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Innovationsreich
Die Blütezeit der Präzisionsmedizin ist eingeläutet
Die Medizin wird zunehmend digitalisiert, der demographische Wandel birgt Herausforderungen, die Personalsituation im Gesundheitswesen ist angespannt, der Effizienz- und Kostendruck nimmt zu. Vor diesem Hintergrund eröffnen medizintechnologische Entwicklungen neue Perspektiven. Im Rahmen einer Pressekonferenz* in Wien informierte die Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV) über aktuelle Diagnosemöglichkeiten, Behandlungsoptionen und künftige KI-Unterstützung in der Medizin, insbesondere die Dermatologie betreffend.
Wachsende Versorgungsansprüche
Hauterkrankungen zählen zu den häufigsten Behandlungsgründen in der medizinischen Versorgung. Ungefähr 30 Prozent der Bevölkerung haben innerhalb eines Jahres aufgrund eines dermatologischen Problems Kontakt mit einer Hausärztin/einem Hausarzt. In einer rezenten Umfrage mit 44.600 Teilnehmern in Europa hatten 48 Prozent der Menschen über 18 Jahre zumindest eine Hauterkrankung.1 Am zahlreichsten waren Pilzinfektionen der Haut, atopische Dermatitis, Haarausfall und Akne. „Diese und andere dermatologische Erkrankungen, etwa Hauttumoren, werden – ebenso wie die Kosten für die Versorgung – mit der stetig älter werdenden Bevölkerung zunehmen. Durch immer bessere, aber auch immer teurere Medikamente steigt der Kostendruck im Gesundheitssystem“ , erklärt ÖGDV-Präsident Univ.-Prof. Dr. Johann W. Bauer. Als Beispiele führt er die Immuntherapie beim Melanom sowie Biologika-Therapien bei Psoriasis und atopischer Dermatitis an. Im Fachgebiet „Dermatologie und Venerologie“ würden innovative Ansätze in der Präzisionsmedizin und Digitalisierung überaus schnell umgesetzt, so Prof. Bauer, „da in unserem Fach der Effizienzdruck besonders hoch ist.“
Muttermal-Analyse künftig KI-unterstützt
KI-Algorithmen sind heute in der Lage, riesige Mengen von Daten deutlich schneller und genauer zu verarbeiten, als es der Mensch kann. Univ.-Prof. DDr. Wolfram Hötzenecker von der Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie am Kepler Universitätsklinikum Linz führt aus: „Diese Systeme funktionieren optimal für repetitive Aufgaben, etwa für die Analyse von (Haut-)Bildern, zum Beispiel bei Muttermalen und Gewebeschnitten. KI-basierte Systeme werden daher zukünftig die Arbeit von Dermatologen unterstützen und eine starke Effizienzsteigerung erzielen.“
Ganzkörperscan in weniger als einer Sekunde
Der digitale 3D-Körperscan erlaubt eine standardisierte, hochauflösende stereofotografische Ganzkörpererfassung – mit der Möglichkeit einer exakten Kartierung und einer qualitativen sowie quantitativen Analyse von Hautläsionen. „Dabei nimmt die Aufnahme der gesamten Hautoberfläche weniger als eine Sekunde in Anspruch. Das reduziert den Untersuchungsaufwand für Patientinnen und Patienten im Vergleich zu seriellen Fotografien signifikant und Verlaufskontrollen werden stark vereinfacht“ , erläutert Ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Laimer, Leiter der Österreichischen Akademie für Dermatologische Fortbildung (OEADF). Diese Technik ermöglicht zudem die Integration telemedizinischer Anwendungen und insbesondere die Anbindung an automatisierte Bildverarbeitungs- und AnalyseAlgorithmen. „Die KI-unterstützte Integration klinischer, makroskopischer, mikroskopischer und molekularer Daten wird unsere diagnostische und therapeutische Präzision im Sinne der personalisierten Medizin weiter verbessern“ , schildert Prof. Laimer.
Laufende Zulassungsstudien
Auf die Frage, wann solche Verfahren voraussichtlich zum „Standard“ würden, antwortet der ÖGDV-Präsident: „Letztendlich geht es um eine Zulassung dieser Hauttransplantate. Bisher ist ein Patient mit der Ganzkörpertherapie versorgt worden – in Amerika gibt es mehrere Patienten, die an kleineren Stellen eine entsprechende Behandlung erhalten haben. Ich weiß, dass zumindest in Amerika schon Phase-III-Studien laufen. Also kann es dort mit der Zulassung sehr schnell gehen, vielleicht erfolgt diese schon nächstes Jahr. Dann muss ein Transfer nach Europa stattfinden. Natürlich hängt es von der Beurteilung der Zulassungsbehörden ab, wie lange es dauert. Aber die Produkte per se sind vorhanden und die Produktion kann jederzeit hochgefahren werden.“
Fachkurzinformation siehe Seite 18

Ausbildung für AllergologieSpezialist:innen
Erster Mensch mit 80 Prozent genkorrigierter Haut
Als Beispiel für den rasanten Fortschritt in der Dermatologie nennt Prof. Bauer die Behandlung eines siebenjährigen Schmetterlingskindes mit schwerem Verlauf auf einer Kinderintensivstation eines deutschen Universitätsklinikums: Der Zustand des Kindes hatte sich graduell verschlechtert, deshalb wurde erstmalig eine Ganzkörper-Hauttransplantation mit genkorrigierten Hautzellen erwogen. Dazu wurden der verbleibenden Haut Oberhautzellen entnommen, die Zellen expandiert und mit einem retroviralen Vektor genkorrigiert. Die daraus entstandenen Hauttransplantate sind sequenziell nach Abtragung der alten Haut transplantiert worden. Acht Monate später waren ein gutes Einwachsen des Transplantats und eine gute Produktion des neuen retroviral produzierten Proteins zu sehen. In der fünfjährigen Nachbeobachtungszeit wies die genkorrigierte Haut eine gute Funktionalität hinsichtlich der Pigmentierung, des transepidermalen Wasserverlusts, der Empfindung von Kälte und Wärme sowie von mechanischem Schmerz auf.2 „Die Behandlung zeigte, dass die Langzeitkorrektur der genetischen Veränderungen bei Schmetterlingskindern möglich ist“ , unterstreicht Prof. Bauer.
Auch über die dermatologische Ausbildung gibt es Neues zu berichten: Im Juli 2021 ist in Österreich die Weiterbildung zum Spezialisten für Allergologie eingeführt worden**. Dadurch soll längerfristig die Versorgung von Menschen mit einer oder mehreren Allergien auf höchstem Niveau sichergestellt werden. Allergien haben sich zu einer Volkskrankheit entwickelt. Laut der Österreichischen Gesundheitsbefragung 2019 rangieren allergische Erkrankungen wie Heuschnupfen, Nahrungsmittel-, Hausstaubmilben- oder Insektengiftallergien nach Rückenschmerzen auf Platz zwei der häufigsten chronischen Krankheiten. Zumindest zwei Millionen Menschen leiden österreichweit an einer Allergie – Tendenz seit vielen Jahren: steigend. Mit der kontinuierlichen Zunahme allergiegeplagter Personen erhöht sich naturgemäß auch der Bedarf an Spezialistinnen und Spezialisten, die mit den vielfältigen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten dieNar ben richtig behandeln mit Contractubex® ser Erkrankungsform vertraut sind. CTX2022_04_001 Die Contractubex® Gel Wirkstoffe Anna Schuster, BSc Allantoin fördert die Wundheilung und wirkt juckreizstillend * Pressekonferenz der ÖGDV: „Neueste Entwicklungen in der Zwiebelextrakt hemmt überschießende Produktion von Bindegewebe (Fibrolasten) Flüssigextrakt aus Zwiebel hemmt überschießende Produktion von Bindegewebe (Fibroblasten) Dermatologie“, 25. Jänner 2022, Presseclub Concordia in Wien. Heparin-Natrium ** Weitere Informationen bietet hemmt Entzündungen und lockert die Kollagenstruktur auf die Österreichische Gesellschaft für Allergologie und Immunologie: oegai.org Studien und Publikationen für Fachpersonal unter: Referenzen: 1 30th EADV Congress 2021 29 Sep–2 Oct. 2 Kueckelhaus M et al., New Engl J Med. 2021; 385: 2264-70.