In einem ersten Zoom hat sich die Gruppe im September 2023 kennengelernt, es gab bereits einige Verbindungslinien wie z.B. zwischen Christiane Huber und Elisa Müller, Elisa Müller und Annett Hardegen, Christiane Huber und Ute Gröbel etc., aber insgesamt kannten sich die meisten Teilnehmer:innen vorher noch nicht untereinander bzw. lediglich flüchtig aus einmaligen Begegnungen. Beim Zoom-Meeting wurde deutlich, dass es der Wunsch aller ist, einen Schwerpunkt unserer Netzwerkarbeit zunächst darauf zu legen, uns untereinander gut kennenlernen zu können, und nicht direkt mit Input von weiteren Personen zu starten.
Für das erste Netzwerktreffen im Oktober in München stand aber bereits fest, dass es eine gemeinsame öffentliche Diskursveranstaltung und einen Input mit der Autorin Dana von Suffrin geben wird, da wir damit thematisch an das Programm des HochX im Rahmen der Theaterarbeit „Die Mühlengeschichte“ angeknüpft haben. Damit stand jenseits des internen persönlichen Kennenlernens thematisch die (Nicht-)Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit auf dem Plan, insbesondere aus jüdischer Perspektive. Dabei waren sowohl das Kennenlernen als auch die Auseinandersetzung über die Nazi-Vergangenheit geprägt von den aktuellen politischen Ereignissen nach dem Angriff der Hamas. Schnell war klar, dass wir alle prinzipiell unsere eigene künstlerische Arbeit im Spannungsfeld der politischen Realitäten sehen/verorten und dass wir ein dringendes Bedürfnis haben, darüber in Austausch zu treten, ebenso schnell war aber auch klar, dass jede von uns ein Stück weit etwas anderes darunter versteht oder eben aufgrund der jeweiligen lokalen Gegebenheiten anders agiert/agieren muss. Daniela Aue beschrieb ihre Situation in Ansbach z.B. als eine, in der sie nicht genau wisse, wie viel progressiven Inhalt sie „ihrem Publikum“ zumuten könne, ohne dass sie es verliere. Anhand dieses Beispiels verdichtete sich eine Arbeitspraxis zum Thema Publikagewinnung und dem Schärfen der eigenen künstlerischen Handschrift, die wir in den folgenden Netzwerktreffen weiterentwickelten: Dabei war es z.B. für Daniela möglich, die Impulse der anderen, wie etwa mehr „Berliner Schnauze und Risikobereitschaft“, für ihr eigenes Schaffen produktiv aufzunehmen. Umgekehrt entstanden daraus erste Ideen für gemeinsame Projekte, die eine Schnittmenge der divergierenden Interessen oder Ausgangssituationen sein könnten: Z.B. waren sich alle einig, dass die Einbeziehung von Jugendlichen in die Theaterarbeit und in Anbindung an den eigenen Theaterort in diesen Zeiten entscheidend ist und dass daraus ein gemeinsames Netzwerkprojekt entstehen kann, mit einerseits neuer Zielgruppen-Gewinnung und andererseits dem Mut, neue künstlerische Schreibweisen zu probieren und dabei politische Impulse zu setzen.
Bei unserem zweiten Treffen im November in Berlin und Strausberg sind sehr gegensätzliche Welten aufeinander getroffen: In der Vierten Welt in Xberg waren wir mitten in der linken Kunst- und Kulturszene und mit den Kolleg*innen von Talking Objects in dekolonialen Diskursen, während wir in Strausberg mit dem alten Postgelände, zu dem die Andere Welt Bühne gehört, auf ein riesiges Grundstück mit viel Wald und einer alten Bunkeranlage getroffen sind, auf dem ein Kulturquartier entsteht bzw. jetzt schon eine Gastwirtschaft und Schreinerei etc. angesiedelt sind. Neben den politischen Diskursen hatte das Treffen deshalb vor allem einen Schwerpunkt im Nachdenken über unsere sehr unterschiedlichen Theaterorganisations- und Finanzierungsformen. Hier haben wir ein großes Potenzial entdeckt, unsere eigene Institution in der Differenz geschärft zu erkennen und (Überlebens-)Strategien der anderen für das eigene zu adaptieren. Zudem haben wir herausgearbeitet, in welchen Feldern wir uns
gut unterstützen können, etwa im Bereich Öffentlichkeitsarbeit oder im Akquirieren gemeinsamer (Bundes-)Gelder, aus Fördertöpfen oder -methoden, die jeweils neu für einzelne von uns waren.
Das Treffen im Dezember stand dann zunächst unter dem Motto, das Spiel.Werk und die Kleinstadt Ansbach kennen zu lernen, um genauer zu verstehen, wie hier die ‚Theaterrealität‘ aussieht und wo wir anknüpfen können. Anschließend haben wir uns Zeit genommen, uns gegenseitig in ausführlichen Showcases unsere aktuellen Arbeiten vorzustellen und uns in einem Feedbackverfahren Impulse, Kritik, Fragen und Anregungen zu geben. Außerdem haben wir an den konkreten Plänen für 2024 gearbeitet, für die es uns wichtig war, Maßnahmen zu erdenken, die unsere jeweiligen Schwachstellen berücksichtigen, und Ideen entwickeln, um uns politisch gegen rechts zu positionieren.