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Die Zukunft des Darjeeling
from Journal 2021
befragt man Menschen in unserem Land zum Thema Wirtschaft, sagen rund zwei Drittel, dass sie unzufrieden sind mit der Art und Weise, wie die Wirtschaft läuft. Dass die meisten Unternehmen nicht nachhaltig wirtschaften, dass das Bewusstsein der Verbraucher nicht ausreiche oder dass erst ein anderes Wirtschaftssystem Alternativen überhaupt ermögliche.
Teekampagne ist ein Gegenbeispiel dazu. Ein kleines, aber eben doch ein Gegenbeispiel. Höchste Qualität. Fair zu den Erzeugern und fair zur Natur. Und trotzdem ein günstiger Preis. Weil wir dort sparen, wo es Sinn macht. Teekampagne ist eine Alternative im System – die Sie möglich machen. Das Unternehmen, zu dem die Teekampagne gehört, wurde 1985 gestartet: die Projektwerkstatt. Das Ziel war, unternehmerische Alternativen zu zeigen, praktisch zu zeigen, sinnlich erfahrbar zu machen. Das geht in jeder Branche, bei jedem Produkt. Mehr noch: Es muss gehen.
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Von der Projektwerkstatt gibt es Tee und Saft, Möbel und Putzmittel und seit letztem Herbst einen Hochleistungsluftfilter gegen Corona-Viren und Feinstaub (mehr dazu ab S. 8). Das mag so aussehen, als würden wir fremdgehen. Nein, das tun wir nicht. Wir bleiben unserer Kernidee treu: eine bessere Ökonomie möglich zu machen. Für uns alle – und mit Ihnen.
Ihr Günter Faltin
Die zweite und hoffentlich letzte Erntesaison unter CoronaBedingungen liegt hinter uns. Auch wenn der größte Teil Ihres Tees aus Darjeeling und Assam noch auf dem Weg nach Deutschland ist, können wir schon eine Bilanz der Pandemie ziehen – und eine Prognose wagen, wie sich für unsere Produkte und unsere Regionen die Lage weiter entwickeln wird.
Als wir für Sie kurz vor Ostern einen ersten Blick auf die 2021er Teekampagne warfen, war die Pandemie-Lage in Indien noch in Ordnung: Im gesamten Bundesstaat Westbengalen lag die Inzidenzrate unter fünf Infektionen je 100.000 Einwohner. „Die FirstFlush-Ernte ist dieses Jahr nicht von pandemiebedingten Einschränkungen betroffen”, konnten wir Ihnen berichten. Dann kam das hinduistische Frühlingsfest, vielerorts ganz ohne Schutzmaßnahmen gefeiert, und binnen weniger Wochen wurde Indien zum Corona-Hotspot. Insbesondere in einigen Megastädten in Indien war die Lage dramatisch, wie wir wochenlang in jeder Nachrichtensendung sehen konnten. Fernab der Metropolen und der Kameras der Korrespondenten waren die Auswirkungen insgesamt geringer, so auch in unseren Tee-Regionen Darjeeling und Assam. Während einige Teegärten in Assam wegen hoher Infektionszahlen komplett unter Quarantäne gestellt waren, verzeichnete man in den Plantagen Tonganagaon und Chardwar, aus denen wir unseren Assam-Tee beziehen, nur sehr vereinzelt COVID-Erkrankungen, die in den Krankenstationen problemlos behandelt werden konnten. Auch in den Teegärten in Darjeeling, mit denen wir zusammenarbeiten, waren die direkten Folgen der Pandemie gering. Zudem wurden viele Arbeiterinnen und Arbeiter bereits geimpft. Anders als im Vorjahr gab es in dieser zweiten Infektionswelle keinen kompletten Lockdown, sondern je nach Branche, Region und Inzidenz unterschiedliche Schutzvorschriften. Für die Teegärten bedeutete das: Die Ernte und der Betrieb konnten aufrechterhalten werden, wenn auch nur mit 50 Prozent der Arbeitskräfte.
Dazu kam dieses Jahr auch das zweite große C neben Corona: Climate. Die ungewöhnlich starke Trockenheit im ersten Quartal 2021 hat insbesondere die First-Flush-Ernte betroffen. Und anders als die Pandemie wird der Klimawandel nicht so einfach wieder verschwinden. Ganz im Gegenteil. Schon jetzt ist zu erkennen, dass die südlicher gelegenen Teegärten Darjeelings stark unter den Folgen des Klimawandels zu leiden haben: lange Phasen der Trockenheit, gefolgt von sint-
DARJEELING

DARJEELING VISHWA SHANTI STUPA
flutartigen Regenfällen, statt normaler Niederschläge in Monsunzeiten. Die nördlicheren Regionen Darjeelings, aus denen wir den größten Teil Ihres Tees beziehen, sind ebenfalls betroffen, wenn auch nicht so stark wie der Süden. Auch Assam, eine der niederschlagsreichsten Regionen dieser Erde, hatte dieses Frühjahr unter ungewohnter Dürre zu leiden. Anstatt der sonst üblichen sechs Arbeitstage konnte nur an drei Tagen pro Woche Tee gepflückt werden, weil die Teebüsche nicht genug neue Triebe hatten. Es ist zu befürchten, dass solche extremen Wettergeschehnisse sich in Zukunft aufgrund des Klimawandels auch dort häufiger zeigen. Für Ihren Tee bedeutet das in diesem Jahr: Die Ernte des Darjeeling First Flush ist dieses Jahr besser als im – in dieser Beziehung extrem schlechten – Vorjahr. Aber dennoch nicht groß. Deshalb können wir in diesem Jahr erneut keinen First Flush Gartentee anbieten. Die First Flush Blends und alle übrigen Tees unseres Sortiments werden wir Ihnen hoffentlich im gewohnten Umfang anbieten können. Die Lieferungen aus Indien werden allerdings deutlich später bei uns – und damit bei Ihnen – eintreffen. Die Schifffahrts- und Logistikbranche wurde durch die Corona-Wellen in Asien massiv beeinträchtigt. Allein die Corona-bedingte Schließung des chinesischen Hafens Yantian im Juni, der im Vergleich zum Hamburger Hafen pro Jahr die dreifache Menge an Containern umschlägt, hat ähnlich gravierende Auswirkungen wie die Schließung des Suezkanals nach einer Havarie im März. Es wird nach jetzigem Stand bis zum vierten Quartal 2021 dauern, bevor alle aufgestauten und umgeleiteten Container ihr Ziel erreichen. Insgesamt steigen unsere Logistik-Kosten deutlich: Sowohl die Frachtraten für den Import aus Indien als auch die Preise unseres Dienstleisters DHL für den Paketversand in Deutschland liegen spürbar höher als im Vorjahr. Trotzdem können wir durch Einsparungen an anderen Stellen die Preise für die Tees der diesjährigen Ernte konstant halten. QUALITÄT FAIRNESS PREIS EINFACHHEIT
DIE BILANZ DES DARJEELING-TEES
In Darjeeling gibt es derzeit ca 70.000 registrierte Pflückerinnen und Arbeiter. Ihr tariflich vereinbarter Jahreslohn liegt bei 73.800 Rupien pro Person. Umgerechnet ergäbe sich daraus für alle Tee-Pflückerinnen und -Arbeiter eine Lohnsumme von gut 58 Millionen Euro. Allerdings erscheinen jeden Tag nur etwa 50 Prozent der Beschäftigten zur Arbeit. Da der Grundsatz „no work – no pay“ gilt, reduziert sich das Lohnvolumen entsprechend. Real liegen die Jahreslohnkosten also bei etwa 29 Millionen Euro. Hinzu kommen die sozialen Leistungen wie Wohnung, Schule und medizinische Betreuung, die für alle registrierten Pflückerinnen und Arbeiter bereitgestellt werden. In der Summe belaufen sich diese Leistungen auf ungefähr 30 Millionen Euro pro Jahr. Zusammengenommen ist das für indische Verhältnisse ein durchaus guter Standard. Für die Teegärten beträgt der gesamte Personalaufwand also 59 Millionen Euro pro Jahr. Außerdem entstehen weitere Kosten für Transport, Technik, Energie, Lagerwesen, Versicherungen, Verwaltungen, Gebühren, Overheadkosten, Investitionen etc. Sie sind von Fall zu Fall unterschiedlich, dürften im Schnitt aber bei etwa 40 Prozent der realen Lohnkosten liegen – also weitere 11,6 Millionen Euro. Die gesamten Herstellungskosten für eine Jahresproduktion Darjeeling-Tee liegen also in etwa bei 70,6 Millionen Euro. Bei einem Gesamt-Erntevolumen im Jahr 2021 von etwa 7 Millionen Kilogramm Tee ergeben sich im Durchschnitt über alle Qualitätsstufen Produktionskosten von 10,08 Euro je Kilogramm Darjeeling-Tee.