 leistete 50 Pferdestärken aus zwei Litern Hubraum, glänzte mit bis zu 140 km/h und Motorsportsiegen. Die Automobilproduktion wurde aber nach der Enteignung der Familie Simson 1934 zu Gunsten der Rüstungsproduktion eingestellt. 1936 gelang der jüdischen Familie die Flucht; sie wanderte in die USA aus.

Räder bewegen die Welt: 1950 stellte Simson ein Motorrad mit 250-ccm-Viertaktmotor vor, die legendäre „AWO 425“. Foto: Deutsche Fotothek

Ende 1990 hielt die Treuhandanstalt Simson nicht für privatisierungsfähig. Einige sahen in dem weltweiten Bestand von Millionen Simson-Fahrzeugen Potenzial, doch alle Anläufe scheiterten, Simsons Tore schlossen sich 2002 nach 146 Jahren. Als beharrlich im Geschichtsverlauf erwiesen sich die Ehrhardt’schen Gründungen; die Fahrzeugfabrik Eisenach etwa ist seit 1896 der drittälteste Automobilstandort Deutschlands.

Die Vogelserie: Eine Schwalbe macht viele Sommer Ende 1948 erteilte die Sowjetische Militäradministration den Befehl, ein seitenwagentaugliches Motorrad mit 250-Kubikzentimeter-Viertaktmotor zu bauen – die legendäre „AWO 425“. 1950 auf der Leipziger Frühjahrsmesse vorgestellt, wurden bis Jahresende bereits 1.000 Maschinen gebaut. Auch die Folgemodelle waren gefragt, doch auf Beschluss der DDR-Wirtschaftsführung, die so die Auslastung des Motorradwerkes Zschopau steigern wollte, stellte der nunmehr volkseigene Betrieb 1961

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Nach der Wende: Die Zulieferindustrie strebt auf Südthüringen wusste den Standortvorteil ab 1990 nach diffizilen Strukturveränderungen zu nutzen. Neues Kapital suchte althergebrachtes Können, mit den großen Namen und ihren Forschungs- und Entwicklungs-Kapazitäten steigern sich die Marktfähigkeit der Produkte und das Wissen in der Region erneut. So lockte z. B. der Produktionsstandort der


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