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Wintertracht von Kopf bis Fuß

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Meister der Saiten

Meister der Saiten

Wintertracht von Kopf bis Fuß Tracht wird im Ausseerland-Salzkammergut das ganze Jahr über getragen. Die feinen Sommerstoffe werden im Winter durch Wolle und Loden ersetzt. Diese Naturfasern werden aufgrund ihrer wärmenden Eigenschaften verwendet. Jacken, Mäntel und sogar Schuhe werden daraus gefertigt. „ c_TVB Ausseerland-Salzkammergut, Tom Lamm

Fast jede Ausseerin hat in ihrem Kasten ein Dirndl hängen. Das gehört im Ausseerland einfach zur Alltagskultur und ist Teil des täglichen Lebens. – Elisabeth Anreiter

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Das Ausseerland hat bekanntermaßen einige Eigenheiten, die die Region speziell machen. Traditionen sind hier über Generationen gewachsener Alltag und aus ihrer Zweckmäßigkeit heraus entstanden. Deswegen haben sie noch heute einen hohen Stellenwert im täglichen Leben. Ein aus dem Alltag gewachsenes Kulturgut ist der „Steirerkittl“, wie das Ausseer Dirndl genannt wird. „Auch heute hat fast jede Ausseerin mindestens ein traditionelles Dirndl im Kasten hängen. Davon bin ich überzeugt“, sagt Elisabeth Anreiter. In ihrem Schneideratelier Eldu im Bad Mitterndorfer Ortsteil Obersdorf fertigt sie nicht nur das typische Ausseer Dirndl. „Ich experimentiere auch mit neuen Materialien, Häkelarbeiten oder Färbetechniken und erweitere damit die Palette an Möglichkeiten“, erzählt die gelernte Schneiderin.

P raktisch und leicht zu reinigen musste es schon immer sein, das Ausseer Dirndl. Deswegen wurden von jeher Materialien verwendet, die strapazierfähig und langlebig waren wie Leinen, Baumwolle oder ein Gemisch aus beiden. Die typischen Farben der Tracht nehmen Bezug zur Region: der grüne Leib auf Wald und Wiesen, der rosa Kittel auf die Almröschen und die lila Schürze auf den Enzian. Das AusseerlandSalzkammergut ist untrennbar mit Tracht verbunden. Beim Narzissenfest im Frühling werden mit Stolz die Dirndln ausgeführt und jedes zweite Jahr findet die Trachtenbiennale statt. „Heute sind Dirndln Ausdruck für die Persönlichkeit. Die Stoffe werden individuell c_Elhuga, Elisabeth Anreiter ausgewählt, die Teile einzeln zusammengestellt“, erzählt Veronika Brandauer aus Altaussee, die mit 15 ihre Lehre als Schneiderin begann. „Früher wurde alles in Handarbeit gemacht. Es wurde viel Wert auf die Details gelegt, industriell gefertigte Teile gab es nicht“, erinnert sie sich. Noch heute näht sie mit Ende 60 Dirndln in Handarbeit. „Ich lerne immer noch Dinge dazu. Heute arbeite ich anders als früher und entdecke immer wieder Kleinigkeiten, die ich besser machen kann.“

Im Farbenspiel der Jahreszeiten

Die Dirndlkleider in Aussee haben Charakter. Viele davon sind Einzelanfertigungen. „Es wird großer Wert darauf gelegt, dass keine andere das gleiche Kleid trägt“, weiß Veronika Brandauer. Da kommen gerne auch Stoffe aus Japan, Indien oder Frankreich zum Einsatz. Die Auswahl der Farben ist entsprechend vielfältig, je nach Geschmack der Trägerin. „Bunte, knallige Stoffe zu verwenden ist durchaus üb lich. Es gibt diesbezüglich keine Grenzen“, weiß auch Elisabeth Anreiter. Die farbenfrohen Dirndln werden im Frühling und Sommer getragen. Im Winter sind die Kleider traditionell in gedämpften, erdigen Farben gehalten. Sie spiegeln mit ihrer Zurückhaltung die Landschaft wider.

Wärmende Materialien schützen vor eisigen Temperaturen, auch in knalligen Farben.

Das Winterdirndl hat generell einige Besonderheiten, die sich – wieder einmal – aus der Funktion heraus ergeben. Wenn der Wintersturm übers Ausseerland pfeift, ist warme Kleidung ein Muss. Dementsprechend muss auch die Tracht im Winter in erster Linie wärmen. „Die verwendeten Stoffe sind anders als bei Sommerdirndln. Für die kalte Jahreszeit sind Materialien wie Wolle oder Loden besser geeignet. Sie sind zwar schwieriger zu reinigen als Leinen oder Baumwolle, aber sie halten schön warm“, weiß Veronika Brandauer. Der Rock für den Winter ist sehr oft gefüttert, wobei der Unterrock eine Renaissance erlebt. „Unterröcke wärmen nicht nur. Sie sorgen auch dafür, dass der Rock schöner fällt. Natürlich muss er aus Naturstoffen wie Leinen gemacht sein. Viskose oder Nylon atmen nicht, das Tragen ist unangenehm. Und wenn er mit einem Bund statt mit Gummizug genäht ist, trägt er auch nicht auf.“

Das mit dem Auftragen ist überhaupt eine heikle Geschichte bei den Röcken. „Handgezogen muss der Rock sein“, weiß Elisabeth Anreiter. Der Arbeitsaufwand ist wesentlich größer als bei einem Rock mit Falten, das Ergebnis aber ungleich hochwertiger. Mit viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl entstehen so Kleider, die auch bei eisigen Temperaturen eine gute Figur machen. Ärmel und Stehkragen sind typisch für Winterdirndln. Und ein viereckiger Ausschnitt, manchmal mit Rüschen. Dazu kommt ein Tuch, das im Ausschnitt getragen wird. Oder man trägt eine hochgeschlossene Bluse. Wichtig ist, dass die Kleidung gegen die eisigen Temperaturen des Ausseer Winters schützt. „Früher sah man häufig Dirndlkleider im Winter. Aber die Zeiten ändern sich und heute gibt es praktischere Alternativen, die leichter zu pflegen und einfacher zu handhaben sind. Deswegen wurde dieses Kleidungsstück leider etwas vergessen“, erzählt Elisabeth Anreiter.

Grün, rosa und lila sind die traditionellen Farben des Ausseer Dirndls. Aber die Ausseerinnen stellen sich ihr Kleid gern individuell zusammen – als Ausdruck der Persönlichkeit.

c_Elhuga, Elisabeth Anreiter Tatscher, Janker und Lampasse

Auch die Herren wollen es im Winter warm haben. Deswegen wird die Lederhose in den kalten Monaten gerne gegen Hosen aus Loden oder Wollstoffen mit Lampasse getauscht. Herren tragen außerdem noch ein „Leibl“, wie das Gilet im Ausseerland heißt, und darüber Lodenjanker bzw. Schladminger oder Lodenmantel. Damen tragen ebenfalls Lodenjacken oder -mäntel. An nicht so eiskalten Tagen tut es auch ein Wetterfleck. Loden ist ein Naturprodukt aus Wolle. In einem Verfahren, das mehrere hundert Jahre alt ist, wird aus Schafwolle ein Stoff erzeugt, der gegen Wind und Regen schützt und warmhält.

Mit diesen Eigenschaften ist das Material auch prädestiniert für den Einsatz in der Schuherzeugung. Der Ausseer Tatscher ist ein echtes Original. Dieser knöchelhohe Lodenschuh mit Lederbesatz ist mit Lammfell gefüttert und ein Garant für warme Füße. Ehemals wurde er durchgehend aus Filz gefertigt – auch die Sohle.

Heute besteht sie aus Gummi und ist damit widerstandsfähiger. Der Lodenschaft ist mit Leder verstärkt. Für Damen gibt es den Schuh auch mit Absatz. „Der Loden kommt aus der Region. Der Schuh wird in unserer Werkstatt in Pichl-Kainisch in Bad Mitterndorf angefertigt“, erklärt Sonja Grill, Inhaberin vom Schuhhaus Zaisenberger.

c_TVB Ausseerland-Salzkammergut, Griese

Mit Knöpfen aus Naturmaterialien oder aufwendigen Stickereien bekommen Trachten eine besondere individuelle Note.

c_Zaisenberger

Loden findet Verwendung bei Hüten, Mänteln und – Schuhen!

Im Schuhhaus in Bad Aussee gibt es sowohl die klassische Variante in grau, die besonders gut zum Schladminger passt, als auch färbige Modelle.

Komplettiert wird das Outfit mit einem passenden Hut. Die traditionellen Hüte bestehen aus Haarfilz und haben ein grünes Seidenband. Das passt zu den Jacken und Mänteln. Hergestellt werden die Kopfbedeckungen beispielsweise von der Firma Leithner in Bad Aussee. Bereits im Jahr 1532 übte der „Huetterer“ Jörg Leeb laut einer Urkunde das Hutmacherhandwerk in diesem Haus aus. Der typische Ausseer Hut tauchte 1873 auf – und hat bis heute nichts an seinem Charme eingebüßt.

Der Original Woadsåck aus Grundlsee als modischer Blickfang mit jagdlicher Tradition ist nicht nur ein außergewöhnliches Accessoire. Er ist auch sehr praktisch durch einen Eingriff auf der Rückseite. Jäger und Wanderer schätzen den Waidsack, ermöglicht er doch, unterm Gehen etwas herauszunehmen oder zu verstauen und hält die Hände frei. Er lässt sich hervorragend mit Tracht kombinieren und es gibt ihn in vielen verschiedenen Ausführungen und Farben.

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