BRANCHENGESCHICHTEN GLAS Die erste westdeutsche Investition nach Grenzöffnung Es war unmittelbar nach der Grenzöffnung, als sich im Dezember 1989 die Wiegand-Geschäftsführer mit der Leitung des VEB Glaswerks Großbreitenbach trafen. Schon wenige Wochen später, im Januar 1990, wurde die Zusammenarbeit per Handschlag besiegelt und im Mai notariell bestätigt – das erste westdeutsche Unternehmen, das auf ostdeutschem Boden investierte, ging nach Großbreitenbach. Nach dem Siegeszug der PET-Flasche gründete Wiegand hier auch 1997 die PET-Verpackungen GmbH Deutschland, die heute zu den namhaften Preform- und PET-Flaschen-Herstellern in Europa zählt. Voraussetzung dafür ist die permanente Anpassung des Werkzeug- und Maschinenparks: Als im April 2016 „die PET“ eine neue Anlage in Betrieb nimmt, herrscht nebenan schon wieder Baustellenbetrieb zur Erweiterung der Produktion. Rund 120 Beschäftigte fertigen täglich mehr als sieben Millionen Preforms und eine Million Flaschen. 2011 hatte Wiegand mit Übernahme der schweizerischen Vitrum Holding AG auch deren Tochtergesellschaft Thüringer Behälterglas GmbH Schleusingen nach Hause geholt und ordnete 2015 die Werke neu in der Wiegand-Glashüttenwerke GmbH und der Wiegand-Glas Logistik GmbH mit Verwaltung in Steinbach am Wald. Im Januar 2016 schießlich erwarb die Wiegand-Gruppe das Glaswerk in Ernstthal, das seit der Wende manchen Kampf auszufechten hatte. Vertrauen in die Region und ihre Fachkräfte, Weitergabe von Knowhow durch Generationen übergreifende Zusammenarbeit. Foto: Wiegand-Glas
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Mit IHK-Patenschaft aus der Krise 1923 im Landkreis Sonneberg gegründet, war das Glaswerk Ernstthal 1990 zur selbständigen GmbH umgewandelt worden. Seine Produkte waren zum Teil bereits auf dem westlichen Markt eingeführt, ihre Qualität anerkannt. Doch war der Fortschritt wie in vielen DDR-Industriekombinaten auf der Strecke geblieben. Trotz erneuerter Glasform-Maschine und Energieversorgung gestaltete sich die Privatisierung schwierig. Die IHK sprang als Pate ein: 1993 konnten 150 Mitarbeiter übernommen werden, Investitionen und eine verfeinerte Produktpalette halfen dem Glaswerk aus der Krise. 1994 übernahm es der Wuppertaler Glasfabrikant Eberhard Robke, heute Ehrenbürger von Lauscha, dann folgten größere Entwicklungssprünge: Ende 2015 werden pro Tag 600 Tonnen Glas verarbeitet in Flaschen z. B. für Saucen, Öle oder Designerflaschen für Spirituosen.
Die erste westdeutsche Investition auf ostdeutschem Boden: Das Glaswerk Großbreitenbach. Foto: Wiegand-Glas