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Spontan versus geplant: 5 ambitionierte Fragen mit Rollentausch
Als stark verwurzelte Regionalbank unterstützt die Hypo Vorarlberg auch das kulturelle Leben im Land. Die Partnerschaft mit den Bregenzer Festspielen nahm vor über 30 Jahren ihren Anfang. Seit 2013 engagiert sich die Bank als Hauptsponsor des vielfach ausgezeichneten Festivals. Intendantin Elisabeth Sobotka und Jodok Simma, der Aufsichtsratsvorsitzende der Hypo Vorarlberg, haben sich bei einem Spaziergang durch das Festspielquartier über ihre Erfahrungen mit Planung und Spontanität ausgetauscht.

JODOK SIMMA
Aufsichtsratsvorsitzender Hypo Vorarlberg
War 35 Jahre im Vorstand der Hypo Vorarlberg, von 1997 bis 2012 als Vorstandsvorsitzender. Studium der Handelswissenschaften an der Hochschule für Welthandel in Wien. Engagierte sich viele Jahre ehrenamtlich bei den Bregenzer Festspielen. Ist sowohl im Sport als auch in der Kultur mit einem ernsthaften Plan unterwegs.

ELISABETH SOBOTKA
Intendantin Bregenzer Festspiele
Studierte in Wien Musik- und Theaterwissenschaft, Publizistik und BWL. Nach führenden Positionen an Opernhäusern in Leipzig, Wien, Berlin und Graz seit 2015 in Bregenz. Ab Herbst 2024 Intendantin der Staatsoper Unter den Linden Berlin. Sie schätzt die gekonnte Mischung aus Spontanität und Planung.

JODOK SIMMA FRAGT, ELISABETH SOBOTKA ANTWORTET
Sie haben hier einen wunderbaren Arbeitsplatz am Bodensee. Springen Sie gerne ins kalte Wasser?
In echtes kaltes Wasser springe ich nicht gerne. Aber im Beruf springe ich gerne ins kalte Wasser – Spannung, Aufregung, Neugierde, Inspiration. Das mag ich.
Wie viel Spontanität erleben Sie in Ihrer Rolle als Intendantin bei der Entstehung einer Oper?
Die größte Spontanität erlebe ich bei Uraufführungen auf der Werkstattbühne, da bin ich sehr stark in die Konzeption des Werkes eingebunden. Wir haben hier in Kooperation mit dem Kunsthaus Bregenz das Opernatelier ins Leben gerufen, weil wir das Publikum auf dem Weg der Entstehung mitnehmen wollen. Da wird in Gesprächen mit dem Produktionsteam entwickelt, was die Künstlerinnen und Künstler, die wir zusammengebracht haben, auf die Bühne bringen wollen. Das entsteht sehr spontan, manchmal sogar vor Publikum.
Wie finden Sie die Mitwirkenden für die speziellen Bedingungen der Oper am See?
Das ist eine sehr schöne Mischung aus geplant und spontan. Das Zusammenspiel einer klaren Vorstellung im Kopf von dem, was man vorhat, und sich gleichzeitig spontan mitreißen zu lassen. Das kann zu spannenden Konstellationen führen. Ein Beispiel: Ich bin unterwegs, um eine ganz bestimme Sängerin für Agathe (eine spezielle Rolle) zu hören und dann ist nicht nur diese gut, sondern ich bin spontan begeistert von etwas ganz anderem – von der Bühne, von dem Stück oder der musikalischen Leitung. Aus dieser Begegnung entsteht entweder ein Engagement für das, was ich vorhatte, oder eine ganz neue Idee.
Wenn Sie in Ihren Kalender schauen, wie weit in die Zukunft sind Sie verplant?
Das ändert sich jetzt grad sehr stark. Seit ich Berlin angenommen habe, bin ich mit einzelnen Terminen schon bis 2027/28 verplant, zum Beispiel mit Premieren und wichtigen Jubiläen. Die konzentrierte Taktung hier bei den Festspielen im Sommer ermöglicht unterm Jahr eine viel spontanere Planung. Im Repertoirebetrieb eines festen Opernhauses hat man dagegen im Sommer Zeit, ansonsten richtet sich der persönliche Plan nach dem Spielplan.
Was bewegt Sie, Bregenz zu verlassen Richtung Berlin? Ist es ein lang gehegter Plan?
Die Entscheidung war ganz spontan. Ich dachte nicht, dass die Position frei wird. Ich vermute, es ist mein letzter Wechsel. Und ich wollte noch einmal an ein großes und bedeutendes Repertoirehaus in einer Stadt, die mich interessiert. Und da hat mich die Energie von Berlin zusätzlich verführt. Der Stellenwert von Kunst und Kultur ist in Wien, wo ich aufgewachsen bin, höher. Das Maß an Verrücktheit im Sinne von aus der Norm gerückt ist in Berlin stärker.

ELISABETH SOBOTKA FRAGT, JODOK SIMMA ANTWORTET
Wie ist Ihr Engagement für die Bregenzer Festspiele entstanden? Sind Sie spontan hineingestolpert?
Ich habe mich 1975 spontan für einen freien Posten im Vorstand der Hypo Vorarlberg beworben und den Job mit 29 Jahren bekommen. Präsident Günter Rhomberg suchte dann Anfang der 1980er-Jahre in der Krise der Festspiele Leute für den Hauptausschuss des Vereins, die in der Stadt verankert sind. Ich habe dann bis zur Gründung der Stiftung in diesem Gremium mitgearbeitet.
Weckten spontane Begegnungen Ihr großes Interesse an Kultur oder sind Sie von einem Lehrer oder von Ihren Eltern hingeführt worden?
Ich bin in einer Landwirtschaft im Bregenzerwald aufgewachsen, von dorther habe ich keinen besonderen Zugang zur Kunst. Das Interesse an der bildenden Kunst entstand spontan während meines Studiums in Wien. Da habe ich erste Zeichnungen gekauft. Der Motor für die Musik ist meine Frau, die die Gabe hat, dass sie immer spontan Karten organisieren kann.
Wie hat sich das Bankengeschäft aus Ihrer Sicht verändert? Ist es spontaner geworden?
Manche Geschäftsarten sind sehr spontan. Der Wertpapierhandel zum Beispiel ist oft eine Momententscheidung. Ansonsten ist man heute sehr viel mehr mit Bürokratie, Kontrolle und Meldungen beschäftigt. Die Vorschriften haben radikal zugenommen, von Klimaschutz bis Terrorismusbekämpfung. Das braucht jetzt geduldigere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das akzeptieren, denn man hat überall nachzufragen.
Sie betreuen einmal in der Woche Ihren 5-jährigen Enkel. Machen Sie einen Plan oder passiert spontan, worauf beide Lust haben?
Ein Plan ist übertrieben, aber ich mache mir schon Gedanken. Ich habe einen relativ großen Garten. Da will er überall helfen. Dabei ist er sehr spontan, verliert dann aber wieder das Interesse und hat eine neue Idee. Einmal bin ich mit ihm ins Kunsthaus gegangen. Da gab es gerade viele blinkende Objekte, die ihm gut gefallen haben. Ich genieße diese Nachmittage. Obwohl sie im Prinzip natürlich verplant sind, enthalten sie trotzdem viel Spontanität. Das Babysitten habe ich meinen Kindern angeboten, als ich in Pension gegangen bin.
Sie wirken sehr sportlich. Wie machen Sie das, was ist Ihr Antrieb?
Der Motor ist einfach die Notwendigkeit, sich zu bewegen, um die Beweglichkeit zu erhalten. Im Winter sind wir eine Gruppe, die seit 20 Jahren am Samstag gemeinsam mit einem Skilehrer eine Skitour macht. Das ganze Jahr gehe ich mit einem Freund einmal in der Woche zu Fuß von Bregenz auf die Fluh, praktisch bei jedem Wetter. Das klappt auf die Dauer nur, wenn man eine gewisse Konsequenz an den Tag legt.