Idea Spektrum Schweiz 51/52/2013

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18. Dezember 2013 | 51/52

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

Mit Christus im Zentrum Warum Thomas und Irene Widmer in einem Gemeinschaftshaus wohnen und ihr Leben mit anderen teilen

5 VFG Leiterforum Theologische Ausbildung im Fokus | 7 idea-Umfrage Welches war das schönste Weihnachtsfest? | 17 Porträt Walter Steck – verdingt, geschlagen, vergeben 28 Seelsorge Wenn Menschen Weihnachten im Knast verbringen müssen www.ideaschweiz.ch


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Frohe Weihnachten und einen segensreichen Dienst im kommenden Jahr wünschen wir den über 1500 Mitarbeitenden und Missionaren im Einsatz weltweit. Arbeitsgemeinschaft evangelischer Missionen

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E DI T OR I A L

Spekulanten und Sucher Liebe Leserin, lieber Leser Die Weihnachtserzählung lebt von den einzelnen Akteuren: Von Maria, Josef und Jesus, vom Wirt, der kein Zimmer mehr frei hatte, den Hirten, die von himmlischen Heerscharen überrascht wurden und den Weisen aus dem Morgenland. Diese haben es mir besonders angetan. Sie interessieren mich, weil sie mir fremd sind, so ganz anders. Wie die Hirten tickten, das kann ich mir in etwa vorstellen, da ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin. Aber diese Weisen, die Magoi aus dem Osten? Wer waren sie? Der Bibelbericht ist schnörkellos: „Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen“ (Matthäus 2,1-2). Weise Menschen suchen Jesus! Möglicherweise kamen sie aus der medischen Hauptstadt Ekbatana angereist. Deren Ruinen finden sich im Umfeld der heutigen iranischen Stadt Hamadan. Hier lebten die Magoi. Sie waren die Bildungselite, eine Mischung aus Philosophen, Priestern und Astronomen. Suchte die Gesellschaft nach Antworten, wurden sie zuerst gefragt. Mit Spekulationen gaben sie sich nicht zufrieden. Sie wollten die Wahrheit herausfinden. Deshalb fragten sie: Wo ist der König der Juden? Sie suchten ihn wirklich! Zwischen Spekulanten und Suchern besteht ein Unterschied. Spekulanten äussern Vermutungen über die Wahrheit. Sie meinen zu wissen, wie Gott ist. Sie lieben das Argumentieren und Diskutieren, aber sie bleiben dabei im Raum der Vermutungen. Letztlich wollen sie nur über die Wahrheit reden, nicht sie kennen. Wirklich Suchende stellen Fragen, denken nach, beobachten, informieren sich, investieren. Für die Wahrheit gehen sie meilenweit. Weise Menschen suchen Jesus. Er ist jede Reise wert. Und Gott liebt die Suchenden: „Wenn du aber dort den Herrn, deinen Gott, suchen wirst, so wirst du ihn finden, wenn du ihn von ganzem Herzen und von ganzer Seele suchen wirst“ (5. Mose 4,29). Weise Menschen finden Jesus. „idea Spektrum“ wünscht allen, die gemeinsam mit uns durch dieses Jahr gegangen sind, von Herzen frohe Weihnachten und ein gesegnetes neues Jahr! Auf Wiederlesen am 8. Januar. Im Namen der ganzen Redaktion, Rolf Höneisen

Impressum Idea Schweiz Herausgeber: Idea Information AG, 4410 Liestal Verwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident, Sam Moser Stellvertreter, Paul Beyeler, Hans Lendi, Helmut Matthies, Matthias Spiess Ideelle Trägerschaft: Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) Redaktion: Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 44, Fax 031 819 71 60 E-Mail: redaktion@ideaschweiz.ch Internet: www.ideaschweiz.ch

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Chefredaktor: Rolf Höneisen (rh) Büro: Steinackerstrasse 4, 9214 Kradolf-Schönenberg, Tel./Fax 071 642 44 21 E-Mail: rolf.hoeneisen@ideaschweiz.ch Redaktion: Thomas Feuz (tf), Christof Bauernfeind (chb) Erweitertes Team: Christian Bachmann (cb), Mirjam Fisch-Köhler (mf ) Verlagsmanager: Bruno Jordi, 031 818 01 26 verlag@ideaschweiz.ch Kundenberatung Anzeigen: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 42; Fax 031 819 38 54 E-Mail: inserate@ideaschweiz.ch

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biblisch Aber ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen, denn wer zu Gott kommen will, der muss glauben, dass er ist und dass er denen, die ihn suchen, ihren Lohn gibt. Hebräer 11,6 Dieses Wort ist wie ein ausgerollter Teppich des Vertrauens, auf dem ich eingeladen bin, zu gehen. Es fordert mich heraus und ermutigt mich gleichzeitig, meinen Blick in den täglichen Herausforderungen auf Gott zu richten und IHM fortwährend zu glauben. Gott zu gefallen ist das Ziel, der Weg dorthin ist mein Vertrauen. Dieser Glaube ist mehr, als nur an die Existenz Gottes zu glauben. Durch die göttliche Kraft geht er über das Machbare hinaus und nährt sich von der Abhängigkeit und Zwiesprache mit Gott, dem nichts unmöglich ist. Gott will uns mit seinem himmlischen Segen beschenken, weil er selbst sagt, dass er jene belohnt, die ihn (fortwährend) suchen. Ein Lieblingsbibelwort von Maja Guidon, Familienfrau, Seelsorgerin und Leiterin der Frühstückstreffen der Frauen in der Deutschschweiz, Balzers.

Aboservice: Jordi AG – das Medienhaus, Franziska Schüller, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54 E-Mail: abo@ideaschweiz.ch Abopreise: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar. Einzelverkaufspreis: CHF 4.– Konto: PC-Konto 40-788586-4 Idea Information AG, 4410 Liestal Layout/Druck/Versand: www.jordibelp.ch Spendenkonto: Idea Information AG, 4410 Liestal PostFinance, 3013 Bern, Konto-Nr. 40-788586-4 IBAN-Nr. CH14 0900 0000 4078 8586 4 BIC-Code POFICHBEXXX

Bildnachweis: Moosrain, idea/Christof Bauernfeind (Titelseite); zvg (Seite 3)

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N ac h r ic h t e n sc h w e i z

Der 19. Bremgartner Christchindlimärt hat dieses Jahr über 100 000 Menschen ins schmucke Städtchen an der Reuss gelockt. Das stellt für diesen Ort mit 6500 Einwohnern eine gigantische logistische Herausforderung dar. Ich habe einmal mehr dankbar gestaunt über die organisatorischen Fähigkeiten der Verantwortlichen. Gleichzeitig bin ich froh, dass ich – ein „frommer Chaot“ – bei den kirchlichen Anlässen mithelfen kann. Am Sonntagnachmittag war das Gedränge unwahrscheinlich gross. Die alte Holzbrücke, über die vor einigen Jahren noch der ganze Strassenverkehr geführt hatte, war so mit Leuten vollgestopft, dass es fast unmöglich war, die andere Seite zu erreichen. Für eine Strecke, die man sonst gemütlich in einer Minute zurücklegt, musste man zwanzig Minuten einrechnen! Um 15 Uhr 30 wurde es brenzlig. Eine Frau, die unter Platzangst leidet, geriet in Panik. Von dieser Attacke wurden auch andere angesteckt. Ein paar Minuten lang muss es auf der historischen Brücke recht gefährlich gewesen sein! Durch das besonnene Einschreiten der Organisatoren konnte Schlimmeres vermieden werden. Eine einzige Person war Auslöser dieser Situation. Eine(r) reicht! Eine Person kann eine Katastrophe auslösen! Man kann das aber auch umdrehen: Einer reicht, um die grösste Katastrophe der Menschheit, nämlich die Gottlosigkeit, rückgängig zu machen. Die Geburt dieses Einen feiern wir in diesen Tagen! Jesus, es ist gut, dass du gekommen bist! Bei deiner Geburt herrschte etwas weniger Rummel! Thomas Prelicz ist Pastor der Evangelischen Gemeinde Bremgarten AG.

Schweizer Helikopter bringen Hilfe katastrophenhilfe Der Taifun Haiyan traf die abgelegensten aller philippinischen Inseln am heftigsten. Die Helimission ist im Einsatz. „Die Schäden im Norden des Distrikts Iloilo sind enorm“, berichtet Simon Tanner von der Helimission. Letzten Samstag ist er in die Schweiz zurückgekehrt. Viele Inselbewohner hätten alles verloren und gerade noch ihr Leben retten können, sagt Tanner. Es fehle ihnen an Kleidern, Nahrung und Werkzeugen, um ihre Boote zu reparieren und die Häuser wieder aufzubauen. Die kleinen Holzboote sind für die Inselbewohner lebenswichtig. Damit bewirtschaften sie Seegras-Plantagen, treiben Handel und stellen die Versorgung sicher. Der gewaltige Sturm hat unzählige dieser Boote zertrümmert.

Von Trogen nach Manila Die Helimission aus Trogen AR ist seit vielen Tagen auf den Philippinen im Einsatz. Helikoptern ist es möglich, auch in entlegenste Gebiete Hilfe zu bringen. Vor Ort kauft die Helimission Nahrungsmittel, Planen, Seile, Nägel und Werkzeuge und verteilt sie den Bedürftigen auf verschiedenen Inseln, dort, wo bis heute keine Fahrzeuge hinfahren und keine Flugzeuge landen konnten. Einer der beiden Helikopter war in Indonesien stationiert und wurde auf die Philippinen geholt. Der zweite kam aus Trogen! Sein Transfer war überaus aufwendig. Zuerst musste er in transportable Teile zerlegt und per Lastenzug nach Luxem-

Ein zertrümmertes Boot, notdürftig geflickte Häuser. Baumaterial ist gefragt.

Der Taifun fegte mit 300 km/h über die philippinischen Inseln.

Ein Helikopter wird mit Material beladen.

burg gefahren werden. Von dort wurde er in einem Frachtflugzeug nach Manila transportiert. Allein dieser Transport kostete 80 000 Franken. Aber die Helimission wollte rasch handeln. Deshalb entschied sie sich für diesen Weg. Die erfahrenen Katastrophenhelfer wissen, dass die Zeit eilt. Wenige Stunden können über Leben und Tod entscheiden.

Endlich in der Luft Schon am 28. November hätte der Heli aus der Schweiz im Einsatz sein können. Umso grösser war die Enttäuschung, dass die Behörden die Startgenehmigung aus unerfindlichen Gründen verzögerten. An sich ist eine solche Genehmigung für Hilfswerke nämlich kostenfrei. Es brauchte den ganzen Einsatz der Schweizer Botschaft in Manila, um die Maschine aus Trogen gebührenfrei durch den Zoll zu bekommen. Am letzten Montag war es endlich so weit. Jetzt fliegt der Schweizer Helikopter Hilfsgüter in die abgelegene Bergregion Iloilo auf der Insel Panay. Dorthin, wo es keine Strassen gibt und die Schäden enorm gross sind. Helimission-Leiter Simon Tanner: „So gross wie die Not, ist auch die Dankbarkeit der philippinischen Bevölkerung.“ Das Team der Helimission wird noch für längere Zeit M im Katastrophengebiet helfen. (rh) b www. helimission.org

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Bild: Fritz Imhof

PARDON

Bilder: Helimission

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N ac h r ic h t e n sc h w e i z

Welche Ausbildung soll es denn sein? VFG Leiterkonferenz Welches Profil muss eine theologische Ausbildung heute haben? Die Freikirchen-Leiter tauschten sich aus.

Sie bilden aktuell den Vorstand des Verbandes der Freikirchen: René Winkler (Vizepräsident), Max Schläpfer (Präsident), Claudia Haslebacher und Meinrad Schicker.

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euer Pastor gesucht. Nicht immer stimmen die Erwartungen von Gemeindeverbänden oder Gemeinden mit den Kompetenzen und Erwartungen von Bewerbern überein. Die junge Generation hat andere Präferenzen, zum Beispiel die Life-Balance auch im geistlichen Dienst. Sie schätzt eher Vernetzung und Teamarbeit anstelle des Einzelkämpfertums. Und die Gemeinden haben oft andere Ziele als die jungen Absolventen theologischer Seminare. Das birgt Konfliktpotential. Die Leiterkonferenz der Freikirchen stellte sich daher an ihrem Treffen am 13. Dezember Fragen wie: Welche fachlichen

Bild: Fritz Imhof

Bilder: Helimission

Kurz und bündig Predigtpreis: Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund hat einen Predigtpreis lanciert. VFG-Präsident Max Schläpfer machte in Bern darauf aufmerksam, dass auch die freikirchlichen Prediger zur Teilnahme eingeladen sind. Petition: Der SEK hat eine Petition zugunsten verfolgter Christen lanciert. Der VFG sowie freikirchliche Verbände und evangelische Werke unterstützen die Position, hätten sich aber eine Koordination mit dem SEK bei der Lancierung der Petition gewünscht. Vernehmlassungen: Der VFG wird sich unter der Leitung seines juristischen Beraters Peter Deutsch an der Vernehmlassung zum Lehrplan 21 beteiligen. Er wird dabei auf die christlichen Wurzeln unseres Landes hinweisen, die im LP 21 mehr Gewicht bekommen müssen.

und persönlichen Erwartungen können Gemeindeverbände an die Absolventen der Ausbildungsstätten stellen? Und mit welchen Erwartungen der Gemeinde soll und muss ein Absolvent rechnen? Für die anstellenden Gemeinden können sich spannende Fragen stellen: Sind sie zum Beispiel interessiert am Gemeindebaukonzept, das der neue Pastor von seinem Seminar mitbringt?

Unterschiedliche Profile In den letzten Jahren sind etliche neue Ausbildungsangebote entstanden. Die Tagung der Gemeindeverbandsleiter stellte fest, dass deren Profile und Diplome sehr unterschiedlich sind. Nicht immer ist für die Gemeinde deutlich, welche Kompetenzen und Stärken ein Absolvent wirklich mitbringt. Daher wurde die Frage nach einem Rating aufgeworfen. Wer kann diese Aufgabe mit der nötigen Neutralität und Kompetenz übernehmen?

Den Dialog verstärken Die Leiterkonferenz hat laut Präsident Max Schläpfer deutlich gemacht, dass der Freikirchenverband mit den Ausbildungsinstitutionen verstärkt ins Gespräch kommen muss, um die offenen Fragen partnerschaftlich zu erörtern. Umgekehrt sollten auch die theologischen Seminare ihre Erwartungen und Wünsche an die Verbände äussern können. Daraus könnte ein fruchtbarer Dialog zum Nutzen aller Beteiligten M entstehen. (im) b www.freikirchen.ch

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NOtiert Parolen von EVP und EDU Die christlichen Parteien EVP und EDU haben ihre Parolen für die Volksabstimmung vom 9. Februar 2014 gefasst. Beide Parteien unterstützen die Initiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“. Während die EVP den Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (FABI) gutheisst, empfiehlt die EDU ein Nein. Die EDU befürwortet die Initiative „gegen Masseneinwanderung“, die EVP empfiehlt, sie abzulehnen. (idea) Gottfried Locher: Abtreibung ist keine Privatsache In der „Sonntagszeitung“ äusserte sich der Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds, Gottfried Locher, unter anderem zur Initiative „Abtreibung ist Privatsache". Es sei immer falsch, einen Menschen zu töten, sagte Locher. Aber Abtreibung sei keine Privatsache. Locher wörtlich: „Die Öffentlichkeit hat eine Mitverantwortung, darum ist der Eingriff auch versichert. Aus unserer Sicht soll man den Status beibehalten und Nein zur Initiative sagen.“ (idea) 12 000 Franken für Christen in Ägypten Die Hälfte der Kollekte der Impulsveranstaltung zum Bettag „Ein Gebet voraus“ fliesst in zwei christliche Projekte am Nil: Die Klinik „Salam Medical Center“ in Kairo und die „Synode of the Nile“ erhalten je 6000 Franken. Am Gebetsanlass in Bern nahmen etwa 800 Personen b www.agck.ch teil. (idea) Winterthur: Fabrikkirche steht vor einer Neuausrichtung Nach zehn Jahren schliesst die reformierte Fabrikkirche ihr Bistro. Offen ist, ob sie auf dem bisherigen Areal bleiben kann. Vorderhand werden die theologischen Angebote aber wie gewohnt in der Halle 1019 stattfinden. (idea) b www.fabrikkirche.ch

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U M F R AG E / N AC H R IC H T E N SC H W E I Z

UMFRAGE „Was war Ihr schönstes Weihnachtserlebnis?“ Oft gerade nicht das teure Geschenk. idea befragte fünf bekannte Christen. Mit „Merci“ wurde es Weihnachten im Heim Vor einigen Jahren erhielt ich die Anfrage eines Blindenschulheims. Mein Leben stand grad Kopf und ich lehnte ab. Dann erfuhr ich, dass Stefanie, einst kerngesund, erblindet war und an Weihnachten mein Lied „Merci“ mit mir singen wollte. Ich konnte nicht anders und sagte zu. Ich war tief berührt von diesem tapferen Mädchen. Stefanie gab mir wohl mehr als ich ihr. Das gemeinsame Lied fühlte sich für mich nach wahrer Weihnacht an. Jackie Leuenberger Sängerin/Songwriterin, Bätterkinden BE

Freude an der (Vor-)Freude anderer Das Institut St. Josef Guglera FR betreut 30 bis 50 Jugendliche, stark Übergewichtige und junge Leute mit Migrationshintergrund. Viele freuen sich aufs Wiedersehen mit ihren Familien und Bekannten – vor allem jene, die viel Gewicht verloren und viel Selbstvertrauen gewonnen haben. Früher schämten sie sich oft, nun können sie die Abreise fast nicht erwarten. Ihre erwartungsfrohen und freudestrahlenden Augen sind für mich das schönste Weihnachtsgeschenk. Beat Fasnacht, Social entrepreneur, Preisträger 2012 SEIF Swiss-Start-Up Award, Giffers FR

Bilder: zvg

Lichterglanz und Sternenmeer Als Kind entzückten mich die Geschenke unter dem Baum. Mit höchster Konzentration und zittrigen Fingern packte ich sie aus und spielte bis spät in der Nacht. Die kindliche Illusion wich den Sorgen der Erwachsenen. Werden diese zu gross, gehe ich hinaus und rede mit Gott. Das

Sternenmeer ist ein Spektakel, grösser als damals die Kerzen! Ich realisiere, wie fest Gott mich liebt. Er sandte seinen Sohn für mich auf die Erde, um mich zu retten. Ich beginne zu weinen. In solchen Augenblicken erlebe ich „mein“ Weihnachten. Alain Auderset, Cartoonist/Zeichner, St-Imier BE

Das Kind in der Krippe wird zum persönlichen Erlöser Die berührendste Weihnachtsfeier erlebten wir mit einer Flüchtlingsfamilie aus Afghanistan. Nach dem Essen lasen wir die Weihnachtsgeschichte. Unsere Gäste waren bewegt, dass sie von Christen zu einem der heiligsten Feste eingeladen worden waren. Für uns wiederum war speziell, dass wir an einem typischen Familienfest Menschen aus einem anderen Kulturkreis am Tisch hatten. Die grosse Überraschung gabs später, als unsere damaligen Gäste zu Jesus fanden. Stefan „Sent“ Fischer, Pastor Livingchurch und Rapper, Nussbaumen AG

Weihnachten „an Hecken und Zäunen“ Festlich gedeckte Tische bei der Mitternachtsmission Basel. Die ganze Fabrikhalle füllt sich mit Menschen aller Altersstufen, gezeichnet vom Leben. Beim Buffet schmilzt das Eis, äusserlich und innerlich. Ein Mann von der Landstrasse liest mit bewegter Stimme die Weihnachtsgeschichte vor. Ich spüre deutlich: Das ist das grosse Gastmahl! Der frierende Jesus in der Krippe hat eingeladen und alle sind gekommen. So nah beieinander friert man nicht mehr ... Damals begriff ich endlich, was Weihnachten ist und sein kann. Jakob Wampfler, Bundeshaus-Postbote, Autor/Referent, Bern Umfrage: Thomas Feuz

NOTIERT 10 Jahre Women's Hope Das Schweizer Hilfswerk Women's Hope International (WHI) feiert sein 10-JahrJubiläum. Das Werk engagiert sich für Frauen mit geburts-traumatischen Verletzungen in Afrika und Asien und führt Projekte in Äthiopien, Afghanistan und Bangladesch durch. WHI-Geschäftsleiter Gerhard Bärtschi: „Der Einsatz war und ist gross. Doch jedes veränderte Leben einer Frau ist es wert.“ (idea) b www.womenshope.ch Mahnwachen für Verfolgte Weihnachten feiern ist in der Schweiz ohne Risiko möglich. In manchen Ländern sieht das ganz anders aus. Dort können sich Christen nur unter hohen Sicherheitsvorkehrungen versammeln. Manchmal nützen auch diese nichts. CSI ruft am Donnerstag von 17.30 bis 18.00 Uhr in Luzern, Bern und Zürich zu Mahnwachen für die bedrängten Christen auf. (idea) b www. csi-schweiz.ch

Faire Karten Verteilschriften sind vor den hohen Feiertagen besonders gefragt. TextLive überrascht mit seiner Weihnachtskarte: Beim Öffnen rückt ein Weihnachtsstern in den Vordergrund. Dieser Fair-TradeArtikel wird in geschützten Werkstätten ausgerüstet. TextLive ist ein Arbeitszweig des Diakonieverbands Ländli und vertreibt jährlich über eine Million Artikel und Verteilhefte. (idea) b www.textlive.ch

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Wohnen mit Christus im Zentrum LEBENSGEMEINSCHAFT trotz Individualisierung, Altersvorsorge und Generationenkonflikten sehnen sich immer mehr Menschen nach gemeinschaftlichem Leben. Irene und thomas Widmer-Huber leiten in riehen bS das Gemeinschaftshaus Moosrain. Von Christof bauernfeind.

Was ist Ihre Motivation, in einer Gemeinschaft, mit anderen zusammen, zu leben? Irene Widmer: Das erste ist, dass Gott selbst Segen für das gemeinschaftliche Leben verheisst. Dort, wo zwei oder drei miteinander unterwegs sind, dort ist er dabei. Das ist einerseits eine Verheissung, aber andererseits meine Realität. Das sehe ich, das lebe ich, das spüre ich, das macht mir Freude. Das andere ist der sozial-diakonische Aspekt, also die gesellschaftsrelevante Seite. Wir leben in einer Gesellschaft, in der ganz viele Leute alleine leben. Immer mehr Menschen kommunizieren: „Das tut mir nicht gut!“ Sie können aber nicht mehr auf die traditionel-

Zu den Personen Irene Widmer-Huber, 47, Mutter dreier Teenager, ist Gemeindediakonin und Traumacoach. Sie koordiniert das Haus Moosrain, ist Co-Leiterin der Diakonischen Gemeinschaft „Ensemble“ im Haus und arbeitet bei der Fachstelle „Gemeinschaftliches Leben“ mit. Thomas Widmer-Huber, 48, Evangelisch-reformierter Pfarrer, Coach/Supervisor, ist Spitalpfarrer in der Psychiatrischen Klinik Sonnenhalde, Co-Leiter des „Ensemble“ und Leiter der Fachstelle „Gemeinschaftliches Leben“ sowie Einwohnerrat EVP. Buchtipp: Gemeinsam mit der deutschen Pfarrerin Astrid Eichler haben Widmer-Hubers das Buch „Es gibt etwas Anderes! – Gemeinschaftliches Leben für Singles und Familien“ verfasst. Erschienen im SCM R. Brockhaus-Verlag, im Buchhandel erhältlich.

len Grossfamilien zurückgreifen, die häufig zerbrochen sind. Gerade Frauen um die 40, nicht verheiratet, rufen uns an und sagen: „Ich merke, dass ich ‚komisch‘ werde. Dinge fangen mich an zu nerven, die nichts mit meinem Umfeld zu tun haben, sondern mit mir selbst. Ich sollte gemeinschaftlich leben.“

„Die grosse Nachfrage zeigt, dass das Bedürfnis nach Gemeinschaft vorhanden ist.“ Sie sind im letzten Jahr aus dem Fischerhus in den viel grösseren Moosrain umgezogen. War das ein grosser Glaubensschritt? Thomas Widmer: Ja, es war ein grosser Schritt. Mit einem befreundeten Ehepaar und einer langjährigen Familienfreundin haben wir uns auf etwas Neues eingelassen, auf eine Lebensgemeinschaft. Es ist etwas Langfristiges und Verbindliches. Es macht keinen Sinn, das nur zwei oder drei Jahre zu machen. Irene Widmer: Für die Diakonissen waren wir eine Gebetserhörung. Sie hatten sich gewünscht, dass in dem Haus gemeinschaftliches Leben stattfindet. Wir dürfen nun in ihrer Vision laufen. Das grosse, weite Dach passt von der Symbolik her. Unter diesem Dach – mit seiner 100-jährigen Tradition der Barmherzigkeit – eine Heimat zu finden, das ist schon sehr schön. Es mussten dann aber ja noch viele Leute zu der Gemeinschaft dazustossen. Ging das problemlos? Irene Widmer: Wir sind von Anfragen praktisch überrannt worden und werden auch jetzt noch ständig angefragt. Wir hätten zwei Häuser füllen können. Die grosse Nachfrage zeigt, dass das Bedürfnis nach Gemeinschaft gegeben ist. Es melden sich auch vermehrt Menschen mit Leitungspotenzial und unterstützende Leute, also längst nicht mehr nur solche, die Hilfe brauchen. Ich denke, in diesem Haus mit seinen grosszügigen Räumen würde wahrscheinlich jeder gerne wohnen. Die Frage ist, wer kann hier wohnen? Thomas Widmer: Man muss bewusst das gemeinschaftliche Leben wollen. Man kann hier nicht privatisieren. Das heisst, man muss auch bereit sein, sich in eine der vier 51/52.2013

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Foto: idea/Christof Bauernfeind

Wie kamen Sie auf das Konzept des gemeinschaftlichen Lebens? Irene Widmer: Das ist eine über 20-jährige Geschichte. Es hat ganz früh und klein angefangen und ist dann von Haus zu Haus grösser geworden. Thomas Widmer: Meine Frau arbeitete als Gemeindediakonin und ich studierte noch Theologie, als wir die Anfrage einer Frau bekamen, die ungewollt schwanger geworden war. Bis zur Geburt ihres Sohnes lebte sie bei uns. Auch mit anderen Mitbewohnern machten wir gute Erfahrungen. Später leiteten wir ein Haus in Basel, wo wir mit Studenten und einzelnen psychisch leidenden Personen lebten. Im „Fischerhus“ in Riehen bekamen wir im Jahr 2000 die Möglichkeit, eine neue Hausgemeinschaft aufzubauen. Die nächste Station war dann im Jahr 2011 der Moosrain.


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Foto: idea/Christof Bauernfeind

Glücklich im Moosrain: Irene und Thomas Widmer-Huber wollen generationenübergreifend und in Gemeinschaft mit anderen leben.

Etagen-Gemeinschaften zu integrieren. Wir haben – vereinfacht gesagt – vier Gruppen, die hier leben können. Solche, die vorübergehend hier sind, dass heisst Studierende oder einzelne begleitete Personen. Dann haben wir Leute, die längerfristig verbindlich zusammenleben wollen, die diesen Lebensstil bewusst gewählt haben. Schliesslich Personen, die für längere Zeit eine Heimat suchen, auch solche mit längerfristiger Wohnbegleitung. Die vierte Gruppe bildet die Kerngemeinschaft, die sagt: „Wir wollen zusammen alt werden.“ Diese verschiedenen Zielgruppen machen das Ganze lebendig und attraktiv. Irene Widmer: Das Ziel ist es, generationenübergreifend und überkonfessionell zu leben. Wir wollen nicht eine Hausgemeinde sein. Der situative Aspekt ist ebenfalls wichtig. Wenn eine Wohnung frei wird, dann muss die Bewerbung auch passen. Bei einer Gruppe sollte man auf die Zusammensetzung achten. Da gibt es Grenzen, zu denen wir auch stehen.

Was ist das Besondere dran, in solch einer Gemeinschaft zu leben? Warum lohnt es sich? Thomas Widmer: Man ist nah beieinander und kann sich gegenseitig unterstützen. Das geistliche Leben und der Alltag können gut verbunden werden. Das eine fliesst in das andere über. Unser Hausmotto: „Gemeinsam gehts besser“ erleben wir auf ganz unterschiedliche Art und Weise, auch bei gemeinsamen Projekten. Irene Widmer: Ich gehe davon aus, dass Christus in meinem Mitmenschen lebt. Wenn ich mir angewöhnt habe, mit offenen Augen durch das Leben zu gehen, dann erlebe ich in ganz vielen Begegnungen, in einem lieben Wort oder einem freundlichen Blick, diesen Christus. Ich sehe, wie jemand im Glauben wächst, in einem Konflikt eine Lösung findet oder in einer brenzligen Situation ein hilfreiches Wort sagt. Diese Momente sind wie das ganze Jahr über Päckli auspacken im Alltag. Wir erleben quasi im ganzen Jahr, wie immer wieder Weihnachten wird.

Wie sieht die Tagesstruktur im Moosrain aus? Thomas Widmer: Jede Etagengemeinschaft hat ihre eigene Struktur mit gemeinsamen Essen und einem Gemeinschaftsabend. Am Gemeinschaftsabend geht es um geistlichen und organisatorischen Austausch. Man teilt Freuden und Leiden, tauscht sich aus, verteilt die Ämtli und so weiter. Irene Widmer: Für das ganze Haus gibt es zweimal wöchentlich einen gemeinsamen Tagesabschluss in der Kapelle und weitere Möglichkeiten des Gebets. Am Freitagabend ist der gemeinsame Gottesdienst, der zudem öffentlich ist. Das ist eine Priorität in der Hausgemeinschaft. Dann gibt es gemeinsame Gartenfeste, Silvester- und Osterfeiern. Weihnachten feiern wir auf den Etagen.

Das gemeinschaftliche Leben verändert einen also. Irene Widmer: Ja, weil man im positiven Sinne dazu „gezwungen“ ist, sich selbst zu reflektieren. Das finde ich heilsam und hilfreich. Es geschieht persönliches Wachstum im Glauben, im Leben, in der Eigenreflexion, in der Reife. Ich spiegle mich selbst im anderen wieder. Es gibt Situationen, wo ich ein Feedback bekomme und merke, dass das gemeinschaftliche Leben mich als Mensch verändert hat. Zum Guten, oder zumindest zum Brauchbaren. Thomas Widmer: Man kann sagen, hier werden Wachstums- oder Veränderungsprozesse gefördert oder beschleunigt. Manchmal reden wir vom „Treibhauseffekt“. Das kann natürlich auch schwierig sein. Da ist die Frage,

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Die Lebensgemeinschaft Moosrain Vor knapp 100 Jahren bauten die Riehener Diakonissen das Heimatstilgebäude „Moosrain“ als Pflegeheim. Später diente es als Übergangsheim für Asylsuchende. Im Jahr 2010 übernahm der Verein „Lebensgemeinschaft Moosrain“ das Haus von den Diakonissen im Baurecht. Nach einem zweijährigen Umbau entstanden 13 Wohnungen, Gemeinschaftsräume und eine Hauskapelle. Heute leben 35 bis 40 Personen in familiären Einheiten auf vier Etagen-Gemeinschaften. Integriert werden einzelne Personen mit psychischen Leiden. Den innersten Kern der Hausgemeinschaft bildet die kommunitär orientierte „Glaubens- Lebens-, und Dienstgemeinschaft Moosrain“. Der Verein „Offene Tür“ führt noch fünf weitere Häuser, die zusammen die „Diakonischen Hausgemeinschaften Riehen“ mit insgesamt 80 Personen bilden. 2012 gewannen die Hausgemeinschaften den Christlichen Gesundheitspreis in Kassel. Auf der Website des „Common Life Network“ sind weitere christliche Lebensgemeinschaften in der Schweiz zu finden.

b www.moosrain.net; www.offenetuer.ch; www.commonlife.ch

wie ich damit umgehe. Es ist eine enorme Chance für die persönliche Entwicklung, auch für den Weg in der Nachfolge Christi. Was ist für Sie die grösste Herausforderung? Thomas Widmer: Eine Herausforderung ist für mich die Frage: „Was ist Liebe konkret?“ Bedeutet es, in einer bestimmten Situation etwas anzusprechen oder etwas auszuhalten? Es geht immer darum zu ermutigen, die andere Person zu fördern. Dazu brauchen wir die Führung des Heiligen Geistes. Irene Widmer: Es geht manchmal darum, einen Konflikt auszuhalten oder zu lösen, den ich gar nicht gehabt hätte, wenn ich alleine leben würde. Vielleicht ist mir das manchmal zu blöd, aber es passiert eben. Wir wollen Herausforderungen und Konflikte immer als Chance sehen, mit Gottes Hilfe daran zu wachsen und weiterkommen. Ist es das, was im Begriff „Heilsamer Lebensraum“ zum Ausdruck kommt, den Sie oft ansprechen?

Fotos: idea/Christof Bauernfeind: zvg/Moosrain

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Irene Widmer: Ja, es geht um die Haltung, die ich einem anderen Menschen entgegenbringe. Ist das eine Haltung der Wertschätzung, von Würde, von „Ich freu mich an dir“? Kann ich einen Raum schaffen für Ermutigung, um Gaben zu entdecken oder über sich hinauszuwachsen? Der heilsame Lebensraum hat viel mit der Herzenshaltung zu tun. Die Herzenshaltung hat wiederum mit dem „Christus in mir“ zu tun. Ich muss mich fragen: Verkörpere ich etwas von dem Auferstandenen? Thomas Widmer: Jesus hat verheissen, dass er in der Gemeinschaft lebt und dadurch direkt heilsam wirkt. Andererseits wirkt er indirekt heilsam durch die Mitbewohner, die für mich beten und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Welchen Stellenwert haben die betreuten Plätze? Wie stark sehen Sie sich als eine diakonische Einrichtung? Thomas Widmer: Wir sind zuerst Glaubens- und Lebensgemeinschaft. Die diakonische Seite äussert sich auf unterschiedliche Art und Weise, etwa in der gegenseitigen Unterstützung im Alltag und in Projekten. Zum anderen wollen wir bewusst diakonisch sein, indem wir einzelne Menschen mit Wohnbegleitung inte-grieren und fördern. Im Moosrain sind das fünf Personen. Irene Widmer: Wir wollen uns als Gemeinschaft verstehen, wo die Unterschiede nicht wichtig sind. Wir verstehen uns nicht als Dienstgemeinschaft, die Menschen betreut. Wir verstehen uns als Menschen, die miteinander das Leben teilen und da sind auch begleitete Personen dabei. Das ist ein grosser Unterschied. Wir sind kein Heim, mit einem hohen Gefälle zwischen Betreuern und Betreuten. Die Begleiteten stehen hier soweit möglich auf einer Stufe mit allen anderen Bewohnern.

Fotos: idea/Christof Bauernfeind: zvg/Moosrain

„Solche Lebensgemeinschaften sind eine Ausdrucksform des Reiches Gottes.“ Sie wollen als Gemeinschaft auch in die Gesellschaft ausstrahlen. Wie sieht das konkret aus? Thomas Widmer: Jeder Einzelne hat seinen Wirkungskreis und soll gefördert werden, sich einzubringen. Als Gemeinschaft wirken wir auch durch Gebete und den Gottesdienst nach aussen. Eine Ausstrahlung hat auch die sozial-diakonische Seite. Durch die „Fachstelle Gemeinschaftliches Leben“ des Vereins „Offene Tür“ fördern wir mit Seminaren, Vorträgen und Publikationen die Multiplikation des gemeinschaftlichen Lebens. Wir stellen auch ein gewisses Medieninteresse fest. Das Generationen-verbindende, gemeinschaftliche Leben weckt das Interesse der Gesellschaft. Irene Widmer: Meine Sehnsucht ist, dass diese Häuser

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einen Modellcharakter bekommen und andere Leiter von dieser Idee angeregt werden. Wir wünschen uns, dass es ein ganzes Netzwerk gibt von Zellen, wo Menschen Heimat und Zugehörigkeit finden. Thomas Widmer: Im Zug der Individualisierung unserer Gesellschaft kann eine Kernkompetenz von uns Christen neu aufleuchten: Der Aufbau von Gemeinschaften mit Christus im Zentrum. Wir sind überzeugt, dass ein gemeinschaftlicher Lebensstil Zukunft hat und dass attraktive Gemeinschaften zu den dynamischen Ausdrucksformen des Reiches Gottes gehören. Haben Sie den Eindruck, dass es zurzeit einen Aufbruch des gemeinschaftlichen Wohnens gibt? Thomas Widmer: In säkularen Kreisen ist schon länger eine Bewegung mit Genossenschaften und Generationenhäusern festzustellen. Auch in christlichen Kreisen gibt es viele, die sich interessieren. Wir sind mit jungen Ehepaaren im Kontakt, mit Singles und Paaren, die sich mit 50 überlegen: Wie will ich weiterleben? Wie will ich alt werden? Es muss doch noch mehr geben. Irene Widmer: Das Bedürfnis ist da und auch immer mehr die Sicht dafür. In Ostermundigen BE gibt es seit Jahren die wachsende Lebensgemeinschaft Basivilla, in Holziken AG wurde kürzlich ein Mehrgenerationenhaus gegründet. Es ist an verschiedenen Orten ein Thema. Sie leben jetzt schon viele Jahre in so einer Gemeinschaft. Haben Sie nie den Wunsch gehabt, wieder einmal für sich zu wohnen? Thomas Widmer: Nein, Gott beschenkt uns seit über zwanzig Jahren – unser Herz ist voll Dank für all das Gute, das wir erleben. Wir versuchen uns so zu organisieren, dass es langfristig attraktiv bleibt. Es braucht eine Balance zwischen Einsamkeit und Zweisamkeit. Auch die Balance zwischen der Gemeinschaft und Familie und Freunden ist wichtig. Wir pflegen bewusst auch Freundschaften ausserhalb des Moosrains. Irene Widmer: Es ist eine Leidenschaft, die sich zur Lebensberufung entwickelt hat. Man muss aber auch pragmatisch sein. Man muss sich eingestehen wie man selbst tickt. Also leiste ich mir Auszeiten und Wochenenden, die der Familie gehören. Das gemeinschaftliche Leben muss sich auch der Situation anpassen. Mit unseren Kindern im Teenageralter brauchen wir mehr Schutz und Zeit für die Familie als früher. Wir haben die Veränderungen immer zugelassen. Letzte Frage: Wie feiern Sie Weihnachten? Irene Widmer: Am 24. und 25. Dezember wie die meisten im Haus im Kreis der Familie, am Samstag vorher im Rahmen der Etagengemeinschaft. Dazu laden wir in diesem Jahr ganz gezielt zwei Personen ein, die sonst alleine wären.

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I NSE R AT E


| NLe Se r Br i e F e 6 14 NSac Y NherrG icihe t e

SYNerGIe ZUrÜCKbLICKeN Wie schnell doch die Zeit vergangen ist! Ich sitze in der weihnachtlichen Stube und lasse die Bilder des letzten Jahres an mir vorüberziehen. Darunter sind viele schöne, aber auch traurige.

Ich muss keine Klimaforscherin sein. Wenn ich die Augen offen halte und ehrlich bin, dann weiss ich, dass unsere moderne Zivilisation in hohem Masse rücksichtslos und zerstörerisch umgeht mit den Lebenselementen und den Rohstoffen. Deshalb frage ich mich: Welchen Zweck verfolgen die Personen hinter diesem Artikel? Ich selbst kann mir nur eine Erklärung vorstellen: Die Beruhigung des eigenen Gewissens, wenn man nicht bereit ist, die eigene Lebensweise immer wieder zu hinterfragen. Susanne Hochstrasser, Lyss BE

Muslime in der Schweiz erreichen zu: „ETH-Studie untersucht die Islamisten-Szene“, (Nr. 50, S. 7) Die ETH-Studie zur Islamisten-Szene in der Schweiz gibt zu denken. Es gilt, diese zahlenmässig relativ kleine Gruppe im Auge zu behalten. Dort, wo durch diese Grup-

pierungen schweizerisches Recht verletzt wird, sollten wir nicht wegschauen, sondern unsere demokratischen Strukturen verteidigen. Leider erhalten diese wenigen Islamisten viel Medienpräsenz und prägen somit das Bild über Muslime in der Schweiz. Es scheint mir wichtig, dazu einige Zahlen zu ergänzen. Die Angaben der Volkszählung von 2010 zeigen, dass in der Schweiz rund 400 000 Muslime leben. Davon besitzen rund 31 Prozent das Schweizer Bürgerrecht. Der Anteil der muslimischen Bevölkerung in der Schweiz liegt damit bei rund 4,5 Prozent. Die Einwanderung von Muslimen in die Schweiz begann in den 1960er-Jahren. Männer aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei wurden als Gastarbeiter in die Schweiz geholt. Mitte der 1970er-Jahre wurde der Familiennachzug erlaubt. Bald kamen die ersten Kinder dieser Immigranten auf die Welt und traten ins Schweizer Schulsystem ein. In den 1990erJahren strömten muslimische Kriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien und der Türkei (Kurden) in die Schweiz. Dazu kamen Asylbewer-

Die Autorin ist Ärztin und Mutter von drei Kindern. Sie wohnt in Schafisheim AG.

ber aus Afrika, Asien und der arabischen Halbinsel. Die Zahl der Muslime in der Schweiz stieg so von 16 000 (1970) auf 310 000 (2000) an. 90 Prozent der Muslime in der Schweiz sind aus europäischen Ländern eingewandert. Lediglich 10 Prozent stammen aus Asien, Afrika und dem arabischen Raum. In der Schweiz gibt es keine homogene muslimische Gemeinschaft, sondern eine Vielzahl von wenig vernetzten Gemeinschaften. Die grosse Mehrheit der Schweizer Muslime ist säkular eingestellt, erachtet die Glaubenspraxis als Privatsache und lebt zum Teil schon in der zweiten oder dritten Generation in der Schweiz. Mit dem Evangelium wurden sie aber bisher kaum erreicht. Wie können wir Muslimen dienen? Der Dienst an anderen ist uns von Gott aufgetragen. Wie können wir Muslimen Gottes Liebe zeigen? Die Nächstenliebe ist uns von Gott aufgetragen. Wie können wir Freundschaften mit muslimischen Menschen pflegen? Wie können wir Muslimen von Jesus Christus, seiner Vergebung und seinem ewigen Leben erzählen? Diese

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Das Gewissen beruhigen zu: „Gibt es gar keinen Klimawandel?“, (Nr. 49, S. 30)

Der Herr forderte mich heraus und verlangte von mir, mehr auf fremde Personen zuzugehen. Das ist nicht gerade eine Stärke und Lieblingsaufgabe von mir. Aber ich habe mich dieser Aufgabe gestellt und konnte beobachten, wie meine Beziehung zu Gott intensiver wurde, denn in ungewohnten Situationen fühle ich mich unsicher und bin besonders auf seine Hilfe angewiesen. Wieder fallen mir die anfänglich geschilderten Schicksale ein und ich frage mich: Bin ich nicht auch aufgefordert, genauer hinzusehen und hilfreich meine Hand anzubieten, um zu trösten und von der Hoffnung und Liebe unseres Herrn Jesus Christus weiterzugeben? Vielleicht bietet sich 2013 noch eine Gelegenheit dazu, denn noch ist das Jahr nicht vorüber. P

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nur für die Kinder gelebt hat, Da ist die alte Frau, die ihren weiss nicht, wo sie hin soll. Diese Lebensinhalt in der Arbeit geseSchicksale bewegen mich und hen und alles andere auf später machen mich betroffen. verschoben hat. Nun schaut sie Meine Gedanken springen wieenttäuscht und bitter zurück. Ihder zurück zu meinem Leben. re Träume gingen nicht in ErfülIch habe so viel Grund, Gott für lung und als gebrechliche Frau das vergangene Jahr zu danken. mit einem kranken Ehemann Da war die Konfirmation unserer kann sie von all dem nichts mehr Anne Sachs Tochter, ein schönes Familienfest, an dem geniessen. Oder da ist der alleinstehende ältere Herr. fast alle von nah und fern angereist kaErst kürzlich ist seine Ehefrau verstorben men. Ich denke auch an unsere herrlichen und nun ist die Wohnung so gross und still. Ferien in Spanien und Südfrankreich. Daran kann auch der Weihnachtsbaum Mir fallen viele grosse und kleine Begenichts ändern. Den hatten sie vergangenes benheiten des Jahres ein und ich danke Jahr noch zu zweit geschmückt. Obwohl Gott für das volle Leben in Überfluss, wie seine Kinder ihn über Weihnachten einge- er es uns in Johannes 10,10 versprochen hat. Das Jahr 2013 war auch ein Jahr der laden haben, fühlt er sich sehr einsam. Ebenso die frisch geschiedene junge besonderen Begegnungen mit Gott. Sein Frau, die dieses Jahr erstmals am Heiligen Wirken in meinem Leben hat mich veränAbend ganz allein ist. Ihre Kinder verbrin- dert und in manchen Dingen meine Sichtgen das Fest beim Vater. Sie, die bisher weise korrigiert.


N ac h r ic h t e n

„Nächstes Jahr in Jerusalem!“ idea-Wettbewerb Der Hauptpreis war eine Israel-Reise. idea-Leser Hans Peter Häring hat gewonnen. Hier sein Reisebericht. Jerusalem: Dazu gehören die Klagemauer, der „Untergrund“ und der Garten Gethsemane. Beeindruckend war die Knesset (israelisches Parlament). Die Verhandlungen und die Kommissionssitzungen können am Fernsehen mitverfolgt werden. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem erinnerte daran, wozu der Mensch fähig ist, wenn er die Wege Gottes verlässt. Abenteuerlich der Siloah-Tunnel. Die Lieder in der St. Anna-Kapelle klangen dank der Akustik wie Musik aus dem Himmel. Die zweite Etappe führte über Cäsarea nach Haifa. Dort hörten wir den Pianisten Isaac Tavior. Auf den Golanhöhen wurden wir in einem Militärcamp mit der israelischen Realität konfrontiert. Danach ging es wieder friedlicher zu. Die Anbetungszeit auf dem See Genezareth erinnerte uns an das Wirken von Jesus. Oberhalb Jerichos, mit wundervollem Blick auf den See, erzählte uns die Gastgeberin, wie sie

Fragen sollten wir als Christen und christliche Kirchen genauso wichtig nehmen, wie all die religions- und integrationspolitischen Fragen.

Jürg Gugger, ReachAcross Schweiz, Lenzburg

Bild: zvg

Bild: zvg

Auseinandersetzung vermisst zum Leserbrief von Markus Nann, (Nr. 50, S. 14) Herr Nann unterschlägt, dass im Gleichnis (Matth. 20) der Herr am Ende allen den gleichen Lohn, nämlich einen Denar, bezahlte, obwohl nicht alle gleich lange gearbeitet hatten. Und dies spräche dann sehr wohl nicht nur für 1:12, sondern 1:1! Der Dienst im Reich Gottes hat offensichtlich andere Gesetzmässigkeiten als die Arbeitswelt! Ja, das Steuersystem der Schweiz sorgt für eine gewisse Umverteilung. Tatsache aber ist, dass die 300 reichsten Menschen rund 560 Milliarden besitzen. 2008 besassen 10 Prozent der Reichsten in der Schweiz 74 Prozent des Gesamtvermögens, während die restlichen 90 Prozent gerade mal 26 Prozent des Vermögens verwalten konnten. Seit 2008 stiegen

Reich beschenkt: idea-Leser Hans Peter Häring (Dritter v.r.).

als Tochter eines orthodoxen Rabbiners Christin wurde und sich nun für die Verbreitung des Evangeliums einsetzt. Am Toten Meer überwanden wir die Gesetze der Schwerkraft. In der Festung von Massada erfuhren wir, was Treue zum Vaterland vor 2000 Jahren bedeutete. Der Reiseleitung gelang es immer wieder, den Bezug von den biblischen Verheissungen zur heutigen Situation herzustellen. Danke „idea Spektrum“, danke KultourReisen für diesen wundervollen Preis! P

die Löhne der 1 Prozent Topverdiener in der Schweiz nochmals um 22 Prozent, während die Löhne der 50 Prozent Ärmsten gerade mal um 4 Prozent stiegen (Quelle: www.umverteilung.ch). Man kann über diese Fakten und über 1:12 als Christ geteilter Meinung sein. Die Bibel spricht mehr über Geld als über Taufe, Abendmahl und Geistesgaben zusammen. Eine gründliche Auseinandersetzung mit all diesen biblischen Aussagen habe ich bei der Diskussion um 1:12 vermisst – nicht zuletzt auch bei den christlichen Parteien.

Bernhard Schulze, Gampelen BE

Korrigenda Im Beitrag „Die Intellektuellen und die Gemeinde“ (Nr. 50, S. 4) bezeichneten wir Benedikt Walker als VBG-Präsident. Das ist falsch; er ist der VBG-Leiter. Die Internetadresse des VBG heisst www.vbg.net. Im „Biblisch“ bezeichneten wir Barbara Gradwell als Grossrätin. Das stimmt nicht. Sie ist Mitglied des Grossen Gemeinderats in Spiez. Wir entschuldigen uns. (red.)

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PODIUM Gemäss Statistik nehmen sich in der Schweiz jährlich über 1400 Menschen das Leben. Diese Zahl ist höher als die der jährlichen Verkehrstoten. Warum nehmen sich viele Menschen gerade auch in der heiligen, weihnächtlichen Zeit das Leben? Weihnachten ist doch das Fest der Liebe! Jesus Christus, Gottes Sohn, wurde an Weihnachten als unser Erlöser in Bethlehem geboren. Im Lukas-Evangelium verkündet der Engel Gottes den Hirten auf dem Felde: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch grosse Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ Häufig hört man, dass die Adventszeit in der dunklen und kalten Jahreszeit das Gemüt bedrücke. Das kann ich irgendwie nachvollziehen. Der Sommer mit schönem Wetter und der wärmenden Sonne würde sicher besser zum Weihnachts-Ereignis passen. Hier ist aber zu erwähnen, dass es an Weihnachten auch Erdteile gibt, wo die Kerzen am Weihnachtsbaum wegen der Hitze zu schmelzen beginnen. Auf diese Frage kann es demnach nur eine Antwort geben: Richte den Blick auf Jesus! Es gibt viele einsame Menschen, vor allem in den grossen Städten. Es braucht niemand alleine zu sein. Jesus hat für jeden Menschen Zeit und liebt alle. Gerade in der Weihnachtszeit wird uns deutlich vor Augen geführt, dass das Tor zur ewigen Herrlichkeit bei Gott immer noch weit offensteht. Mit Jesus im Herzen dürfen wir an Weihnachten mit Freuden „Oh du fröhliche, oh du selige Weihnachtszeit ...“ singen. Andreas Brönnimann ist alt Nationalrat der EDU und Unternehmer. Er wohnt in Belp.

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Der VFG – Freikirchen Schweiz Der VFG - Freikirchen Schweiz ist ein nationaler Kirchenverband, mit gegenwärtig 15 freikirchlichen Bewegungen aus der Deutschschweiz, zu denen über 700 örtliche Kirchen mit ihren diakonischen Werken gehören. Der VFG verdankt seine Entstehung einer Notlage Bei der Grippe-Epidemie 1918 glaubten die Behörden, ihr durch Versammlungs- und Gottesdienstverbote Einhalt gebieten zu können. Das traf in einseitiger Weise die freikirchlichen Kreise, denn ein Versammlungsverbot traf diese im Kern. Es wurde auch als ungerecht empfunden angesichts der Tatsache, dass die Landeskirchen davon nicht betroffen waren und Restaurants und Gasthäuser geöffnet bleiben durften. Nun musste politisch gehandelt werden. Einige Freikirchen wie die Freie Gemeinde Uster und die Minoritätsgemeinde Aarau erreichten, dass das Zentralkomitees der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) eine Eingabe an den Bundesrat machte und diesen um Aufhebung der Verbote ersuchte. Die Eingabe wurde aber abschlägig beantwortet. Die SEA hatte ein juristisches Problem, da sie als Bund von Einzelpersonen keine Körperschaften vertreten konnte. Der Aarauer Verband Diese Tatsache und andere Erwägungen veranlassten die SEA, die Gründung eines Verbandes anzuregen, in welchem sich Freikirchen, Gemeinschaften und evangelische Werke zu einer rechtlichen Körperschaft zusammenschlossen, die im Namen ihrer Mitglieder reden und handeln konnte. So wurde durch die Initiative des Zürcher Allianz-Komitees am 18. November 1919 in der Kapelle der Minoritätsgemeinde in Aarau die Gründung des «Verbandes unabhängiger evangelischer Korporationen (Kirchen, Gemeinschaften, Gesellschaften und Vereine) der Schweiz» als Verein vollzogen. Heute nennt sich der Verband «VFG – Freikirchen Schweiz». Ihm gehören 15 freikirchliche Körperschaften mit über 700 lokalen Gemeinden an, sowie eine wachsende Zahl von institutionellen Gastmitgliedern, insbesondere diakonische und missionarische Organisationen, vorwiegend aus der deutschen Schweiz. Der VFG unterhält zudem Verbindungen zu den im Réseau évangelique suisse und in der Federazione delle Chiese Evang. Libere del Ticino miteinander verbundenen Freikirchen und Gemeinschaften.

Die Leiterkonferenz der Freikirchen. In der ersten Reihe der Vorstand mit Vizepräsident René Winkler (Chrischona), Präsident Max Schläpfer (SPM), Claudia Haslebacher (EmK) und Meinrad Schicker (Bplus)

Eine Plattform Der VFG – Freikirchen Schweiz bietet den Verbandsleitern eine Plattform zum persönlichen Kontakt und zur internen Diskussion von aktuellen Themen zu theologischen und gesellschaftlichen Fragen. Ausserdem sorgt der VFG dafür, dass die Freikirchen in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen und akzeptiert werden. Er ist Ansprechpartner für Medien, Behörden und andere Kirchen. Neben der Schweizer Bischofskonferenz und dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund versteht sich der VFG als dritte Kraft der christlichen Kirchen in der Schweiz und als Sprachrohr für die gemeinsamen Anliegen der Freikirchen. In der Politik beteiligt sich der VFG an den Vernehmlassungen des Bundes, soweit sie

Themen betreffen, die für die Freikirchen relevant sind und tritt für die christlichethischen Werte in der Gesellschaft ein. Aktionen – Tagungen – Projekte In der dreimal jährlich stattfindenden Leiterkonferenz treffen sich die Leiter der angeschlossenen Bewegungen zur Beratung und Beschlussfassung über gemeinsame Aktionen, Tagungen und Projekte. Durch regelmässige Gespräche und Treffen mit ähnlichen Organisationen wie der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA), dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK) und dem Réseau évangélique suisse (RES) fördert der VFG die Zusammenarbeit der evangelischen Christen in der Schweiz. www.freikirchen.ch

Die Leiterkonferenz des VFG Präsident/Vertreter Bewegung Meinrad Schicker Bewegung Plus Schweiz Dr. Bernhard Ott Bund der Evangelischen Täufergemeinden Marc Schachtler Bund Evangelischer Gemeinden Franz Brander Bund Schweizer Baptistengemeinden René Winkler Chrischona-Gemeinden Schweiz Thomas Gerber Evangelisches Gemeinschaftswerk Claudia Haslebacher Evangelisch-methodistische Kirche Dr. Daniel Moser Freie Charismatische Gemeinden Peter Schneeberger Freie Evangelische Gemeinden Johannes Wirth GvC Chile Hegi Traugott Heiniger Heilsarmee Dr. Jürg Bräker Konferenz der Mennoniten der Schweiz Max Schläpfer Schweizerische Pfingstmission Markus Häsler Vereinigung Freier Missionsgemeinden Dr. Wilf Gasser Vineyard Bewegung Mehr über den VFG: www.freikirchen.ch idea Spektrum 51/52.2013

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„Wenn ich ‚Stille Nacht‘ höre, muss ich weinen“ lebensweg Nachdem seine Eltern ihn als Baby weggeben hatten, erlebte Walter Steck bei Pflegeeltern Misshandlung und Ablehnung. Sein Leben als „Verdingbub“ war eine Tortur. Bis heute ist sein Leben von dieser unsäglichen Vergangenheit gezeichnet. Und dennoch konnte er seiner Mutter vergeben.

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üchtern stellt Walter Steck fest: „Einmal Verdingkind, immer Verdingmensch.“ Während der 67-Jährige in einem Bahnhofscafé in Olten sitzt und ein Rivella Rot trinkt, lässt er sein Leben Revue passieren. Ein Leben, das von einer Jugend geprägt ist, die man mit dem Dasein eines Leibeigenen im Mittelalter vergleichen muss. Tatsächlich wuchs Steck jedoch in den 50er- und 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts auf.

Tränen an Weihnachten Eine fünfköpfige Pflegefamilie nahm Walter Steck als Kleinkind bei sich auf. „Vermutlich wegen des Geldes“, wie er heute meint. Sobald der Junge in der Lage dazu war, musste er abeiten. Wenn er nicht spurte, setzte es Schläge mit dem Teppichklopfer ab. „Im Winter musste ich im Keller Briketts in Zeitungen einpacken, damit sie besser brennen.“ Besonders schlimm sei diese Arbeit jeweils an Weihnachten gewesen, wenn die Familie oben in der Stube „Stille Nacht“ sang. „Heute noch laufen mir die Tränen runter, wenn ich dieses Lied höre“, sagt Walter Steck mit bewegter Stimme.

Bild: idea/Christof Bauernfeind

Es wird noch schlimmer Eines Tages wurden unvermittelt seine Sachen gepackt. Die Fürsorgerin hatte von den Misshandlungen erfahren und brachte den kleinen Walter bei einer Bauernfamilie unter. „Für mich war das Wegbringen schlimm, trotz allem war es ja mein Zuhause gewesen.“ Misshandlungen und schwere Arbeit gab es allerdings auch am neuen Ort. Aber das wusste niemand. Die Familie war im Ort angesehen. Und vor allem: „Am Sonntag sind sie in den Gottesdienst gegangen. Ich kann das nicht verstehen, wie es so etwas geben kann“, Walter Steck schüttelt den Kopf. Zweioder dreimal rannte er weg und kehrte dann aber per Autostopp wieder zurück.

Walter Steck: Es gibt Momente, da holt ihn die Vergangenheit plötzlich wieder ein.

„Gott sei Dank habe ich meinen Humor, sonst hätte ich das nicht ausgehalten.“

Am Tiefpunkt Schliesslich wurde der Teenager in ein evangelisches Erziehungsheim eingewiesen. Nur sieben Stunden in der Woche war Schule, ein Abschluss nicht möglich. Auch dort rannte er weg. „Dann kam ich in ein Heim, wo ich keine Möglichkeit mehr hatte, wegzulaufen.“ Der Hausvater sei ein brutaler Mensch gewesen, zertrümmerte einmal eine Blockflöte auf Walters Kopf. Der Tiefpunkt war erreicht.

Eine Vaterfigur Als Walter Steck endlich volljährig war und das Heim verlassen konnte, ging es erstmals aufwärts. Er machte eine Gärtnerausbildung. In seinem Lehrmeister fand er eine Vaterfigur, die viel Geduld zeigte und den verunsicherten Jungen auf die Beine brachte. „Er war die erste Person, bei der ich einen Halt hatte.“

Der innere Verdingmensch Walter Steck sattelte später auf eine Banklehre um, dann auf Krankenpflege. „Ich wollte etwas Soziales machen.“ Als 35-Jähriger folgte der Schritt in die Selbstständigkeit mit einem Spitexdienst. Es ging

Walter Steck richtig gut. Er heiratete, bekam einen Sohn, reiste viel und gründete in Nicaragua eine Sonderschule. „Ich bin ein Machertyp“, erklärt er. Doch die Prägung seiner Jugend lässt ihn nicht los. Den „Verdingmensch in sich“ habe er nie ganz abschütteln können. „Ich traue mich nicht, mich rechtzeitig zu wehren.“ Das Geschäft ging kaputt. Auch die Ehe scheiterte und wurde geschieden.

„Ich habe dir vergeben“ Walter Steck ist heute pensioniert und liest gerne in der Bibel. Jesus Christus habe ihn trotz seiner schlechten Erfahrungen mit Menschen nie losgelassen. „Es waren Menschen, die mir das angetan haben, nicht Gott“, erklärt er. Eines Tages liess er sich taufen und seither engagiert er sich in einem Zürcher Quartiertreff der Heilsarmee für Menschen in Not. Richtig ans Herz gewachsen ist ihm sein Sohn, der heute 18 Jahre alt ist. Seine leibliche Mutter lernte er später kennen und er pflegte sie im Altenheim. „Ich konnte ihr ein paar Mal sagen: ‚Ich habe dir vergeben.‘“ Reagiert habe sie zwar nicht darauf, für Steck selbst war dieser Schritt jedoch wichtig. „Auch mein Sohn hat das mitbekommen und es hat ihn beeindruckt.“ P Christof Bauernfeind

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Auf Kirchen gesprüht: „Allah ist groß“ KIRCHENSCHÄNDUNG Mit arabischen Schriftzeichen sind in Bayern von einem Asylbewerber mehrere Kirchen beschmiert worden.

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ls Täter nahm die Polizei einen 30-jährigen Asylbewerber aus Jordanien fest. Er hatte in der Nacht vom 4. zum 5. Dezember in Augsburg die Portale des katholischen Hohen Doms und der katholischen Moritzkirche sowie der evangelischen Ulrichskirche besprüht. Bei seiner Vernehmung gestand er 3 weitere Schmierereien. Am Nachmittag des 5. Dezember schrieb er in München „Allah ist groß, Heiliger Krieg“ mit weißem Hochglanzlack an die Eingangstür der katholischen St. MichaelKirche in der Fußgängerzone. Später wurde an der katholischen St. Benedikt-Kirche im Westend sowie an einem Wohnhaus der entsprechende Schriftzug mit dem gleichen Hochglanzlack entdeckt. Passanten, die den Jordanier beobachteten, alarmierten 2 Bereitschaftspolizisten, die auf dem Weihnachtsmarkt nach Taschendieben fahndeten. Die Beamten setzten ihn in einen Zug, der ihn zu seiner Unterkunft in Südbayern zurückbringen sollte. Am 9. Dezember fiel der Mann erneut in Augsburg auf, als er in einem Baufach-

Mit weißer Farbe wurde an die Nordtür des Augsburger Doms gemalt: „Allah ist groß“.

markt Spraydosen kaufte. Um weitere Anschläge zu verhindern, wurde er festgenommen. Nach Angaben der Augsburger Staatsanwaltschaft befindet er sich inzwischen wegen Schuldunfähigkeit in einer psychiatrischen Einrichtung. Über Motive und mögliche Mittäter sei noch nichts bekannt. P

Tausche Pistole gegen Bibel DOMINIKANISCHE REPUBLIK Wie Evangelikale die Kriminalität bekämpfen

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n der Dominikanischen Republik haben zahlreiche Kriminelle ihre Waffen gegen Bibeln eingetauscht. Einen Monat lang evangelisierten Mitglieder evangelikaler Gemeinden in Abstimmung mit kommunalen Behörden in berüchtigten Vierteln der Hauptstadt Santo Domingo. Rund 1.300 Handfeuerwaffen, Messer und Macheten wurden dabei eingesammelt. Dafür erhielten die meist jungen Leute jeATLANTIK

KUBA

HAITI

DOMINIKANISCHE REPUBLIK SANTO DOMINGO (Hauptstadt)

weils ein Exemplar der Heiligen Schrift. Die Aktion sei ein Segen für das Land, sagte Pastor Braulio Porte (Santo Domingo). Die Aktion soll auf andere Städte ausgeweitet werden. Die Regierung hatte bei der Verbrechensbekämpfung zuletzt rund 3.000 Soldaten zur Unterstützung der Kommunen eingesetzt. Das Auswärtige Amt in Berlin weist in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen auf die hohe Kriminalität in dem Karibikland hin. Teilweise trügen Dominikaner Handfeuerwaffen mit sich und setzten sie vor allem als Drohmittel ein. Allerdings richteten sich die Taten selten gezielt gegen Ausländer. Von den etwa 10,5 Millionen Einwohnern sind rund 75 % Katholiken und 5,5 % Protestanten. P

NOTIERT US-Satanisten: Teufels-Denkmal Satanisten in den USA wollen dem Teufel ein Denkmal setzen – ausgerechnet neben einer Steintafel mit den Zehn Geboten. Die Gruppe „Satanic Temple“ aus New York plant ihr Monument am Parlamentsgebäude von Oklahoma City (Bundesstaat Oklahoma), wie aus einem Schreiben ihres Sprechers, Lucien Greaves, an die Stadt hervorgeht. Schon die Aufstellung der Tafel mit den Zehn Geboten im Jahr 2012 hatte eine Kontroverse ausgelöst. Die Amerikanische Vereinigung für Bürgerfreiheit ACLU protestierte dagegen, weil sie darin eine Verletzung der Trennung von Staat und Religion sieht.

Fackelträgerzentrum in Österreich: Martin Buchsteiner folgt Royer Das österreichische Bibel- und Freizeitzentrum „Tauernhof“ in Schladming (Steiermark/Österreich) hat einen neuen Direktor. Mitte Dezember wurde der 38-jährige Martin Buchsteiner als Nachfolger des tödlich verunglückten Hans Peter Royer in das Amt eingeführt. Royer war im Alter von 51 Jahren am 17. August am Dachstein mit dem Gleitschirm abgestürzt. Buchsteiner ist seit 1998 Mitarbeiter des „Tauernhofs“. Seit 2003 leitete er die Bibelschule. Die Amtseinführung nahm der stellvertretende Buchsteiner Superintendent der Steiermark und Vorstandsvorsitzende des Trägervereines des „Tauernhofs“, Pfarrer Gerhard Krömer, vor. Im Auftrag des Bischofs der Evangelischen Kirche Österreichs, Michael Bünker (Wien), betraute er Buchsteiner auch mit der öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung. Der „Tauernhof“ bietet seit 1964 internationale Kurzbibelschulen an und führt missionarische Einsätze in Österreich und anderen Ländern durch. Er gehört zu der weltweiten Missionsgemeinschaft der Fackelträger. Die evangelikale Bewegung unterhält 25 Kurzbibelschulen und Freizeitzentren in Europa, Amerika und Asien. Deutsche Zentren sind der „Bodenseehof“ in Friedrichshafen und die „Klostermühle“ in Obernhof/Lahn.

Fotos: Anne Wall, PR

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Ein Gruß aus Bethlehem an alle idea-Leser BILD & BOTSCHAFT DER WOCHE In diesen Tagen ist es bei uns in Bethlehem schon richtig weihnachtlich. In den Straßen leuchten die Weihnachtslichter, in vielen Geschäften stehen Tannenbäume. Und dann begann es auch noch so heftig zu schneien wie seit Jahrzehnten nicht. Viele suchen ihr Glück im Ausland Aber die weihnachtliche Idylle täuscht. Denn Bethlehem, die Geburtsstadt Jesu – der Ort, an dem Gott als Mensch in diese Welt kam –, ist längst keine christliche Stadt mehr. Seit rund 20 Jahren – also seit die Stadt an die Palästinensische Autonomiebehörde übergeben wurde – schrumpft die Zahl der Christen kontinuierlich. Schätzungen zufolge sind nur noch 10 % der rund 22.000 Einwohner Bethlehems Christen. Und es werden fast täglich weniger. Mangels Perspektiven suchen vor allem junge Menschen ihr Glück im Ausland. Wer möchte seine Zukunft schon hinter einer Mauer verbringen?

Mit jedem jungen Christen, der geht … Mit jedem jungen Christen, der geht, gerät die christliche Gemeinde mehr in die Defensive. Mit Sorge sehen wir, was in Ländern wie Syrien geschieht, wo es infolge des Bürgerkrieges immer weniger Christen gibt und diese zunehmend unter Druck geraten. In unserem Zentrum Beit Al Liqa (Haus der Begegnung) möchten wir Hoffnung verbreiten und Menschen eine Perspektive bieten, besonders den Jüngsten. Als Jesus als Kind in diese Welt kam, fand er keine Herberge. Die Menschen hatten keinen Platz für den Sohn Gottes. Auch heute spielt Jesus für viele Men-

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schen in Bethlehem keine Rolle. Dass Jesus Mensch wurde, um sie mit dem Vater zu versöhnen, wissen sie nicht.

Ein Musical vor der Geburtskirche Und genau hier sehen wir unsere Aufgabe. Wir möchten, dass die Kinder von Bethlehem Jesus Christus kennenlernen. Unter anderem deshalb werden wir am Heiligen Abend vor der Geburtskirche ein Weihnachtsmusical aufführen. Tausende Menschen werden dabei sein – viele von ihnen ohne christlichen Hintergrund. Sie sollen etwas mitbekommen von der wahren Weihnachtsfreude. Und die wenigen Christen sollen sich an diesem Abend verbunden fühlen mit der weltweiten und großen Gemeinschaft der Christenheit – auch oder gerade weil sie, weil wir Teil dieser „kleinen Schar“ sind, von der es beim Propheten Micha heißt: „Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.“ Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Christfest, Ihr Johnny Shahwan Der palästinensische Christ Johnny Shahwan und seine Frau Marlene leiten das christliche Begegnungszentrum Beit Al Liqa in Beit Jala, dem Nachbarort Bethlehems.


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Jesus ist die bedeutendste Person der Weltgeschichte INTERNET Jesus Christus kann als die bedeutendste Person der Geschichte angesehen werden. Das hat eine Internet-Analyse des US-Wissenschaftlers Steven Skiena von der Stony-Brook-Universität (New York) ergeben.

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usammen mit seinem Partner Charles Ward hat er durch Auswertung der Online-Enzyklopädie Wikipedia eine Rangliste

erstellt. Dabei kam Jesus Christus auf den ersten Platz, gefolgt vom französischen Kaiser Napoleon Bonaparte (1769–1821), dem englischen Schriftsteller William Shakespeare (1564–1616) und dem Islam-Gründer Mohammed (ca. 570–632). Die nächsten Plätze belegen die US-Präsidenten Abraham Lincoln (1809–1865) und George Washington (1732–1799) vor dem deutschen Diktator Adolf Hitler (1889–1945), dem griechischen Philosophen Aristoteles (384–322 v. Chr.), dem Feldherrn Alexander dem Großen (356–323 v. Chr.) und dem USPräsidenten Thomas Jefferson (1743–1826). Von den noch lebenden Personen belegt der frühere US-Präsident George W. Bush an 36. Stelle den vordersten Rang.

Jesus hat die meisten Nachfolger Diese Christus-Darstellung aus Ravenna (6. Jahrhundert) steht neben dem Begriff „Jesus“ bei Wikipedia.

Wie Skiena erläuterte, habe er rund 800.000 Wikipedia-Seiten von historischen Personen analysiert und dabei ähnliche Maß-

einheiten angewandt, wie sie die Suchmaschine Google für die Erstellung ihrer Ranglisten benutzt. Soziale Netzwerke wie etwa Facebook und Twitter seien aber nicht berücksichtigt worden. Auch habe man sich auf die englischsprachigen Ausgaben von Wikipedia beschränkt. Das könne der Grund sein, warum unter den ersten 10 allein 3 frühere US-Präsidenten auftauchen. Im Wesentlichen reflektiere seine Rangliste, welche Personen US-Amerikaner kennen oder kennen sollten. Dies tue der Einschätzung, dass Jesus Christus die bedeutendste Person aller Zeiten sei, jedoch keinen Abbruch. Skiena: „Mit mehr als 2 Milliarden Nachfolgern volle 2.000 Jahre nach seinem Tod ist Jesus eine unglaublich erfolgreiche Kulturpersönlichkeit.“ Skiena und Ward haben ihre Ergebnisse im Buch „Who’s Bigger? Where Historical Figures Really Rank“ (Wer ist größer? Welchen Rang historische Personen wirklich einnehmen) veröffentlicht.P

Nelson Mandela ist nicht Jesus Christus

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egen die Gleichsetzung Nelson Mandelas mit Jesus Christus gibt es Widerstand. Als es in einem BBC-Interview mit dem früheren US-Präsidenten Jimmy Carter hieß, der am 5. Dezember im Alter von 95 Jahren verstorbene südafrikanische Staatspräsident, Friedensnobelpreisträger und Anti-Apartheid-Kämpfer verdiene einen Platz neben Jesus Christus, wies dies der Baptist Carter mit dem Hinweis zurück, dass Jesus Christus „der Sohn Gottes ist und damit Gott selbst“. In Südafrika wurde Mandela freilich von einem Kirchenmann als „Heiland“ charakterisiert. Pfarrer Joel Serasengwe von der Ostafrikanischen Waisen-Kirche in Soweto sagte der BBC über Mandela: „Er hat sich für uns geopfert – wie Jesus. Er war bereit, für uns zu sterben; deshalb lieben wir ihn.“ Für den Journalisten Dominic Lawson (London) gehen diese

Vergleiche zu weit. Zwar sei Mandelas Größe und Bedeutung unbestritten, aber eine „sofortige Heiligsprechung“ sei unangemessen. Mandela habe sich im politischen Leben verbindlich und charmant, der eigenen Familie gegenüber aber oft hart und unduldsam verhalten. Mandela, der 3 Mal verheiratet war, sei kein Familienmensch, sondern eher ein Frauenheld gewesen.

Ex-Frau: Er war ein Ehebrecher So habe seine erste Frau Evelyn Ntoko Mase verwundert reagiert, als der Südafrikanische Kirchenrat 1990 Mandelas Entlassung aus 27-jähriger Haft mit der „Wiederkunft Christi“ verglichen habe. Die Ex-Frau: „Wie kann ein Mann, der Ehebruch begangen und seine Frau und Kinder verlassen hat, Christus sein? Die Welt betet Nelson zu sehr an.“ Nach Lawsons

Einschätzung hätte Mandela, der eine methodistische Schule besuchte, selbst solche Überhöhungen abgelehnt. Er habe die Bibel gut genug gekannt, um sich seiner eigenen Sündhaftigkeit bewusst zu sein und die Charakterisierung als „Heiliger“ zurückzuweisen. In Deutschland gibt es mehrere Gedenkfeiern für Mandela – beispielsweise in der evangelischen St.-Katharinenkirche in Frankfurt am Main am 20. Dezember – unter anderem mit Kirchenpräsident Volker Jung. Veranstalter sind vor allem Hilfswerke wie „Brot für die Welt“ und „Misereor“. P

Foto: Wikipedia.

SÜDAFRIKA Gegen eine „Heiligsprechung” des Nationalhelden


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Eine Region versinkt im Elend SYRIEN Die großen Kirchen schlagen Alarm. Die Nachbarländer Syriens sind mit der Unterbringung und Versorgung von Millionen Bürgerkriegsflüchtlingen überfordert. Eine ökumenische Delegation mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider und Bischof Norbert Trelle von der (katholischen) Bischofskonferenz machte sich in Jordanien ein Bild der Lage. Eindrücke von der Reise hat Michael Brinkmann (Foto) vom Kirchenamt der EKD in Hannover für idea festgehalten. Soldaten, Panzer, Raketen, Bomben und immer wieder Blut. Auf der Zeichnung eines 9-jährigen Mädchens halten sich in Angst erstarrte Kinder die Ohren zu, kurz bevor die Bomben detonieren. In diesem Teil der Welt sehen Bilder von Kindern derzeit so aus. Sichtlich betroffen verfolgen die Besucher aus Deutschland die Malstunde von Flüchtlingskindern in einem Camp unweit der syrischen Grenze. Die Bilder zeigen: Der Krieg hat die Köpfe der Kinder erobert. Millionenfach. Die Betreuer der Kinder – sie gehören zum Team der Diakonie Katastrophenhilfe vor Ort – erzählen von den Schicksalen, die sich hinter den Bildern verbergen. 7 Verwandte des 12-jährigen Mohammed kamen durch einen Raketenangriff ums Leben. Von den derzeit 6,25 Millionen Flüchtlingen in der Region sind annähernd 80 % Frauen und Kinder.

Eine der schlimmsten humanitären Katastrophen Internationale Organisationen sprechen von einer der derzeit weltweit schlimmsten humanitären Katastrophen, die sich in und um Syrien abspielt. Eine ganze Region versinkt vor den Augen der Welt im Elend. Der Libanon – ein Land von der Größe Hessens mit nur 4,5 Millionen Einwohnern – hat 850.000 Flüchtlinge aufgenommen. Dörfer in Grenznähe, die bis vor kurzem wenige hundert Einwohner zählten, beherbergen heute Tausende Menschen. Auch Jordanien sieht sich mit einem plötzlichen Zuzug von Hunderttausenden Flüchtlingen konfrontiert. 2 von 3 Flüchtlingen haben außerhalb der Lager Zuflucht gefunden. Syrische Fa-

milien in Amman, die wir am 2. Tag der Jordanien-Reise besuchen, berichten uns offen von den Nöten des alltäglichen Lebens. Eine 14-köpfige Familie kampiert in 2 Zimmern. Genügend Geld für Heizmittel haben sie nicht, wärmende Decken sind Mangelware. Unterstützung für diese Familien ist ein echter Kraftakt. Auch in Amman sind sie über die ganze Stadt verstreut, was die Versorgung der Familien logistisch äußerst anspruchsvoll macht. Die Zusammenarbeit der deutschen Werke mit lokalen Partnerorganisationen ist daher unerlässlich, damit Hilfe die Menschen erreichen kann. 17 Millionen Euro konnten die Diakonie Katastrophenhilfe und die Caritas International in den letzten 2 Jahren für die Flüchtlinge in der Region mobilisieren. 600.000 Menschen haben Hilfe empfangen. Hilfsleistungen umfassen Essen und Trinken, medizinische Versorgung, Kleidung, Decken und Bedarfsmittel des alltäglichen Lebens sowie Zuschüsse zu Mieten und Schulgebühren.

Die Christen sind in Syrien besonders bedroht Der Bürgerkrieg in Syrien erscheint uns in Deutschland weit weg. Dabei findet er vor den Toren Europas statt. Und so manche Flüchtlingsfamilie schaut hoffnungsvoll auf unser Land, was eine Begegnung mit christlichen Syrern zum Abschluss der Reise deutlich vor Augen stellte. Gerade mit Blick auf die besonders bedrohten Bevölkerungsgruppen, zu denen als Minderheit auch viele Christen gehören, sollten die derzeit hohen Hürden für einen Aufenthalt in Deutschland kritisch in den Blick genommen werden.

Fotos: PR, picture alliance

Wie jeder helfen kann Jeder in Deutschland kann den Flüchtlingen des syrischen Bürgerkriegs helfen. Noch aus Amman unterstrichen der EKD-Ratsvorsitzende Schneider und Bischof Trelle daher: „Wir bitten die Christen und darüber hinaus die gesamte Bevölkerung in Deutschland, sich der Not der Flüchtlinge anzunehmen. Wir hoffen, dass die evangelischen und katholischen Gemeinden in den kommenden Wochen verstärkt auf die Arbeit der Hilfswerke in der Region aufmerksam machen und diese finanziell unterstützen.“ P

b Diakonie Katastrophenhilfe, Spendenstichwort: Jordanische Grenzsoldaten helfen syrischen Flüchtlingen.

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„Nothilfe Syrien“: Spendenkonto: 502 502, Ev. Darlehnsgenossenschaft Kiel, BLZ: 210 602 37


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Emil Ramsauer

Irene Hirzel

Angelika Loos

Pfarrer Steffen Kern

Die Christen des Jahres 2013 VORBILDER Wer hat im Jahr 2013 überzeugend seinen christlichen Glauben gelebt? Es dürften viele sein! Die idea-Redaktion hat einige von ihnen ausgewählt und stellt sie in Kurzporträts vor.

Er war die Überraschung am Eurovision Song Contest von Mitte Mai: Nie war ein Teilnehmer nur annähernd so alt wie der 94-jährige Emil Ramsauer. Die 6-köpfige HeilsarmeeGruppe „Takasa“ (suahelisch für Reinheit, reine Freude an Gott), gewann überraschend die nationale Ausscheidung in der Schweiz. Der Altersunterschied zur Jüngsten in der Band, der Sängerin Sarah Breiter, betrug über 70 Jahre. „We are one“: Das Motto des ESC ist für Emil Ramsauer Programm. Damals gerade pensioniert, heiratete der Witwer die 22 Jahre jüngere Regula. Beide kannten sich aus der Jugendzeit, hatten aber nicht den Mut für ein tieferes Gespräch. Nun sind sie eins geworden, auch mit Gott. «Wenn er ruft, bin ich bereit», heisst die Devise des rüstigen Seniors. Sein Gehorsam führte ihn bis auf die bedeutendste europäische Bühne. Arm an Punkten, aber reich an vielen Erfahrungen, kehrte Ramsauer nach Thun im Berner Oberland zurück. Der „Takasa“-Beitrag „You and me“ dürfte indes für Punkte im Himmel gesorgt haben – trotz Uniformverbot. „Wir bekannten uns immer klar zu Jesus Christus. Das Ganze war eine wunderbare Erfahrung“, schaut Ramsauer zurück. Die Heilsarmee – und damit auch der christliche Glaube – erfuhr eine grosse Medienpräsenz und wurde sogar für den „European Excellence Award 2013 für Meisterleistungen im Bereich Kommunikation und Marketing“ nominiert. Auch wenn er bescheiden abwehrt: Der einsatzfreudige Bassgeiger und Baritonbläser Emil Ramsauer gab „Takasa“ ein unvergessliches Gesicht. Seine menschenorientierte, erfrischende und humorvolle Art war europaweit ein „Wohlgeruch für den Herrn“; er wurde von den Medien mit viel Wohlwollen interviewt. Gott bleibt Emil Raumsauers oberster „Befehlshaber“, auch nach Malmö. Thomas Feuz

Die Schweizer Menschenrechtlerin des Jahres In den 1990er Jahren arbeitete Irene Hirzel als Streetworkerin im Rotlichtmilieu, wo sie unerwartet mit dem Thema Menschenhandel konfrontiert wurde. „Ich wusste damals noch nicht, dass das überhaupt noch existiert.“ Seit

fünf Jahren engagiert sie sich bei der Christlichen Ostmission (COM) gegen Frauen- und Kinderhandel in Osteuropa und Nepal. Mit ihrem aus christlicher Überzeugung geprägten Engagement trug sie dazu bei, dass Menschhandel und Prostitution in der Schweizer Öffentlichkeit vermehrt thematisiert wurden. Auch ist sie Mitglied einer Arbeitsgruppe zur Bekämpfung des Menschenhandels SchweizRumänien innerhalb des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Gemeinsam mit anderen Christen setzte sie sich für die Europaratskonvention gegen die Ausbeutung von Minderjährigen ein. Ergebnis: Das Mindestalter für Prostitution ist durch die Konvention auf 18 Jahre angehoben worden. Bei der UNO-Menschenrechtskommission reichten Irene Hirzel und ein Mitstreiter im Namen der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA) ein Papier gegen den Menschenhandel ein. Im „Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel“ (NAP) der Schweiz wurden inzwischen viele der gestellten Forderungen aufgenommen. Justizministerin Simonetta Sommaruga folgte im November einer Einladung zur Konferenz der Evangelischen Allianz gegen Menschenhandel, zum „StopArmut“-Anlass in Bern. „Heute stehen viel mehr Menschen hinter diesem Anliegen“, freut sich Irene Hirzel, doch es war wohl erst der Anfang. Mittlerweile wird in der Schweiz sogar offen über die Abschaffung der Prostitution generell oder auch die Bestrafung der Freier diskutiert. Christof Bauernfeind

Die Spendensammlerin des Jahres Ein Jahr lang hat die Baptistin Angelika Loos aus Schneeberg im Erzgebirge für ihre Arbeitskollegen in einem Dentallabor einmal in der Woche ein Mittagessen zubereitet und so Spenden für einen guten Zweck gesammelt – nämlich für die Stiftung ihrer Freikirche „Chance zum Leben“ (Hannover), die Mütter in Not unterstützt. Das Startkapital in Höhe von 5 Euro bekam sie durch die Aktion der Stiftung: „Mit 5 Euro sind Sie dabei“. Wer mitmacht, erklärt sich bereit, innerhalb eines Jahres diese Summe zu vermehren. Biblische Grundlage dafür ist das Gleichnis von den anvertrauten Pfunden (Matthäus 25,14–30). Loos

Fotos: PR(3)

Der Schweizer Musiker des Jahres

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Ertan Cevic

ist begeistert von der Aktion. Von den 5 Euro kaufte sie Kartoffeln und Eier und bereitete damit Kartoffelpüree mit sauren Eiern zu, eine Spezialität aus ihrer Heimatstadt Dessau. Zwischen vier und sieben Kollegen nahmen jede Woche an ihrem Essen teil – und spendeten dafür. Einen Teil des Geldes legte sie zur Seite, mit dem restlichen Betrag kaufte sie die Lebensmittel für das nächste Menü. Nach einem Jahr hatte sie 750 Euro zusammen. Von der Stiftung wurde sie als innovativste Spendensammlerin 2013 ausgezeichnet. Und auch idea fi ndet ihren Einsatz nachahmenswert. Die Motivation für ihren Einsatz: Es könne nicht angehen, dass Kinder nur deshalb nicht geboren werden, weil es den Eltern wirtschaftlich dann schlechter gehen würde. Klaus Rösler b www.chance-zum-leben.de • 0511 9 54 9870

Fotos: ProChrist/martinweinbrenner.de, kairospress, picture alliance

Der Evangelist des Jahres Für Steffen Kern begann Europas größte Evangelisationskampagne in diesem Jahr – ProChrist 2013 – mit einer Riesenüberraschung: Der vorgesehene Redner, Ulrich Parzany, musste bei der zentralen Veranstaltung in Stuttgart wegen einer Kreislaufschwäche ins Krankenhaus gebracht werden. Ein Ersatzmann musste her, der quasi aus dem Stehgreif eine 30-minütige Rede vor 4.000 Menschen in der Halle und einigen Zehntausend an den Bildschirmen in rund 550 deutschen Orte sowie mehr als 350 Städten und Gemeinden in 17 weiteren Ländern halten kann. Genau 2 Stunden hatte der württembergische Pfarrer Steffen Kern am 3. März Zeit, sich auf diese Herausforderung vorzubereiten. Hinterher berichtete Kern, dass er an jenem Tag „völlig ahnungslos“ in die Porsche-Arena gegangen sei. Er habe sich auf einen „entspannten Abend“ gefreut. Nicht einmal eine Aktentasche mit Schreibzeug und Bibel habe er dabei gehabt. Allerdings war ihm das Thema des Abends – „Glück“ – geläufig. Er hatte vor nicht all zu langer Zeit ein Buch mit dem Titel „Ich lebe gern – Vom Glück zu leben“ geschrieben, über dessen zentrale Gedanken er wiederholt referiert hatte. Klaus-Peter Grasse

Der Missionar des Jahres Dass er unter Lebensgefahr arbeitet, merkt man Ertan Cevik nicht an. Der in Deutschland geborene Türke ist Missionar des baptistischen Missionswerks EBM International (Wustermark bei Berlin) und Pastor im türkischen Izmir – dem biblischen Smyrna. Der 46-Jährige gehört zur winzigen Minderheit der rund 4.000 protestantischen (fast

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Fußballheld Alaba

ausschließlich evangelikalen) Christen inmitten von 75 Millionen muslimischen Türken. Als 2007 im ostanatolischen Malatya drei Christen von radikalen Muslimen ermordet worden waren (darunter der deutsche Theologe Tilman Geske), erhielt er von den Sicherheitsbehörden fünf Jahre lang einen Leibwächter zugeteilt. 2012 wurde der Mann für seine Sicherheit abgezogen. Doch inzwischen wird der mit einer Deutschen verheiratete Theologe erneut bedroht. Die Behörden rieten ihm, sich nur noch mit einer schusssicheren Weste in der Öffentlichkeit zu zeigen. Man sei in Sorge, dass Islamisten aus Syrien ihm nach dem Leben trachteten. Cevik lehnt die Weste jedoch ab. Dazu schreiben er und seine Frau Marlene in einem Rundbrief: „Wir danken Jesus, dass er der beste Leibwächter ist, denn er schläft und schlummert nicht.“ Ceviks Gemeinde ist aus einem Hauskreis entstanden. Sie hat rund 50 Mitglieder und trifft sich in einer 150 Jahre alten Kirche, die von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt wurde. Die Gemeindearbeit allein reicht Cevik nicht. In diesem Jahr hat er eine Initiative ins Leben gerufen. Sie setzt sich dafür ein, dass sich Izmir wegen seiner christlichen Vergangenheit stärker für Touristen öffnet. Ceviks großes Ziel: Die Stadt soll für Christen eine größere Bedeutung erlangen – am liebsten wie Rom für die Katholiken. Klaus Rösler

Der Sportler des Jahres Er gehört zu den Fußballhelden des Jahres 2013: David Alaba. Er gewann mit dem FC Bayern das Triple aus deutscher Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League. Das war zuvor noch keinem deutschen Verein gelungen. Nach den Erfolgen erneuerte der Linksverteidiger sein Bekenntnis zum christlichen Glauben: Während der Feierlichkeiten zum Sieg des wichtigsten Vereinstitels im Profifußball trug er auf der Ehrenrunde im Londoner WembleyStadion ein T-Shirt mit der Aufschrift „Meine Kraft liegt in Jesus“. Weltweit verfolgten 360 Millionen Menschen in 209 Ländern das Spiel und sahen Alaba in seinem Jesus-Hemd. Der 21-jährige Österreicher, dessen Mutter von den Philippinen und dessen Vater aus Nigeria stammt, gehört wie seine Familie zur protestantischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. „Ja, ich bin sehr gläubig und versuche, im Spiel meine Kraft von Gott zu holen“, gab Alaba „Focus“ zu Protokoll. Nach Torerfolgen richtet er seinen Blick nach oben und reckt beide Hände zum Dank gen Himmel. Auf Twitter schrieb er mal: „Leben ohne Gott ist wie Fußball ohne Ball!“ Dennis Pfeifer


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C H R I S T & LE BE N

Die Sternenkinder FEHLGEBURTEN Schwangerschaften enden jedes Jahr bei Tausenden von Frauen in Deutschland mit einer Fehlgeburt – das heißt, die Kinder wiegen weniger als 500 Gramm und sie sind vor oder während der Geburt verstorben. Sie werden auch Sternenkinder genannt, weil sie – wie es im Volksmund heißt – „die Sterne erreichen“, ohne das Licht der Welt erblickt zu haben. idea-Redakteurin Daniela Städter hat in Wuppertal eine Familie getroffen, die den Tod von 2 Sternenkindern und eines 3 Wochen alten Frühchens verarbeiten musste. Wuppertal, im Jahr 2007. Antje Grosser ist gerade besonders glücklich: Die damals 31-Jährige ist in der achten Woche schwanger. Damit ist ein großer Wunsch der evangelischen Buchhändlerin und ihres katholischen Ehemanns Benedikt, einem damals 36-jährigen Mathematiker, in Erfüllung gegangen. Die junge Frau freut sich sehr, bald auch Mutter zu sein. Dann folgt eine Ultraschalluntersuchung bei ihrer Frauenärztin. Eigentlich ein normaler Termin. Doch die Ärztin wird sehr ernst, als sie mit dem Gerät immer wieder den Bauch abtastet. Dann hat sie eine schlimme Nachricht: Das winzig kleine Herz des Embryos hat aufgehört zu schlagen. Das so sehnlich erwartete Baby ist tot. Antje Grosser ist wie betäubt. Doch für Tränen und Trauer ist keine Zeit. Sie soll sofort in eine Klinik. Der tote Embryo muss ausgeschabt werden. Für die Gynäkologen ist es Routine. Niemand sagt ihr, was mit ihrem Kind danach passiert. Sie selbst ist geschockt, nicht in der Lage nachzufragen. Sie weiß es bis heute nicht. Das Kind wird, so vermutet sie, mit dem Klinikmüll entsorgt worden sein. Die junge Frau fällt für einige Wochen in ein tiefes Loch. Nur eine kleine Erinnerung bleibt ihr: das Ultraschallbild von dem Kind.

Fehlgeburten gibt es häufig Damals war dem Ehepaar nicht bekannt, dass Fehlgeburten häufig vorkommen. Offizielle Statistiken werden zwar nicht erhoben. Aber Mediziner gehen davon aus, dass in Deutschland mehrere Tausend Schwangerschaften mit einer Fehlgeburt enden – auch wenn die Mütter sich vorbildlich verhalten. Antje Grosser: „Und ich hatte immer gedacht, dass bei entsprechendem Verhalten – gesunde Ernährung, kein Alkohol, keine Zigaretten – ein Kind auch ausgetragen wird.“

vergiftung. Nun geht es auch um ihr Leben. Das Ehepaar stimmt einem Kaiserschnitt zu. Bei einer natürlichen Geburt wären die Überlebenschancen noch geringer gewesen. Am 4. Oktober 2008 muss ihre winzige Tochter Helena das Licht der Welt erblicken: Sie wiegt nur 760 Gramm und ist 33 Zentimeter groß. Nach 10 Tagen bekommt sie eine Darmentzündung. Ihre Überlebenschancen sind gering. Dennoch wollen die Ärzte alles probieren. Sie wird nach Köln in die Kinderklinik transportiert. Dort wird ihr der Darm entfernt. Aber der Eingriff war zu schwer. Zum Sterben bringen sie Helena zurück nach Wuppertal. In ihrer Heimatstadt können die Eltern in Ruhe Abschied von ihrer kleinen Tochter nehmen. Helena wurde nur 19 Tage alt.

„Euer Leben geht weiter“ Für die Grossers beginnt erneut eine schwere Zeit. Sie wollen so gerne eine Familie sein, jetzt sind sie wieder „nur“ ein Ehepaar. Kraft gibt ihnen ihr christlicher Glaube und die Unterstützung von 2 Frauen – der Pfarrerin für Krankenhauseelsorge am Kinderkrankenhaus in Köln, Christa Schindler, und der Pfarrerin aus Antje Grossers Wuppertaler Heimatgemeinde, Sylvia Wiederspahn. Die beiden Frauen hören ihnen zu, begleiten ihr Leid im Gebet. Und sie ermuntern das Ehepaar, nach vorne zu schauen, indem sie sagen: „Gott will, dass für euch das Leben weitergeht.“ Ein großer Trost ist für das Ehepaar die Gewissheit um die Auferstehung: „Wir wissen, dass es Helena gutgeht.“

Ein Jahr später – im späten Frühjahr 2008 – ist Antje Grosser wieder schwanger. Erneut gibt es Komplikationen. Der Muttermund ist offen, sie verliert viel Fruchtwasser. In der 21. Woche kommt sie ins Krankenhaus. Die Ärzte tun alles, damit ihr Kind möglichst lange im Mutterleib wachsen kann. Doch dann bekommt die werdende Mutter eine Blut-

Ein Foto der 2008 gestorbenen Helena. Sie wurde 19 Tage alt.

Foto: Frank Elschner

Zwischen Hoffen und Bangen

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nicht überwinden konnten. In dem Gedenkgottesdienst fühlen sie sich verstanden und aufgehoben.

Vorsichtige Freude 2009 ist es wieder soweit. Antje Grosser wird zum dritten Mal schwanger. Die Freude ist wieder riesig. Aber es bleibt eine gewisse Unsicherheit: Wird dieses Mal alles gutgehen? Die vorsichtige Zurückhaltung zeigt sich an Kleinigkeiten. Ein Kinderzimmer richten sie noch nicht ein. Regelmäßig hört die werdende Mutter die Herztöne ab. Die bange Frage steigt immer wieder in ihr auf: Lebt unser Kind noch? Am 21. Februar 2010 ist der lang ersehnte Tag da: Marlene wird gesund geboren. Das Ehepaar ist unendlich dankbar und erleichtert.

Noch eine Fehlgeburt

Antje und Benedikt Grosser spielen mit ihrer Tochter Marlene.

Foto: Frank Elschner

Nur Gleichgesinnte können einen verstehen Wichtig ist für die Grossers damals auch der Kontakt zu Eltern, die Ähnliches durchgemacht haben. Sie treffen sich in der Sternenkinder-Ambulanz in Wuppertal. Es ist eine Einrichtung der DRK-Schwesternschaft und des evangelisch-methodistischen Agaplesion Bethesda Krankenhauses. Die einfühlsame Leiterin Anja Spilker kümmert sich mit einem Team von Ärztinnen, Hebammen, Pflegenden und Seelsorgern darum, dass Eltern in der Trauer um „ihre“ Sternenkinder begleitet werden. Dort gelten alle totgeborenen oder in frühen Schwangerschaftswochen verlorenen Kinder als „Sternenkinder“ – unabhängig vom Geburtsgewicht. Spilker: „Das Leid der Eltern ist ja nicht an die Größe des verstorbenen Kindes gekoppelt.“ In der Sternenkinder-Ambulanz können die Eltern Abschied von ihren verstorbenen Kindern nehmen. Alle 4 Monate findet ein gemeinsames Begräbnis statt. Auf dem katholischen Friedhof gibt es für sie eine eigene Grabfläche. Vor der Beerdigung lädt der methodistische Pastor und BethesdaKrankenhausseelsorger Jürgen Woithe zu einer ökumenischen Andacht ein. Für die Eltern gibt es zudem das regelmäßige Sternenkinder-Café und einen jährlich stattfindenden ökumenischen Gedenkgottesdienst, das sogenannte „Weltweite Kerzenleuchten“. Die Grossers waren in den vergangenen Jahren immer dabei. Aber es kommen, wie Spilker sagt, auch Frauen, die in den 60er oder 70er Jahren ihre Kinder verloren haben – und die damals niemand in ihrer Trauer ernst genommen hat, so dass sie den Verlust

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Marlene ist heute 3 Jahre alt. Sie geht gerne in den evangelischen Kindergarten. Ihre Eltern haben ihr von Helena erzählt. Obwohl sie nicht alles versteht, hat es sie schon sehr geprägt. Für ihre Marlene wünschen sich die Eltern noch ein Geschwisterkind. Bislang hat es jedoch nicht geklappt. Stattdessen musste Antje Grosser in diesem Jahr eine weitere Fehlgeburt verkraften. Die Trauer war wieder da. Doch dieses Mal sind sie schon eine Familie – sie haben Marlene. Und die Sternenkinder-Ambulanz hat sich darum gekümmert, dass ihr Kind nicht entsorgt, sondern liebevoll in ein Sternentuch gebettet und gemeinsam mit anderen Sternenkindern in Wuppertal beerdigt wurde. Am zweiten Advent haben sie zum „Weltweiten Kerzenleuchten“ eine Kerze für Marlene angezündet. Sie treffen regelmäßig Gleichgesinnte und stärken sich gegenseitig. Ihre familiäre Zukunft legen sie in Gottes Hand. Antje Grosser: „Wir können unser Leben und unsere Situation aus dem Glauben heraus annehmen.“ P

Was sind Sternenkinder? Ab wann gilt ein Kind als „Person“? Es muss mindestens 500 Gramm wiegen. So will es das Gesetz. Und deswegen haben Eltern totgeborener Kinder mit einem Gewicht unter 500 Gramm nicht das Recht, ihre Kinder im Personenstandsregister einzutragen. Diese Kinder gelten als Fehlgeburten – Sternenkinder. Vieles ist nicht selbstverständlich, wenn der Fötus bei der Geburt nur 499 Gramm wiegt: Ihre Mütter haben keinen Anspruch auf Mutterschutz. Sie müssen theoretisch am Tag nach der Fehlgeburt wieder arbeiten gehen. Auch Mutterschaftsgeld steht ihnen nicht zu. Allerdings hat es im Mai 2013 eine kleine Änderung der Personenstandsverordnung gegeben: Immer noch können Fehlgeburten zwar nicht im Personenstandsregister registriert werden, aber Eltern können zumindest eine Bescheinigung über die Existenz ihres Kindes erhalten. Sie enthält Informationen wie Namen, Tag und Ort der Geburt. Auch Angaben zu den Eltern sowie zur Religion können auf Wunsch gemacht werden. b Sternenkinder-Ambulanz in Wuppertal: www.sternenkinder-ambulanz.de


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T H E OL O G I E

Das Weihnachtsevangelium: Bericht oder Legende? LUKAS 2 In vielen Weihnachtsgottesdiensten wird das 2. Kapitel des Lukasevangeliums vorgelesen: eine der bekanntesten Geschichten der Weltliteratur. Dazu ein Beitrag des Theologieprofessors an der Uni Bielefeld, Rolf Wischnath (Foto, G端tersloh).

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oben: Lukas 2 nach der Übersetzung Martin Luthers. li k Das D Bild stammt von dem d 29 Jahre h alten l ü l links: Künstler Marco Brzozowski aus Brandenburg an der Havel. Er malte das Weihnachtsgeschehen aus der Perspektive des Jesuskindes.

Die Mehrheit wissenschaftlicher Theologen hält die Bezeugung der Geburt Jesu bei Lukas (2, 1– 20) für eine Legende. Eine Legende ist eine dem Märchen und der Sage verwandte Textsorte. Ihr „Realienhintergrund“ könne nicht ausgemacht werden, wird gesagt. Das sei auch nicht nötig, denn das Interesse eines Evangelisten bei der Konstruktion und Verwendung einer Legende diene vorwiegend dem Erbaulichen. Nun hat Benedikt XVI. (Joseph Ratzinger) in diesem Jahr den dritten Band seines Jesus-Buches herausgebracht, in welchem er die Weihnachtsevangelien (Matthäus 1 + 2 und Lukas 2) auslegt. Es ist ein elementares Buch. Und hier ist eine andere Stimme zu hören: „Matthäus und Lukas wollten in ihrer je eigenen Art nicht ‚Geschichten‘ erzählen, sondern Geschichte schreiben, wirkliche, geschehene Geschichte, freilich gedeutete und vom Wort Gottes her verstandene Geschichte. Das bedeutet auch, dass es nicht um ein vollständiges Erzählen ging, sondern um das Aufzeichnen dessen, was im Licht des Wortes Gottes und für die werdende Gemeinde des Glaubens als wichtig erschien. Die Kindheitsgeschichten sind schon gedeutete und von der Deutung her geschriebene, konzentrierte Geschichte.“ In der Konsequenz dieser Grundlegung liest man dann, dass Bethlehem uneingeschränkt der ausgewiesene Geburtsort Jesu ist – und nicht, wie die meisten wissenschaftlichen Bibelausleger meinen, Nazareth. Benedikt geht dann beispielsweise auch aus von einer sehr wahrscheinlichen Abstammung Jesu aus der Nachkommenschaft des Königs Davids und nicht von einem künstlich entworfenen Bezug Jesu zur davidischen Familie. Andere Aspekte der historisch-kritischen Forschung bedenkt der Papst und kommt zum Ergebnis, dass „die wesentlichen Inhalte der von Lukas berichteten Vorgänge historisch glaubhaft bleiben“.

Fotos: Gerda Herrmann, Marco Brzozowski

Sie schütteln den Kopf Das alles sind Töne, die seit Jahren im Bereich der theologischen Hochschullehre in unserem Land kaum zu hören waren. Und die überwiegende Mehrheit der Neutestamentler kann über diese benediktinischen Auskünfte nur bedenklich den Kopf schütteln. Nun behauptet Benedikt XVI. seine Erkenntnisse nicht einfach, sondern er begründet sie. Und auch seine Kritiker müssten auf der Höhe seiner Kenntnisse und Argumente die Diskussion führen. Dem Vorwurf, dass er letztlich den Weg bahne zu einem

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fundamentalistischen Bibelverständnis, kann gerade im Blick auf die Auslegung des Weihnachtsevangeliums widersprochen werden: Dass – zum Beispiel – die „Heerscharen“ von Engeln über den Hirtenfeldern das Lob Gottes gesungen haben, will der Neutestamentler im Vatikan natürlich nicht dingfest machen, sondern auslegen. Was in den Deutungen vom Evangelisten gesagt wird, interpred tiert der Bischof von Rom und versucht nicht, historische Begründungen vorzutragen, wo sie weder möglich noch notwendig sind. Was habe ich nach dieser Lektüre über das Weihnachtsevangelium gelernt? Etwas Neues, das ich noch nicht wusste, und etwas Bekanntes, das mich in meinem bisherigen Verständnis jenes alten Textes gefestigt hat: Das Weihnachtsevangelium ist weder Berichterstattung noch Legende. Es ist ein Drittes, nämlich eine hoch durchdachte Botschaft des Geschehenen und des Gegenwärtigen und Zukünftigen. Diese Botschaft ist gleichsam eine nach rückwärts und nach vorwärts gewandte Prophetie. Ihre theologische Voraussetzung ist, dass sie im Glauben an den Auferstandenen geschrieben wurde. (Darum kommt bei Benedikt die Bezeugung des Ostergeschehens vor den Geburtsgeschichten im zweiten Band.) Alles geht von der Gewissheit aus: Der gekreuzigte Jesus Christus ist auferstanden, und in ihm war und ist Gott gegenwärtig. Lukas 2 ist mithin eine Osterbotschaft, die den Anfang bedenkt und in diesem Jahr für mich eine Handvoll Akzente setzt: 1. Die Geburt Jesu ist ein Vollzug der Israel gegebenen Verheißungen: Jesus ist der Heiland (Retter) Israels und als solcher – nicht an Israel vorbei – Heiland der Welt. 2. Seine Armut in Krippe und Windeln versinnbildlicht seine künftige Existenz in Niedrigkeit – bis zum Kreuz. 3. Die Hirten sind auch Gestalten religiösen Elends. In ihnen begegnen uns die ersten „Lehrer“ (so Johannes Calvin) des Evangeliums. 4. Die Krippe ist Schatten des Kreuzes, der von Golgatha nach Bethlehem fällt. 5. Der Himmel – d. h. die lichte Wohnstätte Gottes – öffnet sich in der Nacht der Welt. In ihr wird Jesus nicht der Sohn Gottes, er ist es. Das Wichtigste: Das Evangelium bezieht sich auf ein wirkliches Geschehen und ist schon im Entstehen eine gedeutete Botschaft. Ein wirkliches Geschehen? Ja. Eine deutende Versinnbildlichung? Ja. Und nicht voneinander zu trennen. Und das, was Christen zu Weihnachten feiern, muss unabhängig von ihren eigenen Empfindungen an und für sich geschehen sein im Raum der Realität und des Glaubens. Andernfalls ist der christliche Glaube eine unter vielen Sinndeutungen, nicht aber gelebte Überzeugung in der Konsequenz eines wirklichen Geschehens und eines Glaubens, der seinen Grund hat in IHM. P

b Joseph Ratzinger / Benedikt XVI., Jesus von Nazareth, Band 3, Prolog – Die Kindheitsgeschichten, Freiburg 2013


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Weihnachten im Knast SEELSORGE Weihnachten feiern die meisten Menschen im Kreis ihrer Familie. Doch wie geht es Menschen, denen das nicht möglich ist, beispielsweise Häftlingen? Ute Passarge (Foto) ist hauptamtliche Mitarbeiterin beim Schwarzen Kreuz, einer christlichen Straffälligenhilfe. Für idea stellt sie 3 Gefangene vor, die im Gefängnis Christen wurden und Weihnachten hinter Gittern verbringen.

Eine leise Sehnsucht nach Gott Als Jugendlicher bezeichnete Tom sich als Atheisten. Das familiäre Weihnachtsfest empfand er als Heuchelei. Selbst die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum lehnte er radikal ab: „Meine Mutter verwahrt bis heute noch ungeöffnete Päckchen.“ Als junger Erwachsener befasste er sich mit Philosophie und las dabei auch einiges über Glaubensfragen. Sein Atheismus bekam Kratzer; er respektierte Gläubige mehr und mehr und spürte allmählich eine erste leise Sehnsucht nach dem Glauben an Gott. Dann heiratete er. Rasch hintereinander stellten sich drei Kinder ein. Getauft wurden sie nicht, aber ein christlicher Kindergarten war ihm inzwischen wichtig und, soweit er das konnte, die Vermittlung christlicher Werte. Falls seine Kinder einmal Gott für sich entdecken sollten, so würde er das begrüßen. Weihnachten, das er als Jugendlicher so gehasst hatte, wurde im Kreis seiner Familie zu einem Fest, auf das er sich freute.

Ein kriminelles Doppelleben Vielleicht sprach daraus auch der Wunsch, dass wenigstens seine Kinder ein gutes, sinnerfülltes Leben führen sollten, denn parallel zur Familiengründung führte Tom ein kriminelles Doppelleben. Schließlich kam alles ans Licht. Wegen mehrerer schwerer Straftaten fand er sich hinter Gittern wieder. Seine Frau reichte die Scheidung ein. Was jetzt? Wohin mit diesem Trümmerhaufen seines Lebens, den quälenden Schuldgefühlen? Tom fing an, sich mit den Weltreligionen zu beschäftigen. Mehr und mehr las er in der Bibel, nahm an den Gefängnisgottesdiensten teil. Er suchte nach Halt. Eine Hilfe waren ihm dabei aus-

gerechnet seine Kinder, die ihm einen selbstverständlichen Kinderglauben vorlebten.

Gottes Liebe ist keine Floskel Dann stieß er zum biblischen Gesprächskreis des Schwarzen Kreuzes und zu einer weiteren Bibelgruppe im Gefängnis. Im Gegensatz zu dem, was er selbst als Jugendlicher in seiner Kirchengemeinde erlebt hatte, erschien ihm der Glaube der Gruppenmitglieder lebendig und echt. Er fühlte sich angenommen. Wenn diese Leute sich ihm gegenüber schon so verhielten, konnte es dann nicht sein, dass „Gottes Liebe“ vielleicht doch nicht nur eine Floskel war? Er begann zu beten, meist ohne Händefalten. „Ich betrachte das Gebet wie ein ungezwungenes Gespräch zwischen Gott und mir, aber ein bewusstes.“ Und eins, das Sinn macht, da ist er sicher. Inzwischen ist er fest davon überzeugt, dass es Gott gibt. Mehr zu dem, was sich zwischen ihm und Gott abspielt, möchte er vorerst nicht sagen.

Das erste Mal Weihnachten hinter Gittern Das erste Weihnachten in Haft aber war besonders schwierig für ihn, gerade weil er noch keinen Halt im Glauben hatte. Die Trennung von der Familie, das Gefühl, ausgerechnet seine Kinder leiden zu lassen für das, was er getan hatte: „Ich begab mich tagelang in virtuelle Welten, indem ich die Playstation glühen ließ.“

Das Kerzenlicht fehlt Inzwischen begeht er das Fest auf zweierlei Weise und lässt damit „ein Erleben von Weihnachten zumindest ansatzweise zu“: Besinnung und Ablenkung. Besinnung, indem er in der Stille an das Geschehen von Weihnachten denkt, in der Bibel liest, mit Gott spricht. Aber dann wählt er auch ganz bewusst die Ablenkung, um die Sehnsucht nach den Menschen, die er liebt, zu unterdrücken: Briefe schreiben, an Veranstaltungen im Gefängnis teilnehmen oder auch „sinnfrei fernsehen“. Was ihm in der jetzigen Haftanstalt fehlt, ist Kerzenlicht. Im Haftraum ist es verboten, Kerzen anzuzünden. „Schade, auch im Alltag fehlt es mir. Daraus habe ich immer viel Wärme für mich gezogen.“ Sein Fazit: Wie ein Brennglas verstärken Advent und Weihnachten alles Negative der Haftsituation. „Auch die Schuld schnürt sich noch weit enger um mich als sonst.“

Foto: Torsten Volkmer

Tom erlebt in diesem Jahr bereits sein 13. Weihnachtsfest hinter Gittern. Darüber, wie viele wohl noch kommen werden, denkt er lieber nicht so genau nach. Ich kenne ihn über meine Arbeit bei der christlichen Straffälligenhilfe „Schwarzes Kreuz“. Tom ging regelmäßig in einen unserer Gesprächskreise, die wir in verschiedenen deutschen Gefängnissen durchführen. Inzwischen ist er verlegt worden. So kommunizieren wir auf die Weise, die für unsere Verbindung mit Inhaftierten die übliche ist: per Brief. Denn Internet ist im Gefängnis verboten und Telefonieren teuer und umständlich.

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Im Gefängnis die Bibel lesen Wie Tom hat auch er erst im Gefängnis damit begonnen, sich mit Glaubensfragen wirklich auseinanderzusetzen. Eines Tages meldete er sich mit einer gewissen Skepsis bei einer Gruppe des Schwarzen Kreuzes an. Doch schnell fand er zu einem der Mitarbeiter – Nico – einen besonderen Draht. Er erzählte von seinen Erfahrungen im Glauben, und Jarek wurde neugierig. Er begann in der Bibel zu lesen und spürte, wie er sich nach und nach veränderte: „Durch Nico habe ich wieder zu Gott gefunden.“ Heute sieht er sich als Christ. Außerhalb der Gefängnismauern hätte er diesen Weg wohl kaum eingeschlagen, glaubt er. Er bedauert allerdings, dass er inzwischen verlegt wurde und heute keinen direkten Kontakt mehr zu einer christlichen Gruppe hat, in der es ihm wirklich gefällt. Aber mit seiner Briefpartnerin tauscht er sich zu christlichen Fragen aus. Advent findet für ihn vor allem im Fernsehen statt. Seine Weihnachtsvorbereitungen sind schnell getroffen: Von irgendwoher ein paar schöne Grußkarten besorgen, beantragen, dass jemand ihm ein Paket schicken darf. Das war es dann auch schon. Er erzählt, dass auf seiner Abteilung nur ein Adventskranz an die besondere Zeit erinnert, einen Weihnachtsbaum gebe es nicht. „So bleibt der Alltag also gleich.“

Die Mutter kommt nicht

Blick durch das Beobachtungsfenster der Zellentür in einer Justizvollzugsanstalt. Der Fernseher – einzige Ablenkung am Weihnachtsfest.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist da die Tagträumerei, wie es wohl einst in der Zukunft sein wird – das erste Weihnachtsfest in Freiheit.

Foto: picture alliance

Wichtiger Briefwechsel Im Gegensatz zu Tom kenne ich Jarek nicht persönlich. Er hatte sich bei uns um einen Briefkontakt beworben. Seit über 3 Jahren tauscht er jetzt schon mit einer unserer ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen regelmäßig Briefe aus. Nicht immer läuft so ein Briefkontakt glatt. Da gibt es auch mal Erwartungen aneinander, die zu verschieden sind; das kann zu Enttäuschungen und Missverständnissen führen. Hier jedoch scheint die Chemie zu stimmen. Wenn ich ab und zu mit Jareks Briefpartnerin telefoniere, erzählt sie mir ein bisschen von ihm, und manchmal schreibt er uns in die Geschäftsstelle. Jarek stammt aus Polen. Als Kind kam er mit seiner Mutter nach Deutschland. Als sie wieder heiratete, rebellierte er gegen die neuen Verhältnisse. Er schwänzte die Schule, trank Alkohol, nahm Drogen. Allmählich rutschte er in die Kriminalität ab. Mit Anfang 20 trat er seine Haftstrafe an. Jetzt feiert er sein 7. Weihnachten im Gefängnis. Bis 2016 muss er noch bleiben.

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Heiligabend feiert er jedes Jahr wieder so, wie er es von seiner Mutter übernommen hat. Dann leistet er sich beim Anstaltskaufmann die Zutaten für das traditionelle polnische Weihnachtsessen, Fisch, und kocht selbst, meistens Heringsdip mit Kartoffeln. Ebenfalls nach alter polnischer Sitte legt er ein zusätzliches Gedeck auf für den Fall, dass jemand unerwartet zu Besuch kommt. Das muss sein, auch wenn die Tür seines Haftraums wie immer von außen abgeschlossen ist. Weh tut dann allerdings das Wissen, dass an diesem Abend auch seine Mutter einen zusätzlichen Teller aufdeckt und natürlich entgegen aller Vernunft hofft, dass ihr Sohn vielleicht doch plötzlich vor der Tür steht …

Was macht das Schwarze Kreuz? Das Schwarze Kreuz hilft seit 1925 Straffälligen und ihren Angehörigen während und nach der Haft. Der Verein ist Mitglied der Diakonie und in der Evangelischen Konferenz für Straffälligenhilfe. Finanziert wird die Arbeit überwiegend durch Spenden. In Deutschland engagieren sich mehr als 450 Ehrenamtliche im Schwarzen Kreuz. Die Geschäftsstelle in Celle mit 6 hauptamtlichen Mitarbeitern organisiert und koordiniert die Arbeit, vernetzt Ehrenamtliche in 20 Arbeitskreisen und fördert die Kontakte zu den Justizvollzugsanstalten. Vorsitzender ist Jörg Twiefel.

b www.naechstenliebe-befreit.de • 05141 946160


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Das Heimweh schlägt zu Und so schlägt an manchen Weihnachtsabenden das Heimweh zu. An anderen gelingt es Jarek, „stark zu bleiben“, wie er sagt. Er betet, liest die Weihnachtsgeschichte in der Bibel, die Nico ihm einmal geschenkt hat. Abends hat er die Möglichkeit, zur Messe zu gehen: „Hier geht es mir gut; ich spüre, wie Gott da ist und mich stärkt.“ Danach lässt er sich noch von irgendeinem Fernsehprogramm berieseln, bis er müde wird und ins Bett geht. Insgesamt glaubt er, dass es ihm zu Weihnachten immer noch besser geht als vielen Mitgefangenen: Er ist alleinstehend. Zu allem anderen auch noch zu wissen, dass Frau und Kinder zu Hause allein unter dem Weihnachtsbaum sitzen, das stellt er sich am allerschwersten vor.

auch wenn sie niemals wieder gutzumachen sind. Im Gespräch erwähnt er, dass er Weihnachten hinter Gittern darum recht gut erträgt.

Wir können nur Impulse geben Tom, Jarek und Erich sind im Gefängnis Christen geworden. Die Regel ist das nicht, auch nicht bei denen, die Kontakt zu uns im Schwarzen Kreuz haben. Wir können versuchen, Impulse zu setzen. Alles andere liegt nicht bei uns. Für manche – wie diese 3 Inhaftierten – aber scheinen die Bedingungen im Gefängnis sogar dazu beizutragen, dass Glaube wachsen kann: die Einsamkeit, das Zurückgeworfensein auf sich selbst und das Konfrontiertsein mit eigener Schuld. Der Begegnung damit können wir, die wir jenseits der Gitter geschäftig vor uns hin leben, viel leichter ausweichen.

Gefängnisstrafe ist Buße Eine andere Stimme kommt von Erich. Möglicherweise wird er sein Leben lang das Gefängnis nicht mehr verlassen. Auch er hat erst im Gefängnis den Glauben an Gott für sich entdeckt. „Ich wünschte, das wäre schon vorher passiert.“ Vielleicht hätte sein Leben dann eine ganz andere Richtung genommen? Jetzt jedenfalls hat er seine Strafe akzeptiert und will nichts unternehmen, um sie zu verkürzen. Er empfindet sein Leben hinter Gittern als eine Möglichkeit, in gewisser Weise Buße zu tun für seine Straftaten,

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Kreuz statt Krippe Mehr als die Krippe ist das Kreuz im Gefängnisalltag zu spüren. Carl hat es auf seine ganz eigene Weise in Weihnachten integriert. Wenn im Dunkeln die Hofscheinwerfer grell in seinen Haftraum leuchten, bildet der Schatten der Fenstergitter in seiner Zimmerecke ein Kreuz. Aus Verpackungsfolie hat Carl silberne Sterne gebastelt und an diesen Schatten geklebt. Und so hat er jetzt in seinem Haftraum zwar keinen Weihnachtsbaum, aber ein Weihnachtskreuz. P

idea Fernseh- und Hörfunk-Tipps

21. Dezember – 10. Januar

FERNSEHEN Sonntag, 4. Advent 10.30–11.00 Wie viel Religion braucht der Staat? Müssen Firmen Steuern an die Kirchen abliefern? 11.00–12.15 ERF 1 Fernsehgottesdienst aus dem ERF Wetzlar mit Jürgen Werth

Heiligabend

Altjahrestag 2013

19.40–20.00 Schätze der Welt: Bethlehem. Dokumentation über eine besondere Stadt

11.20–12.05 Papst Franziskus – Porträt des katholischen Kirchenoberhauptes

22.30–23.15 Evangelische Christvesper aus der St. Pankratius Stadtkirche in Heilbronn

Montag, 23. Dezember

15.30–16.15 Evangelische Christvesper aus der Marienkirche in Gelnhausen mit Bischof Martin Hein

1. Weihnachtstag

Heiligabend

1. Weihnachtstag 7.30–8.00 Maria und Joseph betrachten es froh …? Die Eltern von Jesus und was sie erlebt haben

13.15–14.00 Der Friedenspfarrer von Bethlehem: Mitri Raheb – Christ und Palästinenser

16.15–17.00 Silvestervesper aus der Nikolaikirche Leipzig Neujahr 2014

10.15–11.15 10.00–11.00 Evangelischer NeujahrsEvangelisch-reformierter gottesdienst aus der Weihnachtsgottesdienst aus Frauenkirche in Dresden Ascona / TI

HÖRFUNK Sonntag, 4. Advent 7.05–7.30 Ehrfurcht vor den Schafen. Weihnachtliche Reflexionen über Albert Schweitzer

12.05–12.30 Geistliche Gastarbeiter – Pfarrer aus Entwicklungsländern bei uns

17.05–17.30 „Morgen, Kinder, wird's nichts geben!“ – Wider die falschen Weihnachtsbilder

9.45–10.00 Evangelisch-reformierte Radiopredigt mit Pfarrerin Caroline Schröder Field aus Basel

17.05–17.30 Engagiert und mittendrin – Die Bahnhofsmission

18.05–18.30 Evangelische Christvesper aus Nürnberg

2. Weihnachtstag

20.00–21.00 ERF Plus „Wenn der Weg gewiesen wird“ – Horst Marquardt und Kurt Volz im Gespräch. Während seiner Zeit bei der Marine entdeckte Volz seine 9.30–10.30 Gesangsbegabung. Später Evangelisch-reformierter war er viele Jahre als Weihnachtsgottesdienst aus Evangeliumssänger tätig. der Kirche Bühler AR

Wer reagieren möchte, kann dies unter folgenden Rufnummern tun: ARD: 089/5900-3344 | Bibel.TV: 040/4450660 | Das Vierte: 0180/5843783 Deutschlandfunk und Deutschlandradio: 0221/345-1831 | DRS 2: (0)848/808080 | ERF: 06441/957-0 | HR (TV): 069/1555111 | Kabel 1: 0180/5011150 KiKa: 0180/2151514 | Luth. Stunde: 04264/2436 | MDR: 0341/300-5401 | NDR: 0511/988-2393 | Phoenix: 0180/28213 | RBB: 030/97993-2171 SF 2: (0)62/2059050 | SR 2: (0)681/6022222 | SWR: 07221/929-0 | WDR (Radio): 0221/5678-333 | WDR (TV): 0221/5678888 | ZDF: 06131/7012164

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DI E K LE I N E K A NZ E L

» Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen, an denen Gott Wohlgefallen hat. «

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Robert Fischer (Braunschweig) ist Jurist, vielgefragter Prediger und Oberlandeskirchenrat i. R. der Evangelischlutherischen Landeskirche in Braunschweig.

Aus dem Evangelium des Lukas 2,13

Foto: PR

Weihnachten darf nicht ausfallen! Im Geburtsfest des Jesuskindes liegt ein großes Geheimnis: Dieses Kind hat niemand erwartet und schon gar nicht da im Stall von Bethlehem bei Ochs und Esel. Die Profis aus Staat, Kirche und Gesellschaft waren nicht beteiligt. Nicht die Würdenträger erfahren zuerst vom Wunder der Weihnacht, sondern die Bürdenträger vom Rande der Gesellschaft. Schmutzigen Hirten mit ihren Schafen wird die Geburt des Heilandes verkündet. Und das alles war ja nicht die Idylle, die man im Laufe der Zeit daraus gemacht hat. Ich glaube auch nicht, dass das Jesuskind je damit einverstanden gewesen wäre, es in Blattgold zu tauchen und mit Krönchen auf dem Haupt auf den Schoß der Himmelskönigin, die eine einfache Magd war, unter einen Baldachin zu setzen. Nicht in Rom, sondern im entlegenen Bethlehem wird ein Kind geboren, das so faszinierend anders ist und noch heute die Herzen vieler bewegt. Ihm gehört nichts! Nicht die armselige Krippe, in der es liegt, nicht das Boot,

mit dem es über den See Genezareth fährt, und nicht der Esel, auf dem es in Jerusalem einreitet. Dieses Kind, dieser Jesus, schreibt kein Buch, keine Biografie, er erzwingt nichts, er befiehlt nicht, und eine friedlose Menschheit ändert er aufs Ganze auch nicht. Die Mächtigen wollen ihn nicht und beseitigen ihn! Aber seine Worte sind dennoch erhalten. Kein Herodes, kein Nero, kein Stalin und kein Hitler konnten seinen Namen auslöschen. Dieses Kind hat Wege gezeigt, die verheißungsvoller sind als Macht und Gier und Geld; dass Barmherzigkeit und Vergebung von Schuld befreien und zum Frieden führen. Zum äußeren und zum inneren Frieden. Diesen Frieden verkündigen die Engel, die Himmelsboten, den Hirten. Es ist an uns, an jedem einzelnen von uns, diesen Ruf zu hören: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen, an denen Gott Wohlgefallen hat.“ Weihnachten darf nicht ausfallen! Wir müssen diesen Ruf immer wieder hören! P

Ja, auch ich abonniere idea Spektrum Impuls-Abo 12 Ausgaben für nur Fr. 25.– Jahres-Abo für Fr. 2.96 pro Ausgabe oder Fr. 145.– pro Jahr Halbjahres-Abo für Fr. 3.01 pro Ausgabe oder Fr. 77.– pro Jahr Geschenk-Abo für Fr. 2.96 pro Ausgabe oder Fr. 145.– pro Jahr Abo 66 für Rentner nur Fr. 2.39 pro Ausgabe oder Fr. 117.– pro Jahr Studenten-Abo für nur Fr. 1.48 pro Ausgabe oder Fr. 72.50 pro Jahr (Alle Preise inkl. Portokosten. Das Abonnement ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar.)

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PORTRÄT

Der Pfarrer zwischen den Fronten UKRAINE „Bitte beten Sie für uns“, bittet Pfarrer Ralf Haska (Foto) von der Deutschen Evangelisch-Lutherischen St.-Katharinenkirche in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Klaus Rösler hat mit ihm gesprochen.

Eine offene Kirche für alle Die Demonstrationen prägen auch den Alltag in seiner lutherischen Kirche. Sie ist rund um die Uhr geöffnet. Demonstranten und Polizisten bekommen eine Tasse Tee oder Kaffee, etwas zu essen, können sich aufwärmen oder die Toilette benutzen. Er beobachtet, wie dort beide Seiten vorsichtig miteinander ins Gespräch kommen. Doch dann wird den Polizisten verboten, die Kirche aufzusuchen. Durch die politische Kontroverse hat sich der Glaube des Pfarrers verändert. „Schlichte Bibelworte bekommen auf einmal eine ganz andere Brisanz“, sagt er. Die Worte Jesu „Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu

trinken gegeben“ (Matthäus 25,35) werden auf einmal zu praktischen Bitten, die man umsetzen muss. Auch die Weihnachtsbotschaft „Fürchtet euch nicht“ erlebt er hautnah. Als die Regierung die Barrikaden im Regierungsviertel räumen lässt und eine Gruppe von bis zu 150 Oppositionellen mit Knüppeln die an der Räumung beteiligten Polizisten zusammenschlagen will, zieht sich Haska seinen Talar über und stellt sich mutig zwischen die Fronten. Später sagt er: „Das war nicht mutig. Ich war verzweifelt.“ Ihm gelingt es, die wütenden Protestler zu beruhigen. Der fl ießend ukrainisch sprechende Pfarrer verweist auf seine eigenen Erfahrungen bei der Friedlichen Revolution in der DDR 1989: „Wir haben damals gewonnen, weil wir friedlich geblieben sind.“

Gefühlt waren das sicher eine Million Demonstranten Das normale Gemeindeleben geht weiter. Das ist Haska wichtig. „Wir müssen die Menschen doch ganzheitlich stärken“, meint er. Es gibt am vergangenen Wochenende ein Konzert des Gemeindechores – unter den Besuchern ist auch der deutsche Botschafter – und 3 Gottesdienste. Am Sonntag protestieren 20.000 für Janukowitsch – und 200.000 – so Haska – gegen ihn. Und er ergänzt: „Gefühlt waren das aber sicher eine Million.“ P b www.katharina.kiev.ua/DE

Foto: dpa

Seit 3 Wochen stehen sich Oppositionelle und Polizei in Kiew gegenüber. Die Demonstranten auf dem Freiheitsplatz Maidan fordern den Rücktritt von Präsident Viktor Janukowitsch und der Regierung, nachdem die Ukraine sich stärker in Richtung Russland und nicht – wie eigentlich geplant – in Richtung EU ausrichtet. Zwar kommt es vergangenen Freitag erstmals zum Gespräch zwischen Regierung und Opposition – doch eine Lösung zeichnet sich nicht ab. Pfarrer Haska befindet sich mit seiner Kirche mitten im Zentrum der Auseinandersetzung. Seine Kirche liegt direkt gegenüber vom Präsidentenpalast. Bis zum Freiheitsplatz sind es keine 10 Minuten zu Fuß. Der aus Brandenburg stammende Theologe betreut seit 4 Jahren die Lutheraner in Kiew. Täglich geht er zum Gebetszelt, das mitten auf dem Freiheitsplatz von evangelischen Freikirchen errichtet wurde. Hier wird rund um die Uhr für einen friedlichen Verlauf gebetet. Haska reiht sich in den Kreis der 2 bis 10 anwesenden Beter ein.

DAS WORT ZUM NEUEN JAHR »Gott nahe zu sein ist mein Glück. « Die Jahreslosung für 2014 (offiziell nach der Einheitsübersetzung aus Psalm 73,28)

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