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Das Schärfste aus dem Bündner- land

Bereits vor 8000 Jahren haben die Ureinwohner im heutigen Mexiko Chili verwendet.Die Europäer kamen erst Ende des 15. Jahrhunderts mit Chili in Kontakt.

Das Schärfste aus dem Bündnerland

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Graubünden mausert sich zum Anbauort von exotischen Gewürzen. Neben Safran kommt nun auch Chili aus dem Bergkanton.

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Riccarda Frei

BILDER

Adobe Stock, zVg

Die Gründungsgeschichte von Cala-Chili weist Ähnlichkeit mit den Firmenlegenden von Disney, Google oder Amazon auf. Ein paar Freunde haben eine Idee und setzen sie um. Allerdings ist der Geburtsort von Cala-Chili keine Garage in den USA, sondern der Balkon von Sandra und Curdin Brändli in Igis-Landquart/GR.

Hobby wird zum Unternehmen

Ursprünglich zogen die Primarlehrerin und der damalige Psychologiestudent aus Spass auf ihrem Balkon verschiedene Chilisorten zum Eigengebrauch. Sie bewiesen dabei einen derart grünen Daumen, dass sie die scharfen Früchte an Freunde und Verwandte verschenken konnten. Das Feedback auf die Qualität der Chilis war so positiv und die Nachfrage so gross, dass die Idee entstand, das Hobby zum Nebengeschäft umzuwandeln.

Curdin Brändli wurde dabei von seinem Schwager Claudio Strohmaier und dessen Lebenspartnerin Flurina Camenisch unterstützt. 2016 gründeten die Jungunternehmer ihre Firma Cala-Chili. Curdin und Sandra Brändli kümmerten sich um die Produktion, Claudio Strohmaier und Flurina Camenisch um den Aufbau der Webseite, den Online-Shop sowie um das Marketing.

Inzwischen haben die Brändlis Familienzuwachs bekommen. Deshalb haben sie sich aus dem Unternehmen zurückgezogen.

Gut zu wissen:

Die Schärfe von Chili wird in der Einheit Scoville gemessen. Die Scoville-Skala reicht von Null, (keine Schärfe) bis 16 Millionen, (reines Capsaicin). Die schärfste Chilisauce der Welt, die Mad Dog 357 No. 9 Plutonium, weist neun Millionen Scoville aus. Im Vergleich dazu hat eine Peperoni (Gemüsepaprika) maximal zehn Scoville. Eine Peperoncini kommt auf 100 bis 500 Scoville und reiner Cayennepfeffer punktet mit 30 000 bis 50 000 Scoville. Als schärfste Chilisorte der Welt gilt die Carolina Reaper, gefolgt von der Trinidad Moruga Scorpion und der 7 Pot Douglah.

Dafür ergänzt nun Gian Derungs das CalaChili-Team. Er ist für das Ressort «Ausbau und Weiterentwicklung» zuständig.

Nebenjob mit hohen Ambitionen

Obschon Cala-Chili für die drei bis heute ein Nebenjob ist, treiben sie die Entwicklung ihrer Firma professionell voran. «Seit der Gründung sind wir jedes Jahr gewachsen», freut sich Claudio Strohmaier, Geschäftsführer von Cala-Chili. Ursprünglich →

bauten die Jungunternehmer die Chilis, die sie für ihre verschiedenen Produkte benötigen, selber an. Inzwischen beauftragen sie drei biozertifizierte Gärtnereien mit dem Anbau der scharfen Früchte. Die Gärtnereien befinden sich in den Bündner Dörfern Untervaz, Paspels und Malans. Angebaut werden unterschiedliche Sorten und Schärfegrade. Die mildeste Sorte, Ali Cristal, hat 50 000 Scoville, die Schärfste, die Carolina Reaper, bringt es auf zwei Millionen Scoville (siehe Infobox auf Seite 29).

Um 100 Gramm getrockneten Chili zu erhalten, braucht es ein Kilo frische Früchte. «Letztes Jahr haben wir 200 Kilo Chili geerntet. Für diesen Herbst rechnen wir mit einer Ernte von 600 Kilo», sagt Claudio Strohmaier. Zum Verarbeiten solcher Mengen reicht die private Wohnküche natürlich nicht mehr aus. Deshalb werden die Chili-Früchte seit zwei Jahren in einem professionellen, mit Chromstahltischen ausgestatteten Arbeitsraum geschnitten und getrocknet. «Das freut sicher auch unsere Nachbarn. Denn die Geschmacksemissionen aus unserer Wohnung waren während der Produktionszeit recht intensiv», gesteht Flurina Camenisch.

Exotische Bündner Spezialitäten, nachhaltig produziert

Claudio Strohmaier und seine Partnerin stellen aus dem lokal angebauten Chili neue Bündner Spezialitäten her. Dabei ach-

Chili aus Graubünden kann man auch trinken. Zum Beispiel als fruchtigen Apfel-Chili-Likör oder Himbeer-Chili-Likör. Beide eignen sich auch, um Fruchtsalat oder Glace aufzupeppen.

Der Bündner Chili ist ein Edelprodukt und entsprechend teuer. 20 Gramm davon kosten 14 Franken.

ten sie darauf, dass möglichst alle Zutaten nachhaltig produziert sind und aus der Region stammen. Letzteres ist allerdings nicht immer möglich.

Das Sonnenblumenöl für das CalaChili-Öl beispielsweise kommt aus dem Kanton Thurgau. Hergestellt wird das mehrfach prämierte Öl von Naturoel Kressibucher in Lanzenneunforn/TG. Flurina Camenisch begründet den Einkaufsabstecher in die Bodenseeregion so: «Wir achten sehr auf Nachhaltigkeit. Bei den Rohstoffen ebenso wie bei der Verpackung für unsere Produkte. Noch wichtiger als kurze Transportwege ist uns aber die Qualität der Rohstoffe. Darum machen wir, was die Regionalität anbelangt, gewisse Kompromisse.»

Nach ihrem persönlichen Lieblingsprodukt aus ihrem Sortiment gefragt, antwortet Claudio Strohmaier: «Unser Liebling ist das Cala-Chili-Salz. Es ist unglaublich vielseitig einsetzbar und gibt zum Beispiel Käse oder Ei eine schöne Schärfe.»

Jugendsünde Ananas

Neben verschiedenen Salzvariationen und dem Chili-Öl stellt die Firma Cala-Chili auch Likör her. Zurzeit gibt es den fruchtigen Likör mit der sanften Schärfe in den Geschmacksvarianten Apfel, Himbeere und Ananas. Die Liköre können selbstverständlich pur genossen werden. Man kann sie aber auch verwenden, um Schaumwein einen gewissen Kick zu verleihen, damit Cocktails zu mixen oder Fruchtsalate, Kuchen und Coupes aufzupeppen.

Obschon alle drei Likörvarianten beim Publikum gut angekommen sind, kündigt Claudio Strohmaier an: «Den Cala-ChiliAnanas-Likör werden wir ausgehen lassen und ihn dann auch nicht mehr nachproduzieren.» Er begründet diesen Entscheid so: «Seit der Lancierung der Liköre haben wir uns in Sachen Nachhaltigkeit weiterentwickelt. Ananas passt wegen der langen Transportwege nicht mehr in unser Konzept.» Es sei reizvoll gewesen, mit diversen Früchten zu experimentieren. Doch aus dem heutigen Blickwinkel sei der ChiliAnanas-Likör eine Jugendsünde, die man nicht weiterziehen müsse. Auch sonst gibt es Chili-Erfahrungen, die das Duo Stroh-

Zuerst bauten die Firmengründer ihre Produkte zu Hause auf dem Balkon an. Inzwischen lässt Cala-Chili den Rohstoff in verschiedenen Sorten in drei Gärtnereien produzieren.

maier-Camenisch nicht noch einmal machen möchte. «Wir haben beim Arbeiten mit Chili immer aufgepasst, kein Capsaicin auf die Haut oder in die Augen zu bekommen. Leider hat das nicht immer geklappt», gesteht Flurina Camenisch.

Capsaicin ist ein Alkaloid, das in verschiedenen Paprikaarten vorkommt und diesen Früchten ihre jeweilige Schärfe gibt. Je nach Konzentration der Menge löst Capsaicin auf der Haut und im Mund ein Prickeln, Jucken oder Brennen aus.

Flurina Camenisch und Claudio Strohmaier mussten beim Herstellen von Chilipulver schmerzhaft lernen, das man nicht nur Handschuhe sondern am besten auch eine Maske über Mund und Nase tragen sollte. Ihr Geheimtipp: «Wenn Capsaicin auf die Haut kommt, die Stelle dick mit Nivea eincremen. Das hilft am besten.»

Durch regionale Zusammenarbeit die Produktepalette erweitern

Trotz brennender Haut, tränenden Augen und schniefender Nase, die Freude an Chili und am Tüfteln mit diesem Gewürz ist erhalten geblieben. Daher überrascht es nicht, dass die Jungunternehmer bereits ein neues Produkt am Start haben. Sie werden noch diesen Sommer einen Cala-Chili-Gin auf den Markt bringen. Das Rezept dazu haben Claudio Strohmaier und Flurina Camenisch zusammen mit zehn Freunden entwickelt. Gebrannt wird der Gin von der Brennerei Gubser in Felsberg/GR. Cala-Chili hat auch die Zusammenarbeit mit einem Winzer aus der Bündner Herrschaft angedacht. «Wir werden eine CalaChili-Sauce herstellen. Ob sie dickflüssig wie Ketchup oder flüssig wie Tabasco sein soll, sind wir im Moment noch unschlüssig. Gewiss ist, dass wir sie in einem gebrauchten Eichenfass machen. Erste Versuche laufen», berichtet Claudio Strohmair.

So wie mit dem Brenner und einem Winzer möchte Cala-Chili weitere Kooperationen eingehen, zum Beispiel mit Köchen aus der Region Bündner Rheintal. Strohmair könnte sich vorstellen mit einem innovativen Koch Rezepte zum Nachkochen oder Chili-Menüs und -Events zu entwickeln. Was den Vertrieb ihrer Produkte in der Gastronomie betrifft, hat Cala-Chili mit Rageth Comestibles aus Landquart bereits einen starken, regionalen Partner.

Safrangelb und Chilirot

Ob Chili aus Graubünden einen ähnlichen Hype erfahren wird wie Bündner Safran, muss sich erst zeigen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Denn die Geschichte der beiden Exoten weisst Parallelen auf. Auch beim Safran haben ein paar Enthusiasten in ihren Gärten die ersten Safrankrokusse im Bündnerland angepflanzt. Zuerst für den Eigenbedarf, dann im Nebenerwerb. Über die ganze Schweiz verteilt gibt es heute rund 70 professionelle Safranproduzenten. Die Hälfte davon bauen ihr essbares Gold in Graubünden an. Das milde, föhnreiche Klima im Bündner Rheintal bekommt eben nicht nur dem Wein gut. •

KONTAKT

Cala-Chili Hirschengasse 1B 7206 Igis/GR info@cala-chili.ch www.cala-chili.ch

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