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Beerenvielfalt: vom Wald in s pezialisierte Kulturen
«Neuheiten» wie Boysenbeeren die Spitze des Beerenmarkts.
Gefährdung der Beerensammlung
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Selbst neue Züchtungen wie die «Zeva»-Himbeeren gelten gemäss Forschungsanstalt Wädenswil als gefährdet. In den letzten Jahren gaben Beerenzüchter Sammlungen aus wirtschaftlichen Gründen oder mangels öffentlichen Interesses auf. Während es bei Äpfeln u nd Birnen private (Pro Specie Rara, Fructus) oder staatliche (Changins) Erhalterinstitutionen gibt, waren entsprechende Initiativen bei den Beeren nicht vorhanden. Ende der 1990er-Jahre machte sich Pro Specie Rara auf die Suche nach den verbliebenen Beerensorten – mit Erfolg. Unter vielen Einsendungen befand sich auch die umfangreiche Stachelbeersammlung von Peter Hauenstein in Rafz/ZH. Kurz darauf lancierte der Bund das Inventar der Obst- und Beerensorten in der Schweiz, das zahlreiche weitere Sorten zutage förderte.
Aufwendige Erhaltungsarbeit
Erst Ende des 18. und vor allem im 19. Jahrhundert hielten die Beeren Einzug in unsere Gärten.
Beeren galten als ein Geschenk der Natur. Während Äpfel, Birnen oder Kirschen längst domestiziert waren, wurden Beeren bis vor gut 200 Jahren grösstenteils noch an Waldrändern, in Waldschlägen oder auf Weiden gesammelt. Selbst heute haftet den Beeren der Ruf von etwas Wildem an.
In Frankreich und England wurden ab dem 14. und 15. Jahrhundert Auslesen von Wildbeerenbeständen in Gärten gepflanzt. Mit roten Waldhimbeeren, Walderdbeeren, Johannisbeeren und Moschuserdbeeren nahm die Entwicklung von Kulturformen in Europa ihren Lauf. Deutschland liess nicht lange auf sich warten und investierte ebenfalls in die
Entwicklung von Beerensorten.
Den Weg in Schweizer Gärten fanden Beeren im 18. und vor allem im 19. Jahrhundert. Dabei spielten vorerst Sorten, die in England, Frankreich und Amerika gefunden oder gezüchtet wurden, eine Rolle. Dann folgten frühe deutsche Züchtungen, wie die Erdbeersorten «Lucida perfecta» (1861), «König Albert von Sachsen» (1878), «Sieger» (1898) oder «Deutsch-Evern» (1905). Daneben führte eine unüberschaubare Anzahl von Liebhaberzüchtungen zu einer endlosen Sortenvielfalt.
Kulturgeschichte in der Schweiz
Die Geschichte der Beerenkultur hierzulande ist jung. Erst 1920 begann die Eidgenössische Forschungsanstalt für Obst-, Weinund Gartenbau in Wädenswil mit der professionellen Züchtung von Erdbeeren und Himbeeren. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs kamen die 1928 gezüchteten Himbeersorten «Andenken an Paul Camenzind» und «Rote Wä- denswiler» sowie zwei erste Wädenswiler Erdbeersorten in den Handel. Weitere Sorten folgten. So etwa die Himbeeren «Zeva 1» und «Zeva 2» (1953), «Zeva Herbsternte» (1955) oder die bis heute erfolgreiche Erdbeerzüchtung «Wädenswil 6» (1960). Mit Ausnahme der Letztgenannten sind diese Sorten heute allerdings aus den Verkaufskatalogen der Schweizer Beerenproduzenten verschwunden. Sie machten Platz für ertragreichere, grossfruchtigere, transportfähigere u nd oft weniger krankheitsanfällige Sorten. Dies jedoch zum oftmals hohen Preis einer deutlichen Geschmackseinbusse.

Sortenvielfalt im Wandel
Erd- und Himbeeren lassen sich aufgrund ihrer schnellen Entwicklungszyklen züchterisch effizient weiterverarbeiten, wodurch i n kurzen Zeitabständen neue Sorten entstehen. Die Sortenliste der Schweizer Erdbeerproduzenten umfasst zirka 50 Sorten – die älteste ist 40 Jahre alt.

Doch die Zucht hat nicht nur Vorteile. Weil der Geschmack oft auf der Strecke bleibt, behaupten sich nur wenige Sorten 30 Jahre und länger im Markt. Selbst die erfolgreiche Sorte «Wädenswil 6» geht langsam vergessen.
Bei den übrigen Beerenarten sieht die Situation anders aus: Hier sind noch vereinzelt alte Sorten im Handel. So etwa die «Rote Triumph» und «Lady Delamere» bei den Stachelbeeren oder die bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich gezüchtete «Weisse Versailler» Johannisbeere. Die 1900 eingeführte Brombeersorte «Theodor Reimers» gilt heute noch als Hauptsorte. Mittlerweile beherrschen aber importierte
Alle gefundenen Beerensorten sowie zusätzliche Referenzsorten baut Pro Specie Rara in einer Vergleichssammlung an – abgesichert und dokumentiert. In einem anspruchsvollen und langwierigen Prozess wird versucht, d ie wiedergefundenen, meist namenlosen Beeren bekannten Sorten zuzuordnen. Darunter sind R aritäten wie zum Beispiel die weisse Erdbeere «Weisse Ananas», die schwarze Himbeere «Bristol» oder eine der ersten Schweizer Himbeerzüchtungen von 1928, «Andenken an Paul Camenzind». Die rund 600 teils namenlosen Sorten wurden aus verschiedenen in- und ausländischen Quellen zusammengetragen. Etwa ein Drittel davon stammt aus privaten Gärten.
Nationale Beerensammlung
In Riehen/BS bewirtschaftet Pro Specie Rara seit 1999 ein Grund- stück mit Platz für je 100 Johannis-, Stachel- und Erdbeersorten sowie 40 Himbeer- und 20 Brombeersorten. Die Margarethe-undRudolf-Gsell-Stiftung finanziert dieses ausserordentliche Projekt. Zudem wird die Sammlung im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft durch das Bundesamt für Landwirtschaft unterstützt. Ein Teil des Bestandes gehört zur Nationalen Genbank der Schweiz. Ziele sind der Aufbau einer nationalen Beerensammlung sowie die Dokumentation der aufgenommenen Sorten. Berücksichtigt werden nur Sorten, die älter a ls 30 Jahre alt sind, die in der Schweiz gefunden oder hier nachweislich angebaut, vertrieben oder für Züchtungen verwendet wurden. Die Sammlung nimmt noch weitere alte oder interessante Sorten auf. Eine langfristige Absicherung der Sorten soll in weiteren Sortengärten der ganzen Schweiz erfolgen, wobei für jede Sorte zwei oder drei Standorte angestrebt werden. Dieses Vorgehen hat sich bei Stammobst und Reben bewährt. (GAB)
Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit Simone Krüsi, Medienverantwortliche und Projektleiterin Kommunikation von Pro Specie Rara, Basel
Pro Specie Rara
Pro Specie Rara ist eine Non-Profit-Stiftung, die gefährdete Nutztierrassen vor dem Aussterben bewahrt und Kulturpflanzen erhält.
Das tut sie mit einem schweizweiten Netzwerk von ehrenamtlichen Sortenbetreuerinnen und Züchtern. Das Team arbeitet von drei Standorten aus (Hauptsitz Basel, Zweigstellen Genf und San Pietro/TI) in drei Sprachen an Projekten in der ganzen Schweiz. prospecierara.ch
RECHTSBERATUNG
Bin ich als Aushilfe auch versichert?
Ich bin krank und möchte nun wissen: Ab wann muss ich ein Arztzeugnis abgeben?
Wenn keine Versicherung ab dem ersten Krankheitstag ein Arztzeugnis verlangt, muss das Arztzeugnis ab dem vierten Abwesenheitstag infolge Krankheit oder Unfall dem Arbeitgeber vorgelegt werden.
Ich arbeite als Aushilfe ungefähr vier bis fünf Stunden pro Woche.
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Gegen Unfälle, welche sich während der Arbeitszeit oder auf dem Arbeitsweg ereignen, die so genannten Berufsunfälle, sind Sie obligatorisch versichert. Gegen Unfälle in der Freizeit, so genannte Nichtberufsunfälle, sind Sie jedoch nicht über den Arbeitgeber versichert. Für solche Fälle ist eine obligatorische Unfallversicherung über Ihre Krankenversicherung nötig.
Wie kann ich kontrollieren, ob mein Arbeitgeber die AHV für mich eingezahlt hat?
Ob Ihre Beitragsdauer lückenlos ist und Ihr Arbeitgeber die abgezogenen Beiträge wirklich mit der Ausgleichskasse abgerechnet hat, können Sie bei allen Aus- gleichskassen, die für Sie ein Konto führen oder geführt haben durch Anforderung eines Kontoauszugs erfahren. Sie können auch bei einer einzigen Ausgleichskasse Auszüge aus allen für Sie geführten Konten verlangen. Beachten Sie, dass auf der Kontenübersicht keine Zahlungen des laufenden Jahres stehen, da Arbeitgeber erst im Folgejahr die Lohndeklarationen der zuständigen AHV-Ausgleichskasse melden müssen. (RIF)
Juan Gonzalves